baer aktuell Nr. 284 – 3. Mai 2020

Bild des Monats Mai 2020:

Jürgen Raap, „Aschermittwoch der Bildungsbürger“, 2020, Copyright: J. Raap 2020

Bär aktuell Nr. 284 3. Mai 2020

Zitat des Monats:

„Man hustet, pustet und niest nicht

einem anderen ins Gesicht“.

Walter Ulbricht 1970

In Zusammenhang mit den altersdiskriminierenden Äusserungen eines Boris Palmer sei daran erinnert, dass schon 2003 der damalige Vorsitzende der Jungen Union Philipp Mißfelder wortwörtlich meinte: „Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“ (zitiert nach „Tagesspiegel“, Berlin, 3.8. 2003). Nun starb Philipp Mißfelder tragischerweise bereits im Alter von 35 Jahren an einer Lungenembolie, und es gilt natürlich auch bei ihm: „De mortuis nil nisi bene“ (Über die Toten soll man nur Gutes reden). Über den noch quicklebendigen Boris Palmer hingegen muss man jetzt nichts Gutes verbreiten, sondern im Gegenteil: wenn er der Ansicht ist, „Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, und er damit – ob er sich nun missverstanden fühlt oder nicht – den Eindruck erweckt, es lohne sich womöglich nicht, das Leben dieser Menschen für dieses eine halbe Jahr noch schützen und bewahren zu wollen, wenn man dafür Verluste in der Ökonomie in Kauf zu nehmen hat, dann gehört als Replik auf solch einen groben „herzlosen“ (Robert Habeck über Palmer) Klotz auch ein ziemlich grober Keil. Daher muss dieser ideologisch reichlich abgedrehte Boris Palmer es sich nun gefallen lassen, dass in einer Zuschrift an das ehrwürdige „Handelsblatt“ (4.5. 2020) ein Einsender ihm nicht ganz zu Unrecht unterstellt: „Die Haltung von Herrn Palmer ist nur noch einen kleinen Schritt von Euthanasie entfernt… Ich bin froh, dass die Basis unseres Staates (noch) eine andere ist. Es gibt kein ‚wertes‘ oder ‚unwertes‘ Leben!“ Schon einen Monat zuvor, als Boris Palmer eine „Quarantäne nur für Risikogruppen“ forderte, twitterte einer mit dem Pseudonym „niederrheiner“ an die „taz“ (5.4. 2020): „Wann wird dieser Typ von den Grünen endlich vom Hof gejagt? Dieser neoliberale Scheiß in grünem Gewand ist zum Kotzen!“ Früher wurde einem der Heroismus abverlangt, für „Kaiser, Gott und Vaterland“ sein Leben zu lassen. In der BILD-Zeitung brachte es in einem Gastkommentar der 71jährige Berliner SPD-Politiker Heinz Buschkowsky auf den Punkt und verpasste Boris Palmer eine verbale Ohrfeige: „Mein Leben ist mir wichtiger als der Gewinn bei VW“.

© Raap/Bär 2020

In der aktuellen Berichterstattung zur Kontaktsperre wird eine Stilbüte inflationär verwendet: „Tote Hose im Puff“ titelte der Kölner „Express“, „Tote Hose im Freudenhaus – Pandemie verdirbt das Geschäft mit der käuflichen Liebe“ wusste auch die HNA-Niedersächsisch Allgemeine zu berichten, und laut „FAZ“ herrscht auch in Frankfurt derzeit „Tote Hose im Rotlichtviertel“. Neu ist diese Wortspielerei nicht: schon im Dezember 2015 hatte die BILD-Zeitung sich die Schlagzeile geleistet „Heino singt die Hosen tot“, als der Barde Heino nämlich ankündigte, den Song „Tage wie diese“ von der Düsseldorfer Band „Die Toten Hosen“ zu covern. Wenn es gilt, zur finanziellen Abmilderung der Corona-Krise ein Benefizkonzert im Bordell zu veranstalten, wäre mithin niemand besser dazu geeignet als „Heino und die toten Hosen“.

Gäbe es hinsichtlich erfolgloser Anti-Corona-Maßnahmen ein Deppen-Ranking, so würde gewiss Donald Trump dieses anführen mit seiner Empfehlung, man solle gegen das Coronavirus Desinfektionsmittel injizieren. Erstaunen herrscht über die hohe Zahl trumpgläubiger Trottel in den USA, die daraufhin allen Ernstes mit Haushaltsreinigern gurgelten. Trump meinte zwar hinterher beschwichtigend, sein Tipp sei doch nur sarkastisch gemeint gewesen, aber eigentlich sollte doch jeder Politiker von seinen Spin-Doktoren gebrieft worden sein, dass die Mehrheit des Publikums Ironie und Sarkasmus nicht versteht und derlei manieriertes „Um die Ecke Denken“ mithin in Reden oder Texten lieber unterlassen werden sollte. Bei uns ist zwar ebenfalls nicht jeder Politiker unbedingt eine große Leuchte, aber auf die Idee, nur so zum Scherz gegen Corona eine Schluckimpfung mit „Meister Propper“ oder „Domestos“ zu empfehlen, ist hier zu Lande noch keiner gekommen. Und es wäre ja auch nicht auszudenken, wenn das ohnehin schon irritierende Gezänk zwischen Politikern und Virologen zudem noch dazu führen würde, dass unter den Ministerpräsidenten letztlich keine bundeseinheitliche Übereinkunft darüber besteht, ob man „Sagrotan“ unverdünnt einnehmen soll, schon vor dem Frühstück auf nüchternen Magen oder lieber gar nicht. Was würde Prof. Drosten wohl dazu sagen? Wahrscheinlich nichts. Schließlich hat Mutti Merkel uns vor einer „Diskussionsorgie“ gewarnt. © Raap/Bär 2020

Wer schon immer den Mummenschanz liebte, der findet auch in der jetzigen Schnüsslappenpflicht sein Pläsierchen. Nur wer bislang dem Schönheitsideal künstlich aufgeblasener Lippen frönte, die nach eifrigem Einsatz einer Botox-Spritze aussehen wie nach einem Hornissenstich, hätte sich das Geld für den Schönheitschirurgen jetzt lieber sparen können. Denn nun heißt es ja nach einem geflügelten Wort von Prof. Kurt Lauterbach: „Ob Gutmensch oder Bösewicht, für alle gilt jetzt Maskenpflicht“. Dass die chinesische Führung sich aus Imagegründen dagegen wehrt, den Corona-Virus in den internationalen Medien bisweilen auch „Wuhan-Virus“ zu nennen, kann man ja verstehen, denn negative geografische Herkunftsbezeichnungen sind generell keineswegs imagefördernd. In ihrem Streben nach zunehmender Weltmachtbedeutung sei den Chinesen allerdings zum Trost gesagt, dass auch die „Spanische Grippe“ von 1920 in Sachen Imagetransfer der spanischen Folklore, insbesondere der internationalen Popularität des Paso Doble und damit der Verbreitung des spanischen Gesellschaftstanzes in den 1920er und 1930er Jahren keineswegs geschadet hat, und so wird nach dem Ende des Shutdowns wohl auch kein deutscher Opernintendant eine chinesische Oper vom Spielplan streichen und stattdessen lieber nur noch Giacomo Puccinis „Madame Butterfly“ aufführen lassen, bloß weil deren Handlung in der japanischen Stadt Nagasaki und nicht in Wuhan in China spielt. Selbst die Tatsache, dass die Anlieferung untauglichen Billig-Stahls aus China den Neubau der Leverkusener Rheinbrücke nun verteuert und verzögert, ist für die chinesische Stahl-Industrie lediglich in geringem Maße ein PR-Desaster, da ja nicht nur der Kabarettist Torsten Sträter die Problematik des chinesischen Schrott-Stahls beim Brückenbau aus Sicht der linksrheinischen Zivilisation als marginal beurteilt: „Wer will denn schon nach Leverkusen?“

© Raap/Bär 2020

Auch das noch: Da wir bis zum 3. Mai 2020 coronabedingt auf Friseurbesuche verzichten müssen, berichtete „t-online.de“ über das misslungene Ergebnis eines Haarfärbe-Selbstversuchs der vermeintlichen „Kultblondine“ Daniela Katzenberger: „Ich sehe jetzt aus wie Boris Becker“. Während sie nun damit rechnen muss, auf der Straße als „Frau Becker“ angeredet zu werden, denkt unterdessen Boris „Bobele“ Becker darüber nach, ob dieser Frisurenvergleich für ihn nun schmeichelhaft ist oder nicht, und der Katzenberger-Gatte Luca Cordalis lässt derweil via Boulevardpresse jeden wissen, der es hören will oder auch nicht, seine Ehefrau sei zu Hause keineswegs die „Kultblondine“ wie im Reality-TV, sondern lümmele sich im trauten Heim am liebsten in ausgeleierten Schlafanzügen auf dem Sofa herum. Vielleicht behauptet ja auch Boris Becker demnächst ganz keck: „Haben Sie schon gehört, ich soll aussehen wie Daniela Katzenberger“. Zumindest im Schlafanzug.

Zu den Skurillitäten der Corona-Epoche gehört auch die Erfahrung eines Supermarktleiters in Ahrensburg bei Hamburg, dass seinen Sicherheitsleuten keiner zuhörte, wenn sie die Abstandsregeln erläutern wollten, bei den verstockten Kunden sich jedoch sofort die Aufmerksamkeit erhöhte, als ein Roboter namens „Pepper“ eingesetzt wurde, der mit plärrender Stimme alle drei Minuten die nötige soziale Distanz anmahnte. Nach diesem Erfolg wird der Roboter dort jetzt allen Ernstes zum Einzelhandelskaufmann ausgebildet und soll dann „als vollwertiger Verkäufer Kunden beraten“. Es kommt natürlich darauf an, wie man ihn programmiert, zum Beispiel zur Beratung über Haarfärbemittel. Und wie man ihn dazu optisch ausstaffiert. Vielleicht wie Daniela Katzenberger. Aber dann sagen die Leute bestimmt: „Hehe, der Roboter hat ja eine Frisur wie Boris Becker“. Und wenn der Roboter bei der Beratung nur ein „Äh, äh“ zustande bringt, könnte man ja auch gleich den leibhaftigen Boris Becker da hinstellen.

© Raap/Bär 2020

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Farciertes Rebhuhn à la Karl-Josef Bär

Spanische Rebhühner tiefgefroren gibt’s in Köln-Ehrenfeld im „Kaufland“. Die aufgetauten Rebhühner salzt und pfeffert man, füllt dann das Innere dann mit einer Farce aus getrocknetem Weißbrot, eingeweicht in Milch, einer kleingehackten Knoblauchzehe, Petrella-Käse mi Schnittlauch, Morcheln, Steinpilzen, klein gehackten Oliven, geraspeltem Sellerie, frischem Majoran, etwas Geflügelpaste, einem Spritzer Worcestershiresauce, grünen Pfefferkörnern, etwas Cayennepfeffer und Paprikapulver. Im Backofen in einer Casserole von beiden Seiten insgesamt ca. 40 Min. bräunen lassen.

Porrée à la Karl-Josef Bär

Geputzten Porree in Ringe schneiden, zusammen mit Speckstückchen und Zwiebeln in Butter kurz anbraten, Gemüsebrühe hinzugeben und ca. 20 Min. bei kleiner Flamme dünsten. Würzen mit Salz, grünem Pfeffer, Kümmel, etwas Muskat, Bärlauch (im April/Mai frisch, sonst getrocknet), zum Schluss etwas Petrellakäse unterrühren. Passt gut zu paniertem Kotelett, aber auch zu gebratenem Lachs, als Getränk Bier oder ein aromatischer Weißwein.

Grüner Spargel mit Orangen-Thymian-Dill-Sauce

Dazu reicht man Kartoffeln, die man separat kocht. Den Spargel gibt man in kochendes Wasser, fügt etwas Salz und einen Spritzer Honig hinzu, lässt ihn dann bei kleiner Flamme 8 Min. lang garen. In einer kleinen Casserole bringt man Butter zum Schmelzen, verrührt Eigelb und Orangensaft, gibt diese Masse in die Casserole und füllt den Inhalt mit Gemüsebrühe auf. Die Sauce darf nicht kochen, da sonst das Eigelb stockt. Abschmecken mit Salz, Pfeffer, ein paar Spritzern Worcestershiresauce, zum Schluss gibt man Thymian und Dill hinzu, bei Bedarf auch einen Schuss Weißwein oder Sherry.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

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