Archive for April, 2018

baer aktuell 242/243

Montag, April 23rd, 2018

Bild des Monats Mai 2018

Jürgen Raap, „Eine Nacht in Rolandswerth“, Acryl/Leinwand, 2018

Bildstrecke „bär aktuell spezial“ – „Heimat, wo sind deine Sterne?“

Weinflasche Drachenfelder Drachenblut (Portugieser Traube)

Der Rhein bei Unkel

Erftaue bei Zieverich

alle Fotos: Copyright Bär/Raap 2018

Bär aktuell Nr.242/243  – 1. Mai 2018

Heimat, wo sind deine Sterne? Da das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für den Südsudan und für die „Zone 1“ rund um das Kernkraftwerk Fukushima in Japan herausgegeben hat, man zudem als Autofahrer in Mauretanien mit „waghalsigen Überholmanövern“ zu rechnen hätte, wie das Auswärtige Amt anmerkt, zog Herr Bär es vor, lieber den rheinischen Weinort Unkel zu erkunden, wo erstens als Heimatminister Horst Seehofer für Sicherheit und Gemütlichkeit gleichermaßen sorgt, und wo zweitens im Gasthof „Zur Traube“ der „Unkeler Rivaner“ als ein absolut fruchtig-aromatischer Weißwein den Gaumen erfreut. Wer jemals an einem sonnigen Frühlingstag eine Expedition in die Erftauen bei Bergheim unternommen hat, wo lediglich das atonale Getröte einer Blaskapelle den Sinn von Herrn Bär trübte, als sie ihre Probe in einem lieblichen Pappelhain am Ufer der Erft abhielt und ein Stück einstudierte, das die Bläser selbst wohl für experimentellen Free Jazz hielten, Herr Bär hingegen für unmelodiösen und deshalb auch unnötigen akustischen Unfug, der erfreut sich anschließend an einer phantastischen gegrillten Forelle in der Zievericher Mühle. Empfindet man nun als urbaner Hipster einen Ausflug nach Zieverich  als spießig, dann seien jene Hipster jetzt ausgerechnet auf die Grünen-Ikone Kathrin Göring-Eckardt verwiesen, die in einem bei ihr sonst eher seltenen Moment den höchsten Punkt der Erleuchtung erklomm, als sie verkündete, für sie „Heimat kein Gegensatz zu einer multikulturellen Gesellschaft“. Immerhin spielen in der rheinischen Provinz beim Üben im Freien heute ja auch schon die Blaskapellen mitunter Free Jazz, auch wenn das selbst aus der Sicht von Kathrin Göring-Eckardt nur bedingt als multi-kulturell gelten kann, und die Autofahrer im Kreis Bergheim stehen zudem im Ruf, einen eher mauretanischen Fahrstil zu pflegen, aber auch das kann man nicht als multikulturell durchgehen lassen. Der Entschleunigungstheoretiker Hartmut Rosa beschreibt Heimat als einen „Sehnsuchtsort, das ist die Hoffnung auf einen Weltausschnitt, auf einen Teil der Welt… die uns entgegenkommt, die uns antwortet, zu der wir eine Beziehung aufgebaut haben, die eben auch Erinnerungen und Hoffnungen umfasst“. Und wenn das schon ein Entschleunigungstheoretiker sagt, dann ist es gewiss sinnvoll, sich nicht in Mauretanien „riskanten Überholmanövern“ (O-Ton Auswärtiges Amt) auszusetzen, sondern lieber abseits der Autopisten entlang der Erft von Horrem nach Zieverich zu radeln.

© Raap/Bär 2018

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär

Ingwer-Möhren-Paprika-Suppe „ Neu Bottenbroich“

In einem Topf Zwiebeln in Butter andünsten, Suppengemüsemit reichlich Möhren und gelben Gemüsepaprika hinzugeben, grüne und schwarze Pfefferkörner,1 Tomate, 2 Knoblauchzehen, mit Fleisch- oder Geflügelbrühe auffüllen (nur Gemüsebrühe geht auch), bei mittlerer Flamme kochen lassen. Das zerkochte Gemüse herausnehmen, frische Möhren und frischen Ingwer hineinraspeln, klein geschnittene Stücke von rotem und gelbem Gemüsepaprika sowie eine zerdrückte gekochte Kartoffel hinzugeben,, evtl. auch kleine Chili-Stücke kurz aufkochen, Kurkuma (Gelbwurzel) hinzugeben, mit Salz, Pfeffer, Petersilie abschmecken. Zum Schluss saure Sahne einrühren.

Scholle auf flämische Art à la Karl-Josef Bär

In der niederländischen und flämischen Küche verwendet man Schollen, Seezungen und Garnelen aus den eigenen Küstengewässern, Kabeljau und Schellfische und ebenso Heringe entstammen den tieferen Gewässern der Nordsee. Man besorge sich frische Nordseekrabben (crevettes gris), die man selber auspuhlt. Die Schalen kocht man in Knoblauchbutter mit Zwiebeln, grünen Pfefferkörnern, einer halben klein gehackten Tomate, 1-2 ausgepressten Knoblauchzehen, ein paar Spritzern thailändischer Fischsauce und etwas Wassern zu einem Sud aus. Die Schollen brät man in Butter von beiden Seiten gut durch, salzt und pfeffert sie, übergießt sie mit dem Sud, gibt etwas frischen Dill, Salbei und Petersilie hinzu. Kurz ziehen lassen, etwas crème fraiche hinzufügen und dann zusammen mit den kalten ausgepuhlten Krabben servieren.

Perlhuhnbrust mit Rübstiel

Rübstiel ist zwar ein typisches Frühjahrsgemüse, frisch aber heute mitunter zu allen Jahreszeiten erhältlich, doch am besten schmeckt er erntefrisch. Mit „Rübstiel“ bezeichnet man die jungen Blätter und Stiele der Speiserübe. Es ist eine typische Gemüsebeilage in den Niederlanden, im Rheinland und in Westfalen, wo man die Stiele klein gehackt dünstet, dann oft mit kleinen Kartoffelstücken oder Kartoffelpüree vermischt (die Blätter verwendet man nicht). Herr Bär empfiehlt, die Stiele kurz in erhitzter Steinpilzbutter zu schwenken, ein paar Möhrenstücke mit zu kochen und nach dem salzen und pfeffern ein wenig cremigen Schafskäse unterzumischen und kurz mitdünsten lassen, damit er zu einer Sauce zerläuft. Die Perlhuhnstücke brät man ebenfalls in Steinpilzbutter, zusammen mit vorher eingeweichten getrockneten oder mit frischen Steinpilzen, Walnüssen, Maronen, Zwiebeln und einer zerdrückten Knoblauchzehe, gibt zum Schluss etwas frischen Thymian hinzu und ebenfalls etwas Schafskäse, der gut zerläuft.

Bozener Sauce – ein Rezept, das der Koch vom Kölner Bohème-Restaurant „Riphan’s“ auf traditionelle Weise mit Spargel kombiniert. Man zerkleinert erkaltete hart gekochte Eier, vermischt sie mit Öl, Essig, Senf, Zitronensaft, Salz und etwas Pfeffer. Dazu frische Petersilie, Schnittlauch und Kerbel, und auf Empfehlung von Herrn Bär auch noch etwas Radieschenkresse oder Gartenkresse. Die Sauce reicht man kalt separat zum Spargel.

Okonomiyaki wirken optisch wie eine japanische Pizza oder wie ein Pfannkuchen, werden aber in Japan ganz anders zubereitet, nämlich aus Wasser, Eiern, Mehl, Kohl und Dashi-Fischbrühe sowie als Würze eine spezielle Okonomiyaki-Sauce mit Katsuobushi-Fischflocken, und auf einer heißen Teppan-Eisenplatte gebraten. Ähnlich wie bei der Pitta belegt man den Teig mit Fleisch, Fisch, Gemüse, Reiskuchen oder auch Nudeln.

Kulturanthropologie mit Karl-Josef Bär

heute: Esstabus

Verzehren kann der Mensch mit seinem Stoffwechsel aus anthropologischer Sicht eigentlich alles, was wohlschmeckend und bekömmlich, nahrhaft und nicht giftig ist. Dennoch gibt es in fast allen Kulturen Esstabus; und die meisten dieser Nahrungsmeidungsgebote sind in den jeweiligen Kulturräumen ökonomisch oder hygienisch motiviert. Meistens werden die Esstabus jedoch nach außen hin religiös oder ethisch begründet. Schweinefleisch z.B. ist in der jüdischen und muslimischen Küche tabu, weil es im Wüstenklima einfach unbekömmlich ist: beim Afrika-Feldzug der Rommel-Armee 1941 durch Tunesien und Lybien bekamen die Soldaten Ödeme in den Beinen; die Symptome verschwanden jedoch rasch, als Schweinefleischkonserven aus der Proviantliste gestrichen wurden. Das Rind hatte früher in Indien als Milchvieh, vor allem jedoch als Zug- und Lasttier, eine viel größere wirtschaftliche Bedeutung gegenüber dem Fleischverzehr, weshalb Kühe im Hinduismus als heilig gelten. In Indien sind Frösche im Lebensmittelhandel schon seit 1987 verboten. Frösche sind in Deutschland durch das Bundesartenschutzgesetz besonders geschützt; der Import aus Asien ist allerdings dennoch erlaubt – größter weltweiter Froschschenkelexporteur ist heute Indonesien. Bei uns bekommt man Froschschenkel zumeist tiefgefroren in asiatischen Supermärkten; in Tschechien stehen sie auch in manchen Restaurants immer noch auf der Speisekarte. Sie stammen heute zumeist aus Zuchtfarmen; dennoch halten Tierschutzorganisationen den Verzehr von Froschschenkeln für unethisch wegen der Schlachtmethoden. Wo Frösche für den kulinarischen Verzehr aus Wildfang stammen, warnen Tier- und Naturschützer allerdings nicht zu Unrecht vor einer Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts, wie man dies z.B. in Bangladesh beobachten könne, wo die Dezimierung der Wildfrösche zu einer fürchterlichen Mückenplage führte. Auf den Philippinen und in Kambodscha verzehrt man aber auch heute noch traditionellerweise ganze Frösche, deren Inneres man mit Schweinehack, Essig und Gewürzen füllt und dann in der Sonne trocknen lässt. Gewiss sollte man als Europäer nicht mit einer kulturellen Arroganz den Indonesiern oder Philippinen vorschreiben wollen, was sie essen dürfen und was nicht. Raubbau an der Natur betreiben weitaus brutaler die global agierenden großen Nahrungsmittelkonzerne mit ihrem rigiden kapitalistischen Profitstreben – ein Bestreben, die notwendige Balance zwischen Natur und Kultur zu erhalten, etwa durch nachhaltige Züchtung, artgerechte Tierhaltung und Durchsetzung von Schonfristen für Fang und Jagd macht das Eintreten mancher Eiferer für eine Verbotskultur überflüssig. In Westeuropa hat man in der Küche übrigens immer nur die Hinterbeine der Frösche verwendet. Da „bär aktuell“ auch ein Wissenschaftsmagazin ist und Wissenschaft objektiv und wertneutral ist, sei hier ausdrücklich nicht als Kochanleitung, sondern lediglich aus rein dokumentarischen Gründen ein historisches Rezept aus dem Elsass aufgeführt mit salzen und pfeffern der Froschschenkel und dann scharfem Anbraten in der Pfanne. Dann stellte man früher die Froschschenkel warm, löschte den Sud mit Weißwein (Riesling) ab, presste viel frischen Knoblauch hinein, gab Petersilie hinzu und ließ das Ganze leicht einkochen, bevor man kurz vor dem Servieren Creme fraiche einrührte. Aber heute ist das verpönt.

Bildstrecke bär aktuell spezial: das Siegtal

 

alle Fotos: Copyrig

Die üblen Seiten des kölschen Klüngels offenbaren sich immer dann, wenn Politiker zu Versorgungsfällen werden. So ließ sich die Stadt Köln von der CDU-Politikerin und Hotelbesitzerin Andrea Horitzky übertölpeln, als ein Vertrag zur Unterbringung von Flüchtlingen mit sieben Jahren Laufzeit geschlossen wurde, und dies zu einem Zeitpunkt, als die Flüchtlingszahlen schon längst rückläufig waren. Doch erst dieser Vertrag mit einer Garantie von 32.500 Euro an monatlichen Mieteinnahmen über sieben Jahre ermöglichte es den Horitzkys, das vorher nur gepachtete Hotel jetzt auch zu kaufen, dies mithin auf Kosten des Steuerzahlers, und damit auch auf des Kölner Steuerbürgers Herrn Bär, der für seine Einkommensteuer durchaus eine sinnvollere Verwendung nennen könnte als den Erwerb eines Hotels durch Privatpersonen. Ebenso dreist ist das Gebaren des SPD-Politikers Martin Börschel, der einen kommenden Karriereknick ahnte, als er es nicht schaffte, im NRW-Landtag zum Fraktionsvorsitzenden gewählt zu werden, und der stattdessen nun Geschäftsführer bei den Kölner Stadtwerken wird, mit etwa 400.000 Jahresgehalt. Normalerweise müsste ein solcher Posten öffentlich ausgeschrieben und das Bewerbungsverfahren von einer externen Headhunter-Firma betreut werden, aber in Köln klüngelt man eben solch einen Frühstücksdirektor im Hinterzimmer aus. Die örtlichen Grünen, sonst immer um das Profil einer Anti-Klüngel-Partei bemüht, machten dieses intransparente Spiel mit und verloren damit endgültig ihre politische Unschuld, ebenso die lokale CDU, was wiederum Konrad Adenauer, den gleichnamigen Enkel des ersten Bundeskanzlers, derart erboste, dass er nach 50 Jahren Mitgliedschaft ernsthaft einen Austritt aus der CDU erwog. Von Großvater Adenauer stammt die Definition des kölschen Klüngels „Man kennt sich, man hilft sich“, aber dass bisher alle Kölner Kommunalpolitiker immer beteuert haben, sie klüngelten immer nur zum Wohle der Stadt und niemals um des eigenen Vorteils willen, war schon immer verlogen. Da Herr Bär Stromkunde bei der Rheinenergie AG ist und regelmäßig die Kölner Verkehrsbetriebe KVB benutzt, beides Tochtergesellschaften der Stadtwerke, finanziert Herr Bär mithin auch das künftige Jahresgehalt des Herrn Börschel mit, und auch für die Verwendung dieses Geldes wüsste Herr Bär einen besseren Verwendungszweck zu nennen als ausgerechnet die Alimentierung des Herrn Börschel. Flüchtet Herr Bär nun in eine Steueroase? Nein, das nicht. Herr Bär radelte stattdessen das Flüsschen Sieg entlang bis nach Bonn, wo zwar auch geklüngelt wird, aber dort merkt man das nicht so deutlich wie in Köln. In Hennef schenken sie im Biergarten des „Restaurant Sieglinde“ zu einer vorzüglichen hausgemachten Gulaschsuppe ein herrlich süffiges „Siegtaler Landbier“ aus, und wer in Bonn „Im Sudhaus“ einkehrt, der bekommt zum „Halven Hahn“ eine sagenhaft fingerdicke Scheibe mittelalten Holländer Käse, dies freilich für 7,90 Euro, was schon ein wenig happig ist (normal wären 4,90 Euro), aber dafür ist dieses Geld, das Herr Bär auf seiner Exkursion ins Umland verfressen und versoffen hat, wenigstens nicht in die Taschen der Horitzkys oder von Martin Börschel gewandert.

Ausgerechnet eine Nachwuchskünstlerin, deren plastische Arbeiten mit Metallsilhouetten von Herrn Bär in einer Rezension zuvor als brav und bieder gescholten wurden, was Künstler eben nicht sein sollten, bekam auf der Kunstmesse Art Cologne den Nachwuchspreis verliehen, den sie hier auf englisch „Award“ nennen. Da ergötzte sich das Auge von Herrn Bär doch lieber in der Kölner Galerie Ruttkowski;68 an der Ausstellung des Altmeisters C.O. Paeffgen, dessen Werke in den heutigen hasenfüßig-puritanischen Zeiten bisweilen herrlich unkorrekt wirken, z.B. jenes mit dem Titel: „Dr. F. (70) will icken“. Künstlerische Freiheit heißt eben: Künstler dürfen alles. Das gilt aber nur für richtige Künstler. Denn Joseph Beuys irrte ganz gewaltig, als er jeden Menschen für einen Künstler hielt. Intellektuell eher schlicht ausgestattete Rapper, die antisemitische Texte vertonen, kann Beuys damit ja wohl nicht gemeint haben.

© Raap/Bär 2018

ht Raap/Bär 2018

 

© Raap/Bär 2018

Bär aktuell Nr.241

Sonntag, April 1st, 2018

Bär aktuell Nr.  241   – 22. April 2018

Bild des Monats April 2018:

Jürgen Raap, „Die Äbtissin von Fühlingen“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2018

Bär aktuell Nr. 241    –  3. April 2018

Wenn Herr Bär sich in den nächsten Tagen ins beschauliche Dansweiler begibt, bleibt an Herrn Bärs Smartphone die GPS-Ortung deaktiviert, denn erstens weiß Herr Bär immer, wo er ist und zumindest auf dem Weg nach Dansweiler weiß er ebenso, wo und wie es weiterhin langgeht und braucht daher kein GPS auf dem Handy, und zweitens geht es weder den Mark Zuckerberg noch Cambridge Analytics etwas an, wo Herr Bär sich gerade aufhält, und ob Herr Bär nach Dansweiler fährt, um dort Geld auszugeben oder um dort Geld zu verdienen. Wenn nun an dieser Stelle behauptet wird, der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg sei zwar ein Erzkapitalist, aber er sähe nicht aus wie ein solcher, wie man ihn früher in Karikaturen dickbäuchig und mit Zigarre darstellte, sondern eher so wie der Schatzmeister des Ortsvereins der Grünen von Dansweiler, dann möchte Herr Bär in Zukunft nicht von Cambridge Analytics mit Wahlwerbung der Grünen von Dansweiler bombardiert werden. Und da Herr Bär in jungen Jahren die marxistische Mehrwerttheorie begriffen hat und um den pekuniären Wert beim Handel mit Informationen im digitalen Zeitalter weiß, schleudert Herr Bär Herrn Zuckerberg und Cambridge Analytics bei deren Versuch, Informationen über Herrn Bär abzugreifen, ein Zitat der Kölsch-Band „Brings“ entgegen: „He jitt et nix för lau“ (Hier gibt es nichts umsonst). Deswegen beteiligt sich Herr Bär grundsätzlich nicht an sozialen Netzwerken; er hat kein Facebook-Konto, twittert nichts, liked/bewertet, teilt und postet nichts, womit andere Geld verdienen könnten und Herrn Bär leer ausgehen lassen. Im Übrigen findet Herr Bär es höchst merkwürdig, dass man in Deutschland in jenen Kreisen, in denen man um urbane Weltläufigkeit bemüht ist, den Namen „Zuckerberg“ immer auf englisch als „Sackerbörg“ ausspricht, denn hier zu Lande kommt ja sonst auch kein Mensch auf die Idee, den Namen der Hauptstadt Frankreichs phonetisch auf französisch, nämlich „Pari“, zu artikulieren, sondern es heißt „Paris“, und Konrad Adenauer pflegte sogar beharrlich „Pariss“ zu sagen. In Frankreich sprechen sie den Zuckerberg übrigens phonetisch als „Sückerbersch“ aus und nicht als „Sackerbörg“.

Der Kreisverband der Kölner Grünen gibt eine Postille mit dem Titel „Mach et“ heraus. Erbauliches ist dort selten nachzulesen, doch für die jüngste Ausgabe hatten sie einen Marketing-Papst interviewt, der ihnen zum Stichwort „Populismus“ zu bedenken gab, die Grünen seien ja überhaupt nicht populistisch, denn sie erreichten das Volk nicht mehr, wenn sie den Leuten alles verbieten wollten, was eben das Volk so schätze, nämlich Fleischverzehr, Alkohol, Rauchen, Auto fahren und sonstiges Ausleben in Saus und Braus. Deswegen hielte die Stimme des Volkes („vox populi“) die Grünen für elitär, und wollten sie in Zukunft Wahlen gewinnen, müssten sie sich bodenständiger geben. Das nahm sich in jener Postille ein paar Seiten weiter ein Autor zu Herzen, der Selbstkritik übte und einen Versuch unternahm, der Elitenfeindlichkeit im wutbürgerlichen Volk Paroli zu bieten, indem er das Desinteresse der Grünen an Sportevents und auch ihre sonstige Neigung zur Unsportlichkeit beklagte und ihnen deshalb riet, sie möchten sich doch wenigstens am „Bickendorfer Büdchenlauf“ beteiligen. Der „Bickendorfer Büdchenlauf“ gilt schon deswegen als bodenständig, weil der Name suggiert, dass man hier von Büdchen zu Büdchen läuft: das sind Kioske, die man in der Ausschilderung etwas vornehmer auch als „Trinkhallen“ etikettiert, in Köln vulgo als „Bierbud“, und das bedeutet: der „Bickendorfer Büdchenlauf“ findet immer hart an der Bierflasche statt und ist somit eine wahlkampftaktische Herausforderung an die Grünen: denn wer von ihnen beim Zwischenstopp „Bionade“ trinkt statt Bier, der gilt als elitär und hat schon wieder von vorneherein die nächste Wahl versemmelt, wenn man dem Marketingpapst glauben darf.

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär:

Asiatischer Kaviarsalat à la Karl-Josef Bär

Roten Lachskaviar oder gelben Felchenkaviar sowie 1 Sardellenfilet mit Olivenöl, etwas Sesamöl, geriebenem weißen Rettich, Lauchzwiebeln vermengen, vorsichtig mit Chili, geriebenem Ingwer und Curry würzen, mit Zitrone, süßem japanischen Essig und Fischsauce abschmecken, vor dem Servieren mit frischen Minzblättern bestreuen.

Artischocken

Als Kulturpflanze sind Artischocken größer und ausdauernder als die wild wachsende Variante. Erste historische Erwähnungen finden sich in römischen Quellen, verbreitet ist sie von den Kanarischen Inseln über den gesamten Mittelmeerraum bis in den Iran. Nördlich der Alpen, d.h. in Frankreich und Großbritannien, kennt man Artischocken seit dem 15. Jh. durch Importe eines Händlers aus Florenz. Essbar sind nur die unteren fleischigen Teile der Blätter und die Blütenböden. Klassischerweise kocht man sie 20 bis 40 Minuten in Salzwasser mit etwas Zitronensaft. Man zupft die Blätter einzeln ab und tunkt sie zum Verzehr in einen Dip, das ist entweder eine Senf-Vinaigraite mit Essig, Senf, Schnittlauch, etwas Estragon und bei Bedarf auch Kapern, oder aber eine Sauce aus Joghurt, Creme fraiche/wahlweise auch Frischkäse, etwas Mayonnaise, Knoblauch, etwas Zitronensaft, Schnittlauch und/oder etwas frischen Dill.

Saltimbocca alla romana à la Karl-Josef Bär

Kleine Kalbsschnitzel salzt und pfeffert man. Beim Originalrezept belegt man sie mit rohem Schinken und Salbei, klappt sie dann zusammen und fixiert sie mit einem Zahnstocher. Herr Bär macht es sich etwas einfacher, denn er brät die Schnitzel flach in der Pfanne liegend von einer Seite an, wendet sie dann, beträufelt sie mit ein wenig Zitronensaft, belegt dann die obere Seite mit (Parma)-schinken oder auch nur einfachem Schinkenspeck und 1-2 frischen Salbeiblättern, würzt mit etwas Rosmarin un Knoblauch nach und löscht den Bratensud mit Weißwein ab. Dazu passen Rosmarinkartoffeln oder Zucchini-Gemüse und ein weißer Landwein aus Venetien, aus der Toscana oder Sizilien.

Kulturanthropologie mit Karl-Josef Bär

Heute: Ein Grußwort an die Rohkostanhänger

Das Rohe und das Gekochte sind ein zentrales Beispiel in der strukturalistischen Methode von Claude Lévy-Strauss, in binären Gegensatzpaaren die Struktur von rituellen Verhaltensmustern zu beschreiben. Was wir heute bei Computern an mathematischen binären Operationen mit „0“ und „1“ kennen, hat Lévy-Strauss schon anhand alter Mythen belegen können. Das Rohe ist und bleibt der Sphäre der Natur verhaftet; es ist das Wilde, das Vorgefundene, das Gesammelte (z.B. Pilze sammeln im Wald). Das Gekochte ist hingegen das kulturell Bearbeitete, also das kulturell Denaturierte; es wird mithin aus der Sphäre der Natur in die Sphäre der Zivilisation übernommen und durch Trocknen, Räuchern, Marinieren, Kochen oder Braten haltbar(er) und schmackhafter gemacht. Daniel Spoerri verdanke ich den Hinweis, dass in der Kunst mit dem Aufgreifen von Fundstücken / objet trouvés beim ready made Marcel Duchamps, in den Montagen der Dadaisten und der Surrealisten, aber auch bei den Künstlern des Nouveau Réalisme wie Arman, Daniel Spoerri etc. das Gefundene und das Gestaltete, mithin das künstlerisch Unbearbeitete, Rohe und als Gegenpol das plastisch Geformte bzw. kulturell Veränderte als ästhetisch gleichwertig anzusehen sind. Die Kochkunst fängt dann mit dem formgebenden Arrangement roher, natürlicher Speisen (z.B. Salatplatten) an und mit der physikalischen Veränderung der Nahrung durch Kochen. Der Gastrosoph Jean-Anthelme Brillat-Savarin beschreibt verschiedene Zwischenstadien zwischen dem Unbehandelten und dem Kultivierten: manche Obst- und Gemüsesorten verzehren wir frisch und jung, manche Früchte lieber reif, Fleisch muss hingegen gut abgehangen sein, damit es weich wird, und bei Wild schätzte man früher den Haut gout, der erst mit dem Beginn der Verwesung eintritt. In Asien kennt man eine Fischsauce aus verfaulten Krabben. Manches muss man sogar erst kochen, wie z.B. das Nachtschattengewächs Kartoffeln, das roh verzehrt erstens schwer verdaulich wäre und zweitens außerdem das Gift Solanin enthält, ein Schadstoff, der sich beim Kochen verflüchtigt, aber weil er nicht fettlöslich ist, beim Frittieren erhalten bleibt. Man müsste aber dann schon 3 kg rohe Kartoffeln oder pommes frites auf einmal essen, bis sich Vergiftungserscheinungen bemerkbar machen würden. Solanin enthalten auch unreife Tomaten und ältere Auberginensorten, die man früher züchtete (die heutigen im Supermarkt erhältlichen Sorten allerdings nicht mehr).

Copyright: Raap/Bär 2018 – alle Rechte vorbehalten