Archive for April, 2017

baer aktuell 218 und bild des monats

Samstag, April 1st, 2017

Bild des Monats April 2017:

Jürgen Raap, „Mort subite“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2017

Weinberg in Leutesdorf

Weinberg in Leutesdorf

Graffiti in Leutesdorf

Graffiti in Leutesdorf

Bahnhofstunnel Leutesdorf

Drachenfelsruine, alle Fotos: S. Kallnbach

 

Bär aktuell Nr. 218 – 22. April 2017

Bär polyglott – unterwegs mit Herrn Bär Es war in Königswinter, nicht davor und nicht dahinter, wo einst die führende Amüsierhölle „Tanz bei Bobby“ hieß, die aber inzwischen abgerissen wurde, weil sie einem Parkplatz weichen musste. Was inzwischen aus dem Namenspatron Bobby geworden ist, weiß heute keiner mehr, und in seinem Gefolge ist auch der Chinese aus der Drachenfelsstraße verschwunden, der über sein Verschwinden mit einem Schild an der Eingangstür „Betriebsaufgabe ab 1. Januar 2017“ informiert, im April dort aber immer noch jede Menge Nachbildungen von Vasen aus der Ming-Dynastie im Schaufenster verstaubend zurückgelassen hat. Herr Bär vermutet, dass das Geschäftsmodell des Chinesen an solch einem Ausflugsort wohl nicht richtig funktioniert hat, wo man nach der Einkehr zu „Tanz bei Bobby“ gerne noch im Souvenirladen einen Bierhumpen mit aufgemaltem Drachenfelsmotiv erstand, nicht jedoch eine chinesische Vase. Da hat der Chinese einfach erste Anzeichen einer De-Globalisierung der Wirtschaft nicht rechtzeitig erkannt. Oben auf dem Drachenfels ist das Ausflugslokal neu gestaltet worden, und eine Broschüre informiert darüber, dass die Ausflugsgastronomie auch zur „Erweiterung des Lebensraumes der Mauereidechse“ beigetragen hat, die sich am Touristenlärm offensichtlich nicht stört. In der Cafeteria des Aquarium-Zoos „Sealife“ wurde ein Kindergeburtstag ausgerichtet, dies allerdings nicht mit Fischstäbchen, wie man in einem Aquarium-Zoo vermuten könnte, sondern mit Currywurst und Fritten. Das etwa sechsjährige Geburtstagskind hatte man mit einem weißen Prinzessinnenkleidchen und mit einem Goldkrönchen auf dem Kopf ausstaffiert, und es schaute etwas bedröppelt drein, weil es dermaßen fein gemacht nicht so ungeniert mit Currysauce herummatschen durfte wie sein Hofstaat mit den anderen Geburtstagsgästen.

Weiter ging’s in den beschaulichen Weinort Leutesdorf, wo ein pubertierender Dorfanarchist sein Unwesen treibt, der am Bahnhof den Fußgängertunnel zu Gleis 2 mit unbeholfener Graffiti verunstaltet hat, indem er dort den Schriftzug „Destroy“ anbrachte und die Parole „Wer hat uns verraten, Sozialdemokraten!“ Im Gasthaus „Leyscher Hof“ hängen zwei Bilder, dessen Schöpfer die expressionistische Farbgebung von Ernst Ludwig Kirchner gründlich missverstanden hat und der seine Gemälde allen Ernstes mit „Abendmaler“ signiert; doch die vorzügliche Rinderroulade macht den Anblick schlechter Kunst erträglich, und dazu empfiehlt sich ein samtiger „Leutesdorfer Gartenlay“ aus der Portugieser-Traube, mit dem man sich auch die Werke von Herrn Abendmaler schön trinken kann. Auf der Rückfahrt kam Herr Bär im Zug mit einem Weinkenner ins Gespräch, mit dem sich rasch Übereinstimmung darüber erzielen ließ, dass es am Mittelrhein durchaus recht solide Riesling-Weine gibt und dass sich ansonsten eine Merkelmüdigkeit wie Mehltau über das Land gelegt hat, sich aber in Orten wie Leutesdorf zumindest bei den juvenilen Dorfanarchisten (s. Bahnhofs-Graffiti) andererseits auch keine spürbare Schulz-Begeisterung einstellen mag.

© Raap/Bär 2017

Essen und trinken mit Herrn Bär

Leipziger Allerlei

Das Rezept entstand der Legende nach während der Anti-Napoleonischen Befreiungskriege um 1810, als die Leipziger vor den französischen Truppen ihren Speck und ihrer Würste versteckten und nur Gemüse zubereiteten, zu dem sie allenfalls Krebse aus der Pleiße reichten. Flusskrebse bzw. Krebsschwänze und Krebsbutter gehören denn auch zur überlieferten klassischen Rezeptur, die man zu zusammen mit Semmelklößchen zu dem in Butter gedünsteten Gemüse (Möhren, Erbsen, Spargel, Blumenkohl) hinzugibt und dann mit Kalbsfond ergänzt – Morcheln (die man ganzjährig getrocknet bekommt und vorher in Wasser einweihen muss) gehören auch dazu. Man kann das Gemüse auch mit einer Mehlschwitze abbinden. Gewürzt wird mit Salz, Pfeffer, Muskat, Kerbel und Petersilie.

Polenta ist ein Brei aus Maisgries, in Norditalien und in den angrenzen Regionen traditioneller Bestandteil der Landküche. In der römischen Antike kannte man bereits solch einen Brei aus Weizengries, Hirse oder zermahlenen Kichererbsen; mit dem Import von Mais nach der Entdeckung Amerikas setzte sich in Südeuropa dann auch die Polenta durch. Man kocht Salzwasser auf und gibt den Gries unter ständigem Umrühren hinzu, lässt ihn dann bei kleiner Flamme köcheln und gibt zum Schluss geriebenen Parmesan hinzu. Man kann den Brei dann direkt servieren oder auch die Polenta erst noch kurz anbraten. Statt Salzwasser kann man auch eine Mischung aus Gemüsebrühe und Milch zum Aufkochen nehmen, damit die Polenta cremiger und würziger wird. Für eine Steinpilz-Pfifferling-Polenta à la Karl-Josef Bär (zwei Portionen) kocht man getrocknete Steinpilze und Pfifferlinge in Geflügelfond auf, lässt dann die Grieskörner vorsichtig unter ständigem Umrühren einrieseln und lässt das Ganze dann zusammen mit klein gehackten Stückchen von Tomate und grünem Gemüsepaprika bei mittlerer Hitze köcheln, bevor man zum Schluss Parmesan und süße Sahne (Schlagsahne) unterrührt und mit Salz, Pfeffer, Knobloch und frischem Thymian und oder/Kräutern der Provence würzt. Zu diesem Polenta-Rezept passt gut Kalbsgulasch mit Champignons in Paprikasauce oder ein in Knobloch-Öl gebratener Lammrücken mit Rosmarin gewürzt.