Archive for Juni, 2015

Bild des Monats/bär aktuell nr. 183 – 3. Juni 2015

Dienstag, Juni 2nd, 2015

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Bär aktuell Fotodokument: Kölscher Mitsingabend mit Krätzchensänger Ludwig Sebus (Mitte), Rudi Rumstajn (links) und Magic Flönz (rechts) im Weissen Holunder, Köln, 7. Juni 2015. Foto: S. Kallnbach

 

 

Bild des Monats Juni 2015

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Jürgen Raap „Merguez im Propsteier Wald“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2015

 

In eigener Sache 1985 stiftete das Dreigestirn des Kölner Karnevals dem örtlichen Zoo drei Grizzlybären. Einer wurde nach dem Prinzen „Karl-Josef I.“ benannt, die anderen nach dem Bauer „Reiner Maria“ und nach der Jungfrau „Friederike“. Im Jahre 1988 brach Karl-Josef I. aus seinem Gehege aus. Er warf einen Baumstamm in den Wassergraben, der sein Gehege abtrennte, ruderte auf dem Baumstamm über den Graben und hangelte sich dann über das Geländer. Obwohl der Bär niemandem etwas zuleide tat, wurde er von herbeigerufenen Polizisten erschossen. Diese Begebenheit war Anlass zu einer Performance-Reihe, den Bären mittels Hypnose zum Leben wieder zu erwecken. Als Medium stellt sich hierfür ein Plüschbär zur Verfügung. Bis heute finden kontinuierlich Kabarett-Performances mit Herrn Bär statt, u.a. zusammen mit der Kölner Performance-Gruppe „Fehltwas?“. Zwischen 1993 und 2007 publizierte Jürgen Raap im KBV-Verlag Hillesheim sieben Krimis mit der Hauptfigur Karl-Josef Bär als Privatdetekltiv aus Köln-Ehrenfeld. Herr Bär äussert auch regelmäßig im Blog „bär aktuell“ (http://blogkarljosefbaer.kallnbach.de/) und in einer Kolumne von „atelier -Zeitschrift für Künstlerinnen und Künstler“ weltbewegende Gedanken zur Zeit und protestiert an dieser Stelle nun aufs Schärfte gegen die drohende Abschiebung der beiden überlebenden Bären Reiner Maria und Friederike in den Wuppertaler Zoo. „Kölner Zoo feuert seine Bären“ titelte der „Express“ am 22. Mai 2015 und mutmaßte, die geplante Abschiebung geschehe womöglich aus Altersgründen. Ist nun skandalöserweise auch im Kölner Zoo der Jugendwahn ausgebrochen? Immerhin hält auch die Kölner Amtstierärztin es für äusserst bedenklich, die beiden 31 Jahre alten Bären jetzt in eine neue Umgebung zu verpflanzen. Daher solidarisiert sich Herr Bär mit der Protestaktion „Mer losse d’r Bär en Kölle“ und mit dem Reiter-Korps Jan von Werth von 1925 e.V., das seinerzeit das Dreigestirn stellte und die Patenschaft über die Grizzlybären übernahm, und das nun am Pfingstsamstag vor dem Eingang zum Zoo eine Sympathiekundgebung zum Verbleib der beiden überlebenden Bären durchführte.

Zum Werden und Wirken von Karl-Josef Bär ist auch eine Biografie erschienen: Jürgen Raap „Karl-Josef Bär – Stationen einer Karriere“, atelier-Verlag Köln, 100 Seiten, 4 Abb., 10 Euro, ISBN 3.9803131-4-X. Bestellungen direkt beim atelier-verlag, info@atelier-verlag.de

Conchita Wurst, von der Boulevardpresse als „La Wurst“ bezeichnet und damit endgültig in den Rang einer Diva erhoben, bekundete, Karl Lagerfeld röche „wie meine Oma“, nämlich nach Menthol. Was Herrn Bär zu dem Hinweis veranlasst, dass Mundspray mit Menthol-Geruch gemeinhin vor allem dann benutzt wird, wenn man Fischbrötchen mit Zwiebeln gegessen hat. Karl Lagerfeld ernährt sich allerdings bekanntlich hauptsächlich von gedünstetem Gemüse und Cola Light, und so nimmt Herr Bär an, der Lagerfeldsche Gebrauch jenes Menthols, dessen Geruch an die Oma von Conchita Wurst erinnert, diene keinem praktischen Nutzen, sondern sei womöglich eher eine exzentrische Marotte.

Dä Ott es fott Eher anrüchig ging es monatelang in der Kölner Kommunalpolitik zu, wo kaum jemand glauben mochte, dass bei der letzten Wahl ausgerechnet der beschaulich-gutbürgerliche Vorort Rodenkirchen zu einer Hochburg der Sozialdemokraten mutiert sei: das Wahlergebnis nährte den Verdacht, bei der Auszählung der Stimmen seien die Ergebnisse der Parteien vertauscht worden, und mit einer gewissen Arroganz der Macht sträubte sich vor allem die SPD mit fadenscheinigen formaljuristischen Argumenten so lange gegen eine Neuauszählung, bis die Stadtoberen vom Verwaltungsgericht dazu verdonnert wurden.

Der Verdacht schlunziger Auszählung bestätigte sich schließlich doch bei der gerichtlich erzwungenen erneuten Sichtung der Rodenkirchener Wahlurne; das Wahlergebnis wird nun entsprechend korrigiert, und so muss ausgerechnet der OB-Kandidat Jochen Ott seinen Ratssessel jetzt wieder räumen: Dä Ott es fott, wie man in Köln so sagt. Witzbolde entwarfen schon mal einen neuen Wahlzettel, auf dem neben „Lukas Podolski“ auch „Tünnes“ und „Schäl“ kandidieren, und wer die zunehmende Politikverdrossenheit vor allem als eine Parteienverdrossenheit begreift, der sieht die Ursache dafür in erster Linie in einer vom Wahlvolk als zunehmend unerträglich empfundenen Machtversessenheit und Machtvergessenheit mancher Politiker.

In Herrn Bärs hellhöriger Nachbarwohnung lebte jahrelang eine Familie mit einem etwa achtjährigen Kind, das Jahr für Jahr schon Mitte Oktober anfing, auf der Blockflöte Weihnachtslieder zu üben, bei „Stille Nacht, heilige Nacht“ aber immer nur bis zur zweiten Zeile kam, dann stockte und wieder von vorne anfing, so dass Herr Bär Jahr für Jahr dem 27. Dezember entgegen fieberte, an dem Weihnachten endlich vorbei war und die Blockflöte weggepackt wurde. Inzwischen ist die Familie fortgezogen, aber dafür wohnt jetzt in Herrn Bärs Nachbarschaft ein Instrumentenbesitzer, der sich mal auf der Gitarre, mal auf dem Saxophon und mal auf dem Keyboard versucht; doch die Töne, die er diesen Instrumenten zu entlocken trachtet, kann man beim besten Willen noch nicht einmal als „Free Jazz“ durchgehen lassen: im Vergleich zu diesem Instrumentenbesitzer war das mit nur mäßigem Erfolg Blockflöte übende Schulkind hochbegabt. Dass die Dadaisten vor 100 Jahren gegen den akademischen Kunstbegriff mit der Parole „Dilettanten erhebt euch!“ revoltierten, sollte man als Instrumentenbesitzer daher heute mehr nicht allzu wörtlich nehmen.

Auf FDP-Parteitagen tummeln sich jetzt neuerdings Blondinen herum Herr Bär möchte zu gerne wissen, was Rainer Brüderle ihnen abends an der Hotelbar ins Ohr säuselt. Mit dem Spruch „Gnädige Frau, Sie riechen wie meine Oma“ kann er bestimmt nicht punkten.

© Raap/Bär 2015