Archive for Juni, 2021

Baer aktuell Nr. 300 – 3. Juni 2021

Dienstag, Juni 1st, 2021

Bild des Monats Juni 2021: Jürgen Raap, „Das Kap der grauen Nase“, Acryl und Öl auf Leinwand, 2021

Bär aktuell – 3. Juni 2021

Vom Schwipps bis zum Vollrausch – oder: Von der „Kalten Ente“ zum „Fisternöllche“. Marian Krause aus der Kölner „The Grid Bar“ gewann unlängst den Titel „World Class Bartender Germany 2021“. Es heißt, zu seinem Cocktailrezept „Fisternöllche“ habe er sich angeblich von der „Kalten Ente“ inspirieren lassen, einem Getränk, das im Rheinland zu Karnevalssitzungen gehört wie Tusch und Klatschmarsch und bei dem man eine Zitrone über einer Karaffe aufspießt und dann gleichmäßig Wein und Sekt darüber kippt. Im benachbarten Flandern heißt dieses Mixgetränk übrigens „Half en Half“. Die „Aachener Zeitung“ lästerte darüber vor Jahren, bei den „prestigeträchtigen“ Fernsehsitzungen im Kölner Gürzenich sei „Kalte Ente“ nur „eine Mischung aus Sekt und Weißwein mit eingebauter Kopfschmerzgarantie und einem Preis von mindestens 80 Euro“. Ein „Fisternöll“ ist im Rheinland eine heimliche Liebschaft, und der „Kölner Stadtanzeiger“ verriet Krauses Rezept für den „Fisternöllche“-Cocktail: „30ml Belsazar Rosè | 100ml hausgemachte Waldmeisterlimonade | 1 Pinselstrich Waldmeister Farbe | 1 Spritzer Limette | 1 Waldmeisterblatt“. Damit verbinden der Bartender Markus Krause und seine Zunftkollegen bei ihren Gästen an der Bar auch pädagogische Ambitionen: „Wir möchten sie sensibilisieren, alkoholische Getränke bewusst zu genießen”. Ob man damit allerdings einen notorischen Ballermann-Krawallöres, der es gewohnt, Sangria nur aus Eimern zu saufen, umerziehen kann, wagt Herr Bär zu bezweifeln. Obwohl eine solche eimerweise Menge „Sangria“ deutlich mehr Kopfschmerzen verursacht als eine einzige Karaffe „Kalte Ente“. © Raap/Bär 2021

Bärs Sprachkritik – Zu den höchst unsinnigen Modewörtern, die derzeit im Neusprech der Marketinglurche und Werbedeppen kursieren, gehört zweifellos die Vokabel „Hub“. Ursprünglich bezeichnete man damit nur einen Knotenpunkt in der Logistik und in der Luftfahrt. Wenn man aber in unseren Tagen die Auslagerung von Büros aus der Unternehmenszentrale als „Innovation Hub“ bezeichnet, um das Wort „Außenstelle“ zu vermeiden, findet Herr Bär das ziemlich albern. Wer auf der Suche noch dämlicherer Beispiele ist, der goutiere einmal die „Tiroler Landeszeitung“. Dort sind einige Zeitgenossen der Ansicht, Tirol sei „ein starker Standort bezogen auf den Life-Science-Sektor“, und so plant man dort nun eine Investition von 4,5 Mill. Euro in einen „Health Hub“, was immer damit gemeint sein soll. Es kommt in Innsbruck aber noch doller. Die Manager von „Innsbruck Tourismus“ haben nämlich einen alten Pavillon vor dem Landestheater reaktiviert, dem die „Tiroler Landeszeitung“ euphemistisch prophezeit, er könnte zu einem „Alpine Hub“ werden. In diesem „Knotenpunkt“ des örtlichen Fremdenverkehrsvereins kann man z.B. Kaffee trinken und sich „Sportequipment“ ausleihen. So weit so gut. Aber warum muss diese Kaffeebude dann ausgerechnet ein „Alpine Hub“ sein? © Raap/Bär 2021

Negernbötel bei Bad Segeberg hat ungefähr 1.000 Einwohner. „Zu Negernbötel gehören auch die Ortsteile Heidkaten, Stüff, Kiebitzholm, Bredensegen und Gut Maleksberg“, ist bei „Wikipedia“ nachzulesen. Viel Aufregendes passiert dort im allgemeinen nicht: „Negernbötel ist Geheimtipp für Schleichwege-Spezis“, die eine Sperrung der B 205 umfahren wollen, informiert „LN Online“ als lokale Sensation. Wie viele der rund 1.000 Einwohner dunkelhäutig sind, und ob sich einer von ihnen jemals über den Ortsnamen beschwert hat, ist nicht bekannt. „BILD“ ließ jedenfalls den Tischerlehrling Julien Roth (19) zu Wort kommen, der bekundete, das Dorf sei „wirklich nicht von Rechtsradikalen geprägt“. Gleichwohl forderte die Grüne Jugend von Bad Segeberg eine Umbennenung des Ortes, weil der Name angeblich rassistisch klänge. Nun ist Herr Bär selbstverständlich auch gegen jegliche Form von Rassismus, Antisemitismus und Sexismus (und in diesem Kontext lehnt Herr Bär übrigens auch die teils aggressive vulgäre sexistische Gossen-Sprache mancher Rap-Musiker ab). Aber Herr Bär wehrt sich gleichzeitig auch gegen selbsternannte Missionare in Sachen sprachlicher Umerziehung und verweist dazu auf einen Text in der NZZ-„Neuen Zürcher Zeitung“ mit dem Titel „Wie Identitätspolitik Geschichte verfälscht“. Dort heißt es, dass es „gerade die moralisch am besten legitimierten Absichten“ seien, „welche die schlimmsten Nebenfolgen hervorbringen. Historisch betrachtet ist es vom Glauben an die gerechte Sache bis zum Fanatismus nur ein kurzer Weg.“ Darf man also durch eine quasi sprach-polizeiliche Umbenennung eines Ortes einfach dessen Geschichte ausradieren? Herr Bär empfindet den grünen Parteinachwuchs in Bad Segeberg als anmaßend, zumal bei denen eine völlige Unkenntnis und Unbeholfenheit in Sachen Sprach- und Landesgeschichte vorzuherrschen scheint. „Bötel“ oder „Büttel“ bedeutet im Niederdeutschen „Siedlung“, und ab 1306 bezeichnete man dort im Einzugsbereich eines Klosters das benachbarte Dorf „Fehrenbüttel“ als die „fernere Siedlung“ und „Negernbötel“ in Abgrenzung dazu als die „nähere Siedlung“. Es gibt also weder einen linguistischen noch einen historischen Grund für eine Umbenennung, zum Beispiel in „Näherbötel“. So bremste sogar Steffen Regis, der Landesvorsitzende der Grünen, seinen bildungsdefizitären und daher arg verblendet herum irrlichternden Parteinachwuchs: „Eine Umbenennung des Ortes steht für uns nicht zur Debatte.“ Herr, lass Hirn regnen. Vor allem auf die Grüne Jugend von Bad Segeberg. © Raap/Bär 2021

Womit beschäftigt man sich eigentlich im Berliner Abgeordnetenhaus? Zum Beispiel mit dem „Zustimmungsgesetz zu einem Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und der Freien und Hansestadt Hamburg über die Führung des Schiffsregisters und des Schiffsbauregisters“. Was bisher kaum jemand wusste: „Derzeit umfasst das Berliner Schiffsregister nach Mitteilung des Amtsgerichts Charlottenburg ca. 1000 Binnenschiffe und 350 Seeschiffe“. „Heidewitzka, Herr Kapitän!“ ruft Herr Bär dazu aus, und fragt sich zugleich eher ratlos: Was wollen die denn mit all den Seeschiffen auf der Havel und der Spree? In der „Drucksache 18/3689“ ist zu diesem Gesetzesvorhaben nachzulesen, dass „die Änderungen im Schiffsregister aufgrund des derzeit bestehenden veralteten Eintragungsverfahrens mit Schreibmaschine erfolgen“ müssen. Mit der Schreibmaschine! Und das im Jahr 2021! Einen Schreibcomputer können sie sich in der Berliner Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt oder wo und bei wem auch immer die Zuständigkeit dafür liegt, nicht leisten, aber 350 Seeschiffe! Herr Bär hält das für übertrieben. Denn selbst die Schweizer Hochseeschifffahrt unterhält ja nur 27 Schiffe, die zum Ruhme des Alpenlandes als Seefahrernation beitragen. Registerhafen dafür ist Basel, und Herr nimmt an, dass sie dort schon mit etwas modernerem Schreibzeug ausgestattet sind als im rückständigen Berlin (s. hierzu auch das „Bundesgesetz über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge“). © Raap/Bär 2021

Mit der lockdowngelockerten Wiedereröffnung der Gastronomie zog es Herrn Bär zu einem griechischen Restaurant, wo er zum Essen einen Rotwein von der Peloponnes wählte, den die Weinkarte als „vielschichtig in der Nase“ und „pelzig im Abgang“ anpries. In der Tat belebte dieser Wein Geist und Gaumen von Herrn Bär. Allerdings führt nicht immer der Genuss von Spirituosen auch zur Spiritualität, wie man an einem Laternenpfahl am Kölner Heumarkt feststellen kann, an welchem jemand mit pubertärem Übermut und mit dem Absender „Thusnelda-Gymnasium“ einfältige juvenile Trinksprüche hinterlassen hat. Die Spottbezeichnung „Tussi“ für intellektuell unbedarfte junge Damen leitet sich übrigens von „Thusnelda“ ab. Um politische Korrektheit bemüht muss Herrn Bär allerdings darauf hinweisen, das es heut zu Tage natürlich auch mit ebenso schlichtem Gemüt ausgestattete junge Herren gibt, die man – um von vorneherein jeglichem Gendersprachen-Unsinn vorzubeugen – dann als „Tusso“ bezeichnen müsste und nicht etwa als „Tussi*“. Doch man täte Herrn Bär Unrecht, ihm nun vorzuwerfen, ein alter Sack zu sein, noch dazu ein weißer, wie man in gewissen Kreisen diese Spezies des weißen alten Mannes ja heute gerne zu schmähen pflegt. Gewiss hat der 85jährige Emeritus für Ästhetik und Kunsttheorie Bazon Brock recht, als er kürzlich bekundete: „Alte Leute sind gefährlich. Denn die Zukunft ist ihnen egal“. Jaja, die Hauptsache ist, der Rotwein ist noch „pelzig im Abgang“. Aber was eine Toleranz gegenüber den Trinksitten heutiger Gymnasiasten angeht, zumal jenen des Thusnelda-Gymnasiums, so hält es Herr Bär da doch mit Robert Habeck, als diesen unverhofft ein Anflug von Liberalität heimsuchte, da er nämlich neulich im „Spiegel“ bekannte, jeder solle essen und trinken dürfen, was er wolle. Nehmen wir also in dieser Hinsicht die Grünen beim Wort. Text und Foto: Copyright Raap/Bär 2021

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Lammhackcurry mit Kichererbsen à la Karl-Josef Bär

Kichererbsen sind in der mediterranen und orientalischen Küche weit verbreitet. Man erhält sie roh und muss sie dann einweichen, getrocknet oder vorgekocht als Konserve. Man bereitet sie mit Gewürzen zu, die ein kräftiges Aroma haben wie Kreuzkümmel, Paprika, Koriander, Knoblauch, Ingwer Zimt oder Nelke. In Indien nimmt man für Curry-Gerichte auch gerne Garam Masala oder Tikka Marsala, eine fertige Würzmischung in verschiedenen Varianten, u.a. mit Kardamom, Nelke, Zimt, schwarzem Pfeffer, Muskat, Fenchel, Lorbeer, Kreuzkümmel, Koriander, Ingwer, Sternanis, Chili. Herr Bär brät Lammhack mit frischen Zwiebeln an, fügt Tomatenstücke und Tomatenpüree hinzu, rührt dann die Kichererbsen ein mit Gemüsefond und die Gewürze, zum Schluss auf jeden Fall frischer Koriander, und rundet das ganze mit Kokosmilch und Limettensaft ab.

Rochenflügel à la Karl-Josef Bär

Der Rochen gehört zu den Knorpelfischen; bekannt sind über 600 Arten. Er kommt in allen Weltmeeren vor. Salzkartoffeln in kleine Würfel schneiden und kochen. Bei Tomaten die Haut abziehen und klein würfeln. 2 Schalotten oder 1 mittelgroße Zwiebel klein würfeln. Kapern und Knobloch und ½ rote Spitzpaprika grob hacken. Rochenfilets salzen, pfeffern und mehlieren und in Olivenöl braten, Schalotten/Zwiebeln und andere Zutaten hinzugeben, andünsten, mit Fischfonds ablöschen und kurz aufkochen lassen. Etwas Tomatensaft hinzufügen. Mit frischem Dill und frischer Petersilie bestreuen.

Impressum: v.i.S.d.P Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln