Archive for September, 2020

Bär aktuell Nr. 290 – 3. Sept. 2020 / 22. Sept. 2020

Dienstag, September 1st, 2020

Bild des Monats September 2020:

Jürgen Raap, „Rheinischer Frohsinn II“, 2020

Bär aktuell Nr. 290 – 3. Sept. 2020

Gut gesagt Die mittlerweile 39jährige Hotel-Erbin Paris Hilton gab in einem Interview zu Protokoll: „Ich musste lernen, mich selbst zu lieben. Das habe ich früher nie getan“. Dazu fällt Herrn Bär ein passendes Zitat von Friedrich Schiller aus seinen „Philosophischen Briefen“ ein: „Ein Geist, der sich allein liebt, ist ein schwimmender Atom im unermeßlichen leeren Raume.“ Putzig war auch die Einlassung von James P. Bradley, der bei den US-Kongresswahlen für die kalifornischen Republikaner antritt, er habe sich „versehentlich“ einen Rap-Song mit schlüpfrigen Texten angehört und anschließend das Bedürfnis gehabt, sich „Weihwasser in die Ohren schütten“ zu müssen. Wenn’s denn geholfen hat. Jedenfalls fällt Herrn Bär dazu diesmal kein Schiller-Zitat ein. Der Modemacher Wolfgang Joop verriet unterdessen, er trage auch im Alter von 75 Jahren noch gerne knapp sitzende Badehosen, was bei einem „älteren Herrn“ freilich „nicht sehr klug“ wirke, aber er, Joop, sei „dann eben doch lieber doof und gutaussehend“. Aber selbst manch Jüngere sehen in einer zu knappen Tarzan-Badehose nur doof aus, vor allem wenn an ihrem Kopf noch ein Undercut-Heinrich Himmler-Haarschnitt hinzukommt. © Raap/Bär

Als der NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ein nächtliches Alkoholverbot für die übermütige Partyszene in Erwägung zog, meldete die Kölner Lokalpresse in der Ausgabe vom selben Tag, in Köln-Nippes habe man die „Blaue Woche“ ausgerufen. Dabei handelte es sich allerdings nicht um eine Protestaktion gegen die Laumannsche Abstinenzpolitik und auch nicht um eine einwöchige kollektive Schnapsverköstigung („Heute blau und morgen blau….“), sondern um einen harmlosen Schabernack, bei dem Nippeser Geschäftsleute ihre Schaufenster eine Woche lang blau dekorieren und die Leute „em Veedel“ sich blaue Perücken aufsetzen, was immer damit ausgedrückt werden soll.

Wer unterdessen morgens in der vollbesetzten U-Bahn oder im Gedränge auf einer Partymeile ohne Maskenschutz die Umstehenden sprühnebelartig mit seinen Aerosolen vollniest und eine mögliche Ansteckung der anderen mit einem achselzuckenden „Nach mir die Sintflut“ kommentiert, der sei darüber belehrt, dass dieser Ausspruch von Jeanne-Antoinette Poisson Marquise de Pompadour stammt, die 1757 gerade ein rauschendes Fest feierte, als ihr die Nachricht übermittelt wurde, das Heer des preußischen Königs Friedrich II. habe bei Roßbach die französische Armee vernichtend geschlagen. Sie wollte sich indessen die Party nicht vermiesen lassen, wie auch heute nicht so manche „Weekend for Party“-Aktivisten, und so kommentierte sie die militärische Niederlage ohne großes Bedauern mit eben jenen Worten „Nach mir die Sintflut“. Mit Madame de Pompadour nahm es dann allerdings ein schlimmes Ende – sie starb im Alter von nur 43 Jahren im Jahre 1764 an einer Lungenkrankheit. © Raap/Bär

Als Beispiele für journalistisch gelungene Bildhaftigkeit wären zu nennen die Vokabel „Reichstagsbeschmutzer“ (Kölner „Express“ am 31. 8. 2020) für die Obskuranten, die keine Bannmeile respektieren, und ebenso die Schlagzeile bei „petonline.de“: „Fressnapf macht Sprung nach vorne“. Wenn der Weitsprung eines Fressnapfs demnächst auch noch durch einen brennenden Reifen klappen würde, wäre das gewiss eine zirkusreife Nummer. Zugleich erweckte bei Herrn Bär ein Jungredakteur beim Kölner „Express“ den Eindruck, er sei bei der Abfassung seiner Reportage über eine Protestaktion von Prostituierten vor dem Düsseldorfer Landtag nicht mehr ganz nüchtern gewesen, als er nämlich auf schenkelklopfendem Altherrenwitzniveau eine Madame Pläsier zu Wort kommen ließ, hinsichtlich ihrer Forderung nach Aufhebung der coronabedingten Bordellschließungen sei NRW-Ministerpräsident Armin Laschet bislang „nicht aus der Hose gekommen“. Vor vierzig Jahren garnierte der Klatschkolumnist Michael Graeter in der Münchener „Abendzeitung“ und in „BILD“ seine Berichte von der champagnerschlürfenden Front der Schönen, der Millionäre und der Hochstapler gerne mit augenzwinkernden Schlüpfrigkeiten, was in den heutigen Zeiten eines dogmatischen Sprachpruritanismus allerdings völlig obsolet geworden ist. Gegen die inzwischen allzu pingelige Beckmesserei der linguistischen Eiferer regt sich freilich neuerdings inzwischen auch massiver Widerspruch. So schrieb Dr. Nele Pollatschek jüngst im „Berliner Tagesspiegel“, „dass diese gegenderten Berufsbezeichnungen heute, wo die Berufe allen Geschlechtern offenstehen, nicht mehr verwendet werden sollten“: sie selbst sähe sich mithin als „Schriftsteller“ und nicht als „Schriftstellerin“, und mit jener sprachlichen Rigorosität, die es so im angelsächsischen Sprachraum nicht gäbe, erweise sich bei uns paradoxerweise das „Gendern“ als „eine sexistische Praxis, deren Ziel es ist, Sexismus zu bekämpfen.“ Das führt dann bisweilen zu allerlei linguistischen Verrenkungen und Verstiegenheiten: so berichtet Pallatscheck, sie war mal zu Gast in einem ‚Star Trek‘-Podcast und wurde dort als ‚Gästin‘ angekündigt.“ In ähnlicher Weise attackierte jüngst der Schriftsteller Maxim Biller in einem „Spiegel“-Interview die „neobolschewistischen Sprachübereinkünfte, die sich schneller verbreiten als die Wuhan-Seuche“. Wer dagegen verstößt, erfährt eine Anprangerung wie im Mittelalter und Verbannung mittels „Cancel Culture“, wobei man laut Maxim Biller heute “ nicht mehr von der Gestapo oder der Stasi abgeholt“ werde, sondern man bekäme eher „Stress mit“ dem „Arbeitgeber“ und verlöre „irgendwann“ seinen „Job“: „Das sind eigentlich ganz üble Kapitalismusmethoden“.

Aber um Missverständnissen und Beifall von der falschen Seite vorzubeugen, stellt Maxim Biller klar: „Man darf… nicht aus Kritik an den Neulinken zu einem Neurechten werden“. Sehr erfrischend liest sich in derselben Ausgabe des „Spiegel“ das Bekenntnis des 75jährigen Rockmusikers Ian Gillan, er könne über den Vorwurf lachen, er und seine Bandkollegen bei Deep Purple machten heute „Musik von alten weißen Männern für weiße Männer“. Und Gillan schiebt in Sachen Generationenkonflikt nach: „Früher waren alte Menschen keine Gefahr für Jüngere. Sie hockten einfach herum und waren alt“. Der heutigen Verbissenheit in Sachen politischen Korrektheit attestiert Ian Gillan hingegen ähnlich wie Maxim Biller diktatorische Züge: „Eine schweigende Mehrheit wird mit Angst reguliert. Das kritische Denken und das freie Sprechen werden auf diese Weise allmählich ausgeschaltet. Was mich betrifft, ich singe um so lauter, je mehr ich zum Schweigen gebracht werden soll“.

© Raap/Bär

Bildstrecke: Impressionen vom Kölner Kommunalwahlkampf Sept. 2020, Fotos: Coypright Raap/Bär 2020 (Jupp), andere: Copyright S. Kallnbach. Alle Rechte vorbehalten.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Böhmische Knoblauchsuppe (Cesnecka) Man kocht Knochen aus oder nimmt eine fertige Geflügelbrühe, die man zusammen mit einer klein geschnittenen Möhre und kleinen Porreestückchen aufkocht. Dann erhitzt man in einem zweiten Topf Schmalz, drückt reichlich Knoblauch darin durch eine Presse aus – der Knoblauch darf aber nicht anbraten, weil er dann bitter wird, daher sofort die heiße Brühe hinzu geben. Abschmecken mit Salz und Pfeffer, zum Schluss Majoran und/oder frische Petersilie hinzu geben. Unmittelbar vor dem Servieren geröstete Weißbrotwürfel hinein streuen.

Admiralsauce Ölsardinen aus der Dose abtropfen lassen, in Stücke zerkleinern und mit, klein gehackten Schalotten, klein gehacktem Knoblauch sowie klein gehackten scharfen Paprika/Chili vermengen. In einer Pfanne Olivenöl erhitzen, die Sardinenmasse hinein geben und unter ständigem Rühren leichr andünsten, dann mit Weißwein und Fischfond ablöschen, zu einer Sauce zerköcheln alsne, zum schluss mit Salz, grünem Pfeffer und Cayennepfeffer sowie Zitronensaft abschmecken.

Schwertfisch Ein Knochenfisch, der fast überall in wärmeren Meeresgewässern vorkommt und wegen seines festen und mageren schmackhaften Fleisches als Delikatesse gilt, reich an u gesättigten Fettsäuren, die günstig fürs Gehirn, Herz und Kreislauf sind. Am besten brät oder grillt man ihn filetiert in Olivenöl. In einer separaten Casserole dünstet man in Olivenöl Lauchzwiebeln, klein gehackte Oliven, klein gehackte Tomaten an, lässt sie in etwas Weißwein, Krebspaste und grünen Pfefferkörnern eine Weile köcheln, fügt dann ausgepressten Knoblauch hin, frischen Dill, Rosmarin und Thymian und übergießt den gegarten Fisch mit dieser Sauce.

Petit salé aux lentilles – Schweinebauch und Saucisse de Toulouse (ersatzweise westfälische Mettwurst oder Bremer Pinkelwurst) mit Linsen. Ein dickeres Stück gepökelten Schweinebauch (oder auch Kasseler) lässt man in einer Fleischbrühe kurz aufkochen und dann ca 30 bis 45. bei schwacher Hitze köcheln, fügt dann Linsen und die Kochwurst hinzu, Zwiebeln, Karotten, Selleriestangen, Thymian, Petersilie, Lorberblatt und Pfefferkörnern.

Rebhuhn mit Feigen-Haselnuss-Farce Rebhühner sind Wildvögel in den Heide- und Steppenlandschaften von Europa und Asien. Sie sind kleiner als gezüchtete Hühner. Tiefgefroren bekommt man sie in Köln-Ehrenfeld im „Kaufland“. Man lässt sie auftauen, salzt und pfeffert sie. Eine Farce ist eine Füllung, in diesem Falle mit Rinder-Kalbs-Hackfleisch, vermischt mit Salz, Cayennepfeffer, grünen Pfefferkörnern, klein gehackten Lauchzwiebeln, 1 zerdrückte Knoblauchzehe, frischem Koriander, frischen Feigen und am besten frisch gepflückten türkischen Haselnüssen aus der Schwarzmeerregion, die man vor dem Vermengen klein hackt. Im Backofen von beiden Seiten bei 200 bis 250 Grad ca. 45-60 Min. garen. Dazu passt Reis oder Bulgur-Grieß.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln