Archive for Juli, 2022

Baer aktuell 314 – 3. Aug. 2022

Dienstag, Juli 26th, 2022

Bild des Monats August 2022:

Jürgen Raap, „Kernphysik für Anfänger“, 2022

Bär aktuell 314 – 3. August 2022

Man weiß manchmal nicht so recht, ob die BILD-Zeitung unfreiwillig komisch ist, oder ob die Neigung zur sprachlichen Hanswurstiade bei denen gar redaktionelles Kalkül ist. „Während der Pinkelpause verpisst“ hieß es neulich in einer BILD-Schlagzeile über einen Straftäter, der während eines Gefangenentransports bei einem Stopp zwecks Verrichtung der Notdurft das Weite suchte. Wobei BILD seine Leser auch über Details informierte: der Flüchtige habe erst „die Buxe geöffnet“ und sei dann „ausgebüxt“. Herr Bär fragt sich, was sie in der Redaktion dem Verfasser dieses Textes vorher wohl in den Tee gekippt haben mochten.

Bär polyglott – unterwegs mit Herrn Bär, der sich kürzlich mit dem 9-Euro-Ticket auf eine Abenteuerfahrt mit der DB von Köln-Ehrenfeld nach Düsseldorf Hbf. einließ. Die Fahrt fing zunächst auch gut und pünktlich an, wobei unser Regionalexpress auf dem breiten Schienenstrang vor Köln Hbf. sogar einen gemächlich dahin zuckelnden ICE überholte, der mit dem Slogan „Deutschlands schnellster Klimaschützer“ beschriftet war, was angesichts des gemütlichen Tempos und der notorischen Verspätungen der DB als Witz der Woche durch gehen kann. Dann hielt der überfüllte RE fünf Minuten lang mitten auf der Hohenzollernbrücke, was eine Lautsprecherdurchsage mit „Wir haben kein Einfahrtsignal nach Köln-Deutz; wir bitten um etwas Geduld“ begründete, und wir wurden auf dem Nebengleis von dem schon wieder gemächlich dahin zuckelnden ICE überholt. Eine Station weiter dann wieder fünf Minuten Stop mit der Lautsprecherdurchsage „Wir haben noch keine Ausfahrtgenehmigung aus Köln-Mülheim; wir bitten um Ihr Verständnis“. Bis Düsseldorf-Benrath hatten sich solchermaßen schon mehr als 20 Minuten Verspätung angesammelt, und am Zielort Düsseldorf Hbf. wurden wir mit der Durchsage empfangen: „Weiterreisende nach Wuppertal müssen mit Fahrplanbeeinträchtigungen rechnen“. Fahrplanbeeinträchtigungen: eine sehr schöne Wortschöpfung der DB-Kreativ-Marketingabteilung. Herr Bär erwägt nun ernsthaft die Anschaffung eines Paddelboots, um beim nächsten Ausflug rheinabwärts nach Düsseldorf autark zu sein.

Öffentliches Interesse am Hausmüll von Prominenten gab es auch früher schon. 1974 brachte der Aktionskünstler HA Schult den Hausmüll von Franz Beckenbauer an sich und stellte ihn in München im Museum aus. Jeder wusste nun, welche Joghurtmarke Familie Beckenbauer zum Frühstück bevorzugte. Der Müll wurde zur Kunst. „Als ich den Müll dann für 20 000 DM verkaufen konnte, meldete sich Beckenbauers Manager und wollte vom Erlös die Hälfte. Da habe ich ihm gesagt, dass der Franz den Müll doch weggeworfen habe“, erzählte HA Schult einmal der „Kölnischen Rundschau“. – Unlängst machte sich nun in Potsdam ein Fuchs an der Mülltonne zu schaffen, in welcher Olaf Scholz und seine Gattin ihren privaten Hausmüll entsorgen und verstreute ihn in der Umgebung. Ein Nachbar sammelte den Müll wieder auf und informierte den „Spiegel“, der voller Neugier die Scholz’schen Abfälle begutachtete. „Immer wieder finden sich im Gemeinschaftsmüll Papiere, die Einblicke in das Privat- und Dienstleben des Kanzlerpaares ermöglichen“, stellte das Blatt erstaunt fest (Ausgabe 30/2022). Der Autor dieses „Spiegel“-Artikels heißt übrigens sinnigerweise Christian Schult. Ob aber heute jemand dazu bereit wäre, für die Küchenabfälle von Olaf Scholz 20.000 Euro auszugeben und nun ein munterer Devotionalenhandel mit Scholzens Kartoffelschalen, Hühnerknochen und leeren Milchkartons seinen Aufschwung nimmt, bezweifelt Herr Bär, da Olaf Scholz eben (noch) nicht jene Mischung aus Popularität und kultisch entrückter Ikone verkörpert wie damals Franz Beckenbauer. Und für das Geld kriegt man schließlich bei der Karl-Josef Bär-Gesellschaft jede Menge wertbeständige Olaf Scholz-Sammelbilder.

Herr Bär stutzte neulich über eine Meldung des Kölner „Express“, eine prominente Sambatänzerin habe Farbe auf ihrem Gesäß aufgetragen, damit dann Abdrücke auf einem Blatt Papier hinterlassen, und die Blätter als Kunstwerke an „eingefleischte“ (sic!) Fans verkauft. Das klingt auf den ersten Blick arg nach altbackenem boulevardjournalistischen Altherrenhumor oder nach Kunst auf Ballermann-Niveau, wobei jedoch „eingefleischt“ hier durchaus zutreffend ist. In einschlägigen Handbüchern zur Anatomie ist nämlich nach zu lesen, das menschliche Gesäß bestünde aus Muskeln und Fettpolstern. Laut „Spiegel“ könne man unterdessen eine russische Oligarchengattin anatomisch als „Dame mit überdurchschnittlich voluminösen Lippen“ erkennen. Herr Bär fragte sich, wie man wohl die vegetarischen bzw. veganen Anhänger nennen würde, die diese Sambatänzerin anhimmeln. „Eingefleischt“ träfe hier wohl nicht zu bzw. würde von den notorischen Empörungshysterikern sicherlich als „politisch unkorrekt“ empfunden und mit einem Shitstorm bedacht werden. Vielleicht „eingepflanzt“ ? „Vegane Tanzschuhe“ gibt’s jedenfalls schon, wie auf www.rasenvresser dokumentiert ist. Dort sogar versehen mit dem Hinweis, dass „bei lateinamerikanischen Tänzen bei den Damen die Absätze höher sind“. Aha. Herr Bär mutmaßt allerdings, dass der höher gelegte Fuß im veganen Schuhwerk keinen nachhaltigen Einfluss auf die künstlerische Gestaltung der Gesäßabdrücke hat und daher jegliches Nachsinnen darüber überflüssig ist. Wer hingegen doof genug dazu ist, kann sich anstelle des Körperabdrucks einer Sambatänzerin auch ein Olaf Scholz-Sammelbild an die Wand hängen.

Jürgen Raap, „Der Kanal von Ronqieres“, 2017

Von der Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann stammt die These, „dass medial lautstarke Minderheiten schweigende Mehrheiten einschüchtern und so in der öffentlichen Wahrnehmung die tatsächliche demokratische Meinungsverteilung verschleiern.“ Sie nannte dies „Schweigespirale“. Der Psychologe Walter Jaide beschrieb schon in den 1980er Jahren eine „schweigende Mehrheit“, die sich selbst „nur eine beschränkte politische Kompetenz“ zumisst und sich daher „vielen politischen Fragen“ gegenüber abstinent verhält, weil sie glaubt, dass diese Fragen über „ihre persönliche Reichweite und Verantwortung hinausgehen“. In diesem Sinne haben heute bisweilen die Schreihälse der wutbürgerlichen Empörungsindustrie von rechtsaußen bis linksaußen leichtes Spiel, ihre jeweiligen Minderheitenpositionen aggressiv gegenüber dieser schweigenden Mehrheit zu besetzen. Einerseits konstatieren diverse Journalisten schon seit Jahren einen „Kulturkampf von rechts“, andererseits wird aber bisweilen auch von Linksaußen die akademische Freiheit äusserst radikal attackiert, wenn z.B. – wie jüngst passiert – die Berliner Humboldt-Universität in Berlin (HU) peinlicherweise einen Vortrag der Wissenschaftlerin Marie-Luise Vollbrecht zur Geschlechterdebatte kurzfristig absagt – offiziell aus „Sicherheitsgründen“; de facto aber nach massiven Protesten von sogenannten „Genderideologen“, wie die Berliner „B.Z.“ diese apostrophiert. An dieser Stelle möchte Herr Bär daran erinnern, dass die akademischen Freiheiten, d.h. die Freiheiten des Denkens, Lehrens und Forschens, in der Epoche der Aufklärung zwischen dem späten 17. und dem frühen 19 Jh. gegen den Despotismus der feudalabsolutistischen Herrscher durchgesetzt wurden. Ideologien hingegen führen mit ihren Absolutheitsansprüchen immer nur zu einer intellektuellen Verengung, zu einem geistigen „Tunnelblick“. Doch manche Exzesse in diesem heutigen Kulturkampf haben frappierenderweise sogar einen neo-stalinistischen Charakter, wenn es gilt, die angeblich „reine Lehre“ durchzusetzen (früher hieß es: „Die Partei hat immer recht“) – die erwähnte „Schweigespirale“ macht es ihnen hier zu Lande bei einigen Themen leicht, und manchmal zu leicht, dies allerdings auch einigen unseren europäischen Nachbarn ohne einen historischen Schuldkomplex: dass in der schweizerischen Hauptstadt Bern kürzlich ein Reggae-Konzert der Band „Lauwarm“ abgebrochen wurde, weil weiße Musiker dieses Liedgut anstimmten, welches nach Meinung der Vertreter dieser „reinen Lehre“ nur jamaikanischen Bands vorbehalten sein sollte, ist doch wohl höchst bedenklich. «Wir können nachvollziehen, dass sich gewisse Menschen daran stören», erklärte der Sänger Dominik Plumettaz hinterher. «Aber wir sehen uns als Band, die sich von verschiedenen Kulturen inspirieren lässt.» Sie hätten auch positives Feedback direkt aus Jamaika bekommen; gleichzeitig wehrte sich Band nach diesem Eklat jedoch auch gegen eine Vereinnahmung aus rechtspopulistischen Kreisen. Apropos kulturelle Aneignung: Herr Bär als inter-kulturell aufgeschlossener Berufskölner hätte toleranterweise überhaupt nichts dagegen, wenn in Kingston/Jamaika auf einem Reggae-Konzert eine lokale Band dort einmal „Mer losse d’r Dom en Kölle“ anstimmen würde. Das wäre nämlich lebendiger Kulturaustausch und keineswegs eine unangemessene kulturelle Aneignung kölschen Liedguts in der Karibik. Dass nun ein Kinderbuch „Der junge Winnetou“ nach ähnlichen Protesten vom Verlag freiwillig indiziert wird, zeugt von literaturhistorischer Unkenntnis: Figuren und Handlungen bei Karl May sind bekanntlich reine Phantasieprodukte und kein Abbild bzw. keine Adaption des realen Wilden Westens im 19. Jh. – von kultureller Aneignung kann bei reinen Fantasy-Fiktionen (Pleonasmus, sic!) keine Rede sein: ein „Yedi-Ritter“ als Comic- oder Computerspielfigur hat auch nichts mit einem realen Ritter des europäischen Mittelalters gemein. Im übrigen gibt es kein kollektives Urheberrecht für kulturelles Allgemeingut oder einen Teil des Weltkulturerbes, sondern einen Marken- und Gebrauchsmusterschutz immer nur für individuelle kreative (Designer)-Leistungen. © Raap/Bär 2022

Olaf Scholz-Sammelbilder

Olaf Scholz-Sammelbild no. 19, Copyright Raap/Bär 2022

Olaf Scholz-Sammlebild No. 17, Copyright Raap/Bär 2022

Öffentliches Interesse am Hausmüll von Prominenten gab es auch früher schon. 1974 brachte der Aktionskünstler HA Schult den Hausmüll von Franz Beckenbauer an sich und stellte ihn in München im Museum aus. Jeder wusste nun, welche Joghurtmarke Familie Beckenbauer zum Frühstück bevorzugte. „Als ich den Müll dann für 20 000 DM verkaufen konnte, meldete sich Beckenbauers Manager und wollte vom Erlös die Hälfte. Da habe ich ihm gesagt, dass der Franz den Müll doch weggeworfen habe“, erzählte HA Schult einmal der „Kölnischen Rundschau“. – Unlängst machte sich nun in Potsdam ein Fuchs an der Mülltonne zu schaffen, in welcher Olaf Scholz und seine Gattin ihren privaten Hausmüll entsorgen und verstreute ihn in der Umgebung. Ein Nachbar sammelte den Müll wieder auf und informierte den „Spiegel“, der voller Neugier die Scholz’schen Abfälle begutachtete. „Immer wieder finden sich im Gemeinschaftsmüll Papiere, die Einblicke in das Privat- und Dienstleben des Kanzlerpaares ermöglichen“, stellte das Blatt erstaunt fest (Ausgabe 30/2022). Der Autor dieses „Spiegel“-Artikels heißt übrigens sinnigerweise Christian Schult. Ob aber heute jemand dazu bereit wäre, für die Küchenabfälle von Olaf Scholz 20.000 Euro auszugeben und nun ein munterer Devotionalenhandel mit Scholzens Kartoffelschalen, Hühnerknochen und leeren Milchkartons seinen Aufschwung nimmt, bezweifelt Herr Bär, da Olaf Scholz eben (noch) nicht jene Mischung aus Popularität und kultisch entrückter Ikone verkörpert wie damals Franz Beckenbauer. Und das Geld kriegt man schließlich bei der Karl-Josef Bär-Gesellschaft jede Menge wertbeständige Olaf Scholz-Sammelbilder.

Olaf Scholz Sammelbild no. 18
Olaf Scholz-Sammelbild no. 20

v.i.S.d.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Baer aktuell 313 – 22. Juli 2022

Mittwoch, Juli 6th, 2022

Bild des Monats Juli 2022:

Jürgen Raap, „Die Ökonomie der Stadtpatrone“, 2022

Bär aktuell – 22. Juli 2022

Die rheinische Lebensweisheit „Wer sich selvs nix gönnt is och en Biest“, ist von Politikern immer schon gerne missverstanden und von ihrem Publikum mit Neid bedacht worden. So musste sich Markus Söder 2018 seitens der bayerischen Grünen als „Prinz Protz Bayerns“ beschimpfen lassen, als er im Privatjet zur Audienz beim Papst in Rom abhob. Dabei hatte der seinerzeitige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse uns allen noch hoch und heilig versprochen, beim Umzug von Regierung und Parlament von Bonn und Berlin nehme man „den politischen Stil mit vom Rhein an die Spree, Politik ohne Pomp und Protz“. Was aber wohl nicht in München gilt und nicht auf Sylt, wohin Friedrich Merz in Söder-Manier zur Fürstenhochzeit der Lindners kürzlich ebenfalls im Privatjet einflog, hiermit einer weiteren rheinischen Lebensweisheit folgend: „Wat nix koss, dat is och nix, dat jeht och schnell kapott“. Denjenigen, die nun meinen, in den jetzigen Zeiten, in denen wir inflationsbedingt alle den Gürtel enger schnallen müssen, gezieme es sich nicht, die Hochzeitsnacht in einem 500 Euro teuren Hotelzimmer zu zelebrieren, gibt Herr Bär zu bedenken, dass ein in prekären Verhältnissen lebender Rentner auf seiner hohen Heizkostenrechnung leider auch dann gnadenlos sitzen bleibt, wenn die frisch vermählten Lindners sich bescheidenerweise in der Jugendherberge von Westerland nur ein „Bett im Mehrbettzimmer“ für 34 Euro (mit Frühstück) gegönnt hätten (oder für 40 Euro mit Vollpension), oder gar gleich ein „Bett im Kornfeld“. Instinktlos ist derlei Protzgebaren von Politikern trotzdem, nämlich immer dann, wenn sie uns Normalbürgern Wasser predigen und gleichzeitig selber Wein saufen à la Boris Johnson. Fritze Merz hätte aus Solidarität mit den im nächsten Winter frierenden Rentnern in seinem Privatjet beim Anflug auf Sylt ja wenigstens die Bordheizung mal um zwei Grad herunter drehen können. Schließlich mahnt Robert Habeck an, wir müssten jetzt im Sommer schon anfangen, Energie einzusparen. Sehen wir also demnächst Fritze Merz versorgungskrisenbewusst mit Pudelmütze in seinem Privatjet? Wohl eher nicht. Das „Woxikon“ im Internet listet als Synonyme für Protzerei u.a. „Angabe“, „Großspurigkeit“, „Großmannssucht“, „Großkotzigkeit“, „Aufgeblähtheit“. „Dicktuerei“, „Effekthascherei“, Großmäuligkeit“ und „Wichtigtuerei“ auf.

Copyright: Raap/Bär 2022

Wer an Durchgeknalltem seine Freude hat, der kam am 14. Juli 2022 bei der Lektüre einer Musikkritik in der Kölnischen Rundschau auf seine Kosten, wo über ein Orgelkonzert im Kölner Dom metaphernmäßig Unbeholfenes nachzulesen war: „Harmonisch und melodisch versteckt sich der Grundgedanke in Variationen hoher Plastizität und Komplexität. Das Spiel perlt in fast beiläufigem Understatement dahin… Es verleitet dazu, sich einfach ins Hören fallen zu lassen – umwoben von einem Geflecht aus sich stets verändernden Tonfolgen, die niemals ins Ungefällige abgleiten. Der vom Abendlicht prächtig durchleuchtete Dom wird von Musik geflutet, ohne zu erbeben.“ Hm, hm, so etwas drucken die heut zu Tage allen Ernstes in der Kölnischen Rundschau, wunderte sich Herr Bär. Gut, dass der Dom nicht mit Wasser geflutet wurde, denn dann wäre das Publikum, das „sich einfach ins Hören fallen“ ließ, in eben jenes geflutete Wasser hinein geplumpst und nass geworden.

Die deutsche Sprache gemeuchelt hatte jüngst eine Reporterin bei der Frauen-Fußball-EM, die eines der Teams als „Combackerinnen“ (ausgesprochen: „Kambäckerinnen“) bezeichnete. Denjenigen, die glauben, sie müssten sich unbedingt eines Anglizismus bedienen (wobei „Comeback“ als Lehnwort freilich schon weitgehend eingebürgert ist), gibt Herr Bär zu bedenken, dass „Das Comeback“ grammatisch ein Neutrum ist. Es ist eine Handlung (Rückkehr), aber kein Mensch. Man kann das Wort zwar deklinieren („das Comeback, des Comebacks, dem Comeback, den Comeback“), aber nicht gendern, denn sonst denkt man vielleicht an „Bäckerinnen“, was im Kontext von Frauen-Fußball einfach Blödsinn wäre, es sei denn, bei dieser Fußball-EM hätte man auch die weibliche Betriebssportgruppe der Bäckerinnung antreten lassen.

Copyright: Raap/Bär 2022

Kürzlich fand Herr Bär in seinem Portemonnaie einen alten Einkaufschip, den er einmal an einem FDP-Wahlkampfstand abgestaubt hatte. Der Chip passte jedoch in Herrn Bärs Lieblingssupermarkt zu keinem Einkaufswagen; er war zu groß geraten, und vermutlich machten alle anderen Kunden in diesem Supermarkt mit ihren FDP-Einkaufschips die gleiche Erfahrung, was die Wahlniederlage der Liberalen bei der letzten NRW-Landtagswahl erklärt. Dabei gilt der Einkaufschip doch als eine ureigene Domäne dieser Partei, hatte doch der damalige FDP-Bundeswirtschaftsminister Jürgen W. Möllemann 1992/93 solch einen Chip als „pfiffiges Produkt“ beworben, das seinerzeit von einem angeheirateten Vetter Möllemanns vertrieben wurde: ein schönes Beispiel für Vetternwirtschaft, wenn auch nicht unbedingt nachahmenswert. Derweil wirbt der FDP-Grande Wolfgang Kubicki nicht für Einkaufschips, sondern für energiesparendes Abhärten durch kaltes Duschen. Kubicki, der auch schon mal bekundete, er schaue sich gerne Kriegsfilme an, versicherte, er fühle sich morgens auch nach kaltem Duschen frisch. Herrn Bär erinnert das Gebaren Kubickis freilich eher an die unangenehmen Schullandheimaufenthalte in seiner Gymnasialzeit, wo der Turnlehrer mit Trillerpfeife und Feldwebelgebrüll uns Schüler frühmorgens zum Kaltduschen in den Waschraum zu scheuchen pflegte, weshalb Herr Bär heute im Unterschied zu Wolfgang Kubicki den Warmwasserboiler für eine wichtige Errungenschaft der Zivilisation hält. Kubicki hat auch nicht bedacht, wie man im Drogeriemarkt beim Einkauf von Duschgel scheitert, wenn der FDP-Wahlkampfchip nicht in den Schlitz im Griff des Einkaufswagens passt.

Copyright: Bär/Raap 2022

Sonnenuntergang in Köln-Ehrenfeld, Foto: J. Raap 2017

Zu den Bekloppheiten der heutigen Zeit gehört die Meldung, dass der Schlagerbarde Ikke Hüftgold der politischen Unkorrektheit bezichtigt wurde, weil er in Mallorcas Amüsierhöllen eine Bordellbesitzerin besingt, und er sich dagegen wehrte, sein Sangeskollege Micky Krause habe dort doch auch „1000 nackten Friseusen“ ein musikalisches Denkmal gesetzt, obwohl es politisch-grammatisch korrekt „Friseurinnen“ hätte heißen müssen. Was den mangelnden Geistesgehalt dieses Ballermannschen Liedguts angeht, so sei erwähnt, dass in den 1960er Jahren „The Rainbows“ ihren größten Hit mit „My Baby, balla balla“ hatten und der Refrain nur „Balla Balla Balla Balla…“ lautete: das war wenigstens grammatisch und politisch korrekt, und es wurde von der avantgardistischen Musikkritik damals sogar als neo-dadaistisch abgefeiert. Derweil man derzeit an den deutschen Flughäfen wegen Personalmangels beim Sicherheitscheck 5-10 Stunden Wartezeit in Kauf nehmen muss, rechnet Friedrich Merz seinen Kritikern vor, sein Privatflugzeug verbrauche weniger Sprit als der Dienstwagen von Olaf Scholz. Woraufhin sich Cem Özdemir zu Wort meldete, sein Fahrrad verbrauche überhaupt keinen Sprit. Einmal hatten sie allerdings dem Özdemir in Berlin das Fahrrad geklaut. Wenn er ohne Fahrrad nach Sylt oder nach Kiew will, muss er sich in einen mit lauter 9-Euro-Ticket-Punks überfüllten Regionalzug quetschen oder beim Abflug einen halben Tag lang vor dem Duty Free Shop herum lungern, bevor es endlich los geht. So langwierig waren vor 1990 noch nicht einmal die schikanösen Pass- und Gepäckkontrollen an der DDR-Grenze gewesen. Noch mehr Beklopptheiten: Die grüne Bundestagsabgeordnete Emilia Fester verstieg sich zu der Ansicht, jeder, der wählen wolle, solle dies auch dürfen, in letzter Konsequenz dann wohl auch zweijährige Kinder. Originell ist diese Idee eines „Wahlrechts für alle“ freilich nicht. Carolyn Christov-Bakargiev, künstlerische Leiterin der Kasseler documenta von 2012, hatte schon vor 10 Jahren ein „Wahlrecht für Hunde und Erdbeeren“ eingefordert, wohingegen die Tierschutzorganisation PETA zu bedenken gibt: „Hunde haben kein Interesse an einem Wahlrecht“. Zweijährige wahrscheinlich auch nicht.

In Hessen hat sich ein Motorradclub „FDP-Biker“ gegründet. Die „Welt am Sonntag“ apostrophierte ihn als „Easy rider mit Parteibuch“. Hm, hm, „Get your kicks on Route 66“ oder nur auf der deutschen B 66, die von Barntrup nach Bielefeld führt? Bielefeld? Gibt’s das überhaupt? Inzwischen ja, denn „Bielefeld Marketing“ hatte schon 2019 das „Ende der Bielefeldverschörung“ verkündet, in dessen Rahmen „Die Stadt Bielefeld… eine Million Euro für den Beweis geboten“ hatte, „dass es Bielefeld gar nicht gebe“. Bisher ist jedenfalls noch kein FDP-Biker auf der B 66 da, wo eigentlich Bielefeld sein soll, in ein schwarzes Loch geplumpst. Was wünscht man einem Motorradrennfahrer? Hals- und Beinbruch in Bielefeld? Lieber nicht.

Olaf Scholz Sammelbilder:

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Reispfanne „Adrianopel“ à la Karl-Josef Bär „Fleisch ist mein Gemüse“, behauptete der Schriftsteller Heinz Strunk, und so bildet reines Lammhack (gib’s in unseren Großstädten in jeder türkischen Metzgerei) die Basis für diese Pfanne, in der man das Hack mit Zwiebeln anbrät, salzt, pfeffert, mit Cayennepfeffer, Paprikapulver, Knoblauch und Kreuzkümmel würzt. Man lässt eine zerkleinerte Tomate und grünen Spitzpaprika mitköcheln. Reis kocht man separat zusammen mit Stücken von Breitbohnen, gibt ihn dann in die Pfanne und außer dem ein Mus aus rotem Gemüsepaprika, den man im Mixer püriert hat. Dazu passt immer guter ein Rotwein aus Thrakien, Herr Bär allerdings trank zu diesem Reisgericht diesmal einen roten Frankenwein aus der Domina-Traube.

Cannelini-Eintopf mit Knoblauchwurst à la Karl-Josef Bär Cannelini-Bohnn sehen zwar weiß aus, ähneln aber geschmacklich eher den roten Kidneybohnen. Man weicht sie einen Tag vorher ein oder nimmt sie aus der Dose. Zuerst dünstet man in einem Gemisch aus Olivenöl und Kräuterbutter Zwiebeln an, gibt dann klein gehackte frische Tomaten, 1 Möhre in Scheiben, roten und grünen Gemüsepaprika hinzu, kocht das Ganze in Gemüsefond kurz auf und lkässt es dann mit den Bohnen weiter köcheln. Nach einer Weile gibt man Stücke von der Knoblauchwurst hinzu sowie etwas Tomatenmark, würzt es zum Ende mit Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer, Thymian und Bohnenkraut.

Impressum: v.i.S.d.P Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Frankfurter grüne Sauce

Eine kalte Kräutersauce, deren Urzept sich bis in die Römerzeit zurück verfolgen lässt. Aus Frankreich (möglicherweise durch Einwanderung von Hugenotten) oder durch italienische Kaufleute wurde das Rezept um 1700 in Hessen bekannt.Man püriert mit dem Mixer sieben Kräuter, und zwar Petersilie, Schnittlauch, Borretsch, Kresse, Kerbel, Pimpernelle und Sauerampfer. Auf Dill und andere Kräuter verzichtet man bei diesem Traditionsrezept in Frankfurt, in Kassel jedoch besteht die Sieben-Kräuter-Mischung auch aus Dill und Zitronenmelisse. Mittelmeerkräuter wie Rosmarin oder Thymian werden hingegen grundsätzlich nicht verwendet. Man vermengt die Kräuter mit Essig, Salz, Pfeffer, hart gekochtem Ei, ein wenig Senf und mit saurer Sahne, reicht sie dann zu hart gekochten Eiern und/oder Pellkartoffeln sowie zu kaltem Braten. In Flandern kennt man das Gericht Paaling in het groen – Aal in grüner Sauce. Hier besteht die Sauce aus Minze, Schnittlauch, Majoran oder Oregano, Sauerklee, Thymian, Zitronenthymian, Zitronenmelisse, Kerbel, Petersilie, Basilikum, Salbei, Estragon, Bohnenkraut, Kresse und Brennessel.