Archive for Juli, 2019

baer aktuell 268 – 22. Juli 2019

Montag, Juli 1st, 2019

Bild des Monats Juli 2019:

Jürgen Raap, „Die vierte Sonne von Jülich“, 2019

Bildstrecke „bär aktuell spezial“: Bär polyglott – Unterwegs mit Herrn Bär – Was gibt es Neues in Salzburg?

Fronleichnamsprozession in Salzburg, Foto: Copyright Raap/Bär 2019
Fronleichnamsprotession in Salzburg 2019, Foto: Copyright Raap/Bär 2019
Wirtshaustafel in Salzburg, Foto: Raap/Bär 2019

Bär aktuell Nr. 268 – 22. Juli 2019

Wie gewonnen so zerronnen mochte sich Boris Becker gedacht haben, als jüngst sein Insolvenzverwalter die Pokale zur Versteigerung anbot, die „Bobele“ einst mit furiosem Tennisspielen eingeheimst hatte. Wenn man prominent und pleite ist, kann man immerhin sogar noch ein paar alte Klamotten in die Insolvenzmasse geben, uns zwar in diesem Falle ein paar alte Socken von Boris Becker, die als Devotionalien gleich mit versteigert wurden. Hm, hm… bislang schätzte man als Reliquie doch eher einen Holzsplitter vom Kreuz Christi, die Zunge des Heiligen Nepomuk oder einen Fussel vom Schweißtuch der Heiligen Veronika! Aber die Socken von Boris Becker? „Männer mit weißen Socken wurden zu ultimativen Trotteln degradiert…die weiße Socke (wurde) zum Synonym des schlechten Geschmacks stilisiert“, schreibt z.B. Max Ernst Walbersdorf in seiner textilgeschichtlichen Betrachtung dieser Fußbekleidung im „GQ“-Magazin, erkannte aber gleichzeitig ein „Comeback der weißen Tennissocke“, weshalb er seinen Text mit der Überschrift „Weiße Socken ? Jetzt erst recht!“ garnierte. Mit den Worten „Weiße Tennissocken sind der Klassiker und auch jetzt wieder voll im Trend“ bewirbt derzeit auch der Strumpfhersteller „J. Clay Socks“ sein Sortiment, und da hat der Insolvenzverwalter bei der Versteigerung des Beckerschen Restvermögens ja noch mal Glück gehabt, dass selbst bei ein paar labberigen alten Socken ein Hammerschlag erfolgen und Geld ins Portefeuille von Beckers Gläubigern spülen konnte.

Schwierig auszusprechen sind nicht nur die Namen Annegret Kramp-Karrenbauer und Thorsten Schäfer-Gümbel (oder heißt der vielleicht doch „Grümbel“, „Grummel“ oder gar „Kimbel“ – bei Politikern, die so unscheinbar wirken wie ein Sparkassenfilialleiter in Wiesbaden-Erbenheim, sind ja selbst eingängige Namen schwer zu merken). Desgleichen recht schwierig zu artikulieren und ebenfalls orthografisch nur mit Mühe richtig zu schreiben ist offensichtlich der Name der Kölsch-Band „Klüngelköpp“, die schon mal versehentlich als „Pimmelköpp“ apostrophiert wurden, was auf einen Freudschen Versprecher hindeutet, oder vom BAP-Musiker Wolfgang Niedecken jüngst immerhin fast richtig, aber eben nur fast, als „Klingelköpp“. Daher ist dem derzeitigen SPD-Führungsterzett dringend davon abzuraten, sich „Gümbelköpp“ zu nennen, denn wer weiß, was für Namensverwechselungen ihnen dann blühen.

Bär polyglott – Unterwegs mit Herrn Bär – – Was gibt es Neues aus Salzburg zu berichten? Nun, im dortigen „Sternbräu“ gibt es einen vorzüglichen kalten Schweinebraten mit Radi und Kren (Meerrettich), und ebenso empfehlenswert sind im „Restaurant Elephant“ in der Siegfried Haffner-Gasse die berühmten Salzburger Nockerln, was an dieser Stelle insofern erwähnenswert ist, als die An- wie Abreise mit der Deutschen Bahn Herrn Bär wieder einmal das Erlebnis einer kulinarischen Katastrophe bescherte: Auf der Hinreise hatte man die Ankopplung des Speisewagens schlicht vergessen. Es gab von Köln bis Salzburg acht Stunden lang also rein gar nichts gegen Hunger und Durst. Auf der Rückreise war ein „Bordbistro“ zwar vorhanden, jedoch war dort das Kühlsystem ausgefallen, ebenso die Computerkasse, so dass der Büffetier die Rechnung für die wenigen Bestellungen, die er ungekühlt verkaufen konnte, per Hand auf einem Zettel addierte, woraufhin eine Bahnkundin ihn fragte: „Ist das bei Ihnen immer so?“ Der Büffetier antwortete schlagfertig: „Meine Dame, Sie fahren wohl nicht so oft mit der Deutschen Bahn?“

Man ahnt, dass man als Kunde der Deutschen Bahn dazu gezwungen wird, sich gastronomisch und auch sonst zu geißeln und zu kasteien, doch zwischen Hin-und Rückreise bietet dann gerade Salzburg genügend Gelegenheiten, zwecks Kompensation solcherlei Zumutungen seitens der Deutschen Bahn einigen der sieben Todsünden zu frönen, nämlich der ausufernden Völlerei, Prasserei und Zecherei. Das Wirtshaus Zwettler hat seine Zielgruppenansprache recht geschickt in der Zeile zusammen gefasst, es sei für „Denker und Deppen“ gleichermaßen zugänglich, und dieser originelle Hinweis suggeriert jedem Gast, mit dem Betreten dieses Wirtshauses erhöhe er den Anteil der Denker, denn sich selbst stuft ja niemand von vorneherein als Depp ein.

Der einzige Depp, den Herr Bär in Salzburg tatsächlich wahrnahm, war lediglich ein junger Mann, der sich ausgerechnet vor dem Friedrich Schiller-Denkmal an der Universitätsaula bildungsfern und vulgär gebärdete, indem er quer über den Platz einem anderen Jüngling hinterher rief: „Ich ficke deine Mutter!“

Ist man ansonsten in Salzburg von der Freundlichkeit und Höflichkeit der Einwohner höchst angetan, so muss Herr Bär indes mit klaren Worten monieren, dass eben unter manchen Kunden der Deutschen Bahn, auch bisweilen unter den Nutzern von U- und Straßenbahnen, die Unzivilisiertheit überhand nimmt, insbesondere unter Handybesitzern, die mit dickfelliger Tumbheit lautstark alle anderen an dem verbalen Unsinn teilhaben lassen, den sie glauben nicht nur ihrem direkten Gesprächspartner mitteilen zu müssen. Das ist freilich an überflüssiger und daher nervtötender Geschwätzigkeit für andere Fahrgäste bisweilen so unerträglich, dass man im Vergleich dazu einen etwas ungeschlachten jungen Mann, der es schafft, an einem lauen Sommerabend vor dem Schiller-Denkmal an der Salzburger Universitätsaula seine schlichte Weltsicht in dem einzigen Satz „Ich ficke deine Mutter“ zusammen zu fassen und einem Altersgenossen hinter her zu brüllen, dann aber immerhin den Mund hält, als das kleinere Übel empfindet, wenn es gilt, mit dem bekannten Cicero-Zitat „O tempora, o mores“ den Verfall der Sitten und des Bildungsniveaus in der heutigen multimedialen Welt der twitter-fetischistischen und shirtstormwütigen Dummschwätzer zu beklagen.

© Raap/Bär 2019

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Nimmt die Sprachverhunzung im kulinarischen Bereich überhand? Gelegentlich schon, findet Herr Bär. Unter dem albernen Begriff „Convenience Food“ verbirgt sich nämlich nichts anderes als das Wort „Fertiggericht“, das man im Supermarkt kauft und zu Hause nur noch aufwärmen muss, was aber „mit echtem Kochen nichts mehr zu tun“ hätte, wie der NDR zu Recht kritisch anmerkt. Was man vor zehn Jahren „Cross Over Küche“nannte, heißt heute auf neudeutsch „Hybrid Food“ und beschert uns so überkandidelte Manierismen wie die Unnötigkeit, einen Donut aus Croissantteig her zu stellen und dann „Cronat“ zu nennen oder auch den „Dönerburger“: der klassische Döner Kebap besteht jedoch aus geschichtetem Kalbfleisch, das vor dem Grillen mit Zwiebeln, Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel und scharfem Paprika mariniert wird, und das man zum Servieren vom Drehgrill in dünnen Scheinen abschneidet. Nimmt man dazu Hackfleisch, heißt es in der Türkei „Iskender Kebap“, weil das Rezept ein Koch namens Iskender erfunden hat. Man serviert es in aufgeschnittenem Fladenbrot, und es besteht eigentlich überhaupt kein gastrosophischer Grund, dieses Fladenbrot durch ein lappiges Milchtoastbrötchen aus der amerikanischen Burger-Kultur zu ersetzen: ist das etwa kreative Küche? Nicht unbedingt, findet Herr Bär. Der Hamburger leitet sich bekanntlich nicht von der Stadt Hamburg ab, sondern von „Ham“ = Schinken: ursprünglich nahm man dazu wohl eine Scheibe Schinken oder Braten, erst später Rinderhack. Möglicherweise inspirierten die Frikadellen deutscher Auswanderer die US-Imbissköche um 1890/1900 zu den Burger-Klopsen. Hamburger werden – im Unterschied zum Iskender Kebap – nach dem klassischen Rezept nur mit Salz und Pfeffer gewürzt. „Plant Based Food“ nennt man pflanzliche Esswaren, die man aus marketingstrategischen Gründen nicht als vegan bezeichnen will, weil das zu sehr nach Verzichtsethik klingt – Gemüse ist hier nicht Beilage, sondern die Basis eines Gerichts, und zwar vollwertig und nicht etwa verarbeitet mit Aromastoffen als Fleischimitat dargeboten, sondern „natural“, wobei bei als Beilagen Fleisch oder Fisch in geringen Mengen nicht völlig tabu sind – anders als beim Veganismus. © Raap/Bär 2019

Salzburger Bierfleisch ist ein gulaschähnliches Gericht mit Rindfleisch, das man in Würfel schneidet, kurz anbrät, dann gibt man reichlich Zwiebeln und klein gewürfelte (Knollen)-Selleriestücke und Möhrenscheiben hinzu, lässt diese Zutaten andünsten, bis man schließlich auch noch Fleischbrühe, Tomatenmark und dunkles (Bock)-Bier hinzufügt, das Ganze kurz aufkochen und eine Weile schmoren lässt, bis das Fleisch weich ist, bevor man mit Salz und Pfeffer würzt und die Würzung mit frischem Majoran, Thymian und etwas Knoblauch abrundet. Dazu reicht man Knödel.

Beuschel kennt Herr Bär noch als Lungenhaschee aus seiner Kindheit, ist aber in Deutschland heute weitgehend verpönt, wird in Wiener und Salzburger Traditionslokalen jedoch auch heute noch angeboten. Basis ist Kalbslunge, oft kombiniert mit Kalb- oder Rinderherz – die Innereien müssen absolut frisch sein und sollten daher nicht aus einem Supermarkt, sondern bei einem handwerklichen Metzger besorgt werden. Das gewürfelte und von allen Röhren entfernte gewürfelte Fleisch kocht man ca. 1 Std. lang in einem Sud aus Wasser, Essig, Möhren, Porree, Sellerie, Salz, Pfefferkörnern und einem Lorbeerblatt und serviert es dann mit Kartoffelknödeln und einer Sauce aus dem Kochsud, angeschwitztem Mehl, Thymian, Kapern, Crème fraiche, Weißwein und einem Schuss Essig.

Salzburger Nockerln sind ein Soufflé, das in einer Auflaufform in drei aufgequollenen Hauben aus Eischnee serviert wird; die Hauben stellen die drei Salzburger Berge Mönchsberg, Kapuzinerberg und Gaisberg dar. Eiweiß wird zu Schnee geschlagen, dann mit Eigelb, Mehl und Vanillezucker behutsam verrührt. Aus der Masse werden dann die drei Nockerln ausgestochen und im Backofen in einer Auflaufform bei exakt 230 Grad 20 Minuten lang gegart. Sie müssen dann sofort serviert werden, bevor sie zusammen fallen.

Adana Kebap sind gegrillte Hackfleischspieße in der türkischen Küche aus gewolftem Rind- und Lammfleisch sowie Lammspeck, gewürzt mit Salz, Pfeffer, Paprikapulver, Chilipulver (türkisch „Pul Biber“) , etwas Kreuzkümmel, geriebenen Zwiebeln, klein gehackter Petersilie und ausgepresstem Knoblauch.

Deutsches Beefsteak ist ein länglich-flaches Hacksteak aus magerem Rindfleisch (im Unterschied zur Frikadelle, die man mit Schwein- und Rinderhack halb und halb zubereitet), gegrillt oder in der Pfanne gebraten, vermischt mit einem in Wasser eingeweichtem altbackenen Brötchen, Ei, Salz, Pfeffer, geriebener Zwiebel. In der Gastronomie muss das Gericht nach dem Lebensmittelrecht mindestens 80 Prozent Fleischanteil haben.

Hackfleischbällchen sind ein Klassiker in der mediterranen Küche: in Spanien gehören Albongidas zu den Tapas. Bällchen aus Rinderhack werden mit Salz, Pfeffer, geriebenen Zwiebeln, Knoblauch, Koriander, Kreuzkümmel, etwas Muskat, Petersilie, Ei und Tomatenmark gewürzt, in der Pfanne ca. 10 Minuten durchgebraten und in einer Tomatensauce serviert. Dazu dünstet man in Olivenöl gewürfelte Tomaten an, lässt sie dann in etwas Wasser und Sherry zerkochen und rundet sie mit Tomatenmark, Pfeffer, Knoblauch und Chili ab. In Griechenland heißen solche Hackbällchen aus Fleisch vom Lamm, Kalb und/oder Rind Keftedes, man würzt sie mit Salz, Pfeffer, Zwiebeln, Knoblauch, Minze, Oregano, Kreuzkümmel. In der Türkei nennt man sie Köfte, dazu gibt es rund 290 verschiedene Rezeptvarianten. Würzbasis ist immer Salz, Pfeffer, Knoblauch, Oregano, Kreuzkümmel, Paprikapulver, Pfeffer, Zimt oder Nelkenpulver; in manchen Varianten auch Koriander. In türkischen Supermärkten gibt es auch eine fertige Würzmischung Köfte Baharatı.