Archive for September, 2014

Bär aktuell Nr. 173 – Bild des Monats

Montag, September 1st, 2014

Als der Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer sich anschickte, seine Villa auf Mallorca für 38 Mill. Euro verkaufen zu wollen, trat in den Medien der Einrichtungspapst Ernesto Mezei auf, um an der Innenausstattung Kritik zu üben: bei Maschmeyer sähe es „altbacken und kitschig“ aus, wie eine „Mischung aus Denver-Clan und Düsseldorfer Lagerhalle“, so war in der Print-Ausgabe des Kölner „Express“ nachzulesen. Da auf den Terrassencafés der vornehmen Düsseldorfer Königsallee das Glas Champagner mit 8 Euro billiger ist als die Botox-Spritze beim Schönheitschirurgen oben im ersten Stock, kann man nun Mutmaßungen darüber anstellen, wie es wohl in einer Lagerhalle der NRW-Landeshauptstadt aussehen mag. Antwort: Wie bei Carsten Maschmeyer zu Hause.
Den feinen semantischen Unterschied zwischen „pleite“ und „vorübergehend zahlungsunfähig“ in der Welt der Hochfinanz verdanken wir dem Ex-Bertelsmann-Manager Thomas Middelhoff, der sinngemäß bekundete, er sei nicht pleite, sondern derzeit nur etwas klamm, da die Gerichte sein Vermögen blockierten. Derweil fühlten sich die Anleger bei einem der legendären Esch-Fonds ins Gesäss gekniffen, als der Fonds-Geschäftsführer Josef Esch ihnen mitteilen musste, „unsere Mitgesellschafter Cornelie und Dr. Thomas Middelhoff“ befänden sich „in ernsten finanziellen Schwierigkeiten“. So kann man es auch ausdrücken. Die anderen Fondsgesellschafter sind „40 deutsche Millionäre“, wie der „Spiegel“ meldete, und die stiegen in den Esch-Fonds offenbar nicht nur mit eigenem Geld ein, sondern aus „steueroptimierenden“ Gründen (auch) mit einem Bankkredit. Middelhoff bediene nun die Ablösung dieses Bankkredits in Höhe von drei Millionen Euro nicht mehr, so hieß es weiter, weswegen die anderen Fonds-Anleger nun fürchten müssten, für die Middelhoffs mithaften zu müssen. Thomas Middelhoff wiederum „begründete seinen Zahlungsstopp damit, dass der Fonds-Geschäftsführer Esch ‚keine gesamtschuldnerische Haftung‘ herbeiführen dürfe“, so das „Handelsblatt“. Da es sich „um einen Betrugsfall handele, sei der Fonds als Kapitalanlage unwirksam. Dementsprechend müsse Middelhoff die Kredite nicht mehr bedienen“, zitiert das „Handelsblatt“ seinen Anwalt. Seine Frau habe „gewisse Vorbehalte gegen die Person Esch“ geäussert, gab Middelhoff in einem Interview preis, trotzdem hätte das Ehepaar in den Fonds investiert, denn „dass man“ bei einem geschlossenen Immobilienfonds „nicht genau weiß, mit wem man sich einlässt, schien in diesem Fall kein Problem“, weil ja die seriöse Oppenheim-Bank mit von der Partie gewesen sei. Das hört sich ja fast so an, als ob Thomas Middelhoff sich heute wie ein getäuschter Kleinsparer fühlen müsste, der von einem allzu forschen Bankberater mit einem windigen Finanzprodukt über den Tisch gezogen wurde: „Middelhoff wirft Fondsmanager Esch Betrug vor“, titelte das „Handelsblatt“. Josef Esch wiederum will von Thomas Middelhoff noch 2,5 Mill. Euro an ausstehender Miete für eine Luxus-Yacht am Mittelmeer und beantragte eine Taschenpfändung. Middelhoff erklärte in besagtem Interview, er bilanziere seine persönliche Vermögenslage jetzt in eine Periode „vor und nach Esch“. So burlesk also geht es bisweilen zu in der glitzernden Welt der Hochfinanz, und Thomas Middelhoff fragt sich jetzt vielleicht insgeheim, ob er hinsichtlich der „Person Esch“ nicht doch lieber auf seine Frau gehört hätte.
Zum Schreien komisch stellten sich zwei jugendliche Straftäter an, die aus einem Pfarrheim einen Tresor entwendeten, diesen aber dann nicht an Ort und Stelle aufstemmen wollten, weil der Krach vielleicht den Pastor aufgeweckt hätte. Also schleppten sie den Tresor in den benachbarten Tennisclub und machten dann beim Versuch, ihn dort zu öffnen, so viel Lärm, dass der Platzwart wach wurde und die Polizei rief, und so bewahrheitete sich wieder einmal die geflügelte Redensart, manche seien eben „dümmer als die Polizei erlaubt“.
Als der „Spiegel“ Boris Becker interviewte und der Redakteur ihn fragte, wie er denn dem Eindruck entgegen wirken wolle, er sei vom einstigen „Bum Bum Boris“ zum „Dumm Dumm Boris“ mutiert, da hätte Boris Becker schlagfertig (sic!) dementieren können, ihm seien in jungen Jahren keineswegs zu viele Tennisbälle an den Kopf geflogen. Doch das tat er nicht, und auch auf die Vorhaltungen des Interviewers, man raune hinter seinem Rücken, er sei womöglich pleite, dick geworden und wirke versoffen, reagierte Becker nur trotzig, man neide ihm lediglich seine früheren Erfolge, und das sei typisch in Deutschland. So ganz stimmt das freilich nicht, denn z.B. außerhalb der siechen FDP neidet niemand ihr die früheren (Wahl)erfolge, wie die Sachsen-Wahl gerade eindrucksvoll bewiesen hat, und da man bei den Liberalen immer nur in betriebswirtschaftlichen Kategorien denkt (was eben auch ein Grund für den Niedergang ist), offenbarte deren sächsischer Landeschef freimütig: „Die Marke FDP ist beschädigt“. Man will aber am Wahltag eine Partei wählen, und keine Marke, das ist eben der kapitale Denkfehler.
© Raap/Bär 2014

 

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Bild des Monats: Jürgen Raap/Karl-Josef Bär „Der grausame Brathähnchenesser“, 2014

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„Sagen Sie, Herr Bär, da rechts am Rand der Typ in dem dunklen Anzug und mit dem Hut, das soll doch ein grausamer Brathähnchenesser sein?“
Bär: „Ija, dat sieht man doch“.
„Wieso das denn? Da ist ja gar kein Brathähnchen zu sehen! Haben Sie das beim Malen vergessen?“
Bär: „Enä. Dat hät dä schon verspeist. Aber man sieht ja janz deutlich, dat dä satt is!“

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