Archive for Oktober, 2012

Bär aktuell Nr. 144/145 – 22. Okt. 2012

Montag, Oktober 1st, 2012

Wer um alles in der Welt hat bloß den Barbieren eingeredet, sie müssten sich für ihre Läden originell klingende Geschäftsbezeichnungen wählen? Irgendein Marketingdepp kam auf die Idee, ein Friseurmeister auf der Zülpicher Str. in Köln-Sülz müsse sich „Haargenau“ nennen, und dies, nachdem bekanntlich schon seit vielen Jahren die Konkurrenz als „Haarspalterei“ oder „Haare Krishna“ fungiert. Da klingt „Haargenau“ doch einfach nur noch albern. Ebenso affig ist zwei Häuser weiter der Inhaber eines anderen Friseurladens, der den „Nomen est omen“-Fimmel der Branche noch zu übertrumpfen versucht, indem er seinen Salon gar „Kopfsalat“ nennt. Das ist nun völlig daneben, da man fürchten muss, das Schneiden, Waschen, Legen und Ondulieren münde hier in den Anblick eben eines ziemlich zerfledderten Kopfsalats, oder wie man in Köln sagt: „Däm han se dä Kopp verschängeliert“.

 

Hätte Annette Schavan über den Lügenbaron Münchhausen eine Dissertation geschrieben, würde man es für eine filigrane Arabeske halten, wenn sie den Stil ihrer Ausführungen formal wie inhaltlich in intellektuelle Hochstapelei hätte münden lassen, und da hätte man vielleicht jegliche Schluderei beim Zitieren sogar noch mit Applaus bedacht. Da sie aber mit einer „Studie über das Gewissen“ promoviert habe, verstünde „sich zudem eine gewissenhafte Arbeit von selbst“, ist bei „Dr. Stefan Weber – Blog für wissenschaftliche Redlichkeit“ nachzulesen. Mit Guttenberg, der sich bei seiner Doktorarbeit als Meister der literarischen Textcollage, nicht aber als seriöser Wissenschaftler erwiesen habe, könne man die Plagiatsvorwürfe gegen Schavan nicht vergleichen, heißt es an anderer Stelle, denn Guttenberg sei ja auch sonst als ein ziemlich unangenehmer Schaumschläger aufgetreten, den die oppositionelle Öffentlichkeit aus dem Polit-Betrieb dann gerne losgeworden sei, während Annette Schavan in einer Welt sich gemeinhin recht grobschnitthaft artikulierender Ideologen als angenehm stille Intellektuelle wirke.

Herr Bär hat eine höhere Stromrechnung als Philipp Rösler, der nämlich bei der aktuellen Diskussion um die Strompreise zu bedenken gab, man möge sich nicht so anstellen, er selbst zahle auch im Jahr 1.000 Euro ans örtliche E-Werk. Nur tausend Euro? Hm, hm, sitzen die Röslers etwa den ganzen Abend im Dunklen, um Strom zu sparen? Fragt im dunklen Zimmer der kleine Rösler: „Papa, wie schreibt man ‚Adventskranzkerze’?“ Anwortet Philipp Rösler: „Mit tz“. Dies als Beitrag zur Rubrik „Witze, die man nicht versteht“.

Während über Reiner Brüderle das geflügelte Wort kursiert, er gösse sich gerne einen auf die Lampe, verdient sein Parteifreund Rösler als Minister nicht so viel Geld, als dass es auch bei ihm zur Erleuchtung reichen möge. Da möge er sich an Beispiel an Peer Steinbrück nehmen, der dank üppiger Vortragshonorare zu Hause Tag und Nacht die Festtagsbeleuchtung brennen lassen kann.     

Als man den TV-Moderator und Entertainer Hugo Egon Balder fragte, wie er sich den Prozess des Alterns vorstelle, da antwortete er, er stelle sich vor, dass er als Greis auf einer Parkbank säße und dort langsam verblöde. Wobei anzumerken ist, dass der Sender, für den Balder arbeitet, schon vorher jahrelang gründlich zur Volksverblödung beigetragen hat, weshalb der Entertainer-Kollege Harald Schmidt diese Privatsender allesamt einmal despektierlich als „Unterschichtenfernsehen“ apostrophiert hat.

Auf einer Parkbank sitzen und allmählich in den Zustand der Dummheit hineindämmern? Wie soll das denn gehen ohne jenes Fernsehen, das Abend für Abend unbeholfenen Castingshow-Kandidaten, einfältigen Prominentendarstellern und plapprigen Krawalltrinen eine Plattform bietet? Wie sich der Altersstarrsinn bemerkbar macht, war kürzlich an einer 83jährigen Regensburgerin zu beobachten, die nach mehreren erheblichen Verkehrsverstößen aufgefordert wurde, ihren Führerschein abzugeben. Sie brachte auch brav ihre Fahrerlaubnis zur nächsten Polizeiwache, fuhr aber von dort dann zum großen Erstaunen der Beamten wieder im dem eigenen Auto nach Hause. Jetzt hat sie ein Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis am Hals, wiewohl sie wahrscheinlich der Ansicht ist, sie habe ja einen Führerschein, diesen aber bloß auf der Polizeiwache abgegeben. Wir sind darauf gespannt, was Hugo Egon Balder alles so anstellt, wenn er 83 Lenze zählt.

Wem soll man in der Euro-Krise seine Ersparnisse anvertrauen? Dem geheimnisvollen Herrn Chang aus Hongkong, der ab und zu an Herrn Bärs e-mails verschickt, in denen er in allzu holprigem Deutsch hohe Renditeerwartungen beim Erwerb geheimnisvoller Wertpapiere verspricht, ausgegeben von einer Bank in China, die nicht minder geheimnisvoll zu sein scheint als der famose Herr Chang selbst? Jedenfalls behauptet Herr Chang, wenn man ihm eine hohe Summe an Bargeld überweisen würde, dann würde er die besagten Wertpapiere in einem Depot in Hongkong aufbewahren und sich sofort melden, sobald eine Dividende ausgeschüttet würde. Die Offerte schließt mit dem grammatikalisch missglückten Satz „Sie nicht Angst müssen dass Herr Chang nicht Wertpapiere existiert“, was aber gerade wegen der sprachlichen Fehlleistung bei Herrn Bär Zweifel an der Seriosität des Herrn Chang weckt.

Bei der berüchtigten „Nigeria Connection“ hingegen ist das Deutsch in jüngster Zeit besser geworden, und daran sollte Herr Chang sich mal ein Beispiel nehmen, und die Geschäftsstrategie hört sich neuerdings ebenfalls etwas zeitgemäßer an, indem man hier nämlich die wachsende Neigung der Anleger zur „Flucht in die Sachwerte“ angesichts von Inflationsangst und ebensolch großer Angst vor möglichem Umrubeln des Euro aufgegriffen hat und nun Immobilien anbietet.

Außerdem nennen sie sich jetzt „Tobias Förster“, und bei solch einem Namen denkt wohl niemand sofort an einen Internetbetrüger. „Tobias Förster“ tritt als Immobilienmakler auf, der via E-mail-Kontakt jemandem wie Herrn Bär den Erwerb einer Eigentumswohnung in Köln am Eifelwall schmackhaft machen will. Leider illustriert Tobias Förster eine Abbildung der angeblichen Eigentumswohnung mit einem drei Jahre alten Foto von Google Street View, das die ehemalige Tierkörperverwertungsanstalt der Stadt Köln am Eifelwall zeigt, deren Gebäude in diesen Tagen des Abrisses harrt, weil dort nämlich bald der Neubau des Historischen Archivs errichtet wird, und so beschleichen trotz der fehlerfreien Handhabung der deutschen Sprache im Anschreiben Herrn Bär nun doch erhebliche Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit von Tobias Förster.           © Raap/Bär 2012

Bild des Monats Oktober 2012

Montag, Oktober 1st, 2012

Bär: „Jojo, dä Thomas vun Aquin hätt jo jesaht: Anima forma Corporis. Dä Text schimmert en mingem Bild do bovve unger dä Glasdecke durch. Dat heißt: die Seele formt den Leib.“

„Aha. Und was bedeuten all die Tiere in Ihrem Bild? Das Kamel, der Vogel, das geckoähnliche Wesen?“

Bär: „Animus heißt em Lateinischen ‚Geist’ un ‚Seele’ em Gegensatz zum Körper.  Ävver erst met beidem es dä Minsch vollkommen. Mer säht jo: jot esse un drinke hält Leib un Siel zesamme. Ävver Anima, also die weibliche Form vun Animus, meint de Siel en su enem ästherischen Sinne, also als lebendijer Atem, als wat Luftiges… dat kütt vum Atem vum leeve Jott, dä däm Adam enjehaucht woode es. Dat is visuell eben nit jenau fassbar… Un wenn do de ‚Anima’ als Maler trotzdem op de Leinwand brenge wills, mähste dat am besten met Tierdarstellungen. Denn op Latein heißt dat Dier ja Animal. Dat klingt phonetisch jo esu ähnlich wie Anima!“

„Hm, hm, ist das nicht ein bisschen weit her geholt, Herr Bär?“

Bär: „Enä! Dä Thomas vun Aquin hätt jo och noch e ander Boch jeschrivve, dat heißt: „De animabilus“. Do jeht et doröm, dat sich en der Formenvielfalt och vun dä niedrigsten Diere die Kunst der göttlichen Schöpfung offenbart. Un op mingem Bild spillt sich dat janze Tierleben en nem Zookäfig av, wo en Strickleiter quer durch dä Raum jespannt is un ne Baumstamm met Äste us dä Wand wächst, för dran eröm ze kleddere.“

„Aber Tiere haben doch keine Seele, Herr Bär!“

Bär: „So pauschal kann man dat nit behaupten. Dä Thomas vun Aquin  jedenfalls mäht ene Unterschied zwischen dä Siel vun denne Diere un vun denne Minsche. Wat die Diere met ihre Instinkte un Triebe spüren, do künnt mer im modernen Deutsch ‚sensitive Siel“ för sage. Die Minsche han allerdings för dä Thomas vun Aquin en unsterbliche Vernunftseele, dat is wat anderes.

„Der Mensch ist vernünftig, Herr Bär?“

Bär: „Jo, ävver nit immer!“

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Karl-Josef Bär/Jürgen Raap, Der halbe Severin IV, 2012