Archive for Oktober, 2018

baer aktuell 253 – 22. Okt. 2018

Montag, Oktober 15th, 2018

Jürgen Raap, Aquarellstudie, 2018

Weidenpescher Park, Foto: Copyright Bär/Raap 2018

Bär aktuell Nr. 253   – 22. Okt. 2018

Neulich im Weidenpescher Park – Auf der Galopprennbahn wird der Preis des Winterfavoriten ausgetragen. Schon um 13 Uhr riecht das Frittenfett an einem der Imbissstände etwas ranzig, was einen graumelierten Herrn zu der kritischen Bemerkung veranlasst: „Dat Öl is ja älter als ich“. Aus dem Lautsprecher dröhnt ein Song der „Bläck Fööss“; elegante Damen mit extravaganten Hüten wie in Ascot sind rar. Stattdessen findet sich manch ein Zocker auch gerne im Jogginganzug am Wettschalter ein – auf dem Turfgelände zelebriert man mithin einen eher nonchalanten kölschen Nachmittag rund um die Bierstände, den Würstchengrill und die Informationszelte der Städtepartnerschaftsvereine; nur das Boulevardblatt Express“ fabuliert anderntags von einer „feierlichen Atmosphäre“ und garniert in seiner Online-Ausgabe den Artikel mit einer Umfrage: „Finden Sie es schade, wenn es keine Pferde mehr in den Karnevalsumzügen gibt?“ In Rennen 4 tritt als haushoher Favorit der Hengst „Millowitsch“ an, und der Rennbahnsprecher verkündet, dies sei das letzte Rennen, an dem „Millowitsch“ teilnimmt, bevor er in Rente geschickt wird. Entsprechend groß ist der Andrang der Jogginganzugbesitzer an den Wettschaltern, schließlich hat „Millowitsch“ in diesem Jahr schon zweimal gewonnen; und bei insgesamt 17 Starts hat er immerhin achtmal als erster die Ziellinie durchlaufen. Doch diesmal kam alles anders – denn ausgerechnet sein letztes Rennen wurde durch einen Fehlstart überschattet und von der Rennleitung komplett annulliert, was wiederum auch eben typisch kölsch ist. Immerhin: „Sie erhalten Ihre Wetteinsätze zurück“, tröstet der Rennbahnsprecher das Publikum. „Millowitsch“ kommt nun als Rentner aber nicht in einen Ponyhof mit Streichelzoo oder doch noch als Zugpferd vor die Gulaschkanone der „Roten Funken“ in den nächsten Rosenmontagszug, sondern er darf stattdessen als Deckhengst in einem Gestüt den Lebensabend verbringen.

Wie man eine Wahl fulminant vergeigen kann, führte dem politisch interessierten Publikum Markus Söder in Bayern mit seinem vergeblichen Griff nach den Sternen vor – sein Wahlkampf, ein bayerisches Weltraumprogramm „Bavaria One“ zu begründen, trug ihm und seiner Partei CSU den Vorwurf ein, sie hätten die Bodenhaftung verloren und seien nun völlig verblendet. Das ist wohl wahr. Ähnlich blamiert hat sich in Bayern die SPD, der man für die kommende Wahl in Hessen vielleicht noch rechtzeitig denselben guten Rat andienen kann, wie ihn der Kunstprofessor Joseph Beuys seinerzeit einem seiner Studenten gab: wenn einer Peter Heisterkamp heißt, dann kann im Kunstbetrieb nichts aus ihm werden. Peter Heisterkamp nannte sich daraufhin Blinky Palermo und wurde unter diesem glamourösen Namen tatsächlich weltberühmt. Ergo: warum sollte man in Hessen einen wählen, der Thorsten Schäfer-Gümbel heißt und auch noch so aussieht?

© Raap/Bär 2018

Beachten Sie bitte folgenden Veranstaltungshinweis:

Karl-Josef Bär? Den kriegt man ja nie zu sehen. Doch, kriegt man. Und zwar am Dienstag, 27. November 2018 um 19 Uhr im Künstlerverein Malkasten, Jacobistraße 6a, 40211 Düsseldorf. Der Performancekünstler Robert Reschkowski liest aus seiner Autobiografie „Rock your life“ und Herr Bär kommentiert dazu das Zeitgeschehen.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Rheinischer Sauerbraten „Millowitsch“

Kenner behaupten, der wahre Rheinische Sauerbraten müsse vom Pferd stammen. Das Fleisch schmeckt etwas süßlicher als Rindfleisch, die Färbung ist bei älteren Tieren dunkelrot, und gerade von älteren Tieren stammt recht zartes Fleisch. In Deutschland und Österreich war Pferdefleisch – im Unterschied zur Schweiz, Frankreich und Belgien – jahrhundertelang verpönt und galt auch in der Nachkriegszeit der 1950er Jahre als Arme Leute-Essen. Historiker vermuten, dass dies auf ein päpstliches Edikt aus dem 8. Jh. zurück zu führen sei: als der Papst den Missionar Bonifatius ausschickte, den Sachsen das Christentum nahe zu bringen, berichtete dieser nach Rom von merkwürdigen heidnischen Bräuchen, u.a. vom Pferdefleisch-Verzehr, was der Papst dann verboten haben soll. Es sind aber wohl auch ökonomische Gründe gewesen: das Pferd hatte für die fränkischen Reiterheere eine enorme strategische Bedeutung, der Bedarf an Pferden für solche Kavallerie-Einheiten war enorm, weshalb man sie eben nicht schlachtete, auch sonst war im Alltag die Funktion als Zug- und Lasttier größer als die Bedeutung als Nahrungsmittel. – Für 1 kg Sauerbraten benötigt man eine Marinade mit einen halben Liter Weinessig oder Himbeeressig, einen viertel bis ein halber Liter Rotwein, 3 Zwiebeln, 1 Möhre, 5 Nelken, 5 Wacholderbeeren, 2 Lorbeerblätter, 1 EL Salz, 1 TLPfefferkörner, ein paar Pimentkörner, ein paar Korianderkörner. Die Zutaten (Zwielb, Möhre) zerkleinert man, lässt sie kurz aufkochen und abkühlen. In dieser Marinade lässt man den Braten 2-3 Tage beizen; das Fleisch muss vollständig bedeckt sein (evtl. Marinade mit Wein oder Wasser auffüllen). In einem Topf brät man dann das Fleisch von allen Seiten in heißem Fett (Butter oder Schmalz) kurz an, gibt 2-3 Zwiebeln, 1 Möhre, 1 Knoblauchzehe, etwas Knollensellerie, Petersilienwurzel sowie die Marinade und etwas Geflügelbrühe hinzu und lässt den Braten dann 2 /1/2 Std. bei schwacher Hitze unter mehrmaligem Wenden schmoren. Ob man hinterher noch Rosinen zu der Sauce gibt oder nicht, ist eine Streitfrage. Manche Köche geben auch Aachener Printen oder Pumpernickel hinzu, oder einen EL Rübenkraut. Als Beilage passen dazu am besten Knödel und Rotkohl, und als Getränk ein Spätburgunder von der Ahr.

Carpaccio

Im Jahre 1950 benannte der damalige Besitzer von „Harry’s Bar“ in Venedig ein hauchdünn geschnittenes Filet Mignon nach dem Maler Vittore Carpaccio (1465-1525/26), einem Schüler des Renaissance-Künstlers Gentile Bellini. Nur tief gefrorenes Rindfleisch lässt sich so papierdünn schneiden; und wenn es serviert wird, ist es in angetautem Zustand ohne irgendwelche Farbzusätze noch so leuchtend rot wie das Fleisch in den Bildern des Malers Carpaccio. Man würzt es unmittelbar vor dem Servieren mit Salz, Pfeffer und einem Spritzer Zitronensaft. Man kann es auch mit Olivenöl beträufeln und/oder ein paar Tropfen Vinaigrette und dann etwas Parmesan darüber reiben. Dazu Brot und rohen Stangensellerie.

Pintade „Forsbach“

Pintaden sind Perlhühner; sie waren ursprünglich nur in Afrika beheimatet und zählen zu den Vögeln, die historisch als erste vom Menschen domestiziert wurden. Das Fleisch ist etwas dunkler, d.h. rötlicher und aromatischer als beim europäischen Haushuhn, der Geschmack geht mehr in Richtung Rebhuhn oder Fasan. Herr Bär empfiehlt nach dem Salzen und Pfeffern eine Füllung aus Zwiebeln, 1-2 Knoblauchzehen, Apfelstücken und vorgekochten Maronen sowie frischem Majoran, dann lässt man es ca. 1 Std. im Backofen garen und übergießt die Haut gelegentlich mit Bratensaft.

baer aktuell 252 – 3. Okt. 2018

Montag, Oktober 1st, 2018

Bild des Monats Oktober 2018:

Jürgen Raap, Das große Allotria, Acryl/Öl auf Leinwand, 2018

Bär aktuell Nr. 252   – 3. Okt. 2018

Was macht eigentlich Dorothee Bär? Wird bei uns die Digitalisierung verschnarcht? Dazu muss man wissen, dass Dorothee Bär als Staatsministerin in der Bundesregierung für die Digitalisierung zuständig ist. Doch man hört und sieht nichts von ihr, außer dass sie gelegentlich schon mal Modetipps für offizielle Anlässe verbreitet hat: „Als der Papst den Bundestag besucht hat, habe ich sehr gern ein Dirndl angezogen.“ Unlängst mokierte sich ein Abgeordneter der Grünen darüber, dass Dorothee Bär noch nicht einmal eine eigene Webseite hat. Aber hallo! Sollte sie als Internetbeauftragte der Bundesregierung nicht mit leuchtendem Beispiel voran gehen? In Afrika sind sie in Sachen Digitalisierung schon viel weiter. Gibt man nämlich in eine Suchmaschine „Digitalisierung in Ruanda“ ein, stößt man auf die Schlagzeile „Ruanda 2.0: Ruandas Regierung liebt das Internet – die Meinungsfreiheit weniger“. Letzteres jedoch hindert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung keineswegs daran, zusammen mit deutschen Unternehmen eine „Mobilitäts- und Ausbildungspartnerschaft ‚Moving Rwanda’“ durchzuführen, die „unter anderem ein Digitalisierungszentrum für Fachkräfte und Know-how-Transfer in Kigali“ etablieren will. Eigentlich müsste doch Dorothee Bär bei solch einer Veranstaltung als Schirmherrin auftreten – meinetwegen auch im Dirndl in Ruanda, doch nichts dergleichen geschieht, was aber letztlich nichts ausmacht, denn schließlich haben deutsche Firmen auch schon den Chinesen eine Magnetschwebebahn angedreht, die bei uns keiner haben wollte.

Der politisch korrekte Stehpinkler-Witz Unterhalten sich zwei Frauen. Sagt die eine: „Immer wenn mein Mann auf dem Klo war, muss ich hinterher die Klobrille herunterklappen“. Darauf die andere: „Bei uns ist es umgekehrt. Immer wenn mein Mann auf dem Klo war, muss ich hinterher die Klobrille hochklappen“.

Essen und Trinken mit Frank-Walter Steinmeier

Er wolle nicht beim Staatsbankett dem türkischen Präsidenten Erdogan „mit Champagner zuprosten“, ließ FDP-Chef Christian Lindner verlauten und bleibe daher dem Vier-Gänge Menü auf Schloss Bellevue lieber fern. Allerdings wusste Lindner nicht, dass der Gastgeber, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, nur Sekt servieren ließ, und zwar solchen hiesiger Provenienz. Herr Bär kriegt von Sekt immer Sodbrennen und hätte deswegen eine Einladung zu diesem Abendessen auch abgelehnt. Aufgetragen wurde „moderne deutsche Küche“, die man den Staatsgästen „nahe bringen wolle“, erklärte zur Menüfolge für Erdogan Steinmeiers Chefkoch. Zur Kleiderordnung bei solchen Banketten auf Schloss Bellevue weiß die „Badische Zeitung“ zu berichten: „Männer müssen eine Krawatte oder Fliege zum Anzug tragen und Frauen Abendkleider.“ Aber wie sah in „Berlin Babylon“ in den 1930er Jahren die Kleiderordnung aus? Adolf Hitler habe anfangs immer im Frack an Staatsbanketten teilgenommen, so wird überliefert. Doch als beim Staatsbesuch in Italien nicht Mussolini, sondern als offizielles Staatsoberhaupt der italienische König in Uniform antrat und die ausländischen Zeitungen anschließend schrieben, neben dem König mit seinen goldenen Troddeln an der Uniformjacke habe Hitler im Frack wie „ein wild gewordener Oberkellner“ ausgesehen, war im NS-Staat fortan ab 1938 bei solchen Banketten Uniformzwang angesagt. Das Portal „Lust und Leben“ weiß im übrigen zu berichten, im Jahre 2013 habe „ein turkmenischer Präsident“ aus Angst vor Vergiftung zu einem Arbeitsessen „im Bundeskanzleramt“ sein eigenes Mineralwasser mitgebracht; bei einem offiziellen Staatsbankett sei so etwas allerdings natürlich „ein Affront“, weshalb auch Christian Lindner aus Angst vor Sodbrennen nicht seinen eigenen Champagner zum Bankett ins Schloss Bellevue ankarren ließ, sondern damit lieber zu Hause sich selbst vor dem Spiegel zuprostete.

 

© Raap/Bär 2018

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Königsberger Klopse

Das Rezept stammt aus der früheren Hauptstadt Ostpreußens Königsberg (heute Kaliningrad). Ein Rezept aus dem Jahre 1845 empfiehlt für die Hackmasse 500 gr gewolftes Rindfleisch, 125 gr gewolftes Schweinefleisch, 2 Eier, 1 ausgedrücktes Milchbrötchen (eingeweicht in Milch), Semmelbrösel, kleingehackte Sardellen und Pfeffer. Für die Sauce werden dann noch weitere Sardellen und gewolfter Hering genannt, doch diese Fischzutaten hat man später weg gelassen. Das klassische Rezept aus den 1930er Jahren beschreibt ein Kochen der Hackballen in Salz-Essig-Wasser. Eine andere Rezeptvariante empfiehlt zum Vermengen des Hackfleischs auch Eier und Zwiebeln, dann Kochen in einer Fleischbrühe mit Pfefferkörnern und einem Lorbeerblatt, und ein Würzen der Sauce mit Zitronensaft und Muskat. Die Sauce besteht aus einer Mehlschwitze mit 2 EL Butter und 2 EL Mehl, die man kurz erhitzt und dann mit 1 Tasse von dem Kochwasser ablöscht und dann sämig einkochen lässt und mit Pfeffer, bei Bedarf etwas Zucker und weiterem Essig sowie 2 TL Kapern abrundet.

Pfälzer Saumagen wurde in der Ära von Helmut Kohl als Bundeskanzler bundesweit bekannt. Während der bayerische Fleischkäse oder Leberkäse, der heute keine Leber mehr enthält, weshalb dort die Bezeichnung Fleischkäse zutreffender ist, nur aus einer Brühwurstmasse besteht (lediglich beim Stuttgarter Leberkäse muss der Leberanteil noch 5 Prozent betragen), enthält der Pfälzer Saumagen auch vorgekochte kleingewürfelte Kartoffeln, die man mit ebenfalls kleingewürfeltem Schweinebauch, Schinken, Bratwurstbrät, Eiern und einem ausgedrückten Brötchen vermengt. Gewürzt mit Salz, Pfeffer und Majoran wird diese Masse dann in einen gesäuberten Schweinemagen gepresst und 2 1/2 bis 3 Std. in siedendem Wasser gegart.

Hasengulasch à la Karl-Josef Bär Dazu legt man Stücke aus der Hasenkeule für ein paar Stunden in einer Marinade aus Olivenöl, Rotwein, Zwiebeln, 2 Wacholderbeeren, 1 Lorbeerblatt und Rosmarin ein. Dann brät man die Fleischstücke in Öl oder Schmalz zusammen mit Frühstücksspeck und frischen Zwiebeln scharf an, salzt und pfeffert das Fleisch, gibt die Marinade hinzu, außerdem 1 klein geschnittene Möhre, 1 klein geschnittener Apfel, grünen Gemüsepaprika und Chicoreeblätter und etwas fertige Wildgewürzmischung, füllt bei Bedarf den Sud mit etwas Wasser auf und lässt das Ganze dann 1 bis 1 /12 Std. schmoren. Etwa zehn Minuten vor dem Servieren presst man ein 1 Knoblauchzehe aus, gibt eventuell noch etwas frischen Rosmarin hinzu, etwas ungarische Gulaschcreme und Creme fraiche. Man kann dieses Rezept auch mit frischen Steinpilzen oder frischen Pfifferlingen abrunden.

Worchestershiresauce

Der Name ist nicht gesetzlich geschützt, sondern eine geografische Herkunftsbezeichnung, da diese Sauce 1837 erstmals in England in der Stadt Worcester hergestellt wurde. Der ursprüngliche Produzent Lea & Perrins wurde inzwischen vom amerikanischen „Heinz“-Konzern aufgekauft; im Handel sind aber auch unter dem Namen „Worchestershiresauce“ Produkte von anderen Herstellern erhältlich. Das Original-Rezept soll ein gewisser Lord Marcus Sandys, der Ex-Gouverneur von Bengalen, 1835 aus Indien mitgebracht haben; doch dieser Name war vermutlich nur eine reine Erfindung zu Werbezwecken. Das Ur-Rezept listet Essig, Melasse, Zucker, Sardellen, Tamarinden-Extrakt, Zwiebeln, Knoblauch und verschiedene Gewürze und natürliche Aromen auf; die Sauce muss dann über einen längeren Zeitraum in einem geschlossen Behälter fermentieren. Verschiedene Hersteller setzen auch Wasser, Senfkörner, Sojasauce, Senf, Pfeffer und Fruchtmark hinzu. In der britischen Küche verwendet man diese Sauce zu Fleischgerichten und Ragout fin.