Archive for Juni, 2014

bär aktuell nr. 170 – 22. Juni 2014

Donnerstag, Juni 19th, 2014

funke opjepass

Funke opjepass

 

donauufer budapest-vorbild rheinboulevard

Donauufer Budapest – Vorbild für Kölner Rheinboulevard?

Zu den dümmsten Ausreden, die man sich einfallen lassen kann, zählt sicherlich diejenige eines Autofahrers, der mit überhöhter Geschwindigkeit in eine Radarfalle raste und den verdutzten Polizisten erklärte: „Ich wollte mein frisch gewaschenes Auto im Fahrtwind trocknen“. Nach dem Haarewaschen verzichtet dieser Tünnes bestimmt auch auf einen Fön und hält seinen Kopf in die Trockenschleuder einer Waschmaschine. – Nicht minder verdutzt schauten die Polizisten drein, die einen schwedischen Autofahrer auf einer deutschen Autobahn mit 213 km/h stoppten, wo 120 km/h erlaubt war, als ihnen der ertappte Schwede freudestrahlend erklärte, die 1.200 Euro Geldstrafe zahle er jetzt gern, denn mit dem gleichen Delikt wäre er in Schweden für Monate im Gefängnis gelandet. „Alter Schwede“, kann man da nur noch sagen.

Bär polyglott – unterwegs mit Herrn Bär Alberne Wortspiele zur Bezeichnung eines Friseursalons verkneift man sich in Budapest, doch was „Friseur“ auf ungarisch heißt, erfährt man dort trotzdem nicht: der wackere Figaro Imre Szabo, der direkt am Donauufer residiert, hat für sein Geschäftsschild die Bezeichnung „Hairdressing“ gewählt, und so mutmaßte Herr Bär, der Haarkünstler Szabo schmiere seinen Kunden wahlweise „French dressing“ oder eine „Sauce vinaigrette“ mit Dijon-Senf in die Haare. Zu beklagen ist der Internationalismus-Fimmel, von dem man glaubt, er sei der Globalisierung geschuldet, ebenso bei einem Paradebeispiel für den Niedergang der europäischen Esskultur durch den Einfluss der amerikanischen Systemgastronomie, nämlich dem „Gellert Burger“, den das ehrwürdige „Gellert Hotel“ auf seine Speisekarte gesetzt hat. Womit sich für Herrn Bär sämtliche Vorbehalte bestätigen, die man gegen die kulturimperiale Aggressivität der US-Fleischklops-Industrie hegen kann, auch den hintersten Winkel der Welt mit ihren kulinarischen Junk Food-Unsitten beherrschen zu wollen. Dabei serviert man in jedem „Czardas“, wie man in Ungarn die einfachen Restaurants nennt, eine vorzügliche Gulaschsuppe.
Im wunderschönen Jugendstil-Ambiente des Schwimmbads in besagtem Gellert Hotel ließen es bekanntlich die Versicherungsvertreter der Hamburg-Mannheimer 2011 mal ordentlich krachen. Dem Verkehrsausschuss im Rat der Stadt Köln wäre ebenfalls eine Budapest-Reise zu empfehlen, freilich nicht wegen der Ausschweifungen, wie sie sich die Außendienst-Mitarbeiter der Assekuranzbranche in Begleitung fremder Damen mit zweifelhaftem Ruf im Planschbecken des Gellert-Bades gönnen, sondern um sich mit dem gebotenem Ernst dort anzusehen, wie man den geplanten „Rheinboulevard“ am Flussufer lieber nicht gestalten sollte: in Budapest führt nämlich eine reichlich marode Treppe zum Wasser der Donau hinunter, und diese Boulevard-Treppe ist schildbürgerhafterweise von der eigentlichen Fußgängerpromenade durch eine Auto-Schnellstraße rigoros abgetrennt und daher urbanistisch völlig nutzlos.
In der Kunstakademie von Budapest trifft man übrigens auf angenehm freundliche Kunststudenten, die erfreulicherweise jene Arroganz vermissen lassen, mit der beim Rundgang durch die Düsseldorfer Kunstakademie die Lüpertz-Schüler einem immer gehörig auf den Wecker gegangen sind.

Wenn in Bratislava die slowakische Armee durch die Straßen paradiert, erfreut dies das Herz jedes Anti-Militaristen, denn die Uniformierten lassen jegliche Zackigkeit vermissen: eher erinnern sie an die Gemütlichkeit des braven Soldaten Schweijk aus dem benachbarten Böhmen, und man muss kein Slowakisch können, um zu begreifen, was der Kommandant seinen Soldaten wohl zurufen mag: jedenfalls klingt es so ähnlich wie „Funke, opjepass, präsentiert de Knabüs“. In diesem Zusammenhang sei am Rande erwähnt, dass selbst der Kommentator der sonst eher recht betulichen „Aachener Nachrichten“ die Äusserung des Bundespräsidenten Joachim Gauck, „den Einsatz militärischer Mittel als letztes Mittel nicht von vornherein zu verwerfen“, als „befremdlich“ beurteilt.

Mit seiner Ansicht, er wäre wohl immer noch der richtige Bundespräsident gewesen, steht Christian Wulff allerdings ziemlich allein da, und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sowohl sein Vorgänger als auch sein Nachfolger sich verbal deutlich bellizistischer geäussert haben als dies Wulff während seiner Amtszeit in Schloss Bellevue je getan hat. Auch wenn in der politisch interessierten Öffentlichkeit die Zweifel an Gauck wachsen – mit seiner nachkartenden publizistischen Abrechnung gewinnt Christian Wulff jedenfalls keine Pluspunkte. Ein Drama wie aus Goethes Feder mit Christian Wulff als Faust, Ex-Gattin Bettina als Gretchen und dem BILD-Chefredakteur Kai Diekmann als Mephisto war die ganze leidige Affäre bis zu seinem Rücktritt nicht, sondern eher eine mediale Seifenoper, an deren Verlauf Wulff selbst einen höchst aktiven Anteil hatte.  © an Texten, Bildern und Fotos: Raap/Bär 2014

Bild des Monats 2014

Sonntag, Juni 1st, 2014
Jürgen Raap /Karl-Josef Bär "Die Tragödie von der reichen Witwe", Öl/Acryl auf Leinwand, 2014

Jürgen Raap /Karl-Josef Bär „Die Tragödie von der reichen Witwe“, Öl/Acryl auf Leinwand, 2014