Bär aktuell Nr.241

Bär aktuell Nr.  241   – 22. April 2018

Bild des Monats April 2018:

Jürgen Raap, „Die Äbtissin von Fühlingen“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2018

Bär aktuell Nr. 241    –  3. April 2018

Wenn Herr Bär sich in den nächsten Tagen ins beschauliche Dansweiler begibt, bleibt an Herrn Bärs Smartphone die GPS-Ortung deaktiviert, denn erstens weiß Herr Bär immer, wo er ist und zumindest auf dem Weg nach Dansweiler weiß er ebenso, wo und wie es weiterhin langgeht und braucht daher kein GPS auf dem Handy, und zweitens geht es weder den Mark Zuckerberg noch Cambridge Analytics etwas an, wo Herr Bär sich gerade aufhält, und ob Herr Bär nach Dansweiler fährt, um dort Geld auszugeben oder um dort Geld zu verdienen. Wenn nun an dieser Stelle behauptet wird, der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg sei zwar ein Erzkapitalist, aber er sähe nicht aus wie ein solcher, wie man ihn früher in Karikaturen dickbäuchig und mit Zigarre darstellte, sondern eher so wie der Schatzmeister des Ortsvereins der Grünen von Dansweiler, dann möchte Herr Bär in Zukunft nicht von Cambridge Analytics mit Wahlwerbung der Grünen von Dansweiler bombardiert werden. Und da Herr Bär in jungen Jahren die marxistische Mehrwerttheorie begriffen hat und um den pekuniären Wert beim Handel mit Informationen im digitalen Zeitalter weiß, schleudert Herr Bär Herrn Zuckerberg und Cambridge Analytics bei deren Versuch, Informationen über Herrn Bär abzugreifen, ein Zitat der Kölsch-Band „Brings“ entgegen: „He jitt et nix för lau“ (Hier gibt es nichts umsonst). Deswegen beteiligt sich Herr Bär grundsätzlich nicht an sozialen Netzwerken; er hat kein Facebook-Konto, twittert nichts, liked/bewertet, teilt und postet nichts, womit andere Geld verdienen könnten und Herrn Bär leer ausgehen lassen. Im Übrigen findet Herr Bär es höchst merkwürdig, dass man in Deutschland in jenen Kreisen, in denen man um urbane Weltläufigkeit bemüht ist, den Namen „Zuckerberg“ immer auf englisch als „Sackerbörg“ ausspricht, denn hier zu Lande kommt ja sonst auch kein Mensch auf die Idee, den Namen der Hauptstadt Frankreichs phonetisch auf französisch, nämlich „Pari“, zu artikulieren, sondern es heißt „Paris“, und Konrad Adenauer pflegte sogar beharrlich „Pariss“ zu sagen. In Frankreich sprechen sie den Zuckerberg übrigens phonetisch als „Sückerbersch“ aus und nicht als „Sackerbörg“.

Der Kreisverband der Kölner Grünen gibt eine Postille mit dem Titel „Mach et“ heraus. Erbauliches ist dort selten nachzulesen, doch für die jüngste Ausgabe hatten sie einen Marketing-Papst interviewt, der ihnen zum Stichwort „Populismus“ zu bedenken gab, die Grünen seien ja überhaupt nicht populistisch, denn sie erreichten das Volk nicht mehr, wenn sie den Leuten alles verbieten wollten, was eben das Volk so schätze, nämlich Fleischverzehr, Alkohol, Rauchen, Auto fahren und sonstiges Ausleben in Saus und Braus. Deswegen hielte die Stimme des Volkes („vox populi“) die Grünen für elitär, und wollten sie in Zukunft Wahlen gewinnen, müssten sie sich bodenständiger geben. Das nahm sich in jener Postille ein paar Seiten weiter ein Autor zu Herzen, der Selbstkritik übte und einen Versuch unternahm, der Elitenfeindlichkeit im wutbürgerlichen Volk Paroli zu bieten, indem er das Desinteresse der Grünen an Sportevents und auch ihre sonstige Neigung zur Unsportlichkeit beklagte und ihnen deshalb riet, sie möchten sich doch wenigstens am „Bickendorfer Büdchenlauf“ beteiligen. Der „Bickendorfer Büdchenlauf“ gilt schon deswegen als bodenständig, weil der Name suggiert, dass man hier von Büdchen zu Büdchen läuft: das sind Kioske, die man in der Ausschilderung etwas vornehmer auch als „Trinkhallen“ etikettiert, in Köln vulgo als „Bierbud“, und das bedeutet: der „Bickendorfer Büdchenlauf“ findet immer hart an der Bierflasche statt und ist somit eine wahlkampftaktische Herausforderung an die Grünen: denn wer von ihnen beim Zwischenstopp „Bionade“ trinkt statt Bier, der gilt als elitär und hat schon wieder von vorneherein die nächste Wahl versemmelt, wenn man dem Marketingpapst glauben darf.

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär:

Asiatischer Kaviarsalat à la Karl-Josef Bär

Roten Lachskaviar oder gelben Felchenkaviar sowie 1 Sardellenfilet mit Olivenöl, etwas Sesamöl, geriebenem weißen Rettich, Lauchzwiebeln vermengen, vorsichtig mit Chili, geriebenem Ingwer und Curry würzen, mit Zitrone, süßem japanischen Essig und Fischsauce abschmecken, vor dem Servieren mit frischen Minzblättern bestreuen.

Artischocken

Als Kulturpflanze sind Artischocken größer und ausdauernder als die wild wachsende Variante. Erste historische Erwähnungen finden sich in römischen Quellen, verbreitet ist sie von den Kanarischen Inseln über den gesamten Mittelmeerraum bis in den Iran. Nördlich der Alpen, d.h. in Frankreich und Großbritannien, kennt man Artischocken seit dem 15. Jh. durch Importe eines Händlers aus Florenz. Essbar sind nur die unteren fleischigen Teile der Blätter und die Blütenböden. Klassischerweise kocht man sie 20 bis 40 Minuten in Salzwasser mit etwas Zitronensaft. Man zupft die Blätter einzeln ab und tunkt sie zum Verzehr in einen Dip, das ist entweder eine Senf-Vinaigraite mit Essig, Senf, Schnittlauch, etwas Estragon und bei Bedarf auch Kapern, oder aber eine Sauce aus Joghurt, Creme fraiche/wahlweise auch Frischkäse, etwas Mayonnaise, Knoblauch, etwas Zitronensaft, Schnittlauch und/oder etwas frischen Dill.

Saltimbocca alla romana à la Karl-Josef Bär

Kleine Kalbsschnitzel salzt und pfeffert man. Beim Originalrezept belegt man sie mit rohem Schinken und Salbei, klappt sie dann zusammen und fixiert sie mit einem Zahnstocher. Herr Bär macht es sich etwas einfacher, denn er brät die Schnitzel flach in der Pfanne liegend von einer Seite an, wendet sie dann, beträufelt sie mit ein wenig Zitronensaft, belegt dann die obere Seite mit (Parma)-schinken oder auch nur einfachem Schinkenspeck und 1-2 frischen Salbeiblättern, würzt mit etwas Rosmarin un Knoblauch nach und löscht den Bratensud mit Weißwein ab. Dazu passen Rosmarinkartoffeln oder Zucchini-Gemüse und ein weißer Landwein aus Venetien, aus der Toscana oder Sizilien.

Kulturanthropologie mit Karl-Josef Bär

Heute: Ein Grußwort an die Rohkostanhänger

Das Rohe und das Gekochte sind ein zentrales Beispiel in der strukturalistischen Methode von Claude Lévy-Strauss, in binären Gegensatzpaaren die Struktur von rituellen Verhaltensmustern zu beschreiben. Was wir heute bei Computern an mathematischen binären Operationen mit „0“ und „1“ kennen, hat Lévy-Strauss schon anhand alter Mythen belegen können. Das Rohe ist und bleibt der Sphäre der Natur verhaftet; es ist das Wilde, das Vorgefundene, das Gesammelte (z.B. Pilze sammeln im Wald). Das Gekochte ist hingegen das kulturell Bearbeitete, also das kulturell Denaturierte; es wird mithin aus der Sphäre der Natur in die Sphäre der Zivilisation übernommen und durch Trocknen, Räuchern, Marinieren, Kochen oder Braten haltbar(er) und schmackhafter gemacht. Daniel Spoerri verdanke ich den Hinweis, dass in der Kunst mit dem Aufgreifen von Fundstücken / objet trouvés beim ready made Marcel Duchamps, in den Montagen der Dadaisten und der Surrealisten, aber auch bei den Künstlern des Nouveau Réalisme wie Arman, Daniel Spoerri etc. das Gefundene und das Gestaltete, mithin das künstlerisch Unbearbeitete, Rohe und als Gegenpol das plastisch Geformte bzw. kulturell Veränderte als ästhetisch gleichwertig anzusehen sind. Die Kochkunst fängt dann mit dem formgebenden Arrangement roher, natürlicher Speisen (z.B. Salatplatten) an und mit der physikalischen Veränderung der Nahrung durch Kochen. Der Gastrosoph Jean-Anthelme Brillat-Savarin beschreibt verschiedene Zwischenstadien zwischen dem Unbehandelten und dem Kultivierten: manche Obst- und Gemüsesorten verzehren wir frisch und jung, manche Früchte lieber reif, Fleisch muss hingegen gut abgehangen sein, damit es weich wird, und bei Wild schätzte man früher den Haut gout, der erst mit dem Beginn der Verwesung eintritt. In Asien kennt man eine Fischsauce aus verfaulten Krabben. Manches muss man sogar erst kochen, wie z.B. das Nachtschattengewächs Kartoffeln, das roh verzehrt erstens schwer verdaulich wäre und zweitens außerdem das Gift Solanin enthält, ein Schadstoff, der sich beim Kochen verflüchtigt, aber weil er nicht fettlöslich ist, beim Frittieren erhalten bleibt. Man müsste aber dann schon 3 kg rohe Kartoffeln oder pommes frites auf einmal essen, bis sich Vergiftungserscheinungen bemerkbar machen würden. Solanin enthalten auch unreife Tomaten und ältere Auberginensorten, die man früher züchtete (die heutigen im Supermarkt erhältlichen Sorten allerdings nicht mehr).

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