Archive for März, 2018

baer aktuell 239/240 und bild des monats

Donnerstag, März 1st, 2018

Bild des Monats März 2018:

Jürgen Raap, „Fluch der Begabung“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2018

Bär aktuell Nr. 239/240  – 22. März 2018

Auf den Hund gekommen war jüngst die SPD, wenn man im Zeitalter von Fake News ausnahmsweise doch mal glauben darf, was kürzlich in der BILD-Zeitung stand: deren Redaktion wollte herausfinden, wie leicht man SPD-Mitglied werden und dann über den Koalitionsvertrag mit abstimmen darf, und meldete den dreijährigen Hund „Lima“ als neues Parteimitglied an, der von der arglosen designierten Parteichefin Andrea Nahles dann auch auch prompt zu einer „Regionalkonferenz“ eingeladen wurde. Eigenartigerweise gab es dagegen diesmal keinen Protest von militanten Tierschützern. Obwohl es über ihn hieß, „der tut nix, der will nur spielen“, wurde der Hund aus der Partei inzwischen wieder ausgeschlossen, was auf den ersten Blick reichlich humorlos wirkt, aber die SPD hatte ja nie den Anspruch, eine Spaß-Partei zu sein, so wie die FDP, bei der man ein solches Neumitglied wohl mit den Worten begrüßt hätte: „Jedem Tierchen sein Pläsierchen“.

Nicht minder grotesk war die Musikauswahl bei den Olympischen Winterspielen, als beim Damen-Eishockeyspiel Korea gegen Schweden (0:8) ausgerechnet ein Hit des Ballermann-Barden Micky Krause mit dem Reim „Alles klar im BH“ ertönte, und zwar bei jedem der acht erzielten Tore. Wobei das Bemerkenswerte an Micky Krause ist, dass er in einem Interview bekundete, er wünsche sich, dass seine Kinder später mal nicht so werden wie er.

Über die 229 nordkoreanischen Cheerleader-Girls, die der nordkoreanische Diktator als „Armee der Schönen“ zu den Spielen entsandt hatte, lästerte unterdessen die „Hamburger Morgenpost“, sie könnten „wohl im Kölner Karneval mit den Traditionskorps konkurrieren“, während die „New York Times“ die zurecht gedrillten Nordkorea-Girls als eine „Mischung aus Stewardessen der 60er Jahre, den Cheerleadern der Dallas Cowboys und der Roten Armee“ beurteilte. Angesichts ihres etwas steifen Geschunkels verkniffen sich die WM-Organisatoren als musikalische Untermalung den Hit „Und dann die Hände zum Himmel, kommt lasst uns fröhlich sein“ und bevorzugten stattdessen lieber Micky Krauses Ode an das Frauenbild altbackener Kegelbrüder. Vielleicht kommt ja auch die SPD aus ihrem derzeitigen Umfragetief wieder heraus, wenn Andrea Nahles bei der Fußball-WM im Sommer in Russland als Tanzmariechen auftritt.

Dass die Algorhythmen in der virtuellen Welt des öfteren zu Fehlleistungen neigen, beweist eine Internet-Meldung bei n-tv über die Krebserkrankung des Schlagersängers Frank Zander, die eine Suchmaschine dann unter völliger Ignoranz jeglicher Logik und somit reichlich bescheuert mit dem Verweis auf ein Kochrezept für „Knusperzander“ bei „essen und trinken“ nebst der gleichfalls unpassenden Schlagwort-Anmerkung „und weitere Rezepte mit Petersilie, Zander“ kombiniert.

Gibt man hingegen „Nahles“ als Suchbegriff ein, fragt das Übersetzungs-Portal www.linguee.de allen Ernstes: „Meinten Sie Naples?“ So heißt Neapel auf englisch. Beharrt man jedoch eindringlich auf „Nahles“ und nicht auf „Neapel“, stößt man bei weiterem Surfen durch die Wirrungen des Internet auf eine Formulierung in der „ZEIT“, Andrea Nahles sei die „Oprah Winfrey aus der Vulkaneifel“, was Herr Bär als Vergleich allerdings für reichlich übertrieben hält. „Vulkaneifel“ trifft allerdings zu. Neapel hat übrigens auch einen Vulkan, und allmählich begreift Herr Bär, wie im Internet die Suchmaschinen eigentlich funktionieren.

Bärs Bestatterkritik Gelingt es, der beklagenswerten Ballermannisierung der Eventkutur zumindest in Köln mit einer Kuckelkornisierung Einhalt zu gebieten? Christoph Kuckelkorn ist in Personalunion Bestattungsunternehmer und Präsident des Festkomittees Kölner Karneval, was insofern sittengeschichtlich stimmig ist, weil der Totentanz, wie ihn in der Kunstgeschichte Hans Holbein dargestellt hat, sich aus den mittelalterlichen Fastnachtsspielen entwickelt hat. Aber das Kuckelkorn sich nun mit einem Eventmanager zusammen tat, um auf Kölns schlimmster städtebaulicher Sünde, nämlich der tristen Asphaltpiste der Nord-Süd-Fahrt, ein kilometerlanges Straßenfest zu veranstalten, das „neue Formen der Mobilität“ vorstellen sollte, mochte die Stadt Köln nicht genehmigen: das Konzept erwecke eher den Eindruck einer „Verkaufsmesse“, und das alarmierte Herrn Bär: Sollten da etwa an einem Werbestand nur Kuckelkornsche Eichenholzsärge angepriesen werden? Und von wegen „neue Formen der Mobilität“: wie ein Leichenzug nach wie vor vonstatten geht, hat der Krätzchensänger Jörg Weber anschaulich in den Liedzeilen zusammen gefasst: „Dä letzte Wagen es immer ne Kombi, un do liss hingen en dä Kiss, wat ene Driss…“ (Der letzte Wagen ist immer ein Kombi, und du liegst hinten in der Kisten, was für ein Scheiß…“)

Das digitale Zeitalter hat den Typus des „gescheiterten Intellektuellen“ hervorgebracht, den die Kunstzeitschrift „Monopol“ so definiert: er schaffe es nicht, Bücher zu schreiben und beschränke sich daher auf das Twittern. In der Tat hat das meiste, was Tag für Tag als mediales Gezwitscher von einfältigen Gemütern via Twitter oder Facebook hinausgezirpt wird, selten eine literarische Qualität. Und da in den snobistischen Kreisen des Kunstbetriebs die Bezeichnung „Instagram-Künstler“ als abwertend, ja, sogar als Schimpfwort gilt, sei somit jeder, der als ein anspruchsvoller Fotokünstler gefeiert werden will, davor gewarnt, irgendwelche verwackelten Selfies oder andere ästhetisch belanglose Knipsereien bei „Instagram“ etc. hochzuladen. Andernfalls kann sich der dilettierende Handynutzer dann als „gescheiterter Fotokünstler“ zum „gescheiterten Intellektuellen“ gesellen.

Wie ist die neue Große Koalition zu bewerten? Eine Staatsministerin für Digitales trägt den schönen Nachnamen Bär, und ob Dorothee Bär ihrem Nachnamen gerecht wird und das beachtliche Leistungsniveau ihrer Namensvettern Julius Bär (1857-1922, erfolgreicher Bankier), Artur Bruno Bär (1884-1972, erfolgreicher Illustrator und Grafiker) oder Karl Bär (1901-1946, erfolgreicher Grünlandforscher und in den 1930er Jahren Herausgeber der Zeitschrift „Futterbau und Gärfutterbereitung“) erreicht, bleibt abzuwarten. In einem Interview mit „ZDF-heute“ flötete Dorothee Bär jedenfalls schon mal gut gelaunt ins Mikrofon, sie betriebe die Digitalisierung „mit Leidenschaft“; und Horst Seehofer bescheinigte ihr, sie habe von der Digitalisierung mehr Ahnung als er selbst, was man im Falle Seehofers durchaus glauben darf. Der neue Gesundheitsminister Jens Spahn von der CDU hingegen erweckt bei Herrn Bär eher den Eindruck eines renten- und sozialpolitischen Geisterfahrers, und auch sonst wird es gewiss noch genügend Anlässe zur Verbreitung von Jens Spahn-Witzen in „bär aktuell“ geben.  Jedenfalls ist Spahn mit seinen 37 Jahren für einen Gesundheitsminsiter noch erheblich zu jung und zu unreif. Einer wie Bubi Jens kommt allerdings im Berliner Regierungsviertel mit dem HARTZ IV-Regelsatz von 416 Euro/Monat sehr gut aus, wenn er sich beim Sektempfang der Kassenärztlichen Vereinigung und ähnlichen Anlässen Abend für Abend für lau mit Lachshäppchen vollstopft – Lachs galt übrigens im Mittelalter als Arme-Leute-Essen. Anderntags beim Arbeitsessen mit der Kanzlerin in einem Nobelrestaurant übernimmt dann auch noch Mutti Merkel großzügig die Zeche und sagt gönnerhaft zum jungen Jens: „Nun lang mal kräftig zu, damit du mal groß und stark wirst“. Wollte man die Physiognomie von Jens Spahn beschreiben, könnte man dies mit einem Zitat aus den Philip Marlowe-Krimis von Raymond Chandler tun: „Der Kerl hatte ein Kinn wie eine Zigarrenkiste“. Doch das wäre heute politisch unkorrekt, da man in der Öffentlichkeit fast nirgendwo mehr rauchen darf.

Neue Rubrik: Kulturanthropologie mit Karl-Josef Bär

Heute: Auf ein Wort zur Fastenzeit

Tieropfer und Fastenopfer rekurrieren darauf, dass im biblischen Sinne „Fleisch“ den gesamtem Bereich des Irdischen und Leiblichen meint, es ist die Sphäre des Menschlichen schlechthin. Sigmund Freud beschreibt in seinem Text „Totem und Tabu“ (1912), dass das Tieropfer älter als der Ackerbau sei, und dass es ursprünglich ein Ritual der Geselligkeit gewesen sei, mithin ein Ritual der Kommunion, gemeinsam mit dem Gott (oder den Göttern) das geopferte Fleisch zu verzehren, während man hingegen Früchte als Opfergaben nur den Göttern darbot und als Mensch auf ihren Verzehr verzichtete. Was die katholische Theologie unter „Erbsünde im Fleisch“ versteht und daher das Fasten, d.h. den Fleischverzicht als „Eindämmung der Leidenschaft“ propagiert, deutet Freud als Aufforderung zur Triebregulierung und zum Triebverzicht. In seinem ersten Brief an die Korinther riet der Apostel Paulus seinen Adressaten dennoch, sie mögen bei einer Einladung zum Gastmahl das angebotene Fleisch durchaus ohne Bedenken verzehren, sofern sie das Fleisch tatsächlich „nur als Fleisch“ genössen und nicht etwa als Götzenopfer.

© Raap/Bär 2018

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär:

Hamburger Aalsuppe

Die Aalsuppe ist in Hamburg seit dem 18. Jh. bekannt und wird 1782 von Johann Georg Krünitz in seiner „Ökonomischen Enzyklopädie“ als Gericht für „gemeine Leute“ beschrieben. In ähnlicher Weise wird die „saure Suppe“ ohne Aal zubereitet. Die Hamburger Aalsuppe enthält portionierte Aalstücke, die mit etwas Essig in einer Fleischbrühe gekocht werden. Parallel dazu kocht man in einem separaten Topf ebenfalls in Fleischbrühe Backobst (Backpflaumen, -äpfel) und kippt das Ganze dann zusammen und bindet die Brühe mit Mehlschwitze, gibt Aalkraut hinzu, das man kurz mit aufkocht. Aalkraut ist eine variable Mischung aus Petersilie, Dill, Majoran, Thymian, Salbei, Bohnenkraut, Estragon und anderen Kräutern. In Holland nimmt man für die Aalsuppe kein Backobst, sondern nur Suppengrün als Einlage in die Fleischbrühe, und an Kräutern nur Kerbel und Sauerampfer und rührt zum Schluss ein Eigelb mit hinein.

Nierenschaschlik

Ist aus der deutschen Imbissgastronomie inzwischen nahezu verschwunden, gibt es gelegentlich aber noch auf Rummelplätzen. Nieren halbieren und das weiße Gewebe im Inneren abschneiden. Anschließend alles in Stücke/Würfel schneiden (wie Gulasch) schneiden und eine halbe Stunde lang in Milch einlegen, dann abspülen und trocken tupfen. Zusammen mit Speckscheiben und groben Zwiebelstücken, roten und grünen Paprikastücken auf einem Spieß aufreihen und in einer Pfanne mit Öl anbraten. Man kann die Zutaten aber auch ähnlich wie Gulasch einfach zusammen in einem Topf anbraten, Tomatenmark und Fleischbrühe zugeben, etwas Knobloch hineinpressen und ca. 45 Min. bei niedriger Flamme köcheln lassen. Mit Salz, Cayennepfeffer, etwas Curry und Paprikapulver abschmecken.

Rumänische Knoblauchsauce Mujdei

Die Vampirsagen in den rumänischen Volksmärchen enthalten den Hinweis, durch Knobloch könne man Vampire vertreiben. In Scheiben geschnittene Knoblauchzehen vermengt man mit Salz, Pfeffer, Öl, Zitronensaft oder etwas Chilischote. Diese Masse übergießt man mit heißem Wasser oder Fleischbrühe, damit dem Knoblauch die Bitterstoffe entzogen werden. Man kann auch mildere Paprikaschoten, Tomaten oder saure Sahne einrühren.

Soljanka

Ein Rezept aus der ländlichen Küche Russlands; die Suppe war auch in der DDR sehr verbreitet und man bekommt sie auch heute noch gelegentlich in der ostdeutschen Gastronomie. „Sol“ heißt Salz; daher der Name. Das Ursprungsrezept aus dem 18. Jh. ist als Fisch-Soljanka überliefert, später wurde es mit Fleisch und Tomaten, in neuerer Zeit auch mit Tomatenmark abgewandelt. Für den säuerlichen Geschmack verwendet man grundsätzlich keinen Essig, sondern die Lake (Marinade) eingelegter Gurken. Man brät Speck und Zwiebeln in Fett (Butter oder Schmalz an), gibt dann Weißkraut und anderes Gemüse hinzu, z.B. Möhren und Kartoffeln, Suppenfleisch vom Rind, manchmal auch Wurststücke (Fleischwurst, Krakauer oder Jagdwurst), Salz- oder Gewürzgurken. Man füllt das Ganze dann mit Fleischbrühe und Gurkenlake auf und lässt alles langsam köcheln. Abschmecken mit Salz, Pfeffer, frischem Dill, frischer Petersilie und saurer Sahne. Fakultativ kann man das Rezept auch um Tomatenmark, Knoblauch, Senf, und roten Gemüsepaprika sowie zum Würzen mit Paprikapulver ergänzen.

Thunfischsteak „Sürther Aue bei Hochwasser“

Möhren bissfest kochen, Kartoffeln separat kochen. Dann die Möhren in einer kleinen Pfanne in Butter schmoren lassen, etwas Honig, Knoblauch, japanischen Reisessig, geriebenes frisches Zitronengras hinzufügen, ca. 10 Min. ziehen lasen, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Kartoffeln in kleine Stücke schneiden oder pürieren, frischen Koriander untermengen. Den Fisch salzen und pfeffern, in Mehl wälzen, mit Zitrone beträufeln und in Öl braten, ein paar Spritzer asiatische Fischsauce hinzufügen.

Flan

Der Begriff „Pudding“ stammt aus England, wo man im 18. Jh. Mehlspeisen (Teigklöße) ähnlich wie Serviettenknödel im heißen Wasserbad garte. Später bezeichnete man als „Pudding“ eine Schaummasse aus Butter, Eidotter, Zucker und manchmal auch Eischnee, ebenfalls im Wasserbad gegart. Heute versteht man darunter ein Dessert aus Puddingpulver oder Grieß, der in Milch aufgekocht wird. Während beim klassischen Pudding die Masse auf Mehlbasis nur im Wasserbad gegart wird, kocht man bei der „Flammerie“ die Zutaten auf; dazu verwendet man auch Polenta-Maismehl, Grütze (z.B. geschroteten Hafer oder anderes Getreide), Stärkemehl oder Sago-Verdickungsmittel aus der Sagopalme.

In Frankreich nennt man den Flan Crème Caramel und in Mexiko „Flan Napolitano“, und dazu verwendet man in Mexiko Frischkäse (Quark), Kondensmilch, Zucker und Vanilleextrakt. Diese Variante ist auch sonst überall in Lateinamerika verbreitet. Beim spanischen Flan verrührt man Eier und Zucker zu einer schaumigen Masse und anschließend mit heißer Milch, füllt sie in Portionsförmchen und lässt sie 60 Min. im Wasserbad garen, bis sie steif geworden ist. Geschmolzenen Zucker nennt man Karamell. Wenn man die Masse abkühlen lässt und aus den Förmchen stürzt, verflüssigt sich das Karamell wieder zu einer Sauce, während die Puddingmasse fest bleibt. Bei der Crème brulée vermischt man das Mark einer Vanilleschote mit süßer Sahne, Milch, erhitzt diese Masse vorsichtig, dann rührt man separat Eigelb mit Zucker zusammen, die man dann zu der Masse hinzugibt und lässt das Ganze bei mittlerer Hitze 8 Min. ziehen, verteilt dies dann auf Förmchen, die man in eine Auflaufform mit Wasser stellt und im Backofen ca. 40 Min. ausbackt und dann gründlich auskühlen lässt. Vor dem Servieren bestreut man die Förmchen mit Zucker, erhitzt sie im Backofen, bis der Zucker karmellisiert ist und lässt sie dann wieder abkühlen.