Archive for November, 2019

baer aktuell Nr. 274/275 – 3. und 22. Nov. 2019

Samstag, November 2nd, 2019

Bild des Monats November 2019:

Jürgen Raap, „Japan und die Unendlichkeit“, 2019

Jürgren Raap, „Japan und die Unendlichkeit“, 2019, Copyright: J. Raap 2019

Bär aktuell 274 – 3. Nov. 2019

In einem Internet-Chat-Room, in welchem Hobbyköche ihre Rezepte austauschen, erkundigte sich eine Hausfrau namens „Veggie-Biggi“ nach einem Currywurst-Rezept: Sie sei zwar Vegetarierin, wolle aber ihrem Mann mal eine Freude bereiten und ihm eine Currywurst braten, wisse aber nicht, wie das geht. Man zollte ihr Respekt, es zeuge von „innerer Größe“, sich als Vegetarierin an solch ein Rezept heran zu wagen, das im übrigen ganz einfach sei: die Wurst sei so lange zu braten, bis sie von allen Seiten schön braun sei. Tipp: Wer sich nicht entscheiden kann, ob er dazu einen Ceranherd, einen Induktionsherd oder einen Elektroherd mit Dual- und Bräterzone aus der Fernsehwerbung benötigt, der begebe sich einfach an die nächste Pommesbude.

In die Rubrik „Weltfremdheit und Irrsinn“ gehört der Vorschlag einer Architektursoziologin, der Kölner Ebertplatz werde seinen schlechten Ruf los, indem man ihn einfach umbenenne. Dazu muss man wissen, dass die betonbrutalistische Platzgestaltung mit einer düsteren und stets übelriechenden unterirdischen Fußgängerpassage als Ausdruck des Wahns einer autogerechten Stadt in den 1960er und frühen 1970er Jahren zu den eklatantesten städtebaulichen Fehlleistungen gehört, die man sich in der Nachkriegszeit geleistet hat. In jener wenig anheimelnden schlecht ausgeleuchteten Beton-Passage traf sich seit eh und je eine Szene, die man vornehm als „lichtscheu“ beschreiben kann, und in den letzten Jahren weitete sich der dortige soziale Brennpunkt auch auf die von Tageslicht erhellten Teile des Platzes aus. Die Lokalpolitiker lehnen indes unisono eine Umbenennung ab, denn Friedrich Ebert könne ja nichts dafür, und niemand außer besagter Architektursoziologin glaubt daran, dass es über Nacht dort anders zuginge, nämlich wie an einem paradiesischen Ort der Harmonie, des Friedens, der Glückseligkeit und der Heiterkeit, der Demut und Barmherzigkeit, wenn man ihn nun „Dalai Lama-Platz“ oder „Mutter Teresa-Platz“ nennen würde.

Wer beim Vernissagen-Small Talk gerne herumstrunzt, der muss wissen, dass ein Geprotze à la „Mein SUV frisst 16 Liter Benzin auf 100 km“ heute nicht mehr zeitgemäß ist. Auch der Hinweis „Ich bin bei youtube Influencerin für lackierte Fingernägel“ ruft in Hipster-Kreisen höchstens heraufgezogene Augenbrauen und ein leicht gelangweiltes joviales Lächeln hervor. Die Bemerkung „Ich mache jetzt immersive Kunst“ provoziert hingegen bei allen Umstehenden ein erstauntes und anerkennendes „Ah“ oder gar „Oho“, wobei dann jeder dieser Umstehenden so tut, als wüsste er, was das neue Modewort „immersiv“ tatsächlich bedeutet. Man muss das übrigens selber nicht so genau wissen, denn wenn tatsächlich mal einer nachfragen sollte, was „immersiv“ denn eigentlich ist, reicht es, mit gleichgültiger Miene zu antworten: „Irgendwas mit virtuell, Sie wissen schon“, worauf man garantiert die bewundernde Replik erntet: „Oho, virtuell!“ Unter https://trendwörter.info/die-hippsten-trendwoerter sind als derzeit aktuelle Modewörter auch „Mikromobilität“ und „Meinungskorridor“ aufgelistet, während „weitermerkeln“ inzwischen aus der Auflistung gelöscht wurde.

Das Casting fürs alljährliche Deppen-Ranking über die drolligsten Fehlleistunggen im Denken und Handeln, alljährlich aufgelistet bei „bär aktuell“, hat begonnen. Heißester Anwärter auf den Titel „Depp des Jahres“ ist „Deutschlands dümmster Dackel“ (Boulevardpresse), der mit seiner Korpulenz gleich viermal hintereinander im Loch zu einem Fuchsbau stecken blieb.Gut im Rennen als Anwärterin für einen vorderen Tabellenplatz ist auch Annegret Kramp-Karrenbauer, über die der „Welt“-Kolumnist Hans Zippert urteilte, sie wirke immer dann zurechnungsfähig, wenn sie den Mund hält. Die hektische Unbeholfenheit, mit der „AKK“ ohne die eigentlich vorher notwendige diplomatische Sondierung bei möglichen Verbündeten, ohne vorherige völkerrechtliche Absicherung und logistische Konkretisierung ihre Ideen zur Syrienpolitik hinaus posaunte, bezeichnete der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich, immerhin noch ein Koalitionspartner, zu Recht als „unausgegoren“. Herr Bär rät AKK ebenfalls: erst ein Ei legen, dann gackern, nicht umgekehrt. Boris Johnson macht beim Deppen-Ranking übrigens schon allein deswegen mit, weil er fast die gleiche blöde Frisur wie Donald Trump hat, allerdings nicht in weizenblond: Dass es nämlich höchst komisch oder gar peinlich wirken kann, wenn alternde Männer sich die Haare weizenblond färben, widerfuhr ausgerechnet Boris Becker, als er in New York Bier kaufen wollte und gründlich veralbert wurde, in dem der Bierverkäufer ihn nach seinem Ausweis fragte, ob er denn schon das Mindestalter von 21 Jahren für den Erwerb von Alkohol im Staate New York erreicht hätte. Naja, Bobele ist bekanntlich für eine „Verstehen Sie Spaß“-Nummer immer gut zu gebrauchen.

Copyright: Raap/Bär 2019 – alle Rechte vorbehalten

Bildstrecke „bär aktuell spezial“: Impressionen von der Sessionseröffnung 11.11. 2019 in Köln –  Die „Muuzemändelcher von 1949 e.V.“ sind die älteste karnevalistische Künstlervereinigung in Köln. „Muuze“ und „Muuzemandeln“ sind ein Schmalzgebäck, das es im Rheinland in den Wochen vor Beginn der Fastenzeit in den Bäckereien gibt. Die „Muuzemändcheler“ verleihen jedes Jahr zum Sessionsauftakt am 11.11. mit einem „Spill op d’r Rothustrapp“ (= Spiel auf der Rathaustreppe, die Veranstaltung findet aber mittlerweile im Inneren des Rathauses statt)  die „Goldene Muuz“ an eine verdiente Persönlichkeit der Brauchtumskultur, diesmal an den Physiotherapeuten der Tanzmariechen und Tanzgruppen Wilfried Wiltschek. Alle Fotos: Copyright Siglinde Kallnbach 2019

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Frankfurter Rindswurst mit Kartoffelsalat Die Frankfurter Rindswurst besteht zu 100 Prozent aus Rindfleisch; sie wird mit Kochsalz, weißem Pfeffer und Paprika gewürzt und heiß geräuchert. Nur jene Sorten, die zum Grillen vorgesehen sind, würzt man mit Nitritpökelsalz; aber normalerweise wird sie zum Verzehr gebrüht. Sie kam 1894 erstmals in Frankfurt auf den Markt, nicht zuletzt wegen der Nachfrage durch jüdische Kundschaft. Für den Kartoffelsalat schneidet man vorgekochte Kartoffeln in Scheiben, erhitzt sie dann kurz in Rinderbrühe, damit die Kartoffelscheiben die Brühe aufsaugen, gibt schwarze und grüne Pfefferkörner sowie kleingehackte Schalotten und Lauchzwiebeln hinzu, die man kurz mitdünsten lässt. Dann gießt man die Brühe ab, lässt die Kartoffeln abkühlen, vermischt sie mit klein gehackten Gewürzgurken, Walnussöl oder Zitronenolivenöl, etwas Essig und Schnittlauch.

Erbspüree wird in der Berliner Küche aus gekochten gelben Trockenerbsen hergestellt, die man in ungesalzenem Wasser einweichen lässt und dann in Salzwasser gart und mit Butter anreichert und mit Majoran und Pfeffer würzt. Man kann das Püree auch mit geriebenen vorgekochten Kartoffeln vermischen. Ein klassisches Gericht der Berliner Küche besteht aus Eisbein mit Sauerkraut und Erbspüree, abgerundet mit Speck und Röstzwiebeln.

Brühwürste Bei Kochwurst wird das Fleischbrät schon vor der Verwurstung gegart, bei Brühwürsten wird die Wurstmasse gewolft oder gekuttert und stark gekühlt, gewürzt, dann in Därme gefüllt und gebrüht. Brühwürste enthalten zur Hälfte mageres Fleisch und zu einem Viertel Speck. Die Bockwurst kam in Berlin um 1890 auf und wurde zu Bockbierfesten serviert; als ihr Erfinder gilt aber nicht der Metzger Bock, wie oft fälschlich behauptet wird, sondern der Metzger Löwenthal. Im Deutschen Lebensmittelbuch sind Schweinefleisch und Speck als Ausgangsmaterial angegeben. Würzmittel sind Nitritpökelsalz, Pfeffer, Paprika, Ingwer, Muskat und Koriander.

Karpfenfilet auf Kärntner Art Karpfenfilets salzen, pfeffern und mit Knoblauch-Olivenöl sowie Zitronensaft einreiben, ca. 30 bis 60 min. ziehen lassen. Fischstücke dann leicht mehlieren und in heißem Öl an beiden Seiten anbraten. Knobloch und feingeschnittene Petersilie hinzugeben, kurz mitdünsten lassen. Dazu reicht man kleine Kartöffelchen mit Petersilie.

Hirschgulasch „Königsforst“ Frische, gewürfelte Fleischstücke in Pfeffer, Senfkörnern, Wacholderbeeren, Nelken, Zwiebeln und einer Knoblauchzehe, etwas Meerettich, Senf, Lorbeerblatt, Rosmarin und Thymian oder fertiger Wilgewürzmischung und Olivenöl 24 Std. lang marinieren. Dann das Fleisch anbraten, Zwiebeln, Morcheln und Möhrenstücke hinzugeben, kurz andünsten und mit Wildfond ablöschen. Den Rest der Marinade hinzufügen. Dann salzen, zwei bis drei Std. köcheln lassen, eventuell nachpfeffern, ½ Std. vor dem Servieren noch eine Birne, Preisselbeeren oder frische rote Johannisbeeren hinzufügen. Die Sauce evtl. mit Sahne abbinden.

Gebeizte Entenkeule à la Karl-Josef Bär

Gebeizte Entenheule à la Karl-Josef Bär Frische oder aufgetaute Entenschenkel mit Salz und Pfeffer einreiben und in einen Fond mit Knoblauchzehen, Zwiebelstücken, Wacholderbeeren, Pfefferkörnern, Thymian und Lorbeerblättern, Senfkörnern, Zitronenschale, Limettenblättern und einem Stück Sternanis geben. Der Fond besteht aus Öl und Wasser mit einem winzigen Schuss Balsamicoessig. ½ bis 1 Tag in der Beize lassen. Die Entenstücke dann in Gänseschmalz anbraten, herausnehmen, Zwiebeln in dem Bratfett andünsten und diese dann zusammen mit dem Fleisch und Möhrenstücken in eine Kasserole und in der Beize dann im Backofen ca. 45 Min. schmoren lassen. Dazu passt Rotkohl oder bayerisches Blaukraut, oder auch Wirsinggemüse, Knödel oder Kartoffeln. Man kann dieses Gericht auch in Anlehnung an den südfranzösischen Bohneneintopf Cassoulet mit weißen Bohnen kombinieren, die man zusammen mit vorher eingeweichten getrockneten Pfifferlingen zubereitet.

Rübstiel Stiele und Blätter einiger Unterarten der jungen Speiserübe – als Gemüse ist es im Rheinland, am Niederrhein, in Westfalen und in den Niederlanden seit langem weit verbreitet. Die Stiele hackt man, dünstet sie dann in zerlassener Butter mit Zwiebeln. Gewürzt wird mit Salz, Pfeffer und Muskat, verfeinert mit Sahne oder cremigem Käse (Bressot, Perella). Man kann Rübstiel auch mit (Stampf)Kartoffeln vermengen. Dazu serviert man Mettwurst, gebratenen Speck, Bratwurst oder Rindfleisch.