Bild des Monats Juli 2015
Jürgen Raap, „Merguez im Propsteier Wald“, 2015
Bär aktuell Nr. 184 – 3. Juli 2015:
Das Erheischen von Spenden und Sponsorengeldern nennt man heute auf neudeutsch „Fundraisiung“ oder auch „Crowdfunding“. Es erfordert schon eine gewisse Pfiffigkeit, und dass er nicht der oft gescholtenen „Generation blöd“ angehört, wollte ein junger Instrumentenbesitzer beweisen, der in einer Kölner Fußgängerzone unbeholfen auf einer Gitarre herum schrummte und vor sich originellerweise ein Pappschild aufgestellt hatte: „Bitte eine Spende für Gitarrenunterricht“.
Wenn aus Hollywood ein Film mit einem sprechenden Bär in die Kinos kommt, nämlich der Film „Ted 2“ und der Filmkritiker, der in der Lokalpresse diesen Film bespricht, Albert Baer heißt, dann entbehrt das nicht eines gewissen Charmes, und es bewahrheitet sich die Weisheit „Nomen est omen“, zumal die Rezension eine wohlwollende Haltung gegenüber dem Film erkennen lässt und ihre Lektüre großes Vergnügen bereitet.
Wer zu einem griechischen Grillabend eingeladen ist, der sollte wissen, wie man dort grillt, nämlich ohne Kohle. Allen Ernstes kann man darüber diskutieren, ob solch ein Witz für ein scharfzüngiges Kabarett-Programm angemessen ist, oder man sich damit besser nur durch eine seichte Comedysendung kalauert, wo man allzu oft Humor mit Zynismus verwechselt. Nun ist der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras gewiss nicht „von der Pampelmuse“ geküsst, wie es in anderem Zusammenhang einmal der Komiker Heinz Erhard ausdrückte. Doch den Possenreißern in den Comedy-Formaten des Privat-TV wäre dennoch dringend die Lektüre von Peter Sloterdijks Standardwerk „Kritik der zynischen Vernunft“ anzuraten: in der antiken Philosophie bot der Kynismus (mit „K“ geschrieben, sic!) der entmachteten Bevölkerung ein Ventil, und damit war er ein ideologischer Gegenpol zur etablierten akademischen Philosophenschule Platons. Der noch heute bekannteste Kyniker war Diogenes als ein Verfechter der materiellen Bedürfnislosigkeit und der Natürlichkeit – eine große Tonne genügte ihm als Behausung. Sloterdijk beschreibt, wie sich im Laufe der Geschichte mit der Ausprägung eines bürgerlichen Bewusstseins, kulminierend in einer pfeffersäckischen Kaufmannsmentalität, der Kynismus zum Zynismus wandelte – dem Zyniker geht es alsdann überhaupt nicht mehr um die Durchsetzung und Bewahrung ethischer Werte wie einst dem Kyniker in der Antike, und er repräsentiert schließlich mit seinem hartherzigen merkantilistischen Denken in einer anti-humanistischen Weise alle negativen Verwerfungen der abendländischen Zivilisation. Philosophiegeschichtlich kann man Sloterdijks Standardwerk in der Tradition einer Vernunftkritik sehen, die -vergleichbar den naturidyllisierenden Schäferszenen in der Malerei des 18. Jh. – den Kyniker als unzivilisiertes und plebejisches Gegenmodell zur zynischen Geldrationalität der heutigen Bonus- und Investment-Banker feiert, die sich in den vergangenen sechs Jahren an der Griechenland-Krise dumm und dämlich verdient haben. Nun kann man dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und dem neoliberal ausgerichteten Internationalen Währungsfonds IWF schon eine gewisse Nähe zu einem Zynismus in diesem Sloterdijkschen Sinne bescheinigen, aber der sturköpfige Alexis Tsipras ist wahrlich auch kein Kyniker von diogenesischer Lauterkeit, sondern eher nur einer, der in den Medien Sepp Blatter als Buhmann des Monats abgelöst hat.
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