baer aktuell 276 – 3. Dez. 2019

Bild des Monats Dezember 2029:

Jürgen Raap, „Das Ministerium der Gezeiten“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2019

Bär aktuell Nr. 276 – 3. Dez. 2019:

Einen Shitstorm musste der Kabarettist Dieter Nuhr über sich ergehen lassen, bloß weil er es wagte, einen Witz über Greta Thunberg zu machen: „Die kalte Jahreszeit hat begonnen. Was macht Greta Thunberg jetzt bloß? Heizen ja wohl nicht“. Nuhr wiederum sah sich veranlasst, seine Widersacher aus der „wutgestörten Empörungsindustrie“ (O-Ton Nuhr) mit der Replik zu belehren, es gelte ja wohl nicht, den Klimawandel zu leugnen und es gelte auch nicht, die Notwendigkeit zum Umdenken und zur Änderung des Verhaltens in Sachen Klimapolitik zu kritisieren, durchaus aber diejenigen, die in ihrer Hysterie und moralischen Überheblichkeit gehörig über das Ziel hinaus schießen. Solch ein Shitstorm ist allerdings noch relativ harmlos, weil nämlich woanders die freimütige demokratische Debattenkultur von rechten wie linken Fanatikern mit Bedrohungen, Niederbrüllen der Andersdenkenden und sonstigem totalitärem Gebaren ramponiert wird: es mutet schon ein wenig neo-stalinistisch an, wenn einem betulichen ehemaligen Bundesinnenminister und einem FDP-Vorsitzenden mit Bonvivant-Gehabe an einer Universität das Rederecht verweigert wird. Man muss im übrigen Greta Thunberg ja nicht gut finden, bloß weil sie aus rechten Kreisen angefeindet wird. Natürlich sollte ein halbwegs wacher Geist nicht mit den verschrobenen „Klimaleugnern“ gemeinsame Sache machen, denn das wäre intellektuell unredlich. Auch sonst sollten alle Ideologien, die mit autoritären und diktatorischen Gesellschaftsmodellen rechts von CDU/CSU/SPD/FDP/Grünen kokettieren, für jeden Demokraten strikt tabu sein. Heutzutage kann man ja wohl jedem abverlangen, aus der Geschichte des 20. Jh. gelernt zu haben und nicht mehr auf nationalchauvinistisches Gepoltere herein zu fallen. Dass jedoch ein 16jähriges Schulmädchen, das sonst mit eher jesushaftem Missionarismus durch die Welt tingelt, sich dann im Businesslady-Outfit für die Titelseite des britischen Männermagazins „GQ“ ablichten lässt, als Gegenleistung für die Verleihung des Preises „GQ-Award“, ohne dass dabei auch nur die geringste Selbstironie zu erkennen ist, findet Herr Bär dennoch reichlich frivol. Da außerdem auch noch 94.000 Euro Preisgeld für den alternativen Nobelpreis an sie ausgeschüttet wurden, kann man sich durchaus mal über das erfolgreiche „Geschäftsmodell Greta“ der Familie Thunberg mokieren, das ja nicht zuletzt auf gut einstudierten schauspielerischen Leistungen zu beruhen scheint, wenn man – wie Herr Bär als Spezialist in Sachen Performance und künstlerischer Selbstdarstellung beurteilen kann – sich das Video von ihrem gekonnt inszenierten Wutausbruch auf dem UN-Klimagipfel einmal genauer anschaut. Dafür hätte man ihr und ebenso dem gelernten Schauspieler Vater Thunberg für das Coaching der Tochter eher den Iffland-Ring des Wiener Burgtheaters verleihen sollen. Diese Einschätzung hat nichts mit irgendwelchen diffusen Verschwörungstheoerien zu tun. Bei der Erwähnung von Vater Thunberg fällt Herrn Bär merkwürdigerweise immer Vater Graf ein, der einst die Gagen seiner tennisspielenden Tochter Steffi in Plastiktüten vom Centre Court wegsschleppte. Dieter Nuhr würde jetzt sagen: „Was benutzt Vater Thunberg, um die Geldbündel für den alternativen Nobelpreis seiner Tochter fortzuschleppen? Plastiktüten ja wohl nicht!“ Löst auch dieser Witz einen Shitstorm aus? Für ihre Anhänger ist „Gretchen“ seltsamerweise sakrosankt wie eine Heilige. Das hat für Herrn Bär schon einen äusserst faden Beigeschmack, denn in unserem Land, indem man mit charismatischen Führerfiguren, die eine Massenbewegung verzückten, die übelsten Erfahrungen hat machen müssen, ist für Herrn Bär – vornehm ausgedrückt – ein gewisser Argwohn gegenüber dem „Greta-Hype“ angebracht. Und da man an den allgemeinbildenden Schulen heutzutage offensichtlich nicht mehr in dialektischem Denken geschult wird, sondern in den sozialen Medien in grobholziger Weise nur noch seine eigene Meinung gelten lässt und auf jegliches abweichendes Denken mit der Anmaßung einer moralisch überheblichen Selbstjustiz, d.h. mit einer anprangernden „Cancel Culture“, vulgo: einer gesellschaftlichen Stigmatisierung und Ausgrenzung, reagiert, gibt es jetzt in „bär aktuell“ ein wenig Nachhilfe in dialektischem Diskurs. Ja, es gilt durchaus die These „Uns läuft allmählich die Zeit davon, um den Klimawandel in den Griff zu kriegen“. Und ja, es gilt auch die These, unsere Politiker agieren zu verpennt, zu verzagt und zu hasenfüßig, allen voran der für eine notwendige „Verkehrswende“ und auch sonst völlig ungeeignete Verkehrsminister Andy Scheuer als Büttel der Auto-Lobby. Und abermals ja, es gilt des weiteren die These, in einem Land, in dem vor 130 Jahren das Automobil erfunden wurde, müsste auch heute doch noch soviel geballtes Ingenieurwissen vorhanden sein, um die Brennstoffzellentechnologie und andere ressourcenschonende und nachhaltige Konzepte zu einer neuen industriellen Revolution voran zu treiben, aber mit dickfelligen und verschnarchten Managern Winterkornscher Mentalität geht das nicht – da muss man sich nicht wundern, wenn die Musik der Zukunftstechnologien demnächst in China spielt und nicht mehr in Europa. Doch – aufgemerkt! – nun kommt im Bemühen um differenzierendes und komplexes Denken die Anti-These zu Wort, nämlich mit Zitaten des emeritierten Klimaforschers Hans von Storch und der Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht: der Klimaforscher plädiert für eine „kritische Distanz“ gegenüber der Panikmacherei; ihm ginge „es zu weit, dass Greta und ihre Anhänger den Eindruck erwecken, das Klimathema sei die alles beherrschende Schicksalsfrage“: das sei „zu sehr die Sichtweise des reichen Westens“, in der dann andere Themen wie „die Bekämpfung von Armut, Krankheiten und Hunger auf einmal“ als „nachrangig“ erscheinen: „Wenn jemand das Recht hätte, von einer gestohlenen Kindheit zu sprechen, dann wäre das beispielsweise ein 16jähriges Mädchen in Syrien, das seit Jahren ums nackte Überleben kämpft“ (zitiert nach „Der Spiegel“, Nr. 43/19.10. 2019, S. 108/109). In Internetforen wurde der Emeritus für solche Ansichten schon als „alter weißer Mann“ geschmäht, von dem man die Nase voll habe. Doch ähnlich wie besagter Klimaforscher argumentiert Sarah Wagenknecht von der Linkspartei in einem Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel“: „Ein Großteil der jungen Leute, die sich bei ‚Fridays for Future‘ engagieren“, käme „aus der oberen Mittelschicht…, wie eine Studie der Heinrich-Böll-Stiftung festgestellt hat…. Wer ständig kämpfen muss, mit seinem Geld bis zum Ende eines Monats zu kommen, für den wird das mögliche Ende der Welt in acht oder neun Jahrzehnten zu einer nachrangigen Frage… Klimaschutz kann man nur erfolgreich voranbringen, wenn man ihn mit sozialer Gerechtigkeit verbindet.“ Von solcherlei Kritik aus der linken Ecke gibt es wohl kaum Beifall von der falschen, nämlich der rechten Seite, und als „alte weiße Frau“ wurde wegen derlei Ansichten auch Sarah Wagenknecht noch nicht diffamiert. Es ist auch nicht zu abwegig, wenn die Kabarettistin Lisa Eckart mit ähnlichem sozialkritischen Tenor ergänzt: „Die Fridays for future-Rasselbande kennt keine Kinderarbeit“. Denn die findet in Bangladesh statt, nicht in Berlin-Zehlendorf oder Hamburg-Blankenese.

© Raap/Bär 2019

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär

Matjessalat Braunschweiger Art Holländische Matjesfilets, Gemüsezwiebeln, Apfelstücke, Gewürzgurken, frische Gurken, hartgekochte Eier, Kapern und Dill werden miteinander vermengt, mit Salz, Pfeffer und Joghurt abgerundet. Beim Originalrezept nimmt man Sahne, manche Rezeptvarianten sehen auch eine Kombination mit Fleischwurststücken vor.

Überbackene Süßkartoffeln mit Parmesan Mit den sonst in Europa heute üblichen Kartoffelsorten ist die Süßkartoffel nur entfernt verwandt, denn sie ist kein Nachtschattengewächs. Größter Produzent und Exporteur ist heute die Volksrepublik China. Süßkartoffeln garen auch etwas schneller als die anderen Sorten. Rezept: Süßkartoffeln in grobe längliche Scheiben schneiden, kochen und dann in Auflaufform legen. Parmesan mit ein wenig Sesamöl, Essig oder Zitrone, Salz, Pfeffer, Limetten, kleinen Paprikastücken /rot oder grün/ sowie Erdnüssen) Knobloch zu einem Dressing verrühren und die Kartoffelscheiben bestreichen, im vorgeheizten Backofen backen, bis obere Schicht braun wird. Zusammen mit Spinat anrichten

Salmis de Palombes ist ein Gericht aus dem Südwesten Frankreichs, bei dem Ringeltauben oder andere Zuchttauben gesalzen und gepfeffert im Backofen gebraten und mit einer speziellen Sauce serviert werden: dazu brät man die Inneren der Taube in Gänseschmalz mit Zwiebeln, einer Knoblauchzehe und Karotten an, gießt dann Rotwein, Geflügelbrühe und Armagnac hinzu und lässt diesen Sud langsam köcheln. Wer will, kann das Aroma mit zwei Thymianzweigen abrunden. Statt Tauben kann man auch eine Pintade nehmen. Eine Variante des Rezepts besteht aus einer Marinade mit Rotwein, Zwiebeln, Knoblauch, Muskatnuss, diversen Küchenkräutern und Karotten, in der man das Fleisch ein paar Stunden lang marinieren lässt. Dann erhitzt man in einem großen Bräter Öl und Butter, brät die Taube/Pintade von allen Seiten kurz an, gibt frische Zwiebeln und die Marinade hinzu und lässt das Ganze dann gar schmoren.

Comments are closed.