baer aktuell 255 – 3. Dez. 2018

Bild des Monats Dezember 2018:

Jürgen Raap, Der verratene Verräter, Öl und Acryl auf leinwand, 2018

Bär aktuell Nr. 255   – 3. Dez. 2018

 

Deppen-Ranking Grandiose Fehlleistungen gilt es auch jetzt wieder im Jahres-Ranking der weltweiten Deppen und Volltrottel aufzulisten. In Höchstform präsentierte sich in dieser Hinsicht das Führungspersonal der Großen Koalition, allen voran Andrea Nahles, die sich in der Causa Hans-Georg Maaßen von dem durchtriebenen Horst Seehofer die Zusicherung abgeluchsen ließ, für die zunächst angedachte Beförderung Maaßens als Staatssekretär ins Innenministerium müsse stattdessen ausgerechnet ein SPD-Staatssekretär seinen Hut nehmen. Für eine solche realitätsverlustbedingte und maccchiavellistische Verblendung der ansonsten immer einen Tick zu lauten und immer etwas zu trampelig-burschikosen „In die Fresse“-Politikerin ist Platz 1 reserviert und für den irrlichternden Horst Seehofer Platz 2. Da aber bei diesem Schmierentheater um eine peinliche Ämterpatronage Angela Merkel, die diese Intrige lemurenhaft-lustlos abgenickt hat, sich keineswegs mit Ruhm bekleckert hat, sondern auch sie den Eindruck verfestigte, Politiker beschäftigen sich am liebsten nur mit sich selbst, finden wir die Bundeskanzlerin auf Platz 3 und Hans-Georg Maaßen mit seiner grandios gefloppten Außendarstellung via BILD-Interview und völlig überzogener Abschiedsrede auf Platz 4: der SPD kann man alles mögliche vorwerfen, nur nicht, dass sie linksradikal sei, wie – etwas verkürzt dargestellt – Maaßen anscheinend glaubt. Platz 5 nimmt der stets unbedarfte Boris Becker ein, der zwar mal vorgehabt haben soll, sein „Privatleben aus den Medien heraus halten“ zu wollen, dann jedoch in einem SAT 1-Interview freimütig zugab, „die Versuchung, sich zu äußern, sei groß, gerade wenn man so umtriebig in den sozialen Netzwerken sei wie er“, wie ntv-de über Bobeles Sehnsüchte nach öffentlicher Selbstentblößung reportierte. So erfuhren die Leser der Boulevardpresse auch in diesem Jahr wieder reichlich allerlei komische und tragikomische Details: der Diplomatenpass der Zentralafrikanischen Republik, der Boris Becker zur Immunität verhelfen und ihn damit vor den Nachstellungen des Insolvenzgerichts bewahren sollte, entpuppte sich als plumpe Fälschung. Für den Verkehrsminister Andreas Scheuer ist Platz 6 reserviert, da er sich unverhohlen zum Büttel der Autoindustrie und ihren Diesel-Schummelbrüdern herabwürdigen ließ. – Obwohl die Bewohner des Emslandes in den heißen Sommerwochen wegen Brandgefahr keinen Holzkohlegrill benutzen durften, ballerte die Bundeswehr dort bei einem Manöver dennoch munter in der Gegend herum und verursachte dadurch einen großflächigen Moorbrand, weshalb diesen Deppen Platz 7 gebührt. Dass im AfD-internen Streit, wie politisch korrekt der Sprachgebrauch zu sein hat oder eben nicht, Björn Höcke ausgerechnet seinem Parteifreund Alexander Gauland „politische Bettnässerei“ vorwirft, dieser wiederum eine solche Beschimpfung für „nicht zielführend“ hält, hat zwar einen gewissen Unterhaltungswert, doch angesichts des Grundsatzes in der Psycholinguistik, was wir falsch benennen, das denken wir auch falsch, seien die beiden an dieser Stelle auf den Plätzen 8 und 9 erwähnt und Herrn Gauland geraten, das Bettlaken zu wechseln. Wie und warum Ideologen immer wieder in die Falle des falschen Bewusstseins tappen, ist übrigens in Theodor W. Adornos „Dialektik der Aufklärung“ nachzulesen, und wer noch mehr darüber wissen will, der greife auch noch zu Peter Sloterdijks „Kritik der zynischen Vernunft“. In diesen Kontext eines irregeleiteten und daher fragwürdigen Bewusstseins passen auf Platz 10 auch die Rapper Kollegah und Farid Bang, die sich zu der Liedzeile „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ verstiegen, dessen anti-semitischer Tenor samt ihren anschließenden ebenfalls höchst dickfelligen verbalen Rechtfertigungsversuchen die „Süddeutsche Zeitung“ dann zu Recht als „gruselige Mischung aus Gewissen- und Verantwortungslosigkeit gepaart mit geschäftlichem Kalkül und verblüffend trotziger Dummheit“ beurteilte.

© Raap/Bär 2018

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Pansensuppe

In türkischen Restaurants und Imbissen war die Pansensuppe noch bis weit in die 1990er Jahre überall verbreitet. Im deutschen Sprachraum nennt man sie Kuttelsuppe, oder auch, vor allem im Österreich Flecksuppe/Kuttelflecksuppe. De Königsberger Kuttelsuppe und die österreichische Flecksuppe waren im 19. Jh. Standards in Straßenimbissen; in der polnischen Küche kennt man sie als Flaki. Man kocht Rinderpansen zusammen mit Rindermarkknochen in Salzwasser weich, nimmt dann die Knochen und das Fleisch heraus, schneidet den Pansen in dünne Streifen, brät sie dann in Schmalz mit Zwiebeln und Knobloch an, bestäubt sie mit Mehl, verrührt das Ganze zu einer Mehlschwitze, die man dann mit Weinessig und einer Mischung aus dem Kochwasser und Fleischbrühe ablöscht. Kurz aufkochen. Würzen mit Salz, Pfeffer, vie Majoran und einem Lorbeerblatt, regional unterschiedlich auch mit noch mehr Knobloch. In der Türkei reibt man den Pansen vorher mir Salz ein und lässt ihn mehrere Stunden ziehen, bevor man ihn in Zitronenwasser kocht. In der Slowakei nimmt man scharfen und süßen Paprika als Gewürz, verzichtet aber auf Essig. Diese Suppe war schon im 17. Jh. beim polnischen Kleinadel sehr beliebt. Das Rezeot wurde Anfang des 19. Jh. erstmals in einem Kochbuch erwähnt und verbreitete sich dann in Variangten über sämtliche Länder der K.u.k.-Monarchie Österreich-Ungarn. In Frankreich (dort heißen Kuuteln „Tripwes“) und in Spanien bereitet man „Callos madrilena“ (Kutteln auf Madrider Art) auch auf andere Art zu: Die gewässerten Kutteln werden in Madrid kurz vorgekocht und dann zusammen mit Kalbsknochen und Kalbsfüssen mehrere Stunden lang mit Salz, viel Knobloh un Lorbeerblättern im Sud gegart. In einem zweiten Kochgang brät man in Olivenöl Zwiebeln und Tomaten an, schüttet dies mit dem Kuttlsud und den Kutteln auf und lässt das Ganze zusammen mit Serrano-Schinken, Chorizo-Paprikawurst und Morcilla-Blotwurst als Eintopf schmoren. Tripes à la mode de Caen gehen auf das Rezept eines Benedektinermönchs im 14. Jh. zurück; man schichtet in einem Topf zuerst Zwiebeln, Poree, Möhren, Knobloch, Thymian andere Gartenkräuter, dann Kutteklstreifen, und zuoberst Kalbsfüße und dann Rinderfett (z.B. Fettteil vom Suppenfleisch). Füllt das Ganze mit Hühnerbrühe, Cidre-Apfelwein und einem Schuss Calvados auf, lässt es mehrere Stunden lang schmoren und nimmt dann vor dem Servieren das zerkochte Gemüse und die Kalbsfüße heraus. Bei der Kuttelwurst Andouillette müssen die Kutteln vorher auch gründlich gewässert werden; beim klassischen Rezept vermischt man sie mit Kalbsgekröse, Herz und anderen Innereien, Darm, Nackenfleisch vom Schwein und Teilen vom Schweinskopf, manchmal auch Entenklein etc. – wenn man sie nicht richtig zubereitet, riecht und sckmeckt sie wegen der Innereien nach Urin. Sie wird vorgekocht und dann gebraten oder gegrillt, zusammen mit Linsen oder pommes frites serviert, und mit viel Senf verzehrt. Ähnlich ist die Andouille – eine Kuttelwurst als Aufschnitt zum Kaltessen.

Boquerones à la Karl-Josef Bär

Hierfür nimmt man kleine frische Sardellen, beim denen man den Kopf abknickt und die Rückengräte entfernt. In Spanien nennt man fritierte/gebratene oder in Öl, Essig, Knobloch und Petersilie eingelegte Sardellen Boquerones, in Salz eingelegtb heißen sie Anchoas oder Anchivis. Man salzt und pfeffert die Boquerones, beträufelt sie mit Zitronensaft, reibt sie ein wenig mit Knoblochpaste ein und wälzt sie dann in Öl, bevor man sie in einer Pfanne in reichlich Butter, Kokos- oder Palmfett und 2-4 Knoblochzehen brät (nicht in Öl), bis sie nach ca. 5 Min. von beiden Seiten goldgelb sind und vor dem Herausnehmen mit Petersilie bestreut werden.

Kolatsche war ursprünglich ein Brot, das im slawischen Kulturraum dem Brautpaar zur Hochzeit überreicht wurde und damit eine symbolisch-rituelle Bedeutung hatte. Heute ist es eine Kuchenspezialität. Ursprünglich kam dieses Rezept wohl durch rumänische Auswanderer nach Mähren, verbreitete sich von dort aus nach Böhmen, in die Ukraine, Schlesien, Polen und den nördlichen Balkan. Die erste Erwähnung findet sich in einem böhmischen Kochbuch aus dem Jahr 1687. In Tschechien stellt man die Kolatschen aus einem Hefeteig mit Eiern, Schmalz oder Butter her, sticht dann aus dem Teig eine runde Form aus. In Österreich verwendet man einen Hefeteig aus Mehl, Wasser und Hefe mit einer Quarkfüllung, die aus Quark, Zucker, Eigelb und Rosinen besteht und formt die Teighülle dann zu einer Tasche, d.h. die Füllung wird oben durch Teig abgedichtet und hat dann eine quadratische Form. Als Füllung nimmt man aber oft auch Pflaumenmus. In den Balkanländern formt man den Teig auch zopfförmig.

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