Archive for Dezember, 2013

baer aktuell 163/164 – bild des monats

Mittwoch, Dezember 4th, 2013

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Bild des Monats Dezember 2013:

Jürgen Raap – „La Päd, la Fott, la Finster“, 2013

Dass Franz Beckenbauer gelegentlich Unsinn verbreitet, ist allgemein bekannt. Eine gründliche intellektuelle Fehlleistung bot „Kaiser Franz“ erneut, als man ihn kürzlich in seiner Eigenschaft als Fußball-Funktionär (er war bekanntlich bis 2011 Mitglied im FIFA-Exekutivausschuss) darüber befragte, was er denn davon hielte, dass die asiatischen Bauarbeiter, die derzeit die Fußballstadien für die künftige WM in Katar errichteten, dort wie Arbeitssklaven behandelt würden. Beckenbauer antwortete so dumm wie dreist, er habe auf den Baustellen von Katar keine Sklaven gesehen: „Die laufen da alle frei rum“.

 In Koblenz wirkt ein Figaro namens „Tigi Haircare“, was an sich schon albern genug ist. Zu allem Überfluss hat der Haarkünstler Tigi sich aber auch noch ein in vornehmem Schwarz gehaltenes Designer-Schaufenster zugelegt, in dem zur Weihnachtszeit drei protzige Sterne prangen, als ob Tigi der Drei-Sterne-Friseur unter Koblenzens Barbieren wäre. In einem nahen Kaffeehaus sorgt ein junger Mann für kurzweiliges Klavierspiel, und zwischendurch verteilt er an den umliegenden Tischen Visitenkarten, in denen er sich als „Tasten-Shakespeare“ anpreist. Hm, hm, „Tasten-Mozart“ ginge ja noch, oder „Tasten-Wagner“, aber „Tasten-Shakespeare“? Was um Himmels willen hat der britische Theaterdichter mit kaffeehauskompatiblem Klavierspiel zu tun? Aber in einer Stadt, in der einer, der wahrscheinlich „Schmitz“ heißt, auf die Idee kommt, sich verniedlichend „Tigi“ zu nennen und sein berufliches Betätigungsfeld der Haarkümmerei als „Haircare“ zu anglizisieren (was Herrn Bär ahnen lässt, dass in England kein einziger Friseur seinen Laden „Hairecare“ nennen würde), verkraftet man wohl auch einen leidlich begabten Pianisten, der Shakespeare zu seinem großen musikalischen Vorbild erkoren hat.

Bärs Limonadenkritik Wenn man nicht nur die aromatisch-haptischen Eigenschaften eines klebrigen und nur mäßig prickelnden Gebräus, sondern auch noch die verstiegenen Einfälle der Werbedeppen als Maßstab zu einer kulinarischen Limonadenkritik nimmt, dann bestätigen sich alle Vorbehalte gegenüber der Werbeindustrie und gegenüber Limonaden in knatsch-süßen Geschmacksrichtungen. Als absolut dämliche Werbekampagne entpuppte sich der Einfall, in Köln-Ehrenfeld vor den Eingängen der „Balloni-Hallen“ und vor dem in tonaler Hinsicht ohnehin eher fragwürdigen „Club Bahnhof Ehrenfeld“ eine Art Anhänger mit überdimensionalem Ghettoblaster aufzustellen, um solchermaßen mit dem akustischen Terror eines zwei Häuserblocks weit zu hörenden monotonen Gewummeres den Konsum von „Red Bull“ anzuheizen. Herr Bär wünschte sich, sie hätten stattdessen lieber den Koblenzer „Tasten-Shakespeare“ einen flotten Werbe-Jingle aufspielen lassen: „Heute bleibt es draußen still, weil jeder nur noch Red Bull will“. Doch da dies nicht geschah, sehnte sich Herr Bär an die Fünf-Pfennig-Tütchen mit „Ahoi“-Brause zurück, die es damals am Limonadenbüdchen zu kaufen gab und die für ihn mit ihrem Prickeln bis heute der Inbegriff von Limonade überhaupt sind. © Raap/Bär 2013

 

Beachten Sie bitte folgenden Veranstaltungshinweis:

Donnerstag, 12. Dezember 2013, 19 Uhr:
Vernissage zur Ausstellung „Der Eigelstein – drunter und drüber – Schauplatz Kölner Geschichte 2“ im Kölnischen Stadtmuseum, Zeughausstr. 1-3

Beiträge dazu von Jürgen Raap: Katalogtext „Mythos Eigelstein“ und Leihgabe eines Gemäldes für die Ausstellung.

Laufzeit: 13. Dezember 2013 bis 27. April 2014.

Deppen-Ranking 2013 Den Vogel ab schoss in diesem Jahr der schusselige Steinbrück-Erpresser aus Bonn: über die verbale Großkotzigkeit von Peer Steinbrück waren viele andere ja auch verärgert, aber keiner sonst schrieb dann einen Erpresserbrief, den er eigentlich gar nicht abschicken wollte, schließlich jedoch versehentlich in den Briefkasten warf. Das ist an krimineller Dämlichkeit kaum zu toppen, daher heißt es unserem Jahresrückblick: Platz 1. Den zweiten Platz nimmt der Peersager (Kabarettistenspott) selbst ein, weil er ausgerechnet eine Woche vor der Wahl gegen den eindringlichen Rat seines Pressesprechers und auch sonst wider allen besseren Wissens ein Foto veröffentlichen ließ, auf dem er seinen Kritikern den Stinkefinger zeigte, wodurch er spätestens dann alle Zweifel an seiner Tauglichkeit zum Staatsmann fulminant bestätigte, und selbst sein Parteifreund, der Kölner OB Jürgen Roters, bekundete dann gegenüber dem „Express“, als er das Stinkefinger-Foto gesehen habe, hätte er das Gefühl gehabt, Steinbrück habe seine Kandidatur innerlich längst aufgegeben.

Wo jetzt Westerwelle, Brüderle und Rösler als prominente liberale Witzfiguren ausfallen und nur noch unter „Leute von gestern“ rangieren, springt der Kölner FDP-Ratsherr Ralph Sterck mit seinen Mätzchen munter in die Bresche: Im Pullman-Hotel fotografierte er die Pissoirs auf der Herrentoilette und stellte das Foto bei „Facebook“ ein, weil man beim Pinkeln durch eine Glaswand auf den Kölner Dom schauen kann, und wenn der FDP-Mann mal nicht eine Pinkelecke in der Kölner Nobel-Hotellerie fotografiert, sondern richtige Politik macht, dann beschwert er sich als Inhaber des Speditionsunternehmens „Kölner Flitzer“ über das Installieren neuer Radarkontrollen: Keine Blitzer für den Flitzer, freie Fahrt für freie Bürger, oder was? Für derlei platte Lobby- und Klientelarbeit in eigener Sache ist Platz 3 reserviert.

Hätte Ralph Sterck mehr Kohle und wäre er weniger skrupellos, dann hätte er ja die Mövenpick-Nummer abziehen können, so wie auch die BMW-Oberen in ähnlicher Weise den fatalen Eindruck erweckten, ihre Parteispende an die CDU sei korruptionsverdächtig gewesen, weil die zeitliche Nähe zur Korrektur des CO2-Gesetzes doch ein wenig mehr zum Himmel stinkt als die Klowürfel in dem Pinkelbecken, das Ralph Sterck fotografiert hat. Platz 4 für BMW wegen des Imageschadens, und Platz 5 aus dem gleichen Grund für die abhörskandalgebeutelten USA.

Für Barack Obama, der kein Knacken in der Leitung gehört haben will, als er mit Angela Merkel telefonierte, ist Platz 6 reserviert, weil angesichts der Eigendynamik der Geheimdienste auf ihn der kölsche Gassenhauer passt: „Nä, nä, dat wisse mer mit mieh, janz bestimmp nit mieh…“ Wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass man gewisse Tendenzen zum totalkontrollitären Cyberfaschismus auch Google und Fcebook mit ihrer Datensammelwut vorwerfen kann, und nicht nur den Schlapphüten von der NSA. Herr Bär würde gerne wissen: Hat diese obskure NSA in ihrem grenzenlosen Allmachtsgebaren eigentlich auch das Handy von Obama angezapft? Aber die Antwort lautet wahrscheinlich: das ist geheim! Der BND würde ja vielleicht als trotzige Retourkutsche auch mal ganz gerne das Weiße Haus anzapfen, aber dazu fehlt denen angesichts der Sparwut der Politiker wahrscheinlich die nötige moderne Abhörtechnik… sicherlich haben sie in der BND-Zentrale noch altmodische Telefone mit Wählscheibe und Voranmeldung des Gesprächs beim „Fräulein von Amt“. Wenn sie in Köln schon jahrzehntelang nichts in die Instandhaltung der jetzt reichlich maroden Rheinbrücken investiert haben, kann man doch nicht erwarten, dass in Washington einer unserer wackeren BND-Agenten mit einem hochmodernen teuren Richtmikrofon auf der Wiese vor dem Weißen Haus auf der Lauer liegt.

Wenn schon ein Geständnis ablegen, dann aber richtig: das muss man mal dem Wurstfabrikanten Uli Hoeneß ins Stammbuch schreiben, der fälschlicherweise glaubte, er käme mit einer Selbstanzeige milde davon, wenn er nur einen Teil seiner Steuerhinterziehungen offenbare und den Rest verschweige. Jetzt braucht Hoeneß auf Platz 7 für den Spott nicht zu sorgen.

 

Wodurch lenkt man gekonnt von den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche ab? Am besten durch einen deftigen Bauskandal. Das dachte sich offenbar der „Protz-Bischof“ von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, der unbedingt beweisen wollte, dass auch er beim Bau seiner neuen Residenz eine satte Kostenexplosion hinkriegt: Platz 8. Dicht gefolgt von Boris Becker auf Platz 9, der sich nicht zu schade war, im TV in der Game-Show von Oliver Pocher als tapsiger Trottel zur Volksbelustigung beizutragen, was seine Fans als endgültigen Abstieg vom einstigen Bum-Bum-Becker-Tennisstar zum tragisch-komischen Sturmgeschütz medialer Vollidiotie bewerteten.

Mit Platz 10 belohnt wird jener Passant, der bei seinem Köln-Besuch den Bundespräsidenten Joachim Gauck mit den Worten begrüßte: „Tach, Herr Jauch, ich habe gestern Ihre Talk-Show im Fernsehen gesehen“. Solch eine gelungene Verwechslung muss man erst mal hinkriegen… © Raap/Bär 2013

 Frohe Weihnacht überall

bald ist wieder Karneval!