Archive for Mai, 2023

baer aktuell 324 – 3. Mai 2023

Montag, Mai 1st, 2023

Bild des Monats Mai 2023: Jürgen Raap, „Die nächtliche Überfahrt I“, 2023

baer aktuell 324 – 3. Mai 2023

„Das ist der größte Tag in meinem Leben“, jubelte der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann, als er erfuhr, man habe eine Wespenart nach ihm benannt, die nun „Aphanogmus kretschmanni“ heißt. Keineswegs seinen größten Tag erlebte hingegen kürzlich Kretschmanns grüner Parteifreund Andreas Schwarz, der auf einem Volksfest vehement ausgebuht wurde, weil er eine Absenkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie ablehnt, und noch ärger traf es nun in Sachen ramponiertes Ansehen Robert Habeck, da nämlich nicht nur der CSU-Krawalöres Alexander Dobrindt Klüngeleien im Habeck-Ministerium witterte und „mafiöse grüne Clan-Strukturen“ anprangerte, sondern auch „Der Spiegel“ mit dem Kommentar: „Schön, wenn ein Clan für den Erfolg zusammenhält, siehe Kelly Family, Waltons, Remmos“. Was unterdessen in Köln immer noch als lässliche Sünde durchgeht, wenn man in der Politik einem Cousin einen lukrativen Posten zuschanzt mit der Standard-Begründung: „Dä kann ja nix dafür, dat dä mit mir verwandt ist“, kann man allerdings den sich sonst immer so hypermoralisch gebärdenden Grünen nicht so ohne weiteres durchgehen lassen, so dass selbst der seriöse Berliner „Tagesspiegel“ anmahnt: „Der Verdacht der Vetternwirtschaft im Wirtschaftsministerium kann riesigen politischen Schaden anrichten, wenn Robert Habeck nicht durchgreift.“ Eine neu entdeckte Tierart wird man daher derzeit wohl nicht nach Robert Habeck benennen, und noch nicht einmal – da die Grünen nun mal nicht viel von „Technologieoffenheit“ halten – nach ihm ein neuartiges Heizpilzmodell für die Außengastrononie, bei der man auf der Bierterrasse übrigens im Hochsommer bei ausgeschaltetem und dann klimaneutralen Heizpilz vor Wespenstichen nicht sicher ist, zumal nicht vor jenen einer „Aphanogmus kretschmanni“. Abschließend sei an dieser Stelle angemerkt, dass nach dem Schauspieler Arnold Schwarzenegger eine Laufkäferart benannt wurde (Agra schwarzeneggeri) und nach dem Tennisspieler Boris Becker eine Meeresschnecke namens Bufonaria borisbeckeri. Sarah Wagenknecht ist Namenspatronin der Flusskrebsart Cherax wagenknechtae. Der britische König Charles III., damals noch Prince Charles, wurde mit der Benennung einer Froschluchart als Hyloscirtus princecharlesi geehrt. Und last not least – das ist jetzt kein Witz – heißt eine Palpenmottenart Neopalpa donaldtrumpi, weil ihre Kopfbeschuppung an die Frisur von Donald Trump erinnere.

Schön, dass sie in London mit ihrer Prinzengarde und einer goldenen Kutsche auch so eine Art Rosenmontagszug hinkriegen. Wenn allerdings in Köln, Bonn oder Düsseldorf der Prinz Karneval auf einem Prunkwagen durch die Stadt rollt und Kamelle unters närrische Volk wirft, lebt darin eine Tradition aus dem 19. Jh. fort, aus der Sicht eines selbstbewusster gewordenen Bürgertums den aristokratischen Feudalismus zu persiflieren, wohingegen das Londoner Krönungsspektakel auf derlei parodistische Elemente verzichtete und daher in seiner Ernsthaftigkeit mit all dem Aufwand im 21. Jh. weitgehend anachronistisch wirkte. Für das karnevaleske Spiel am Hofe Seiner Tollität, der Prinzenproklamation im Kölner Gürzenich, bietet man alljährlich die Crème de la Crème der rheinischen Büttenredner auf, während hingegen bei der Inthronisierung von Charles III. nur der Humorist Wigald Boning für den Sender RTL inmitten des närrischen Londoner Volks „den etwas anderen Blick auf die pompösen Feierlichkeiten“ einfangen durfte. Dass die Boning’sche Klatschmarsch-Reportage für eine siebenstündige Live-Sendung allein wohl doch etwas zu dürftig gewesen wäre, mochte man in der RTL-Redaktion rechtzeitig geahnt haben. Daher ließ RTL im Studio u.a. noch eine echte Adlige zu Wort kommen, nämlich die Gräfin Stephanie von Pfuel, die im Volksmund die „Kaffee-Gräfin“ genannt wird, weil sie mal in einem Werbesport für „Eduscho“ mitwirkte, wobei anzumerken ist, dass in England auch in unseren Tagen immer noch mehr Tee als Kaffee getrunken wird, zumal man in britischen Haushalten den Kaffee zumeist aus Instant-Pulver zuzubereiten pflegt, so dass eine adlige Kaffee-Expertin im RTL-Studio mit ihrem Fachwissen hier sicherlich unterfordert war, wie auch sonst England nicht gerade als ein Mekka für Feinschmecker gilt: zur Krönung von Elizabeth II. 1953 gab es als Krönungsmahl nur Hühnchen mit Curry-Mayonnaise, und auch Charles III. leistete sich jetzt beim Krönungsbankett keine kulinarischen Extravaganzen: aufgetragen wurde lediglich eine Quiche mit Cheddar-Käse, Spinat und Bohnen. Da würde Herr Bär doch lieber das traditionelle Prinzenessen im Kölner Gürzenich bevorzugen: den Obernarren tischte man dort neulich Crevettencocktail, Roastbeef und warme Apfeltörtchen auf.

Zu den Lebensweisheiten des Edel-Pleitiers Boris Becker gehörte ausgerechnet zum jüngsten Muttertag der Hinweis, seine Mutter habe ihm geraten, er sollte immer auf seine Frau hören, denn wenn diese ein glückliches Leben führe, käme das auch ihm, Bobele, zugute. Verkürzt im O-Ton Becker wieder gegeben: „Happy wife, happy life“. Er lebe daher jetzt deshalb in Italien, weil seine derzeitige Lebensgefährtin das so wolle. Also „Happy life“ mit Pasta und Parmaschinken, worauf seine Gläubiger womöglich ein wenig verdrießlich reagieren. In Gelddingen hat Boris Becker früher sicherlich nicht auf seine Ex-Frauen gehört, und man weiß ja inzwischen, in welchem „unhappy life“ das letztlich geendet hat. Aber man lernt ja nie aus, auch ein Boris Becker nicht, der nun gottlob anfängt, zur Altersweisheit zu neigen. Daher überlässt er die Führung der gemeinsamen Haushaltskasse in Italien gewiss freiwillig- eingedenk der Ratschläge von Mutter Becker – nicht nur am Muttertag Partnerin Lilian.

Wenn es gilt, den Verfall der Sitten zu beklagen, so ist an dieser Stelle die Erkenntnis eines Gastrosoziologen zu erwähnen, die jüngere Generation verschmähe Spargel, weil man dafür zum Essen Messer und Gabel benötige und dann keine Hand mehr frei habe, um während des Essens auf dem Handy herum zu daddeln. Deswegen würde diese handyaffine Generation Essen in Schüsseln (neudeutsch: Bowl) bevorzugen, die man mit einer Hand mit dem Löffel verzehren könne. Da kann Herr Bär nur noch Cicero zitieren: „O Tempora, o mores“ (Oh Zeiten, oh Sitten“).

Als Rudi Dutschke die 68er-Protestgeneration zum „Marsch durch die Institutionen“ aufrief, konnte er nicht ahnen, dass ein halbes Jahrhundert später derlei Strategie in einer grünen Öko-Cosa Nostra geendet hat, mit einem Paten Robert Habeck, der jüngst vor der Presse zerknirscht bekundete, als Nachfolger des zurückgetretenen Staatssekretärs Patrick Graichen werde er, Minister Habeck, gewiss nicht seinen, Habecks, Trauzeugen auf diesen Posten berufen. Das sollte wohl witzig gemeint sein, rief aber keinerlei Lacher hervor. Das rheinische Wort „Klüngel“ bedeutet „undurchsichtiges Knäuel“, und abgesehen von all den Verknäuelungen Graichens mit Trauzeugen, Geschwistern, Schwägern und in deren Funktionen in diversen Lobbyorganisationen, bei denen man sich mit einer Neigung zu Klischeevorstellungen an gewisse Clan-Strukturen erinnert fühlen mag, wie sie sonst in Europa vielleicht nur in Kalabrien und auf dem Balkan üblich sind, bescheinigte auch die „FAZ-Frankfurer Allgemeine Zeitung“, Patrick Graichen habe eine „brachiale Energiepolitik“ betrieben, die bei jedem Häuslebesitzer nur Existenzängste schürte. Nun ja, schon die alten Russen wussten: Setzt den Bauern auf den Zarenthron, und er wird schlimmer sein als der Zar selbst. Macht korrumpiert  — das hatte Rudi Dutschke damals nicht bedacht. Wie man hingegen Klüngelei PR-strategisch richtig verkauft, hätten Habeck und Graichen in Köln lernen können. Dort würde nämlich jeder Kommunalpolitiker immer behaupten, er klüngele nie um des persönlichen Vorteils willen, sondern immer nur zum Wohle der Stadt: „Mer dun et jo nur för Kölle“ (Wir tun es ja nur für Köln). Das ist zwar meistens auch gelogen, hört sich sich mit derlei folkloristischer Verbrämung aber weitaus charmanter an.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Avocado mit Crevetten Diese Vorspeise genoss Herr Bär vor vielen Jahren im Pariser Restaurant „Chartier“ in der Rue de Montmartre. Man kann die Avocado halbieren, den braunen Kern wegnehmen und dann mit frischen Nordseekrabben auffüllen, oder aber kleine Avocadostücke in einer Schüssel mit den Krabben vermengen. Salz, Pfeffer, Dill, ein paar Spritzer Zitrone und etwas Krabbencreme runden dieses Entrée ab.

Sauce Nantua passt gut zu allen Fischsorten mit weißem Fleisch. Es gibt verschiedene Rezeptvarianten, am einfachsten ist diese: man dünstet klein gehackte Zwiebeln in Butter, gibt dann etwas Essig und Weißwein hinzu, klein gehackte Flusskrebse oder Crevetten, lässt das Ganze weich köcheln, rührt dann Butter und Crème fraiche hinein, bis eine sämige Sauce entsteht, die man mit Salz und Pfeffer abschmeckt.

Kleiner Salat à la Karl-Josef Bär mit in Streifen geschnitteneem Räucherlachs, Gurken- und Apfelstücken, angemacht mit Pfeffer, etwas Schafsjoghurt, Meerrettich und Dill.

Champignons Casteldefels Als kleine Hommage an einen Vorort von Barcelona, nämlich den Badeort Casteldefels, sei dieses Rezept angeführt: Man mariniere ganze braune Champignons einige Stunden lang in Öl, Essig, Salz, Pfeffer, Cayenepfeffer, Rosenpaprika Petersilie, Dill, Schnittlauch zerdrücktem Knoblauch und flüssigen Bärlauch, wälze sie dann in Mehl, brate sie dann anschließend in Olivenöl in einer Pfanne an, lösche die Pilze mit Gemüsefond ab, füge noch etwas frische Petersilie hinzu, etwas köcheln lassen, dann in eine Tonschüssel umfüllen und bei mitlerer Hitze ca. 20 Min. im Backofen weitergaren lassen. Dazu passt Baguette-Weißbrot.

Lammcarré mit breiten Bohnen In einem Topf Zwiebeln andünsten, ein paar Stückchen roten Paprika hinzufügen, dann ebenso die Bohnen, das Ganze mit Gemüsefond auffüllen und einem Schuss Kochsahne. Bohnen weich dünsten, mit Salz, Pfeffer, Petersilie und Bohnenkraut würzen. Für die Sauce in Kräuterbutter Zwiebeln andünsten, kleine Tomatenstückchen in Gemüsefond zerkochen lassen, bis der Fond anfängt einzudicken. Würzen mit Salz, Pfeffer, Worstershiresauce, Petersilie, etwas Dill, Schnittlauch, Thymian. Die Lammcarré-Stücke in Olivenöl von beiden Seiten scharf anbraten, bei mittlerer Hitze dann garen, salzen, pfeffern, etwas Knoblauch auspressen, mit Küchenkräutern bestreuen.

Poulet aux 40 gousses d’ail Wörtlich übersetzt heißt das „Hähnchen mit 40 Knoblauchzehen“, doch für dieses Rezept aus der Provence reichen 7-8 Knoblauchzehen, die man mit der Schale ins Innere eines Hähnchens (oder Stubenkükens) gibt, zusammen mit Rosmarin, Petersilie und Thymian. Je nach Größe des Hähnchens dieses 40-50 Min. bei ca. 180 Grad in einer Cocotte im Backofen garen – der Knoblauch ist dann weich und pastenartig, lässt sich gut aus der Schale drücken und auf dem Hähnchenfleisch verstreichen. Bärs Weinempfehlung dazu: ein Cote de Rhone Villages oder ein Languedoc-Roussilon.