baer aktuell Nr. 283 – 22. April 2020

Atemschutzmasken werden ja jetzt zu Wucherpreisen zwischen 15 und 25 Euro pro Stück angeboten – eine Unverschämtheit! Die Sehnsucht nach dem Wiedergewinn der alltäglichen Normalität schon knapp drei Wochen nach dem obrigkeitlich verhängten Stubenarrest ist vor allem eine solche nach Mobilität, aber paradoxerweise hat ja gerade die Ballermann-affine Mobilität mit dem Ziel der Tiroler Après-Ski-Amüsierhölle Ischgl anscheinend wesentlich zur epidemischen Verbreitung der Infektion beigetragen. Was die zunehmende Beschleunigung angeht, wie sie der Philosoph Jean Baudrillard beschrieben hat, so haben wir in dieser Hinsicht in den Entwicklungsprozessen des Industriezeitalters mit den Technologien der Dampfschifffahrt, der Eisenbahn, des Automobils und Flugzeugs längst den kulturellen Zenit überschritten. Kulinarisch lässt sich dieser kulturelle Niedergang jedenfalls sehr augenfällig an dem pampigen Chili con Carne festmachen, den man seitens der Deutschen Bahn im ICE-Bordbistro gereicht bekommt – da lohnt es sich schon, solch einen magenschleimhautentzündungsfördernden Speisewagen zu meiden und lieber zu Hause zu bleiben und selber zu kochen. Das meint auch Michael Hoffmann aus Rösrath, der fünffache Deutsche Meister im Grillen: „Grill statt Urlaub auf Mallorca“. Allerdings ist es schon reichlich unpassend in diesen Zeiten, wo Parks und Picknickplätze vom Ordnungsamt abgesperrt werden, im „Kölner Stadtanzeiger“ dann ausgerechnet den fünffachen Deutschen Meister im Grillen zu Worte kommen zu lassen, der in diesem Corona-Sommer einen „Trend zu höherwertigen Grillgeräten“ erkannt zu haben glaubt und alle, die jetzt auf ihrem Balkon an einem Schweinenackensteak herumbrutzeln, belehrt: „Grillen ist Minigolf, Barbecue ist Golf“. Wer im Rheinland ohnehin schon immer erstaunt darüber war, dass es südlich von Andernach und nördlich von Dormagen auch noch menschliches Leben gibt, bei dem hält sich ein „Buenos dias, Mathias, mer sin widder do, he op Mallorca wie jedes Johr…“-Fernweh tatsächlich in Grenzen. Die mittelalterliche Stadtmauer Kölns war jahrhundertelang ein Bollwerk gegen alles Missliebige von außen gewesen, militärisch uneinnehmbar selbst im Dreißigjährigen Krieg (was aber ein Mythos ist, denn die Stadt blieb in erster Linie von Unbill verschont, weil die klüngelerprobten Kölner es immer wieder verstanden, rechtzeitig die Verbündeten zu wechseln). Das bewährte Abschottungsprinzip dieser mittelalterlichen Festungsarchitektur – „He kütt keiner eren, und he will och keiner mieh erus“ – erfährt heute unter anderen technischen und sozio-kulturellen Parametern eine neue Aktualität. Dass übrigens auch Zuhälter als angebliche „Solo-Selbständige“ von Olaf Scholzens Nothilfe-Sofortprogramm profitieren sollen, kann man in diesen Tagen doch eher als skurille „Fake News“ abhaken, wie sie derzeit allenthalben durchs Netz geistern.

Raap/Bär 2020

Schöner Witz zur Corona-Krise

Tünnes und Schäl holen sich an ihrer ansonsten geschlossenen Stammkneipe das Mittagessen zum Mitnehmen ab.

Schäl: „Hür ens, Tünnes, häste nit auch dat Jefühl, dat die Frikadellen jetzt en dä Corona-Krise besser schmecken als vorher?“

Tünnes: „Jo, jo, do häste räch, Schäl. Ich jlaub, dat liegt daran, dat dä Koch sich jetzt öfters mal de Finger wäscht, wenn dä Hackfleisch zubereitet.“

© Raap/Bär 2020

In Artikel 3 unseres Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland steht wortwörtlich: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Dies muss mithin auch in Notstands- und Krisenzeiten garantiert werden, d.h. eine Diskriminierung bestimmter Altersgruppen darf es auch bei der Corona-Bekämpfung nicht geben, weil nämlich alles andere verfassungswidrig wäre. Das meint auch der Grünen-Politiker Christian Ströbele: „Wenn sie die Alten und chronisch Kranken separieren, bin ich am nächsten Tag beim Bundesverfassungsgericht und klage… Das wäre ein drastischer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, den man gar nicht begründen könnte… So eine Lösung ist unzumutbar und wird hoffentlich nicht weiter verfolgt.“ Auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hält eine solche Internierung für „rechtlich und moralisch bedenklich“. Zwar lässt der Paragraph 28 des „Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen“ durchaus zu, dass „die Grundrechte der Freiheit der Person… insoweit eingeschränkt“ werden, doch rasch uferte die Debatte in einen „neuen Generationenkonflikt“ aus, wie ihn die österreichische Zeitung „Profil“ konstatierte, mit dem Zitat eines Facebook-Eintrags: „Ganz schön seltsam, wenn man seine eigenen Eltern unter Hausarrest stellen muss“. Verbale Prügel in der Kommentarspalte der WR-Westfälischen Rundschau bezog der Düsseldorfer OB Thomas Geisel mit seiner Forderung, „die Maßnahmen… stärker auf die Gruppe besonders gefährdeter Menschen zu konzentrieren“, denn „ es sei zu befürchten, dass junge Menschen zunehmend gegen die Maßnahme rebellierten, weil sie sich von den Gefahren der Infektion nicht selbst betroffen fühlten“. Darauf antwortete ein Leser namens „doorman“: „Der Mann muss meiner Meinung nach sofort in Dunkelhaft“, wohlgemerkt: nicht die Senioren, sondern der OB Geisel gehörten nach Meinung von „doorman“ hinter Schloss und Riegel bzw. -Achtung, Kalauer! – in Geiselhaft. E Ein gewisser „ErRa“ sekundierte ihm: „Was dieser SPD–OB meint, die Senioren und andere Corona-Gefährdungsaspiranten könnte man wegschließen, damit die scheinbar gesunde Restbevölkerung wieder schaffen und Partys feiern kann… Herr, lass Hirn regnen, zuerst in Düsseldorf…“ Es drängt sich der Eindruck auf, dass es im Generationenkonflikt der Corona-Krise diesmal in erster Linie nicht mehr um die vielzitierte Oma als „alte Umweltsau“ geht, sondern dass als Feindbild auch jetzt wieder einmal eher „der alte weiße Mann“ herhalten muss, als „modischer Kampfbegriff gegen alles, was im Wege steht…“ wie es die Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Hannelore Schlaffer schon im Oktober 2019 in der „Stuttgarter Zeitung“ formulierte. So berichtet „bento – das junge Magazin vom Spiegel“ über einen unsäglichen Auftritt der Hiphop-Band K.I.Z, die Rapper hätten „ins Mikro“ gebrüllt: „Leute haben Schiss vor irgendeinem beschissenen Virus. Die Wahrheit ist: Davon sterben nur alte, weiße Männer!“ Stimmt nicht: laut der Zeitung „Luxemburger Wort“ ist der bislang jüngste Corona-Tote ein 14jähriger Portugiese.

© Raap/Bär 2020

Auch in Corona-Zeiten wird in der katholischen Kirche des Rheinlands das Osterlachen zelebriert, wenn auch derzeit nur virtuell: aus Freude über die Auferstehung erzählt der Pfarrer in der Predigt zum Festgottesdienst traditionellerweise einen Witz. In einer TV-Talkshow offenbarte Pfarrer Franz Meurer von der Gemeinde Vingst-Höhenhaus, im Kölner Volksmund auch als „Erzbischof der Herzen“ apostrophiert, seinen Lieblingswitz: Gehen zwei Zahnstocher über die Straße. Kommt ein Igel vorbei. Sagt der eine Zahnstocher: „Ich wusste gar nicht, dass hier auch ein Bus fährt“.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Saibling oder Zander in Langusten-Bisque In der französischen Küche ist eine Bisque eine pürierte Suppe: Man zerkleinert die Schalen von Hummer oder Langusten (sie haben im Unterschied zum Hummer keine Scheren) mit dem Mixer bis sie völlig pulverisiert sind; kocht sie mit Fischsud und Weißwein auf, gibt das Langustenfleisch, sowie Fleisch von anderen Krustentieren (Kaisergranaten, Scampi, Krabben) hinzu, bis dieses auch zerkocht ist, fügt Tomatenpüree und zur Abrundung Sahne hinzu. Den Saibling oder Zander hat man vorher in einer Schale mindestens 2 Std. in Olivenöl, Zitronensaft, grünen Pfefferkörnern und frischem Dill marinieren lassen, brät ihn dann in einer gebutterten Pfanne kurz durch und serviert ihn zusammen mit der Bisque. Statt der Langusten-Bisque kann man ihn auch zusammen mit weißem Spargel und ein wenig Hummer- oder Krebssauce reichen.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

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