bild des monats oktober 2013 und baer aktuell nr.160/161

Tollhaus Bischofssitz Als Franz-Peter Tebartz-van Elst im zarten Alter von 48 Jahren den Limburger Bischofsstuhl erklimmen durfte, hieß es, die römische Kurie habe sich diesmal keinen alten Sack, sondern einen jungen, dynamischen Bischof gewünscht, der ein wenig Glamour verbreite und somit dem damaligen Papst eine entsprechende Ernennung eingeflüstert. Man erhoffte sich sozusagen eine Art „Guttenberg-Effekt“, wie in „Spiegelonline“ nachzulesen ist. Bekanntlich kehrte sich mit der Plagiatsaffaire der „Guttenberg-Effekt“ für den agilen Freiherrn ins Gegenteil, und ähnliches widerfuhr nun der römischen Kurie mit ihrem „Luxus-Bischof“, dessen Finanzgebaren der Vermögensaufseher Riebel gar mit dem der Mafia von Palermo verglich und das bei Gemütern mit säkularer Gesinnung Zweifel darüber aufkommen lässt, ob das Eintreiben der Kirchensteuer durch staatliche Finanzämter eigentlich noch akzeptabel ist. Man könnte auch von einem „Hoeneß“-Effekt sprechen, denn als der Wurstfabrikant Uli Hoeneß seine Steuersünden beichten musste, bat er öffentlich um Absolution, er sei doch kein „schlechter Mensch“, und der ertappte Skandal-Bischof stieß ins gleiche taktische Horn: „Niemand soll den Stab über mich brechen“.

Während Tebartz-van Elst weltweit für Schlagzeilen sorgte und sogar die amerikanische Boulevardpresse ihn als „The Bling Bishop“ apostrophierte, stand Jakob Augstein mit seiner Meinung ziemlich allein da, der irrlichternde Limburger Oberhirte sei „kein Protz-Bischof“, sondern ein „Mann mit Geschmack“, wiewohl andere ihn wegen seiner weihrauchgetränkten Messen eher für einen Kitschbruder halten. Aber Jakob Augstein hat schon in anderen Essays die intellektuelle und sprachliche Brillanz seines Vaters Rudolf schmerzlich vermissen lassen.

Derweil nahm die BILD-Zeitung den Lebensstil seiner Amtsbrüder gründlich unter die Lupe: „So reich ist die Kirche: Deutsche Bischöfe im großen Check – was sie verdienen, wie sie wohnen, ihre Autos!“ Da staunte Herr Bär, als der Bischof von Fulda sich lauthals über die Weiträumigkeit seiner Residenz beklagte, denn wenn ihm im Schlafzimmer einfiele, dass er im Wohnzimmer etwas vergessen habe, müsse er 50 Meter zurück laufen.

Herr Bär weiß nicht so recht, ob erst der Rummel in der Boulevardpresse den Limburger Kirchenskandal zur Posse machte, seit der „Protz-Bischof“ – diesmal im Billig-Flieger – heimlich nach Rom reiste und mit dieser Inkognito-Reise die ihm auflauernden Paparazzi narrte. Die BILD-Zeitung protokollierte jedenfalls akribisch, wie Tebartz-van Elst in Rom mit seinem Warten auf eine Papst-Audienz einen „Nervenkrieg im Vatikan“ auslöste („Erst flossen die Millionen, dann die Tränen“), und was er in seiner Unterkunft, einem Pilgerheim, zum Frühstück bekommt, nämlich nur „Brötchen mit Wurst und Marmelade“. „Um 16.21 Uhr plötzlich Aufregung, als an einem Fenster die Holzläden aufklappen. Will Tebartz-van Elst eine Erklärung abgeben? Schnell ist klar: Jemand erlaubt sich einen Scherz, führt am Fenster ein Kasperletheater mit zwei Handpuppen auf…“ Spätestens jetzt strebt die Angelegenheit einem Schwank zu, wie ihn sich kein Autor für Komödien im Bauerntheater besser hätte ausdenken können.

Vom moralischen Elend des politischen Lobbyismus und der Parteispenden sollte an dieser Stelle aber auch mal die Rede sein. Über das Medieninteresse an den Eskapaden des Bischofs ging nämlich unterdessen die Meldung ziemlich unter, dass nach einer BMW-Großspende an die CDU in Höhe von 690.000 Euro die Anti-Korruptionsinitiative „Transparency International“ den Bundespräsidenten aufgefordert hat, eine Kommission zur Regelung der Parteienfinanzierung einzuberufen. Der Parteichef der Linken, Bernd Riexinger, hält den Zeitpunkt der Spende für ziemlich fatal und hegte gegenüber der „Passauer Neuen Presse“ den Verdacht, „hier wurde nicht einfach eine Partei gekauft, sondern ein Gesetz. Der Verdacht der Bestechung steht im Raum…“ Vielleicht bedienen sich die gescholtenen BMW-Oberen jetzt auch einer ähnlichen Taktik und bekunden wahlweise, „keine schlechten Menschen“ (Hoeneß) zu sein, oder man solle „den Stab“ nicht über sie „brechen“ (Tebartz-van Elst).

© Raap/Bär 2013

 

Hat Boris Becker seine Memoiren eigentlich selber geschrieben oder sind seinem Ghostwriter die Gäule durchgegangen? Das in literarischer Hinsicht eher fragwürdige Becker-Epos heißt „Das Leben ist kein Spiel“ und informiert die Leser u.a. darüber, dass seine Ex-Verlobte Allessandra Meyer-Wölden, genannt „Sandy“, zu Hause zu selten gekocht habe und stattdessen immer nur selber im Rampenlicht stehen wollte: „Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald“. Wo mithin im Hause Becker Schmalhans Küchenmeister war, konnte die Verlobung nur ganze 83 Tage halten. „Sandy“ heiratete kurze Zeit später den Komiker Oliver Pocher, doch inzwischen gehen auch die Eheleute Oliver und Allessandra Pocher wieder getrennte Wege, was den Spekulationen über „Sandys“ Kochkünste neue Nahrung gibt, zumal Becker-Gattin Lilly sich früher schon mal bei Oliver Pocher erkundigt haben soll, wie es denn sei, wenn er zu Hause immer nur Reste essen müsste. So gut genährt wie Sigmar Gabriel sieht Oliver Pocher tatsächlich nicht aus, und womöglich ist sogar Mysteriöses im Spiel, denn das Internet-Portal „Intouch online“ fragte schaudernd: „Gibt es einen ‚Boris Becker-Fluch‘?“ Grammatisch und stilistisch etwas holprig formuliert heißt es dort weiter: „Was hat dieser Mann nur, dass alle seine Exfreundinnen nach ihm nicht mehr glücklich werden können“? Denn auch über Boris Beckers derzeitige Ehefrau Lilly weiß die „Neue Post“ zu berichten: „Alkohol! Ausraster! Abstürze! Ist seine 2. Ehe endgültig am Ende?“ Immerhin soll Lilly ihrem Boris schon mal ein Glas Wodka ins Gesicht geschüttet haben. Wahrscheinlich kriegt Boris Becker bei Lilly zu Hause außer verschüttetem Wodka auch nichts nichts Vernünftiges zu essen, obwohl er sich laut „Short News“ schon mal von Oliver Pocher verhöhnen lassen musste, er sei eine „aufgedunsene Kackwurst“. Immerhin trifft der eben erwähnte „Boris Becker-Fluch“ auch ihn höchstselbst.
Wenn Prominente die Debakel in ihrem Privatleben zu Markte tragen, scheint der alte Sinnspruch „Der Kavalier genießt und schweigt“ keine Gültigkeit mehr zu haben. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert. Weniger prominente Becker-Nacheiferer gibt es ja in den sozialen Medien „Twitter“ und „Facebook“ beileibe genug, die dort jeden, aber auch wirklich jeden ihrer Fürze virtuell verbreiten in der Hoffnung, der Geruch werde hoffentlich mit einem „Gefällt mir“-Klick kommentiert. Da mag man glatt Mitleid mit den Auswertern beim amerikanischen Geheimdienst NSA haben, wenn sie tagtäglich all den Stuss lesen müssen, der da via E-Mail, Twitter, in Blogs und Chat-Rooms oder sonst wie in den Orkus gepostet wird. Wenn es heißt, im Internetzeitalter gäbe es keine Privatsphäre mehr, mag man sich schon grausen, man müsse fortan so leben wie Boris Becker, und dieses Leben werde dann auch noch permanent von jemandem wie Oliver Pocher öffentlich mit blöden Sprüchen kommentiert, so wie er etwa über „Sandy“ schon vor der Eheschließung das höchst uncharmante Urteil gefällt haben soll, sie sei zu jung zu sterben und zu alt für Lothar Matthäus. Der macht immerhin zu Hause das Frühstück selber und trat schon mal im TV in einer Celebrity Soap mit der Nummer auf, wie ihm beim Frühstückmachen die Zubereitung eines Rühreis missglückte, was Lothar Matthäus selbst vor noch laufender Kamera alsdann mit der sprachlich ebenfalls missglückten Selbsteinschätzung kommentierte: „Ich kann Rühreier viel besser als ich es Euch gezeigt habe“.
Bis es bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin etwas Neues gibt, dürfen also Becker und Pocher in den Medien die Pausenclowns spielen. Peinlicher als die beiden ist eigentlich nur noch Silvio Berlusconi.

Witz des Monats Was ist der Unterschied zwischen einem Smart und der FDP? – Der Smart hat zwei Sitze.

Friseure gelten als ein Berufsstand, der dazu neigt, sich überkandidelt zu gebärden und sich alberne Ladenbezeichnungen wie „Vorhair Nachhair“, „Haart am Limit“ oder „Hairport“ zulegen. Da ist Herr Bär gerade zu dankbar, wenn einer über seiner Tür das Schild hängen hat: „Haare schneiden – und sonst nix“.

©Raap/Bär 2013

Bild des Monats Oktober 2013:
„Herr Bär, wieso läuft der Elch so schnell davon?“
Bär: „Dä will noch dä Zoch kriege.“
„Aber der Zug ist doch längst abgefahren.“
„Bär: Jojo. Ävver dat hätt dä Elch noch nit jemerkt.“
„Und genau diesen Moment haben Sie im Bild festgehalten?“
Bär: „Jojo. Gotthold Ephraim Lessing hätt jo en singem berühmten „Laokoon“-Aufsatz jeschrieben, man soll als Künstler immer jenen fruchtbaren Moment auswählen, mit dem man in einem einzigen Bild die fortlaufende Handlung einer ganzen Geschichte erzählen kann. Der Bildbetrachter weiß bei diesem hier festgehaltenen Augenblick genau: Gleich merkt dä Elch, dat dä Zoch schon fott is un säht: Su ne Driss!“

Karl-Josef Bär/Jürgen Raap, „Bootspartie“, 2013OLYMPUS DIGITAL CAMERA

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