Archive for Januar, 2020

baer aktuell 278/279 – 22. Jan. 2020

Montag, Januar 6th, 2020
Bild des Monats Januar 2020: Jürgen Raap, „Die gepanzerte Gattin“, Acryl und Öl auf Leinwand, 2019

Bär aktuell Nr. 278/279 – 22. Januar 2020

E glöcksillich Neujohr“ – das wünscht man sich in Köln zum Jahreswechsel, und bei Herrn Bär verbinden sich diese guten Wünsche mit der Hoffnung, dass im neuen Jahrzehnt die Hysterisierung und Infantilisierung unserer Gesellschaft nicht noch mehr überhand nehmen möge. So sei zum Jahresbeginn der oftmals allzu unbedachten und zumal auch noch allzu ruppig formulierten Schwaadlappigkeit in den sozialen Medien und dort speziell den Shitstorm-Neurotikern mal ein Bonmot des Philosophen Ludwig Wittgenstein entgegen gehalten: „Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen“.

Wenn man weiß, dass das Imperium Romanum nicht an seiner Dekadenz zugrunde gegangen ist, sondern an der Erfindung des Steigbügels bei den fränkischen Reiterheeren, die sich dadurch mit ihren schweren Rüstungen leichter aufs Pferd schwingen konnten und in eben dieser schweren Rüstung den Auxilaren in der römischen Kavallerie überlegen waren, der ahnt, dass eine mögliche Götterdämmerung Europas nicht von dem brachialen politischen Egoismus eines Boris Johnson abhängt oder von der Dekadenz eines überbezahlten Fußballspielers des FC Bayern München, der sich aus lauter Angeberei in einem Restaurant Blattgold aufs Steak streuen ließ, nicht ahnend, dass Blattgold nach nichts schmeckt. Daher muss man auch nicht unbedingt der „Futuristischen Fleischplastik“ das Wort reden, die der italienische Literat Filippo Tommaso Marinetti 1932 in seinem „Manifest der futuristischen Küche“ propagierte: Diese „Fleischplastik“ folgt einem Rezept des „Luftdichters“ Fillia. Sie besteht aus einem großen, zylindrischen Stück Kalbsbraten, der mit elf verschiedenen Sorten gesottenem Gemüse gefüllt wird. Der Fleischzylinder ist beim Anrichten mit einer dicken Honigschicht bedeckt „und an der Basis von einem Wurstring getragen, der sich auf drei vergoldete Kugeln aus Hühnerfleisch stützt“, aber wie gesagt: Gold schmeckt nach nichts. Äusserst fragwürdig ist diese Futuristische Fleischplastik jedoch in anderer Hinsicht, weil nämlich der in jungen Jahren noch avantgardistisch gesonnene Futurist Marinetti später eine höchst bedenkliche Nähe zum Mussolini-Faschismus pflegte und seine Ernährungstheorie skrupellos in dessen Dienste stellte, als er den Italienern einzureden versuchte, Nudelgerichte würden zur Verweichlichung führen, was natürlich töricht ist wie so vieles, was von irgendwelchen Eiferern an Nahrungsaufnahme ideologisiert wird.

Aber der vegane Burger stellt zu Blattgold auf dem Hüftsteak (nicht zu verwechseln mit „Hüftgold“) keine ernährungsphysiologische und politisch korrekte Alternative dar, weil nämlich dessen Anreicherung mit chemisch-künstlichen Aromastoffen diese Veggie-Burger durchaus in die Nähe jenes Junk Foods rückt,das Herrn Bär an jene Hähnchenbratereien erinnert, wo man vor 40 Jahren die Knochen vom Hähnchen getrost mitessen konnte, weil sie durch Antibiotika und Wachstumshormone selbst für Gebissträger biegsam und mürbe genug waren. Wenn also der WDR-Kinderchor glaubt, Spottlieder über die Ernährungsgewohnheiten der heutigen Gebissträger-Generation zum besten geben zu müssen, erweist sich dies als nicht pointensicher dargeboten, wie so manches, was heute als Satire gelten soll. Denn beim Bio-Hähnchen kann man inzwischen die Knochen eben nicht mehr so mitessen so wie früher, und auch sonst ist das Bio-Hähnchen ernährungsmedizinisch bestimmt gesünder als ein Veggie-Burger aus dem lebensmittelchemischen Labor. Die „Stiftung Warentest“ fand übrigens heraus, dass die „Geflügel-Bratwurst“ eines bekannten Herstellers von einem Schweinedarm umhüllt ist, und diese Wursthülle „sei spürbar zäh und erfordere energisches Kauen“. Über die Probleme der Gebissträger-Generation beim Zerkauen einer Geflügel-Bratwurst könnte der WDR-Kinderchor ja auch mal ein Spottlied mit ironischem Seitenhieb auf den Hersteller darbieten, ohne erneut die Pointe zu versemmeln.

In kölschen Brauhäusern kann man sich übrigens auch mit einem „Halven Hahn“ vegetarisch ernähren (Röggelchen mit mittelaltem Holländer). Auswärtige Touristen, die solche Etablissements frequentieren, müssen sich allerdings an die traditionell flapsigen Sprüche vom Bedienungspersonal, hier „Köbes“ genannt, gewöhnen: Ein Düsseldorfer bestellte kürzlich in einem kölschen Brauhaus ein Alt-Bier. Der Köbes servierte ihm ungerührt ein Kölsch und sagte zu ihm: „Lass et ne halbe Stunde stehn, dann is et alt“. – Ein anderer Gast glaubte, er stelle sich pfiffiger an, wenn er nicht ein Alt, sondern nur ein „dunkles Bier“ verlange. Der Köbes: „Warte ein Minütchen, dann mache mer dat Licht aus, un do häs dunkles Bier“.

Bärs Adelskritik Prinz Harry, der Herzog von Sussex, erhielt bislang eine Apanage von 2 Mill. Euro jährlich aus dem Sovereign Grant der britischen Regierung. Dieses Geld fällt nun weg mit seinem Ausstieg aus dem royalen Repräsentationspflichtprogramm. Er strebe künftig eine „finanzielle Unabhängigkeit“ an, hatte der Prinz verkündet. Immerhin wird ihm ein Privatvermögen von 35 Mill. Euro nachgesagt. Ist das nicht finanzielle Unabhängigkeit genug? Damit könnte man doch eigentlich ganz gut leben – Kaiser Wilhelm II. hat es nach seiner Abdankung 1918 im niederländischen Exil ja auch vorgemacht. Zur Vorspeise gab es auf Schloss Doorn damals einen halben Hummer – „Wilhelm der Letzte“, wie ihn seine Gegner verspotteten, konnte sich das leisten, denn er verfügte dank der Generosität des preußischen Staates 1929 im Exil immer noch über ein Vermögen von 55 Mill. Reichsmark. Altbundeskanzler Gerhard Schröder, dem heute immer noch ein Büro in Berlin zusteht, bei dem allein die Bezahlung der Mitarbeiter den Steuerzahler jährlich 561.000 Euro kostet, erweckt allerdings den Eindruck, er käme mit seiner Pension als Ex-Ministerpräsident und Altbundeskanzler nicht zurecht, weshalb er sich auf seine alten Tage noch als Aufsichtsrat bei Rosneft verdingen musste. Für den Fall, dass auch sie mit ihrem Privatvermögen nicht auskämen, haben Harry und Gattin Meghan schon vorgesorgt und sich im Handelsregister die Markenrechte am Namen „Sussex Royal“ gesichert, um damit ein Merchandising mit Büchern, Kalendern und Kleidung zu betreiben, wie man „The Sun“ entnehmen kann. Ein schnöder Aufsichtsratsposten bei Rosneft bleibt Prinz Harry damit also erspart.

Bär polyglott – unterwegs mit Herrn Bär Zur CDU-Ikone hat es bei Annegret Kramp-Karrenbauer bislang noch nicht gereicht, allenfalls zu einem christdemokratischen Saarland-Maskottchen mit „Heinz Becker“-Image. Dass „AKK“ vor einem Jahr ein karnevalistischer Unisex-Toilettenwitz missglückte, wird ihr von ihren Gegnern auch heute noch unter die Nase gerieben, doch Herr Bär musste unlängst feststellen, dass in der tiefsten Provinz – allerdings nicht im Saarland, sondern etwas weiter östlich, wo der Dialekt aber noch so ähnlich klingt – die Unisextoilette in Landmetzgereien mit angeschlossenem Restaurant inzwischen gang und gäbe ist: nachdem Herr Bär einen Strammen Max mit Kochschinken in bester handwerklicher Metzgertradition verspeist und dazu ein süffiges Klosterbier getrunken hatte, steuerte er zielsicher die Herrentoilette an, die dort direkt neben der Damentoilette liegt, und er musste feststellen, das man auf der Herrentoilette Hygienebeutel zum Entsorgen von Damenbinden ausgelegt hatte. Auf der Herrentoilette! Nun ja, hier ist man ja inzwischen aber auch sehr tolerant, dachte sich Herr Bär, doch da auf der Herrentoilette der Seifenspender leer war, begab sich Herr Bär anschließend auf die Damentoilette nebenan, um sich dort die Hände zu waschen: der Seifenspender dort war voll, aber dafür gab es auf der Damentoilette keine Hygienebeutel für Damenbinden. So funktionieren also Unisex-Toiletten in ländlichen Gegenden, dachte sich Herr Bär und trollte sich in den Gastraum zurück.

Copyright Raap/Bär 2020

Bildstrecke: Gastbeitrag von Jürgen Raap in der Ausstellung von Siglinde Kallnbach im Naturmuseum Tann/Rhön 2019/2020. Foto: Copyright S. Kallnbach 2020. – Siglinde Kallnbach überreicht ein Exponat aus der Ausstellung dem Bürgermeister der Stadt Tann, Mario Dänner (Mitte), Foto: privat

Foto: privat, alle Rechte vorbehalten
Foto: Copyright S. Kallnbach
Foto: Copyright S. Kallnbach

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Peking Gulaschsuppe ist eine Hühnersuppe, bei der man Zwiebeln kurz in Hühnerfett oder Öl andünstet, dann Hühnerbrühe und Fleisch vom Suppenhuhn hinzufügt und köcheln lässt, dann kommen ein paar kleine Stückchen Chilischoten, Gemüsepaprika, Bambussprossen, Knoblauch, Sambal Oelek und Ananassaft hinzu, zum Schluss ein verquirltes Ei und Tomatenmark, frischer Koriander und frisches Zitronengras.

Dorade provencale

Die tunesische Küche ist weitgehend arabisch geprägt, sie weist aus der Kolonialzeit aber auch französische und wegen der geografischen Nähe ebenso italienische Einflüsse auf. Doraden (Meerbrassen, Goldbrassen) sind Seefische aus dem Mittelmeer. Artverwandt ist die Rotbarbe (Rotbrasse). Dorade(n)salzen und pfeffern, mit provencal. Kräutern und Knobloch füllen, zusammen mit Zwiebeln anbraten, Fischfonds hinzugeben, im Sud mit Tomaten und rotem Paprika dünsten lassen.

Entenschenkel à la Perigord Im Südwesten Frankreichs zwischen Toulouse, Carcassonne und Castelnaudary sind deftige Wintergerichte mit Ente heimisch – der Bohneneintopf Cassoulet mit Entenfleisch, Confit de Canard mit Fleisch, das in Fett gekocht und dann eingelegt wird, oder faserige schmalzähnliche Rillettes als Brotaufstrich und die Entenstopfleber, die hier um 1860 populär wurde, unter Tierschützern aber heute verpönt ist. Bei frischen Entenschenkeln bevorzugt Herr Bär eine Rezeptvariante, bei der man die Schenkel in Enten- oder Gänseschmalz kurz anbrät, sie dann salzt und pfeffert, zusammen mit Zwiebeln, Knoblauch, Möhren, Sellerie, etwas Kümmel, frischem Thymian, einem Lorbeerblatt, einer Wacholderbeeere, Morcheln, einem Steinpilz und Oliven im Backofen ca. 45 bis 60 Min. in einem Gefügel- oder Entenfond weich schmoren lässt und die knusprigen Schenkel dann zusammen mit Kartoffel-Sellerie-Püree serviert. Dazu passt am besten ein vin de Cahors oder ein anderer kräftiger Rotwein aus der Region.

Thai-Hühnersuppe Tom Kha Gai hat Hühnerfleisch und Hühnerbrühe als Basis, angereichert mit Lauchzwiebeln, mit Kokosmilch, Galgantwurzel (ersatzweise mit frischer Ingwerwurzel), Zitronengras, Limettensaft, Chili oder Sambal Oelek, etwas gelber Currypaste, ein paar Spritzern Fischsauce und frischem Koriander.

Curry nennt man in Indien und Ostasien eintopfartige Gerichte mit Fisch oder Fleisch. Das Currypulver wurde im 18./19. Jh. in Großbritannien erfunden, es ist nicht indischen Ursprungs. Hauptbestandteil des Currypulvers ist gelbes Kurkuma, außerdem Koriander, Kreuzkümmel, schwarzer Pfeffer, Paprikapulver, roter Cayennepfeffer, beim Madras-Curry auch Chili, Ingwer, Knoblauch, Muskat, Nelken, Senfsaat, Senfkörner und andere Gewürze, insgesamt sind es etwa ein Dutzend Zutaten. In Thailand verrührt man das Pulver im Mörser zu einer cremigen Paste, die es bei uns auch fertig in Asia-Supermärkten zu kaufen gibt. Am schärfsten ist die grüne Currypaste mit einem hohen Anteil an Chilischoten, milder ist die gelbe Currypaste mit viel Kurkuma, weniger Chili, dazu Zitronengras, Zimt, Nelken, Koriander, Galangawurzel, Knoblauch. Getrocknete Chilischoten verleihen der roten Currypaste die charakteristische Farbe; sie enthält auch grüne Pfefferkörner un liegt im Schärfegrad zwischen der gelben und der grünen Paste. In Südindien und auf Sri Lanka würzt man Gerichte auch mit Blättern vom Currybaum, aber diese Blätter haben nichts mit den beschriebenen Pulvern und Pasten zu tun.

Polnische ist eine grobe Mettwurst, d.h. eine kalt geräucherte Rohwurst im Naturdarm. Sie besteht aus Schweinefleisch und ist mit Knoblauch und Majoran gewürzt. Man kann sie kalt zur Brotzeit oder zum Frühstück oder in Spitzkohlgemüse mit Kartoffeln leicht mitdünsten : Spitzkohl in Butter andünsten, mit Salz, Pfeffer und etwas Kümmel würzen, etwas Gemüsebrühe hinzufügen und ebenso die vorgekochten Kartoffeln und die Würste hinzugeben, bei niedriger Flamme köcheln lassen bis letztere durchgebrüht sind. Die „Schlesische“ ist eine Brühwurst mit mittelgrobem Pfeffer, viel Knoblauch und viel Majoran, dafür aber weniger aber weniger Salz als bei anderen Sorten. Die „Oppelner Bockwurst“ im Schweinedarm ähnelt in ihrer Rezeptur dem Wiener Würstchen, ist aber etwas kräftiger gewürzt. „Krakauer“ ist eine Sammelbezeichnung – in Österreich versteht man darunter eine Wurst, die eher dem deutschen Bierschinken ähnelt. In Deutschland nennt man sie auch Polnische oder Kochpolnische – das ist eine Brühwurst aus 50 Prozent Schweinefleisch und Schweinebauch sowie 50 Prozent Rinderbrät, gewürzt mit Pökelsalz, Pfeffer, Würzpaprika, Muskat und Knoblauch. Bei der Schinkenkrakauer beträgt der Schweinefleischanteil mit Speck rund zwei Drittel der Wurstmasse, ein Drittel ist Rinderbrät. Alle Krakauer-Varianten werden zuerst heiß oder kalt geräuchert und dann gebrüht.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln