Bild des Monats April 2021: Jürgen Raap, „Die sieben Zeitalter der Archäologie“, 2021, Grisaille-Untermalung und Endfassung
Bär aktuell Nr. 298 – 3. April 2021
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Bärs Sprachkritik Herr Bär befürchtet, dass jegliches Plädoyer gegen übereifrige sprachliche Verkrampfungen als eine Don Quichotterie verpuffen wird, d.h. als ein vergebliches Anrennen gegen die Windmühlen der sprachlichen Unlogik. So empfiehlt das Gender Institute der Australian National University (ANU) in Canberra reichlich bizarr anmutend, die „Mutter“ sollte künftig nur noch als „Austragendes Elternteil“ bezeichnet werden, und der Vater sei dann logischerweise ein „Nicht-gebärendes Elternteil“. „Muttermilch“ hieße politisch korrekt nur noch „Menschliche Milch“ oder „Elternmilch“. Letzteres klingt allerdings reichlich unlogisch, denn Herr Bär hat noch nie von einer „Vatermilch“ gehört. Eine solche gab es ja noch nicht einmal als „Milch der frommen Denkungsart“, wie sie in Schillers Drama „Wilhelm Tell“ genannt wird. – Ähnliches geistiges Ungemach bereitet manch einem auch der Genderstern, der z.B. für den Buchgestalter und Typografen Friedrich Forssman nicht nur den Lesefluss behindert. Forssman wehrt sich nämlich auch dagegen, Sprache als ein „Mahnmal“ oder eine „Manipulationsmöglichkeit“ einzusetzen. Der große Unterschied zu anderen Interpunktionszeichen wie Semikolon, Ausrufezeichen oder Bindestrich sei laut Forssman nämlich der, „dass der Genderstern eine moralische Funktion haben solle… Es wird der Sprache unterstellt, ungerecht zu sein“, zitiert ihn „Deutschlandfunk Kultur“. Würde man nun historische Lyrik etwa von Rilke in eine gendergerechte Sprache übersetzen, würde dies „eine enorme historische Distanz herbeiführen“, und das wäre aus Forssmans Sicht „ein sprachgeschichtliches Opfer, dessen Nutzen er nicht sehe“. Auch die Kolumnistin Judith Sevinç Basad erklärt zum psycholinguistischen Zusammenhang von Sprache und Denken: „Das Sternchen baut auf einer falschen Annahme auf, die sich nicht wissenschaftlich beweisen lässt: dass wir durch die Veränderung der Sprache auch die Wirklichkeit verändern können. Das ist ja nicht der Fall. Nehmen wir zum Beispiel mal sexuelle Gewalt oder Diskriminierung am Arbeitsplatz – die wird sich ja nicht dadurch beseitigen lassen, indem wir das Sternchen einführen…“ Judith Sevinç Basad glaubt, dass man im Gegenteil „Frauen und Minderheiten“ durch derlei Sprachbereinigung eher sogar „auch noch einen Opferstempel aufdrückt. Und dadurch wird ein ultradefizitäres Frauenbild erstellt: die Frau als schwaches und hilfsbedürftiges Wesen, das ohne die Hilfe von Journalisten überhaupt nicht in der Lage ist, sich emanzipiert zu verhalten. Und das finde ich um einiges sexistischer, als das Sternchen nicht zu verwenden.“ Dass die Stadt Köln eine Sprachregelung verabschiedete, bei der Anrede künftig „Frau X. und Partner“ durch die Formulierung „Frau X. und Partner*in“ zu ersetzen, und dies eben auch dann, wenn der Partner zweifelsfrei ein solcher, mithin in Sachen biologisches wie soziologisches Geschlecht maskulin ist, ist ein weiteres Beispiel für derlei hanebüchene Sprach-Unlogik und wird sogar vom Kölner „Express“ zur Recht als „Bürokraten-Esperanto“ veralbert.
Ruchlosen Maskenhändlern in der Politik und den Geldhaien im Fußballkommerz, die ihren Hals nicht voll kriegen und sich mit einer europäischen Super-Liga die Taschen noch mehr voll machen wollen, sei die Betrachtung eines Kupferstichzyklus von Pieter Brueghel über die sieben Todsünden empfohlen. Dort wird als eine solcher Sünden auch die Gier gegeißelt. Der 1. FC Köln wird in dieser Superliga allerdings nicht mitspielen, obwohl im Geißbockheim auch jetzt in akuter Abstiegsgefahr nach Herrn Bärs Mutmaßungen immer noch ein Selbstbewusstsein vorherrscht, sich nach zwei knappen Siegen hintereinander in der Champions League zu wähnen, was der Brauchtumspoet Wicky Junggeburth einmal in der Liedzeile zusammen fasste: „Liverpool, Real Madrid, mer kumme un mer halde mit“. Wo Horst Seehofer über Markus Söder zu urteilen wusste, er, Söder, neige zu „Schmutzeleien“, ließe sich das Prädikat der Schmutzpuckeligkeit durchaus ebenso jenen Vereins- und Verbandsfunktionären anheften, denen die Geldmoral aus dem Ruder läuft wie es sonst nur bei den unanständig hohen Bonuszahlungen an die Vorstände der Deutschen Bank der Fall ist. Eine solche Super-Liga hält Herr Bär grundsätzlich nicht für systemrelevant, und so sei diese Glosse nun mit einem Walter-Ulbricht-Zitat beendet: „Jeder Mann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport“.
Haben die Politiker eigentlich nichts Dringenderes zu erledigen, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob in Köln die Poller Wiesen am Rhein in „Deutzer Wiesen“ umbenannt werden müssten, wie dies der Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) jüngst forderte? Nun ist Andreas Hupke ja ein durchaus sympathischer Mensch, zumal er vor drei oder vier Jahren auf einer Karnevalsveranstaltung Herrn Bär ein Glas Kölsch ausgeben wollte, was aber nicht klappte, da die anderen Gäste im Saal das Fass schon leer getrunken hatten. Wohlgemerkt: ein Politiker gibt einem Bürger ein Bier aus, und nicht umgekehrt. So bleibt die Compliance gewahrt und kein Politiker wird beim Freibierausschenken von irgendwelchen Lobbyisten-Lurchen in Verlegenheit gebracht, wie das sonst oft der Fall ist. Nur im Wahlkampf sollte man das als Politiker bleiben lassen, sonst kreuzen die bierseligen Wähler noch versehentlich auf dem Wahlzettel den falschen Kandidaten an oder sie fragen sich mit promillegetrübtem Blick: „Olaf Scholz? Gibt’s den noch? Und hieß der früher nicht mal Martin Schulz?“ In der Tat sind Scholz und Schulz nicht leicht auseinander zu halten, weil beide „en Pläät han“, und so sei an dieser Stelle ein Witz des Duisburger Komikers Markus Krebs abgewandelt: „Wie heißt noch mal der eine von Scholz und Schulz?“ – „Scholz!“ – „Nein, der andere!“
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Bärs Sprachkritik: Wenn Politiker z.B. die derzeitige coronabedingte wirtschaftliche Stagnation in vielen Branchen als „Nullwachstum“ verniedlichen und sich Wortungetüme wie „Impfpriorisierung“, „Brücken-Lockdown“ oder „Grundstücksentwässerungsanlage“ leisten und die Formulierung „schwer erziehbar“ durch „verhaltensoriginell“ ersetzen, kann Herr Bär nur noch als Stoßgebet eine Liedzeile von den „Bläck Fööss“ zitieren: „Oh Herr, Jevv dä Rejierende e besser Deutsch un dä Deutsche en bessere Rejierung.“ (Oh Herr, gib den Regierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine bessere Regierung). Sprachliche Kreativität kann allerdings auch anders aussehen: da wurde kürzlich in einer Boulevardzeitung Prof. Karl Lauterbach recht bildhaft als „Seuchen-Orakel“ apostrophiert, und zur sprachschöpferischen Hochform lief des weiteren der Kolumnist Jan Fleischhauer in „Focus“ auf, als er Lauterbach als „Prophet der salzarmen Kost“, „Talkshow-Schreck“ und „Champion des solarbetriebenen Grillens“ beschrieb. Ein grüner Bezirkspolitiker forderte in Köln-Lindenthal, ein Kreisverkehr dort müsse endlich „millowitschtauglich“ gemacht werden. Vor vielen, vielen Jahren war nämlich der Volksschauspieler Willy Millowitsch (1909-1999) dort mal in einen Verkehrsunfall mit leichtem Sachschaden verwickelt, so dass nun der grüne Verkehrspolitiker die bauliche Entschärfung von Unfallschwerpunkten als „millowitschtauglich machen“ etikettiert und damit die deutsche Sprache zu bereichern versucht. Für den verblichenen Willy Millowitsch selbst kommt die stadtplanerische Umgestaltung des Kreisverkehrs ca. 30-40 Jahre zu spät, aber auch in der DDR hatten sie ja ihre Fünfjahrespläne nicht immer in fünf Jahren pünktlich umgesetzt.
Die Liste der Kunst am Bau-Projekte, die im 20. und 21. Jh. ästhetisch gründlich missglückt sind, ist lang. Kein gutes Beispiel gibt in dieser Hinsicht neuerdings auch die britische University of Winchester ab, die sich für 28.000 Euro ein lebensgroßes Greta Thunberg-Denkmal vor ihrem Gebäude leistet. Die Studentenorganisation der Uni beklagte sich über das „weltweit erste Greta Thunberg-Denkmal“ zu Recht, es sei ein unangemessenes „Prestigeobjekt“, ohne allerdings das klimapolitische Engagement der Abgebildeten diskreditieren zu wollen. Nun ja, stilkritisch bietet sich ein Vergleich mit dem Tünnes- und Schäl-Denkmal an, das der Bildhauer Wolgfgang Reuter für den Vorplatz von Groß St. Martin in Köln schuf, wobei Reuters Formensprache sich freilich in zeitloser Modernität als durchaus gelungen präsentiert, während das Bemühen des bislang ungenannten britischen Bildhauers um einen etwas höheren Grad an Realismus eher Anklänge an eine Gartencenter-Dekorativität erkennen lässt, wie Herr Bär an dieser Stelle anzumerken wagt. Und da Denkmäler gemeinhin die Erinnerung an Verblichene wachhalten sollen: ist es wirklich nötig, eine 18jährige mit solch einer Kunst am Bau-Maßnahme schon zu Lebzeiten dermaßen pathetisch zu überhöhen? Die leicht grotesken Züge, die Wolfgang Reuter mit eleganter Ironie vor allem bei der Nasengestaltung der Tünnes-Figur visualisiert hat, einer Figur, die für Volkstümlichkeit und Bodenständigkeit steht, vermisst Herr Bär hingegen beim Versuch, Greta Thunberg als eine klimapolitische Madonnengestalt zu auratisieren.
Nachgefragt: Was macht eigentlich der alte von der Leyen den ganzen Tag? Die Blagen sind nun alt genug und aus dem Haus. Gattin Ursula („Impfstoff-Uschi“, O-Ton Oliver Welke) unter der Woche auch und macht als EU-Kommissionspräsidentin Weltgeschichte im fernen Brüssel, oder sie versucht es zumindest, dies freilich mit nur äusserst mäßigem Erfolg, und so könnte man nun annehmen, im heimischen Hannover zieht der alte von der Leyen jetzt jeden Abend ganz entspannt und mopsfidel um die Häuser und lässt es sich gut gehen. Aber wie soll das funktionieren, wenn wegen des aktuellen Lockdowns in Hannover immer noch alle Bars und Kneipen geschlossen sind? Herr Bär ist ratlos. Jedenfalls kommen auf der Website https://www.gutefrage.net in der Rubrik „Witze über Leute aus Niedersachsen (Hannover)!“ die von der Leyens leider noch nicht vor, obwohl zumindest das Wirken (oder eher Unwirken) von Gattin Ursula Herr Bär durchaus witztauglich findet.
Lothar Matthäus als neuer Bundestrainer, wie kürzlich Karl-Heinz Rummenigge meinte? Unbedingt! Unvergessen sind doch seine Sprüche, er hielte sich fit, indem er beim Zähneputzen auf einem Bein stehe, oder als der Fußballtrainer Christoph Daum einst mit Kokainkonsum erwischt wurde und Matthäus ihm darauf hin den Rat gab, er, Daum, müsste jetzt mal „eine gerade Linie in sein Leben“ kriegen. Brillant auch die Matthäus-Replik: „Ein Wort gab das andere, wir hatten uns nichts zu sagen“. Mehr davon! Auch wenn die DFB-Elf, die von irgendwelchen Marketingdeppen zur „Die Mannschaft“ hochgejazzt wurde, sich sportlich künftig hin und wieder blamiert wie jüngst beim 1:2 gegen Nordmazedonien, so sind doch gewiss allein schon wegen des Unterhaltungswertes von Lothar Matthäus bei der Pressekonferenz nach einem solchen Spiel Kurzweil und höchste Einschaltquoten garantiert. Folgt Lothar Matthäus also dem Ruf Rummenigges? Im Lothar Matthäus-Evangelium ist jedenfalls nachzulesen: „Schiedsrichter kommt für mich nicht in Frage, schon eher etwas, das mit Fußball zu tun hat.“
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Bärs Sprachkritik, 3. April 2021
Aus einem Ankündigungstext der Alten Nationalgalerie Berlin, April 2021*:
„Paul Gauguin (Paris 1848-1903 Atuona/Hiva Oa) gehört zu den einflussreichsten Wegbereiter*innen der künstlerischen Moderne, dessen bekannteste Gemälde in den Jahren zwischen 1891 und 1901 auf der Südseeinsel Tahiti entstanden…“
Hm, hm, war der Künstler Paul Gauguin nun ein Wegbereiter oder eine Wegbereiterin? Beides zugleich sicherlich nicht. Herr Bär meint: Wenn ohne Wenn und Aber das generische Maskulinum anzuwenden ist, dann mit Fug und recht ja wohl bei einem männlichen Künstler (ein Pleonasmus, sic!), dem selbst für seine Person niemals eine andere grammatische Zuweisung oder Titulierung in den Sinn gekommen wäre.
* https://www.smb.museum/museen-einrichtungen/alte-nationalgalerie/ausstellungen/detail/paul-gauguin-why-are-you-angry/
Essen und Trinken mit Herrn Bär
Sechuan-Hühnchen Kung Pao
Hähnchenbrust in Würfel oder Streifen schneiden, in einer Schüssel mit Sojasauce, Reiswein, Reisessig, geriebenem Ingwer, gepresstem Knoblauch, Sechuanpfeffer, scharfem rotem Paprika (Chili) vermischen und ein paar Stunden marinieren lassen. Sesamöl in einer Pfanne oder Wok erhitzen, das Fleisch scharf anbraten, frische Frühlingszwiebeln und Erdnüsse hinzufügen, in Hühnerbrühe schmoren lassen.
Letschko mit Debreziner Würstchen Das erste Mal in seinem Leben aß Herr Bär Letschko in Wien, aber ursprünglich stammt das Rezept aus Ungarn, ist heute aber auch in Österreich, Tschechien, der Slowakei, in Polen und in Ostdeutschland weit verbreitet. Es handelt sich um ein Gemüseschmorgericht mit Speck, Zwiebeln, Tomaten, rotem, gelben und grünem Spitzpaprika (ungarischer Gemüsepaprika ist auch in deutschen Supermärkten überall erhältlich). Den Speck kann man aber auch weglassen. Man brät Zwiebeln zusammen in Butter oder Schmalz an, gibt Gemüsepaprika in Streifen und etwas Knoblauch hinzu, vermengt es mit den Zwiebeln und lässt das Ganze leicht andünsten, dann kommen klein geschnittene Tomatenstücke und Wasser hinzu. Das alles lässt man alles eine Weile köcheln, schmeckt es dann mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver ab. – Warme Debreziner Würstchen passen sehr gut dazu – das ist eine Brühwurst, die ursprünglich aus der ungarischen Stadt Debrecen stammt. Sie ist leicht geräuchert und mit ein wenig Paprika gewürzt.
Nasi Goreng Das beste Nasi Goreng, das Herr Bär jemals genossen hat, wurde ihm in der niederländischen Grnezstadt Vaals bei Aachen serviert. Nasi Goreng ist ein Standardgericht der indonesischen Küche, wobei der vorgekochte Langkornreis mindestens zwei Stunden oder sogar einen halben Tag lang ruhen muss, bevor man ihn brät. In einer Pfanne oder in einem Wok brät man in Erdnussöl oder Palmöl kleingehackte Zwiebeln, Lauchzwiebeln, Poreestreifen, ein paar Stückchen Chilischote und Knobloch an, fügt Hühnerfleisch und/oder Schweinefleisch in dünnen Scheiben hinzu, sowie Champignons und Erbsen. Man kann auch Streifen von gekochtem Schinken und Schweinebratenaufschnitt nehmen und Röstzwiebeln aus der Tüte hinzufügen, sowie Omelettstreifen oder Rührei. Würzen mit Salz, Sambal Oelek, bei Bedarf auch mit etwas Curry und Gelbwurzel (Kurkuma), etwas Sojasauce. Dazu reicht man Krabbenbrot (Kroepeok).
Chinesisches Wok Fondue Man kann dazu fertige Rinderbrühe nehmen, die man mit Wok-Sauce oder Sojasauce anreichert, oder selbst Rinderknochen mit Suppengemüse auskochen, zum Würzen fügt man frischen Koriander, Ingwer und etwas Chili oder Sambal Oelek, Zitronengras, und Knoblauch hinzu. Man kann Fisch und Fleisch in verschiedenen Gängen nacheinander in der Brühe garen. Fleisch (Schwein, Rind, Huhn) muss dünn geschnitten sein, Fisch (Lachs, Garnelen, Tintenfisch, Jakobsmuscheln) ebenso, man sollte nur Fischsorten mit festem Fleisch nehmen). An Gemüse empfiehlt sich Pak Choi-Kohl, China-Kohl, Stangensellerie, Gemüsepaprika, Pilze, Zuckererbensschoten. Alles wird dann in dem Sud gegart.
Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Kö