Archive for November, 2018

baer aktuell 254 – 3. Nov. 2018

Dienstag, November 13th, 2018

Bild des Monats November 2018:

Jürgen Raap, Die Reitstunde, Acryl u. Öl auf Leinwand, 2018

Bär aktuell Nr. 254 – 3. Nov. 2018 (Pädagogisch wertvoll!)

Wenn Politiker ihre Wahlniederlagen schön reden, dann machen sie sich zum Hanswurst. Ein Paradebeispiel hierfür und damit wieder einmal ein solches auch für einen berufstypischen Realitätsverlust bot am Abend der Hessenwahl der drollige SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel (doch, der heißt wirklich so), als dieser trotzig erklärte, er, Thorsten Schäfer-Gümbel, und seine Partei hätten im Landtagswahlkampf doch eigentlich „alles richtig gemacht“, und was er sich „in zehn Jahren aufgebaut“ habe, das ließe er, Thorsten Schäfer-Gümbel, sich jetzt „nicht kaputt machen“. In diesen zehn Jahren ist Thorsten Schäfer-Gümbel als Spitzenkandidat seiner Partei in Hessen immerhin dreimal fulminant gescheitert. Was also soll man bei dem noch kaputt machen? Wahrscheinlich sind in Schäfer-Gümbels Augen die Wähler zu blöd, um begriffen zu haben, dass er „alles richtig“ machte. Die Arroganz der Macht sucht auch die Versager heim, wenn sie vergeblich nach ihr greifen.

Nicht allzu souverän, sondern stattdessen mit eher gewohnt muuzepuckelig-missmutiger Mimik verkündete derweil Mutti Merkel, sie wolle im Dezember 2018 nicht mehr für den CDU-Parteivorsitz kandidieren, wobei dieser lustlos wirkende Rückzug allerdings eigentlich „gegen ihre Überzeugung“ geschehe, denn Kanzlerschaft und Parteivorsitz gehörten „eigentlich in eine Hand“. Ja, fragt sich Herr Bär, wieso eigentlich? Ist das nicht ein bisschen zu viel „eigentlich“? Und ist eine Ämterhäufung denn „eigentlich“ demokratisch? Da hätte Herr Bär von ihr sich doch viel lieber einen geradlinigen Abgang mit viel Theaterdonner gewünscht, wie ihn König Friedrich III. von Sachsen 1918 hinlegte, als er seinen Thronverzicht mit den Worten verkündete: „Macht Euren Dreck alleene“.

Einzig und allein der in jeder Hinsicht stets gelenkige FDP-Vorturner Christian Lindner wagte keck die Kritik, Mutti Merkel habe auf „das falsche Amt verzichtet“, doch aus den Reihen aller anderen Parteien, der Grünen wie der SPD und selbst aus dem Mund der sonst eher krawalligen Andrea Nahles kam ein heuchlerisch vergiftetes Lob für Mutti Merkels Rückzugsankündigung, so dass die ARD-Korrespondentin Tina Hassel in der „Tagesschau“ darin sogar schon auf Mutti Merkel einen „Nachruf“ zu Lebzeiten heraus gehört zu haben glaubte.

Auch derlei rituelle Heuchelei befördert beim Wählervolk die Politikverdrossenheit, so dass in diesen Tagen nicht nur die weltfremden Schäfer-Gümbelschen Trotzreaktionen, sondern auch die verlogenen Elogen aus dem Munde der politischen Konkurrenz auf die einstmals heilige Angela Berlins Politbetrieb wieder einmal zur Bühne einer burlesken Hanswurstiade geraten ließen.

Sich zum willfährigen Büttel der Autoindustrie zu machen, indem sich die „Groko“ aus dem Diesel-Abgas-Gestank recht einfallslos durch eine simple Aufweichung der gesetzlichen Grenzwerte für Schadstoffemissionen herausmogeln will, ist in den Augen von Herrn Bär lediglich ein weiterer Akt in diesem unsäglichen Groko-Schmierentheater.

Dem Deutschen Volke“ steht als Inschrift über dem Portal des Reichstagsgebäudes, aber damit ist ursprünglich eben kein Schwank im Politbetrieb als Volkstheater gemeint.

Kann Kevin Kühnert die Welt retten? Oder ist er auch nur eine weitere Knallcharge in diesem burlesken Bundes-Volkstheater? Kevin Kühnert wirkt optisch ein wenig wie ein jugendlicher Gewinner des „Thorsten Schäfer-Gümbel-Ähnlichkeitswettbewerbs nur ohne Fielmann-Brille“, und über seinen Vornamen weiß das „Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik“ (Stangl, 2018) zu berichten: „Der Begriff des Kevinismus – auch Chantalismus – beschreibt das psychologische Phänomen, dass Eltern bildungsferner Schichten ihren Kindern eher exotische oder anglo-amerikanische Namen geben. Die Vergabe anglo-amerikanischer Namen ist dabei ein Unterschichtsphänomen, der sich aus den Faktoren Wohlstand und kulturelle Nähe begründet…“ Nun ist allerdings die SPD längst keine Unterschichten-Partei mehr, was u.a. die „Bundeszentrale politische Bildung“ damit belegt, indem sie ihre Internetseite zum Stichwort „Abstieg-Prekariat-Ausgrenzung“ mit einem Franz Müntefering-Zitat garniert, „in Deutschland keine Unterschicht zu kennen.“

Kevin Kühnerts beharrliche wie völlig naive Forderung, die SPD möge aus der Großen Koalition aussteigen, um sich stattdessen lieber in der Opposition zu erneuern, offenbart somit einen typisch kevinistischen Denkfehler: Falls es dann Neuwahlen gäbe, wird dann nämlich kaum einer eine Partei wählen wollen, die erst gar keine Regierungsverantwortung und damit eine positive Mitgestaltung der Gesellschaft und ihrer Zukunft mehr anstrebt.

Unterdessen sind die Grünen imagestrategisch schon sehr weit gekommen in ihrem Wandel von einer bislang spartanisch-sauertöpfischen Verzichtsethik-Partei zu einer gemäßigt-hedonistischen Öko-FDP. Erinnern wir uns: Vor 30 Jahren haben die zauseligen Delegierten der Grünen auf ihren chaotischen Parteitagen im fusseligen Norwegerpullover noch demonstrativ gegen den Weltuntergang angehäkelt und angestrickt, während man heute ihrer Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock durchaus zutraut, beim Sektempfang in der Vorstandsetage von Siemens eine gute Figur zu machen, wenn es gilt, Ökologie und Ökonomie miteinander zu versöhnen und dies in dem realpolitischen Slogan auszudrücken: „Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose“. Wie das auch mitten in der Wüste funktioniert, kann man – allerdings nur auf englisch – auf der Website unter „About Siemens in Saudia Arabia“ nachlesen. Solange allerdings der Mordfall Kashoggi nicht restlos aufgeklärt ist, dürfen keine „Siemens 3SB3 Lampenfassungen“ (für Glühlampe BA9S, mit Schraubanschluss 3SB3420-1A) zur Illuminierung des saudischen Kronprinzenpalastes mehr dorthin geliefert werden. Hat jedenfalls Mutti Merkel gesagt. Oder auch nicht.

© Raap/Bär 2018

Beachten Sie bitte folgenden Veranstaltungshinweis:

Karl-Josef Bär? Den kriegt man ja nie zu sehen. Doch, kriegt man. Und zwar am Dienstag, 27. November 2018 um 19 Uhr im Künstlerverein Malkasten, Jacobistraße 6a, 40211 Düsseldorf. Der Performancekünstler Robert Reschkowski liest aus seiner Autobiografie „Rock your life“ und Herr Bär kommentiert dazu das Zeitgeschehen.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Schwarzer Heilbutt und Tintenfisch auf asiatisch-rheinische Art

Heilbuttfilet sollten als flache Stücke oder Scheiben genommen werden, Tintenfischteile auch in dünne Ringe oder Scheiben schneiden und zusammen mit Lauchzwiebeln in eine Casserole geben. Mit einer Marinade aus Sesamöl, heller Sojasauce, asiatischer Fischsauce, japanischem Mirin-Essig, etwas Knobloch, etwas geriebenem Ingwer,, etwas japanischem Wasabi-Meerrettich, gerösteten Sesamkörnern, Sambal oelek und etwas Fischfond übergießen, bis alle Fischteile bedeckt sind. Ein paar Limettenblätter hinzufügen, außerdem kleine Scheiben vom Stangensellerie, ein paar Fenchelstücke, ein paar längs geschnittene Stücke roten Gemüsepaprika und das Ganze über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen. Dann im Backofen bei mittlerer Hitze ca. 20-30 Min. garen, vor dem Servieren Creme fraiche einrühren, mit ein paar Spritzern Limettensaft und eventuell noch etwas Wasabi abschmecken. Dazu passt als Ergänzung aus der experimentellen rheinischen Küche ein Parfait aus klein gehackten blauen Weintrauben, die man mit etwas Petrella-Käse, Wasabi, Sesamkörnern, Creme fraiche und geriebenem Gran Padana-Käse, Salz und grünem Pfeffer vermengt, in kleine Förmchen gibt und über Nacht ins Gefrierfach stellt und dann tiefgefroren zum Fisch reicht.

Rheinisches Hühnerragout

Was antike Geschichtsschreiber über die Ernährungsgewohnheiten der Kelten berichteten, mag nicht immer der Wahrheit entsprochen haben. Jedenfalls gab es seit der jüngeren Eisenzeit im keltischen Kulturraum auch Speisehühner, im römisch besiedelten Rheinland auf jeden Fall ab dem 2. Jh n. Chr. Man briet sie mit Speck gespickt am Spieß oder buk sie mit Füllungen; und zwar zumeist Junghühner oder -hähne; aus älteren Tieren kochte man eine kräftige Brühe. Für das rheinische Hühnerragout kocht man ein Suppenhuhn oder eine Poularde zusammen mit Möhren, Poree, Stücken vom Knollensellerie und 2 Stangen Sellerie zusammen mit Pfefferkörnern, 1 zerkleinerter Knoblauchzehe und Petersilie 2 Std. lang in Salzwasser. Dann löst man nach dem Abkühlen das Fleisch von den Knochen und zerteilt es in kleine Stücke. Dann dünstet man in Scheiben geschnittene Champignons zusammen mit Zwiebeln kurz in Butter an, gibt etwas von der Geflügelbrühe und klein geschnittene Gewürzgurken hinzu, lässt diedren Sud kurz aufkochen und dann 5 bis 10 Min. ziehen. Als dritten Arbeitsschnitt rührt man in einem Topf etwas Mehl in zerlassener Butter ein, gibt unter ständigem Rühren die Geflügelbrühe und einen kräftigen Schuss Weißwein und 2 zerquirlte Eigelb hinzu, schmeckt das Ganze nach kurzem Aufkochen mit Salz, Pfeffer, Zitronenpfeffer, Knoblauchpulver und ein paar Spritzern Zitronensaft ab, und da die Römer schon Thymian kannten, kann man auch auch Sträußchen Thymian mitdünsten lassen, wenn man das Hühnerfleisch und die Champignons hinzufügt.

Ööcher Printe

Ööcher Printe – Aachener Printen gibt es in der speziellen Rezeptur ab etwa 1820: weil sie in der Napoleonzeit von Rohrzuckerimporten abgeschnitten waren, mussten die Aachener Zuckerbäcker für ihre Lebkuchen als Süßstoff Zuckerrübensirup verwenden – mit dieser regionalen Variante der Rezeptur unterscheidet sich die Aachener Printe z.B. vom Nürnberger Lebkuchen. Anfangs gab es die Ööcher Printen nur als Hartprinten; dann ab etwa 1850/60 auch mit Zuckerglasur oder Schokoladenüberzug. Die klassische Printe lässt sich auch gut in der Sauce zu Rheinischem Sauerbraten verwenden oder zu einem Rehbraten bzw. einer Rehkeule, die man zusammen mit Speck, Zwiebeln und Backpflaumen im Backofen brät und zu der man dann eine Printensauce serviert, für die man Zwiebeln in Butter andünstet, Tomatenmark und Rotwein und Wildfond hinzugibt, Printenstücke hineinbröselt und das Ganze kurz aufkochen und dann noch ein wenig köcheln lässt. Vor dem Servieren mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Bildstrecke Bär aktuell spezial: 11. 11. 2018 – Sessionsauftakt im Kölner Karleval

alle Fotos: Copyright Siglinde Kallnbach

Karneval Köln 11.11. 2018

appelsine funke

Siglinde Kallnbach und Ludwig Sebus

Veranstaltung der „Muuzemändelcher“ im Kölner Rathaus – Mitglieder des Ostermann-Singkreises

Plaggenträger

Ramponierte Edelweisspiraten-Gedenkstätte am Bahndamm Köln-Ehrenfeld am Morgen des 11.11. 2018

„Muuzemändelcher“

Die Kölner Karnevalisten 1949 e.V.

Verleihung der „Goldenen Muuz“ an die Bläck Fööss am Sonntag, 11. 11. 2018 im Rathaus der Stadt Köln

beim „Spill op d’r Rothustrapp“ 16-19 Uhr

Die „Muuzemändelcher”, auch „Muuze“ genannt, sind die älteste linksrheinische Vereinigung der Karnevalisten und Künstler Kölns.Muuze“ und auch „Muuzemändelcher“ sind ein Schmalzgebäck, dass im Rheinland zur Fastenzeit angeboten wird.

Absolut unappetitliche Begleiterscheinung des Narrentreibens: nach der diesjährigen Gedenkfeier wg. der Ermordung der Ehrenfelder Edelweißpiraten am Bahndamm am 10. 11. 1944 zerrupften und zertrampelten dort in der Nacht auf den 11.11. 2018 vandalisierende Unbekannte den Blumen- und Schleifenschmuck an der Gedenkstätte. Als Protest gegen diese Ramponierung des Denkmals und gegen die aktuell zunehmende Gefahr durch Rechtsextremismus sammelte die Künstlerin Siglinde Kallnbach auch auf dieser Karnevalsveranstaltung der „Muuzemändelcher“ Unterschriften im Rahmen ihres Kunstprojekts „a performancelife“. Daran beteiligten sich u.a. die Bläck Fööss, Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes, Domprobst Gerd Bachner und die 92jährige Karnevalslegende Ludwig Sebus.