Archive for Dezember, 2017

baer aktuell 234/235 und Bild des Monats

Samstag, Dezember 2nd, 2017

Bild des Monats Dezember 2017:

Jürgen Raap, „Qui?“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2017

 

Tristesse pur: U-Bahnstation Appellhofplatz Köln

Text und Fotos: Copyright Bär/Raap 2017

Bär aktuell 234     – 22. Nov. 2017/3. Dez. 2017

Beim Jahresessen der Deutsch-Japanischen Gesellschaft im Kölner „Daitokai“ hatte Herr Bär japanische Gäste aus Düsseldorf als Tischgenossen, die den Eindruck hatten, in Köln sei das Stadtbild schmutziger als in Düsseldorf. Da Herr Bär kein Lokalpatriot ist, der einer manchmal unerträglichen Kölschbesoffenheit verfallen ist, sondern ein Verfassungspatriot im Sinne des kölschen wie des deutschen Grundgesetzes, musste er um der Wahrheit willen zugeben, dass dies tatsächlich so ist, und dass die U-Bahnhaltestelle Appellhofplatz/Zeughausstraße unmittelbar vor dem „Daitokai“ so aussieht, als wollten die Kölner Verkehrsbetriebe KVB in der Tat den Eindruck erwecken, Köln sei die Dritte Welt des Rheinlands. Da hat nämlich ein Architekt in einem Anflug von minimalistischem Wahn, vielleicht auch aufgrund bornierter städtischer Sparpolitik, auf jegliche Deckenverkleidung verzichtet, so dass die Kabel unter der Decke frei herumhängen, und auch die Kachelung des Bahnsteigs ist an Tristesse kaum zu überbieten und zudem auch noch dermaßen verstaubt, so dass Herr Bär beim Warten auf die Bahn entrüstet ausrief: „He künnt och ens einer mem Lappen drüvver jon“. Dass auf jenem Bahnsteig das Hinweisschild für die nächste Bahn in orangefarbener Leuchtschrift „Kommt sofort“ anzeigt, das Eintrudeln der Bahn aber tatsächlich dann noch vier Minuten dauert, fällt dann nicht mehr weiter auf, und dies kann man den Gästen aus Düsseldorf als folkloristische Nonchalance erklären, aufgrund einer historisch bedingten Aversion gegen preußische Korrektheit nähme man es in Köln mit Zahlen- und Zeitangaben generell nicht so genau. Jedenfalls: in Bonn und in Düsseldorf haben sie die Gestaltung der U-Bahnhöfe optisch besser hingekriegt, während man beim Kölner U-Bahnhof Appellhofplatz/Zeughausstraße den Eindruck hat, der Architekt habe seinerzeit einen Baustoffhändler angerufen, der womöglich noch ein Vetter von ihm gewesen sein könnte, und diesen gefragt: „Pitter, häste noch paar ahle Kacheln übrig? Die kannste en d’r U-Bahn am Appellhofplatz an de Wand klävve“.

Bär aktuell Nr. 235  –     22. Dez. 2017

Deppen-Ranking über die größten und bizarrsten Fehlleistungen im Jahr 2017: Eigentlich gebührt Donald Trump Platz 1, aber der macht dieses Jahr nur außer Konkurrenz mit, denn sonst hätten die anderen doch überhaupt keine Chance. Sein nordkoreanischer Widersacher Kim jon-un führt stattdessen die Liste allein schon wegen seiner Scheiß-Frisur an, und dies stellvertretend für alle anderen Anhänger des modischen Undercut-Haarschnitts, die zu jung sind, als dass sie wissen könnten, dass nämlich solchermaßen ausrasierte Schläfen und Nacken typisch für den Kommisskopp der 1930er und 1940er Jahre waren, wie man auf alten Fotos sehen kann. Als überzeugter Anti-Militarist missbilligt Herr Bär solche Wehrmachtsfrisuren, und dies erst recht, wenn Raketen-Kim sie noch mit einem reichlich lächerlich wirkenden Bürzel auf dem Kopf kombiniert. – Torsten Albig, der sich selbst einmal als „arroganten Sack“ bezeichnet hat, vergeigte als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein seine Wiederwahl fulminant mit der Bemerkung, er habe sich von seiner Gattin getrennt, weil er sich mit einer Hausfrau nicht mehr „auf Augenhöhe“ unterhalten konnte. Klar, dass im hohen Norden keine Hausfrau mehr Albig wählen mochte (Platz 2). – Über die Hausfrauen-Frisur von Teresa May kann man ja nicht großartig lästern, aber dass die britische Premierministerin ohne Not Neuwahlen ausrief und diese dann krachend verlor und sich sich mithin blöd verzockte, rechtfertigt Platz 3, und Mays Flop sollte allen zu denken geben, die in der Berliner Bundespolitik derzeit mit Neuwahlen liebäugeln. Auf Platz 4 finden wir den abgesetzten katalonischen Ministerpräsidenten Carles Putschdemon, der bis heute nicht begriffen hat, dass in Kontinentaleuropa außer einer Minderheit von ein paar egoistischen Nationalisten in Katalonien, Flandern, Korsika und Norditalien niemand landauf landab separatistische Abspaltungen will, was den EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker schon zu der Horrorvision umtrieb, die EU könne sonst „in einigen Jahren“ in „80“ (sic!) verschiedene kleine Regionalstaaten zerfallen und dann völlig handlungsunfähig sein, weshalb die Brüsseler EU-Politiker Putschdemon im Regen stehen ließen. Das andere politische Extrem verkörpert mit gewohnt gehöriger Realitätsferne Martin Schulz, der schon bis 2025 die Vereinigten Staaten von Europa gegründet haben will (Platz 5). Vielleicht hatte Hannelore Kraft doch nicht so unrecht, in ihrem NRW-Wahlkampf Martin Schulz lieber zu verstecken, die sich aber wegen ihrer peinlichen kommunikationstechnischen Herumeierei bezüglich der Kölner Silvesternacht 2015 redlich Platz 6 verdient hat. Reichlich durchgeknallt trat die dänische Künstlergruppe Toett – The Other Eye of The Tiger“ beim Berliner Nordwind-Festival im Kunstquartier Bethanien auf, indem sie dort ein „Museum der Märtyrer“ einrichtete und in ihrer Fotoinstallation völlig henebüchen den Bürgerrechtler Martin Luther King mit seinen Methoden des gewaltlosen Widerstands allen Ernstes als „Märtyrer“ auf dieselbe Stufe stellte wie den blindwütig-fanatischen Pariser „Bataclan“-Attentäter Ismaël Omar Mostefaï (Platz 7). Nicht minder intellektuell abgedreht gaben sich die Macher um den Konzeptkünstler Scott Holmquist mit ihrer Ausstellung in einem Berliner Bezirksmuseum, als sie dort reichlich blauäugig bekundeten, die Drogendealer im Görlitzer Park gingen „unerschrocken und tapfer“ ihrem Gewerbe nach (Platz 8). Wie man einen an sich guten Witz schlecht erzählt und dabei die Pointe gründlich versemmelt, bewies ohne jegliches Gespür für Dramaturgie ausgerechnet die Berliner Theatertruppe „Zentrum für politische Schönheit“, als sie in Bornhagen/Thüringen eine Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals auf dem Nachbargrundstück des AfD-Politikers Björn Höcke errichtete. Das hätte ja durchaus eine pfiffige Kunstaktion werden können, wenn die Aktivisten das Ganze dann nicht gründlich übertrieben und zu einer fürchterlichen Schmierenkomödie hin überzogen hätten: dass sie nämlich bei Strafandrohung flugs zurückruderten und recht kleinlaut einräumten, ihre Behauptung, Höcke seit Monaten mit nachrichtendienstlichen Methoden zu beobachten, sei nur ein Fake gewesen, ist letztlich ziemlich peinlich, und dass sie anschließend auch noch weismachen wollten, die DNA Höckes labortechnisch untersucht zu haben, ist dann einfach nur noch albern (Platz 9). Platz 10 ist für den trotzigen „Ich bin nicht pleite“-Boris Becker reserviert, der im Umgang mit Geld bei größeren Summen – vornehm ausgedrückt – leicht überfordert wirkt. Auf Platz 11 folgt der Reporter des Bildungsbürger-Blattes „Die ZEIT“, der in seinem Bericht über das Abschiedsspiel des Fußballers Lukas Podolski die Kölner Karnevals-Combo „Klüngelköpp“ versehentlich als „Pimmelköpp“ bezeichnete. Ist das ein Freudscher Versprecher oder was soll das? Platz 12 gebührt den keineswegs flaggensicheren Erdogan-Fans, die nach der Ausweisung der türkischen Familienministerin aus den Niederlanden vor lauter Wut eine Holland-Fahne verbrennen wollten, dies jedoch irrtümlich mit der ebenfalls blau-weiß-rot gestreiften Frankreich-Nationalflagge unternahmen. Man kann als Ministerpräsident heikle Passagen in einer Rede von Fachleuten oder Juristen im eigenen Haus gegenlesen lassen, ob das sachlich falsch oder rechtlich bedenklich ist, aber man fragt nicht den Fuchs, ob der Hühnerstall gut abgeschlossen ist. Dass der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil sich seine Regierungserklärung vor dem Landtag vorab vom VW-Konzern weichspülen ließ, bestärkt nur die Kritiker, die Politiker immer schon für willfährige Schranzen und Büttel von Wirtschaft und Industrie hielten (Platz 13). Platz 14 nehmen kollektiv alle Wildpinkler, Frauengrabscher, Straßenschläger und Komasäufer im rheinischen Straßenkarneval ein, der leider an einigen zentralen Orten immer mehr in eine übergriffige dämliche Ballermannisierung abdriftet, die der echte Fastelovendsjeck lieber meidet. In diesem Sinne, frohe Weihnacht überall, bald ist wieder Karneval. Alles Gute für 2018.

© Raap/Bär 2017

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Fruchtgrütze „Ramses“

In wenig Wasser und mit einem Klacks Butter klein geschnittene frische Feigen, Blaubeeren, Brombeeren und Johannisbeeren oder Cranberrys mit ein paar Sternanisstückchen und grünen Pfefferkörnern weich kochen, etwas frischen Ingwer hineinreiben, bei Bedarf ein paar Tropfen Rumaroma oder Likörwein hinzugeben, kalt werden lassen und mit frischer Minze garnieren.

Soleier

Sud aus Wasser, Salz (60 gr auf 1 Liter), Piment- und Pfefferkörnern, Lorbeerblatt etwas Kümmel und Zwiebelschalen aufkochen. Schale von hartgekochten Eiern etwas anschlagen und in ein großes Glas geben, heißen Sud darüber kippen, bis die Eier vollständig bedeckt sind. Abkühlen lassen und im Kühlschrank 2-3 Tage ziehen lassen. Zum Verzehr Eier pellen und halbieren, Dotter vorsichtig herauslösen. In die Mulde Öl, Essig und Pfeffer geben, Dotter wieder aufsetzen und Senf dazu geben. Wurde früher in Kneipen oft als Bierhappen angeboten.

Schweinerouladen „Székesfehérvár“

Schweinerouladen von beiden Seiten salzen und pfeffern, die Innenseiten mit ausgedrückten Knoblauchzehen, etwas Senf und Paprikamousse/Paprikapaste einreiben, Speckscheiben darauf verteilen, Gewürzgurken, Zwiebeln und Streifen von rotem undd grün-gelbem Spitzpaprika, zusammenrollen und mit Holzspickern die Rouladen zumachen. Öl und Schmalz in einer Pfanne erhitzen, die Rouladen von allen Seiten anbraten, Zwiebeln andünsten, weitere Streifen von Gemüsepaprika und klein gewürfelte frische Tomaten hinzufügen, ein Lorbeerblatt, ein Stängel Thymian, 1 Wachholderbeere, 1 Nelke, etwas Kümmel, und noch ein paar Pfefferkörner, dann mit Fleischbrühe/Fleischfond aufgießen und die Rouladen köcheln lassen, bis sie weich sind. Sauce dann mit Rosenpaprika abschmecken. Man kann die Sauce dann noch mit creme fraiche oder Frischkäse verfeinern. Dazu passt Sauerkraut auf ungarische Art, das man separat zubereitet in einem Topf mit Öl und Schmalz, in dem man Zwiebeln andünstet, gepressten Knoblauch, rote gewürfelte Paprikaschoten, Speckstückchen, Gemüsebrühe und Sauerkraut hinzugibt, sowie 1 Wacholderbeere, etwas Kümmel, Paprikapaste oder Tomatenmark, Salz und Pfeffer, das Ganze lässt man dann 40 Min. köcheln und würzt es mit Rosenpaprika.

Karpfen blau

Als Weihnachts- oder Silvesteressen sind Karpfen vor allem in Franken sehr beliebt. Für einen ganzen Karpfen benötigt man einen Topf mit ca. 2 l Wasser, in welchem man einen Schuss Apfelessig, Zwiebeln, 1 ausgepresste Knoblauchzehe, 1 klein gehackte Möhre, 2-3 Lorbeerblätter, 2-3 Wacholderbeeren, Nelken, frischen Fenchel, etwas Chili (vorsichtig dosierte klein gehackte Schoten oder Pulver), 3-4 Zitronenscheiben, frischen Koriander, ein paar kleine Stücke frischen Sellerie, Senf, Senfkörner, grüne und schwarze, Pfefferkörner, frische Petersilie, ein wenig Beifuß und Salz aufkocht. Den Karpfen dann in dem heißen Wasser 30-35 Min. ziehen lassen (nicht kochen!).

Karpfen auf jüdische Art

Dieses Rezept gehört heute bzu den klassischen Standards der polnischen Küche. Die Karpfenzucht wurde von Juden in Osteuropa Ende des 16./Anfang des 17. Jh. eingeführt. Der Fisch muss gesäubert und entgrätet sein. Fischköpfe, Schwanzteile und Flossen in Wasser mit Petersilienwurzeln, Zwiebeln, Möhren- und Selleriestücken sowie Pfefferkörnern 45 Minuten lang kochen. Die zerkochten Fischteile aus dem Sud herausnehmen. Dann portionierte Karpfenstücke oder den restlichen ganzen Karpfen salzen und pfeffern und in dem Sud mit Ingwer, Essig oder Zitronensaft und Rosinen dünsten lassen, nach 15 Minuten auch geschälte Mandeln hinzugeben. Den Sud kann man als Sauce vor dem Servieren mit Eidotter abbinden.