Archive for Mai, 2014

bär aktuell nr. 169 – 22. Mai 2014

Mittwoch, Mai 21st, 2014

Während Silvio Berlusconi zur Zeit wegen Steuerbetrugs Sozialstunden in einem Altenwohnheim ableistet und dabei zu der Erkenntnis gelangte, er ähnele immer mehr dem Papst, steht Uli Hoeneß vor der Entscheidung, ob er seine Haft nun in einem Gefängnis mit Flachbildschirm in den Zellen oder in einem mit besserem Essen verbringen soll, wie die Boulevardpresse genüsslich kolportierte. Jedenfalls wollen seine Anwälte verhindern, dass er in den Landsberger „Hitler-Knast“ muss. Derweil ruft der frühere Münchener OB Christian Ude (SPD) dem Ex-Bayernboss Hoeneß hinterher, er habe in seiner Amtszeit als OB und im Aufsichtsrat des Konkurrenzclubs TSV 1860 München Hoeneß als „selbstgerecht“ in Sachen Steuermoral erlebt, und beim FC Bayern konstatiert Ude gar „die blanke Geldgier eines Profifußballvereins, der in Gestalt seines Managers den Hals nicht vollkriegen“ konnte. Wer indes an einem Sängerwettstreit teilnimmt und sich dafür den Künstlernamen „Conchita Wurst“ zulegt, muss damit rechnen, dass trittbrettfahrende Metzger sich anschließend die Albernheit leisten, recht einfallslos eine simple Bierwurst als „Conchita-Wurst“ zu deklarieren, wo dies doch allenfalls bei einer Variante der spanischen Chorizo-Paprikawurst angebracht wäre („Chorizo“ klingt ja phonetisch schon so ähnlich wie „Conchita“). Falls sie also im bayerischen Knast mit dem angeblich besten Essen jene Bierwurst „Conchita“ servieren, sollte Uli Hoeneß dann doch lieber ein Etablissement mit Flachbildschirm bevorzugen. Da kann er sich dann die Sangesdarbietungen der originalen Conchita Wurst anschauen.

Zu tadeln ist der dumpfdödelige Paketbote von DHL, der es vorzog, bei Herrn Bär nicht zu klingeln, sondern lediglich einen Abholschein mit Tesafilm an die Haustür zu kleben, wobei die Piddelei an der Tesafilmrolle bestimmt länger gedauert hat, als wenn der Paketbote mal eben schnell die paar Treppen zu Herrn Bär herauf gelaufen wäre. Als Herr Bär anderntags bei Regenwetter das Paket auf dem ein Kilometer entfernten Postamt abholte und noch in der Schalterhalle öffnete, um nachzuschauen was es enthielt (nämlich Rücksendungen von kleinformatigen Kunstwerken von einer Ausstellung), da kam sofort ein Postbeamter angerannt und raunzte Herrn Bär an: „Das Verpackungsmaterial entsorgen Sie aber gefälligst zu Hause und nicht bei uns!“ In diesem Augenblick fand Herr Bär seine sämtlichen Vorurteile über die Misere der deutschen Dienstleistungskultur, insbesondere bei der Post, bestätigt.

Vornehm soll es zugehen bei der offiziellen Einweihung des zum Nobel-Areal umgebauten Rheinauhafens, wo der Fußballer Lukas Podolski eine Eigentumswohnung hat und wo die originale Wurstbude aus den „Tatort“-Krimis ans andere Ende an der Südbrücke verbannt wurde, weil sie den Politikern und den Investment-Managern zu popelig ist. Begründung: „Wir sind Kölner, aber keine Kölschen“, so der reichlich schräge Differenzierungsversuch eines der Manager, der ganz offensichtlich eine Kopie des Düsseldorfer Medienhafens im Sinn hat und den Gästen des Eröffnungsfestes nahe legt, zum „Hafendinner in weiß“ entsprechend gewandet zu erscheinen, denn auch die Tische seien weiß eingedeckt. Sonst spielen bei solchen Anlässen bekanntlich immer die „Höhner“ auf, aber da deren Tafelmusik diesmal offensichtlich zu kölsch wäre, ist als einer der Höhepunkte im Festkalender stattdessen „ein eindrucksvolles Schauspiel mit den Löschbooten der Feuerwehr“ angekündigt. Mit dem Löschwasser kann man wenigstens gut die Flecken von der weißen Weste waschen, falls man sich beim „Hafendinner“ ganz unnobel bekleckert hat.

Einen kleinen Mann im Ohr hat womöglich die Kölner SPD-Ratsfrau Inge Halberstadt-Kausch, die allen Ernstes die Berufung eines „Nachtbürgermeisters“ in Erwägung zieht, der im Falle nächtlicher Lärmbelästigung zwischen den partygeplagten Anwohnern und den Anhängern eines „attraktiven Feier- und Freizeitangebots“ (sic!) vermitteln soll, wenn jemand glaubt, unbedingt nachts um drei Uhr mit 80 Dezibel der musikalischen Ballermann-Unkultur frönen zu müssen und auch noch die gesamte Nachbarschaft daran teilhaben lassen will (s. „Express“ vom 12.5. 2014). Als ob es kein Landesemissionsschutzgesetz gäbe. Aber mit dem Argument der Wirtschaftsförderung sind die Parteigenossen der Dame ja auch beharrlich gegen ein Nachtflugverbot für den Köln-Bonner Flughafen. Wirtschaftsfördernd ist das nächtliche „Feier- und Freizeitangebot“ mit monotonem Techno-Gewummer und basslastigem Hiphop-Gedröhne allerdings in erster Linie für die Hörgeräte-Industrie. Weshalb man den Wunsch, den um „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“ bemühten Nachtwächter früherer Zeiten durch einen „Nachtbürgermeister“ als Lärmregler ersetzen zu wollen, als töricht abtun kann. Denn dann sitzt der arme „Nachtbürgermeister“ eines Tages beim Ohrenarzt und klagt über Tinnitus und Schlafstörungen, weil er nachts arbeiten muss und tagsüber nicht zum Schlafen kommt, weil es auch dann zu laut für ihn ist.
© Raap/Bär 2014

bild des monats mai 2014

Freitag, Mai 2nd, 2014

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Bild des Monats Mai 2014:

Jürgen Raap/Karl-Josef Bär, „Zigarillos im Schneesturm“, 2014

„Herr Bär, warum rennt die Kellnerin links im Bild hinter dem abgefahrenen Zug her?“
Bär: „Die hat die Mitfahrt im Speisewagen verpasst. Und in der Bildmitte süht mer eine Flötistin un ne Akkordeonspieler em Speisewagen, die op et Essen warten. Ävver die kriegen nichts serviert, weil die Kellnerin links im Bild dä Zug verpasst hätt“.
„Darüber ärgern die Fahrgäste sich bestimmt?“
Bär: „Jojo, dä Akkordeonspieler säht zo singer Begleiterin: mir hängt dä Magen bes op de Knie, und ich bin esu sauer deswegen, ich han ne janz dicke Frosch em Hals!“
„Und was antwortet die Frau?“
Bär: „Wieso em Hals?“
„Den Witz versteht doch keiner, Herr Bär!“
Bär: „Dä Frosch sitzt doch nit em Hals vun däm Typ, sondern om Desch. Dat sieht man doch! So blöd kann man doch nit sein, um die Pointe nit ze verstonn!“

(Beachten Sie bitte auch im Hintergrund an der Wand das Bild mit dem schwarzen Quadrat von Kasimir Millowitsch).