Archive for August, 2019

bär aktuell 269-271 – 22. Aug. 2019

Donnerstag, August 1st, 2019
Plakat für Schäferhundwettbewerb in Ahlen/Westfalen, August 2019, Foto: Copyright Raap/Bär 2019

Bär aktuell 271 – 22. Aug. 2019

Bär polyglott – Unterwegs mit Herrn Bär
Was gibt es Neues aus Westfalen zu berichten? Nun, nicht nur die Belgier sind zweisprachig, sondern auch die Bewohner des 1946 von der britischen Besatzungsmacht künstlich geschaffenen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Linguistisch ein Land, zwei Systeme, wie in China? Nicht ganz, aber es gibt schon markante sprachliche Unterschiede, was nicht nur an der Benrather Sprachlinie liegt, die als Verlängerung der Sprachgrenze zwischen dem Flämischen und dem Wallonischen von Aachen aus weiter nach Osten verlaufend bei Düsseldorf-Benrath den Rhein überquert und damit das Niederdeutsche (Westfälisch) und das mittelhochdeutsche Ripuarisch-Fränkische (Rheinisch) voneinander trennt. Während nämlich der rheinische Bio-Bauer auf seinem Acker ein Schild aufstellt und auf hochdeutsch informiert „Hier Tomaten aus eigener Aufzucht“, pflegt der westfälische Landwirt seine Erzeugnisse ebenfalls auf hochdeutsch, aber mit dem abweichenden Text „Hier Tomaten aus eigener Anzucht“ anzupreisen. Ansonsten ist noch unbedingt erwähnenswert, dass in Westfalen „Hundesport der Extraklasse“ geboten wird, wenn „die besten deutschen Schäferhunde“ aus dem Landstrich zur „Landesgruppenentscheidung“ antreten, wobei neben „Schutzdienst“ und „Fährtenarbeit“ eine der Disziplinen auch darin besteht, herauszufinden, wie sehr der am Wettbewerb teilnehmende deutsche Schäferhund die „Unterordnung“ unter das Herrchen verinnerlicht hat. Auf der Suche nach Nahrung stieß Herr Bär in Westfalen auf das „Gourmet-Lädchen“, das als kulinarischen Höhepunkt nicht irgendeinen manierierten Hipster-Food-Firlefanz, sondern erfreulicherweise schlicht eine „Currywurst“ auf seiner Karte notiert hat. So trat Herr Bär die Rückfahrt gesättigt in der Gewissheit an, wenn die Welt im 21. Jh. noch halbwegs in Ordnung ist, dann ist sie es zumindest am Rande der Münsterländer Bucht, und ansonsten gilt dort nach wie vor der gleichmütige metaphysische Glaubenssatz: „Klappt etwas nicht auf dieser Welt, dann klappt’s auch nicht in Bielefeld“.


Schon 2015 brachte der „Spiegel“ eine Titelstory „Wie Europäer auf die Deutschen blicken – The German Übermacht“. Und erst kürzlich erklärte jemand aus dem Ausland noch einmal: früher hätten die Deutschen versucht, Europa militärisch zu beherrschen, dann zwei Generationen später wirtschaftlich zu dominieren und jetzt würden sie aus einer Position der moralischen Überheblichkeit heraus den anderen in Europa diktieren wollen, was gutmenschlich und was böse ist. Und so findet seitens von Herrn Bär der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann durchaus Zustimmung, wenn er den Hypermoralisten ins Poesie-Album schreibt: „Ich halt‘ von dieser ganzen Moralisiererei wenig… Rumzumoralisieren ist Aufgabe von Eltern, von Erziehern, von Kirchen, von Philosophen, von der Gesellschaft überhaupt – aber nicht von der Politik.“ In diesem Kontext möchte Herr Bär Herrn Kretschmanns Ausführungen ergänzen, dass schon vor knapp 100 Jahren André Breton in seinem „Manifest des Surrealismus“ forderte, es gelte eine Kunst zu machen „ohne Diktat der Vernunft, der Moral oder der Ästhetik“. Dies zu erwähnen ist insofern höchst aktuell, da im Kretschmann’schen Sinne die moralisierende Eiferei nicht nur in der Politik überhand nimmt, sondern auch in der Kunst. So sah sich unlängst der Ausstellungsleiter des Berliner Künstlerhaus Bethanien, Christoph Tannert, in seiner kuratorischen Freiheit attackiert, er habe in seiner Ausstellung „Milchstraßenverkehrsordnung – Space is the place“ von 22 künstlerischen Positionen 18 von weißen Männern, nur drei von Frauen und lediglich eine von einem nicht-weißen Künstler zusammengetragen, wie ihm eine anonyme Aktivistengruppe namens „Soap du jour“ vorwirft. Für die Chefredakteurin der Kunstzeitschrift „Monopol“, Elke Buhr, sind indessen die „provokanten Aussagen“ über Tannerts angeblichen „unerschütterlichen“ Einsatz „für die weiße Männlichkeit… jedoch rein faktisch falsch“, und Buhr, die über jeden Verdacht erhaben ist, einer selbstverständlich abzulehnenden rechtspopulistischen Propaganda Vorschub zu leisten, sieht in diesem Vorgang deswegen ein eklatantes Beispiel dafür, mit welcher „Härte aktuelle identitätspolitische Machtspiele in der Welt der Kunstschaffenden ausgetragen werden.“ „Cancel Culture“ nennt man diese höchst fragwürdige Variante eines medialen Shitstorms in der Form eines moralisierenden öffentlichen Anprangerns à la „Soap du jour“ derjenigen, die von einem gewissen Mainstream abweichen – das Strafmaß ist dann eine „Verbannung aus dem öffentlichen Leben… für Verstöße gegen die politische Korrektheit“, schreibt der Berliner „Tagesspiegel“ dazu: „Kritiker der ‚Cancel Culture‘ warnen vor der Tyrannei der linken Sittenpolizei oder dem Stammesdenken des Twittermobs, und verweisen auf die Freiheiten der Kunst- und Meinungsäußerung.“ Sturen Dogmatismus, verblendeten Fanatismus und ideologische Verbohrtheit hat Herr Bär jedoch schon vor knapp 50 Jahren für sich selber konsequent abgelehnt, als er solche Exzesse der Rigorosität im Nachhall der 1968er-Protestbewegung hautnah erlebte, sich aus dieser deswegen zurück zog und aufgrund dieser Erfahrungen sind ihm auch manche der heutigen Hysteriker in höchstem Maße suspekt.
© Raap/Bär 2019


Beachten Sie auch folgende Ausstellungshinweise:
Samstag, 24. August 2019, 16 Uhr:
Vernissage der Ausstellung von Siglinde Kallnbach „a performancelife“ im Kunstmuseum Ahlen.
Es spricht Dr. Winfried Gellner, Köln.

Am Samstag, 21. September 2019, führt Siglinde Kallnbach dort eine Performance auf.

Laufzeit der Ausstellung bis 3. Nov. 2019.

Sonntag, 1. September 2019, 14 Uhr:
Vernissage der Ausstellung „Siglinde Kallnbach – a performancelife“ im Naturmuseum Tann/Rhön. Mit einführenden Worten und einem malerischen Gastbeitrag von Jürgen Raap, Köln. Laufzeit der Ausstellung bis 1. Nov. 2019.


Foto: Siglinde Kallnbach, Ausstellungsansicht „ a performancelife“, Kunstmuseum Ahlen, 2019, Foto: Copyright S. Kallnbach


Bild des Monats August 2019: Jürgen Raap, Das Theater der Exekutionen, 2019, Foto: Copyright J. Raap 2019 – alle Rechte vorbehalten

bär aktuell 270 – 11. August 2019

Heidewitzka, Herr Kapitän, me’m Prinz vun Monaco fahre mer su jän… Zu den Begleiterscheinungen der christlichen Seefahrt gehört heute leider auch die Verunreinigung der Meere. Daran hat paradoxerweise auch Greta Thunberg ihren Anteil, die sich mit einer gewissen Cleverness einen Gratis-Segeltörn erschnorrte, um dann zwar „klimaneutral“ auf der Segelyacht des Prinzen von Monaco über den Atlantik zu schippern, zwecks Teilnahme an einem UN-Klimagipfel in New York, dabei aber in Kauf nimmt, dass der Prinz von Monaco auf seiner Yacht keine Bordtoilette hat: auf hoher See verrichten der Prinz und sein Fahrgast ihre Notdurft daher in „biologisch abbaubare Beutel“, die dann mitsamt ihrem Inhalt einfach über Bord geworfen werden: so beschrieb der Kölner „Express“ die sanitären Zustande auf der Yacht des Prinzen von Monaco. Der PR-Wirkung des Greta-Kult-Marketings tut das aber wohl keinen Abbruch. Doch just in jenen Tagen, als die Ikone der schuleschwänzenden Pennäler wortwörtlich ins Meer kackte, war im Internet bei „Reisereporter im Redaktionsnetzwerk Deutschland“ nachzulesen, in diesem Sommer sei an 48 spanischen Stränden „Fäkalien-Alarm“ ausgerufen worden (der „Focus“ spricht komparativerweise sogar von „Ekel-Alarm“).

© Raap/Bär 2019

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Grüne Heringe – Früher ein Arme-Leute-Essen, heute eine bisweilen selten gewordene Delikatesse aufgrund der Überfischung der Meere. Bei den frischen, rohen Heringen entfernt man Köpfe und Schwänze, schuppt sie und nimmt sie aus, lässt sie dann leicht in Essigwasser ziehen, bevor man sie salzt, pfeffert, in Mehl wälzte und dann in heißem Öl brät.

Labskaus ist ein seit dem frühen 18. Jh. bekanntes Seefahrergericht aus der Zeit, als es nur Segelschiffe gab und man für lange Überfahrten nur gepökeltes Fleisch mitnehmen konnte. Gepökeltes Rindfleisch wird in leicht gesalzenem Wasser gekocht, dann zusammen mit Zwiebeln, frischem Speck, Matjesheringen, Gewürzgurken und frische oder eingelegter Roter Beete gewolft oder per Mixer püriert. Die Masse wird dann in Salzwasser durchgekocht, zum Schluss mischt man vorgekochte Kartoffeln oder Kartoffelbrei unter. Dazu reicht man einen Rollmops oder Bismarckhering, Spiegelei und eine Gewürzgurke.

bär aktuell 269 – 3. Aug. 2019

Wer sich noch gut an die Zeiten erinnert, als die schratig gewandeten Grünen im fusseligen Norwegerpullover auf ihren Parteitagen Strick- und Häkelzeug auspackten und in ihren Kreisen die ausgebeulte lila Latzhose der Inbegriff eines alternativkulturellen Modebewusstseins war, der mag gewiss den Kolumnisten zustimmen, die nun Annalena Baerbock und Robert Habeck als das neue Glamour-Paar der heutigen Öko-Partei hochjubeln. Da versucht nun die SPD mitzuhalten, indem ihr Führungspersonal ernsthaft überlegt, als Gegenpart zu diesem grünen Glamour-Tandem nunmehr Gesine Schwan und Kevin Kühnert als Doppelspitze zu berufen. Die „Berliner Morgenpost“ apostrophierte die beiden sogar bereits – dies freilich etwas allzu vollmundig – als „die Macrons der SPD.“ Nun ist Gesine Schwan eine respektable Dame, die bisher keinerlei Anlass bot, in „bär aktuell“ Witze über sie zu reißen, wobei sich allerdings im Vergleich mit der französischen Eleganz von Madame Macron ein Zitat aus „Die Welt“ anführen ließe: „Gesine Schwans Frisur hat die SPD-Kandidatin… bekannter gemacht als ihr mutiger Antikommunismus 1968.“ Ob das reicht, um jetzt mit der Wuschelkopf-Frisur von Robert Habeck zu konkurrieren, mag dahin gestellt bleiben. Aber ein Vergleich von Kevin Kühnert mit Emmanuel Macron gerät zur Lachnummer, auch wenn die Zeitschrift „Cicero“ in beiden den „Phänotypus politischer Abenteurer“ zu erkennen glaubt und in diesem Kontext ebenfalls den Österreicher Sebastian Kurz anführt. Aber Hand aufs Herz: im Vergleich zu Macron wirkt Kevin Kühnert doch eher wie ein Balljunge auf dem Turnierplatz der Weltpolitik. Ob indessen Christina Kampmann und Michael Roth, die offiziell ihren Hut als Vorsitz-Kandidaten in den Ring geworfen haben, tatsächlich den nächsten SPD-Parteitag mit mehr Glamour und Weltläufigkeit zur Krönungsmesse und nicht zum Trauerspiel geraten lassen, als man dies dem Duo Schwan/Kühnert zutrauen kann, muss abgewartet werden. Der „Spiegel“ spricht jedenfalls von der „Clownisierung der Politik“, meint damit aber nicht „die Macrons der SPD“, sondern Peer Steinbrücks neue Karriere als Kabarettist.

Copyright: Raap/Bär 2019

Bildstrecke „bär aktuell spezial: „Der Geysir von Andernach“

Geysir von Andernach, Foto: Copyright Raap/Bär 2019
Rhein bei Andernach, Foto: Copyright Bär/Raap 2019

© Raap/Bär 2009

Bär polyglott- unterwegs mit Herrn Bär Wer nicht so weit zu den Kaltwasser-Geysiren von Soda Springs in Idaho (USA) oder dem Mokena Geyser von Te Aroha (Neuseeland) reisen will, zumal es neuerdings gilt, unterwegs keine „ökologischen Fußabdrücke“ zu hinterlassen, der kann auch auf einer Fahrt mit der Deutschen Bahn von Köln ins beschauliche Andernach am Rhein jede Menge Abenteuer erleben. Diesmal war nämlich das Stellwerk von Sechtem kaputt, doch der Zugführer war immerhin um Service-Freundlichkeit bemüht, als er per Lautsprecher den Text durchgab: „Verehrte Fahrgäste, wir halten jetzt bis auf unbestimmte Zeit in Brühl. Sie können ruhig draußen auf dem Bahnsteig eine Zigarette rauchen; ich sage Ihnen rechtzeitig Bescheid, ob und wann es weiter geht“. Das Fährschiff in Andernach zu der Halbinsel mit dem Geysir legt allerdings immer absolut pünktlich ab; und der Geysir dort lässt eigenartigerweise ebenso pünktlich exakt alle 100 Minuten seine Fontäne acht Minuten lang hochspritzen, und dies aus dem Gestein in 350 Metern Tiefe. Jedenfalls ist der Geysir von Andernach zuverlässiger als das Stellwerk von Sechtem, und an der Pünktlichkeit der Natur sollte sich die Deutsche Bahn mal ein Beispiel nehmen. Und wer eine vorzüglich-zarte hausgemachte Rinderroulade und dazu einen Leutesdorfer Riesling mit mineralisch-dezenter Säure zu schätzen weiß, der kehre anschließend in Andernach im Hotel-Restaurant „Rheinkrone“ ein.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Gazpacho andaluz

Beheimatet ist diese kalte spanische Gemüsesuppe aus ungekochten Zutaten in Andalusien und Südportugal (Algarve). Es wird behauptet, das Rezept sei maurischen Ursprungs, und es hätte eine Knoblochsuppe mit Gurken, Essig, Wasser und Salz beschrieben. Tomaten und Paprika waren vor der Entdeckung Amerikas in Spanien unbekannt; man fügte sie vermutlich erst im 18. Jh. dem Rezept hinzu. Für 2 Portionen nehme man 3 Tomaten, 1-2 rote Paprikaschoten, 2 Knoblochzehen, ½ Gurke – im Mixer pürieren und in eine Schale geben, salzen und pfeffern, vorsichtig mit ein wenig Wasser verdünnen.

Salade Niçoise wird in Olivenöl mit Essig oder Zitrone angemacht und besteht aus gekochtem Ei, Thunfisch, Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Knoblauch, Gemüsepaprika, grünem Salat, Basilikum schwarzen Oliven und Sardellen.

Rinderroulade klassisch Die Rouladenscheiben von beiden Seiten pfeffern und salzen, auf der Innenseite auch mit Paprikapulver und mit Senf bestreichen und ½ Knoblauchzehe ausdrücken. Mit Scheiben von Frühstücksspeck belegen, darauf klein gehackte Zwiebeln, klein gehackte Zwiebeln und in dünne Streifen geschnittene Gewürzgurken verteilen. Man kann dieses Rezept auch noch um eine zusätzliche Abrundung dieser Füllung mit Schweinehack ergänzen. Dann rollt man die Fleischscheiben zusammen und steckt sie mit Zahnstochern oder metallenen Bratenstickern fest, brät sie in einer Pfanne oder einem Bräter von allen Seiten in Öl oder Schmalz scharf an, fügt weitere Zwiebelstücke hinzu, füllt das Ganze dann mit Rinderfond auf, in welchem man anschließend Selleriestücke und Möhrenstücke einkochen lässt, gibt dann ein paar Pimentkörner, Nelken, grünen Pfefferkörnern, etwas Tomatenmark und ein Lorbeerblatt hinzu sowie einen Schuss Rotwein und lässt das Fleisch 1 ½ bis 2 Std. bei niedriger Hitze weich schmoren, füllt dabei den Sud bei Bedarf mit Brühe auf. Wer will, kann zum Schluss die Sauce mit etwas Mehl abbinden.