Archive for Mai, 2015

Bild des Monats Mai 2015 und bär aktuell Nr. 182

Freitag, Mai 1st, 2015

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Aus der Serie „Las Sambaritas“, jeweils Öl und Acryl auf Obstkiste, 2015

 

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Bild des Monats Mai 2015

Jürgen Raap, „Eine Vorliebe für orientalische Zigaretten“, 2015

 

Bär aktuell Nr. 182 – 22. Mai 2015

Der Kölner Schriftsteller Jürgen Becker erhielt 2914 den Büchner-Preis, und als 1961 im Hause des Autoren ein Knabe das Licht der Welt erblickte, wurde er auf den Namen Boris getauft. Die Welt war noch in Ordnung, als 1967 auch im fernen Leimen, tief unten im Badischen, eine andere Familie Becker ebenfalls ein Kind bekam und dieses Boris nannte, zumal jener Knabe in jungen Jahren „Bobele“ gerufen wurde. Doch dann nahm das Schicksal seinen Lauf, als 1984 ein Namensvetter des Schriftstellers, nämlich der Kabarettist Jürgen Becker, erste Meriten einheimste, indem er unter dem Pseudonym „Irokesen-Heinz“ Sitzungspräsident der Stunksitzung im alternativen Karneval und später bundesweit bekannt wurde: heute kann er in der massenmedialen Gesellschaft mit einer eigenen Fernsehsendung „Mitternachtsspitzen“ eine größere Popularität nachweisen als der Büchner-Preisträger mit seinem literarischen Werk, und dies möglicherweise zum Verdruss des Schriftstellers, der sich vielleicht insgeheim das eine oder andere mal gewünscht haben mochte, der Kabarettist würde weiterhin unter dem Namen Irokesen-Heinz auftreten. Das Wirken des Hegelschen Weltgeistes brachte indes für die nächste Generation der Beckers eine Wiederholung des Schicksals der Namensgleichheit und damit womöglich aus Sicht der Schriftstellerfamilie eine Ungleichverteilung des Ruhms mit sich, seit nämlich Bobele auf dem Tennisplatz zu „Bum-Bum-Becker“ mutierte: Der frühere Tennisspieler Boris Becker ist seit seinem ersten Wimbledon-Sieg zumindest in breiten Bevölkerungskreisen bekannter als sein Namensvetter, der Fotograf und Filmemacher Boris Becker, der sich vielleicht auch das eine oder andere Mal gewünscht haben mochte, der Tennis-Star würde weiterhin als „Bobele“ durch die Boulevard-Gazetten geistern, die genüsslich jeden seiner heutigen verbalen und sonstigen Fehltritte verbreiten. Da mag man an den Punk-Musiker Norbert Hähnel denken, der seinerzeit mit einer Band namens „Heino und die toten Hosen“ auftrat, was den Münstereifeler Volksmusik-Barden Heino wurmte und zu der Kontroverse führte, wer denn nun der „echte Heino“ und wer der „wahre Heino“ sei. Während die Fachpresse das fotografische Werk des Künstlers Boris Becker rühmt, machte hingegen „Bobele“ ganz andere Schlagzeilen, als er z.B. kürzlich in einem Londoner Fußballstadion mit einem Schal der berüchtigten Hooligan-Vereinigung „Headhunters“ gesichtet wurde. gab das Fußball-Fachblatt „11 Freunde“ daraufhin zu bedenken, für einen echten Hooligan sei „der Schal erst der Anfang“, denn zur adäquaten optischen Erscheinung eines Hooligans gehöre auch noch „ein Stiernacken und eine Verbrechervisage“, und das war in dieser Fußball-Fanpostille mit so feinsinniger Ironie formuliert, dass die Leserschaft noch tagelang darüber rätseln konnte, ob oder dass „Bobele“ über die nötigen anatomischen und physiognomischen Voraussetzungen zu einem echten Hooligan verfügt.

Sigmar Gabriel sagt man nach, er habe seinerzeit schon einen ungünstigen Einfluss auf den Berliner Eisbären Knut ausgeübt, als er 2007 die Patenschaft über den possierlichen Bären übernahm, der daraufhin der Fresslust verfallen sei. Bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada macht Gabriel als Bundeswirtschaftsminister inzwischen eine Politik, wie man sie früher eher der inzwischen dahin gesiechten FDP zugetraut hätte, und dem äusseren Erscheinungsbild nach wirkt der Bonvivant aus Goslar wie einer, der gerne Hühnchen verspeist, die man vorher in Chlor getaucht hat, wie es in den USA zu den absonderlich anmutenden Konservierungs- und Kochsitten gehört und nach dem Willen der Freihandelsfanatiker demnächst eben auch bei uns. Ob im Gegenzug die deutsche Rüstungsindustrie künftig mehr Schießprügel an die Waffennarren in Missouri oder Minnesota verkaufen kann, bleibt indes abzuwarten. Wem nützt also ein solches Freihandelsabkommen? Bestimmt nicht freiberuflichen Autoren wie Herrn Bär, die fürchten müssen, dass dann die deutsche Buchpreisbindung gekippt wird und ein Medienmulti wie Amazon künftig mit der ungezügelten Verramschung der literarischen Werke von Herrn Bär zum „Alles muss raus“-Tarif dessen Einkommen schmälert. Dass die SPD schon anfängt, den solchermaßen wirtschaftsliberal verwirrten Gabriel als möglichen Kanzlerkandidaten für 2017 zu demontieren, sei ein dieser Stelle mit einer gewissen Genugtuung registriert.

In Köln wird im September 2015 ein neuer Oberbürgermeister gewählt. CDU, FDP und Grüne einigten sich auf eine parteilose Kandidatin. Der SPD-Kandidat Jochen Ott bekommt Konkurrenz durch einen weiteren Kandidaten, nämlich Herbert Nussbaum, den „singenden Nackedei Cowboy aus der Düsseldorfer Altstadt“. In Düsseldorf scheiterte er bei der letzten Wahl mit 2850 Wählerstimmen gegen Thomas Geisel (SPD). In Köln rechnet Nussbaum sich nun bessere Chancen gegen Jochen Ott aus, der als machtbewusster, aber ansonsten konturloser Parteisoldat gilt. Nussbaums Wahlkampfetat liegt bei 50 Euro. Das reicht locker für ein Bahnticket nach Köln und wieder zurück.
© Raap/Bär 2015