Bär aktuell 206 und Bild des Monats

September 8th, 2016

 

Bild des Monats September 2016:

Jürgen Raap, „Die Platzanweiserin“, 2016

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Jürgen Raap, „Schwimmbadromanzen“, 2016

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Bär aktuell Nr. 205 –  3. Sept. 2016

Dass ein Imbissstand im Kölner Zoo für seine Bratwurst mit dem Hinweis wirbt, das Fleisch dafür stamme aus artgerechter Tierhaltung, ist ja wohl das mindeste, was man vom kulinarischen Angebot eines zoologischen Gartens erwarten kann. Einen Verfall der Esskultur kann man allerdings bei der Einkehr ins Zoo-Restaurant beobachten, das heute „Zoo Event“ heißt: listete die Speisekarte des Jahres 1912 in diesem Zoo-Restaurant nämlich noch „Tournedos Argenteuil“, „Rehkeule mit jungen Gemüsen“, „Filet sauté mit Champignos“ oder „Gänsebraten mit Kompott“ auf, so muss man sich im „Zoo Event“ heute mit besagter Bratwurst, einem „Jumbo Burger“ oder panierten Fischstäbchen begnügen. Auf dem Petticoat-Festival im Kölner Rheinauhafen wurde kürzlich ein „Feinkost-Burger“ angeboten, was ja wohl ein Widerspruch in sich ist, denn „Feinkost“ und „Burger“ schließen sich kulinarisch einander aus. Es sei daran erinnert, dass in eben jenem Jahre 1912 der französische Meisterkoch Auguste Escoffier weltweit in 150 Städten ein „Diner Epicure“ ausrichten ließ,um zu beweisen, dass man überall auf der Welt französische Haute Cuisine genießen könne, wenn man nur wolle (letztere zählt übrigens seit 2010 zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe). Man sollte aber, so meint Herr Bär, diese Kochaktion im Jahre 2016 nicht mit einem „Feinkost-Burger“ wiederholen. Was auf der Speisekarte des Kölner Zoorestaurants von 1912 unter einer Consommé Colbert zu verstehen ist oder wie man Spiegeleier Meyerbeer zubereitet, erklärt Herr Bär in der angehängten Datei.

Neulich beömmelten sie sich auf der Herrentoilette von Herrn Bärs Stammkneipe über einen Jüngling, der an einem Pissoirbecken gleichzeitig zu pinkeln und sein Smartphone zu bedienen versuchte. Es kam, wie es kommen musste: während er telefonierte, urinierte er sich zur Freude der Augenzeugen an den anderen Pissoirbecken gründlich auf die Schuhe. Ältere Leute, die sich über über diese heute weit verbreitete Smartphone-Sucht lustig machen und zudem auch noch handgemachte Musik auf der E-Gitarre dem Gekratze eines DJ auf dem Plattenteller vorziehen, bezeichnete ein Kommentator im „Kölner Stadtanzeiger“ kürzlich als „Rock and Roll-Konservative“. Das liest sich so, als ob sich die einst rebellische Teddy Boy-Generation heute nur noch für künstliche Hüftgelenke interessieren würde und klingt somit nach einer Schmähkritik von jemandem, der es offensichtlich ganz in Ordnung zu finden scheint, wenn man in einer Kneipe mit nassen Schuhen von der Toilette zurück kommt. „Rock and Roll-Konservativismus“: das ist für Herrn Bär genauso ein Anachronismus wie „Feinkost-Burger“.

Dass ein Damen- und Herrenfriseur sich ausgerechnet „Men’s World“ nennt, gibt zu der Vermutung Anlass, dass auch die Damen dort lediglich einen Herrenhaarschnitt verpasst bekommen, vielleicht mit ausrasierten Schläfen, was man auf neudeutsch „Undercut“ und im Soziologendeutsch „Stammesfrisur“ nennt, während der eingefleischte männliche Macho-Kunde lieber die hochmodische Donald Trump-Frisur mit Drei-Wetter-Taft bevorzugt.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Heilbuttfilet mit Flusskrebsgratin – Hommage à Auguste Escoffier

Heilbuttfilet von beiden Seiten salzen und pfeffern, mit Zitronensaft beträufeln und in eine mit Öl oder Butter eingefettete Auflaufform geben. Mit frischem Dill und Salbei bestreuen, etwas Krebspaste darauf verstreichen und mit einer Melange aus kleingehackten Louisiana-Flusskrebsen, Gambas, Knobloch, kleingehackten Zwiebeln und kleinen Tomatenwürfeln und Krebs- oder Hummerpaste belegen. Eine Handvoll Venusmuscheln (in der Schale) in der Auflaufform verteilen, das Ganze mit Parmesankäse bestreuen und im Backofen bei 180 Grad 30 Min. garen lassen. Vor dem Servieren mit frischer Kresse bestreuen. Dazu passt als Getränk ein Pouilly Fumé oder ein Rheingau-Riesling.

Kalbskotelett Foyot

Im Pariser Gare de Lyon befindet sich das Bahnhofsrestaurant „Le Train Bleu“ Das „Kalbskotelett Foyot“ zählt zu seinen Standardgerichten: Man dünstet Schalotten in Butter glasig, löscht sie dann mit Weißwein ab, fügt Kalbsfond hinzu und lässt diesen Fond einkochen. Das Kalbskotelett wird gesalzen, gepfeffert und in Mehl gewälzt, in einer Pfanne von beiden Seiten bei großer Hitze gebräunt, dann belegt man die Oberseite mit einer Paste aus geriebenem Käse, Paniermehl und Butter und lässt das Fleisch im vorgeheizten Ofen (200 Grad) im Fond noch 10-15 Min. backen. Dazu serviert man Zucchinigemüse und breite Nudeln (Tagliatelle).

Kalbskotelett portugues

Dieses Gericht stand 1912 auf der Speisekarte des Kölner Zoo-Restaurants. In Portugal ist noch heute ein Rezept mit panierten Kalbskoteletts populär, die man mit Salz, Pfeffer und Knobloch würzt und dann mehrere Stunden oder einen ganzen Tag in Weißwein mariniert. Zum Panieren wälzt man die marinierten Kotellets zuerst in Eipampe, dann in Petersilie, zum Schluss in Semmelbröseln oder Paniermehl, brät sie anschließed in Schmalz oder Öl.

Pfirsisch Melba Das Rezept widmete der Starkoch Auguste Escoffier der Sängerin Nellie Melba, als diese 1892/93 an der Londoner Oper gastierte. Dazu kocht man Läuterzucker ein – im gleichen Mischungsverhältnis Zucker und Wasser. In dieser Zuckerlösung wird ein halber geschälter Pfirsisch gedünstet, dann in einer breiten Schale auf Vanilleeis gesetzt und mit Himbeerpüree überzogen. Zur Dekoration kann man dann auch noch Schlagsahne und Waffeln verwenden.

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Karl-Josef Bär: Die Speisekarte des Kölner Zoo-Restaurants im Jahre 1912

Kraftbrühe Brühe (Bouillon) dient als Grundlage für Suppen, Saucen und als Kochflüssigkeit für Fleisch, Geflügel, Fisch und Gemüse. In Brühe gegarte Lebensmittel bleiben aromatischer, da die Brühe bereits Geschmacks- und Mineralstoffe enthält. Man gibt ein Suppenhuhn oder Suppenfleisch vom Rind in kaltes Wasser, kocht es weich und salzt es erst hinterher. Bei Fleischbrühe wird in der traditionellen Küche oft ein Kalbsfuß mitgekocht; wenn die solchermaßen zubereitete Brühe erkaltet ist, kann man sie auch für Sülze verwenden. In der Kraftbrühe wird nach dem Auskochen des Suppenfleisches noch einmal in einem zweiten Arbeitsgang Hackfleisch und Suppengemüse gekocht und zum Schluss Eiweiß zugefügt. Bei Knochenbrühe kocht man Rinderknochen aus. Eine Consommé Colbert ist eine Geflügelkraftbrühe mit Gemüsewürfelchen, verlorenem Ei und Kerbel.

Rheinsalm galt früher in Köln als Arme Leute-Essen; es gab sogar einmal einen Aufstand der Mägde, weil sie der Beköstigung im Hause ihrer Dienstherren mit Salm überdrüssig waren. Durch die Verschmutzung der Gewässer im Industriezeitalter starb der Lachs im Rhein schließlich aus – der letzte Salm wurde 1953 gesichtet, bis man vor kurzem anfing, im heutigen Rhein mit wieder besserer Wasserqualität (z.B. in der Sieg-Mündung nördlich von Königswinter) erneut Lachse auszusetzen (Programm „Lachs 2000). Auch am Mittelrhein in der Gegend um St. Goar und um die Loreley will man Rheinsalm wieder auf der regionalen Speisekarte etablieren. Um 1900 richtete man Lachs im Rheinland gerne mit Sauce hollandaise an.

Spiegeleier Meyerbeer sind nach dem brandenburgischen Komponisten Giacomo Meyerbeer (1791-1864) benannt und werden mit Lammnieren und Trüffelsauce angerichtet.

Porterhouse-Steak Der Name leitet sich von britischen und amerikanischen Kneipen ab, in denen Porter-Bier ausgeschenkt wurde. Es wird, wie auch das T-Bone-Steak, mit Filet und Knochen aus dem flachen Roastbeef geschnitten, wobei das Porterhouse-Steak etwa 6 cm dick ist – mit einem Gewicht von 600 bis 1000 Gramm reicht es bei einem Menü für 4 Personen. „T-Bone-Steak“ ist mit 4 cm dünner bei einem Gewicht von etwa 500 bis 600 Gramm. Das Entrecote ist ein Zwischenrippenstück; umgangssprachlich wird der Name oft mit dem Roastbeef oder Rostbraten gleichgesetzt – das Roastbeef ist ebenfalls ein Zwischenrippenstück, und zwar ein Teilstück des Hinterviertels vom Rind zwischen der Hochrippe und der Hüfte. Aus dem Roastbeef-Teil werden Entrecotes, Rumpsteaks, Porterhouse-Steaks, T-Bone-Steaks und Sirloin-Steaks geschnitten. Das Roastbeef wird am Stück gebraten oder gegrillt und dann in Scheiben serviert. Als kalter Aufschnitt in dünnen Scheiben wird es in Deutschland oft mit Remouladensauce und Bratkartoffeln gereicht. Auch das Sirloin-Steak ist ein Steak mit Knochen, aber ohne Filet.

Tournedos Argenteuil Argenteuil liegt nordwestlich von Paris und ist eigentlich berühmt für seinen Spargel. Tournedos sind zarte und edle Fleischstücke vom Rind, die aus dem Mittel- oder Kopfstück des Filets geschnitten werden. Sie sind zwischen 90 und 180 Gramm schwer, 1 bis 1,5 Zentimeter dick und haben einen Durchmesser von 10 bis 12 Zentimetern. Die runden Filetstücke kann man z.B. in Pfefferöl marinieren; sie werden mit einer dünnen Scheibe Speck umwickelt und mit Küchengarn fixiert – das ist ein klassisches Rezept aus der Pariser Küche. Angerichtet werden sie gerne auf Scheiben von geröstetem Weißbrot. Aus dem diesem Teil des Rinderfilets scheidet man auch Stücke für Filet Mignon, es ist mit 60 bis 80 gr. leichter und kleiner als Tournedos, man umwickelt es ebenfalls mit Speck. Ein Chateaubriand ist ein Stück ebenfalls aus dem Mittelteil des Rinderfielets, 350 bis 459 Gramm schwer und daher in der Gastronomie zumeist nur als Menu für 2 Personen erhältlich. Es wird auch zumeist auf gerösteten Toastbrotscheiben angerichtet. Als Beilage serviert Pommes frites oder Kroketten, auch andere Kartoffelvarianten und Gemüse, z.B. Erbsen.

Entrecote bercy ist eine Pariser Spezialität, ursprünglich mit Pferdefleisch zubereitet. Ein Entrecote vom Rind wird mit Petersilie und Kresse serviert bzw. mit einer Sauce Bercy aus Butter, Öl, Schalotten, Petersilie, Kerbel, Weißwein.

Filet sauté ein geschnetzeltes Filet, das in einer Sauteuse (Pfanne mit hohem Rand) nur kurz angebraten und anschließend gesalzen und gepfeffert wird. Wegen der notwendigen hohen Temperaturen nimmt man zum Sautieren keine Butter, sondern Schmalz oder hoch erhitzbare Öle. Als Sautieren bezeichnet man auch das Schwenken von Gemüse in Butter oder Sahne.

Kalbsmilcher/Kalbsbries ist die Thymusdrüse des Kalbs aus dem Brustkorb. Das Fleisch hat eine ähnliche Struktur, aber eine festere Konsistenz als Hirn. Das Bries sollte vor der Zubereitung zwei Stunden gewässert werden. Ein typisches Gericht der französischen Küche ist Kalbsbries mit Trüffeln und Spargelspitzen.

Gervais ist ein französischer Frischkäse aus pasteurisierter Kuhmilch mit etwas Rahm; er wird als zylinderförmiges Törtchen angeboten. In Frankreich nennt man ihn auch „Petit suisse“ (kleiner Schweizer); aber er stammt ursprünglich aus der Normandie und wurde dort um 1850 von Charles Gervais auf den Markt gebracht.

Coupe Jacques à la Karl-Josef Bär

Man zerkleinere im Mixer eine Banane, Stücke vom Pfirsisch, Weintrauben, Kirschen und Himbeeren und vermische die Früchte zu einer Püreemasse. Damit bedecke man dann in einer Schale Vanilleeis und garniere das Ganze mit Schlagsahne.

Bär aktuell Nr. 203/204/205 und Bild des Monats

August 11th, 2016

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Bild des Monats August 2016:

Jürgen Raap, „Der falsche Mönch“, 2016

 

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Gipfelinschrift „Monte Troodelöh“, Königsforst, Köln, Foto: Copyright Raap/Bär

Bär aktuell Nr. 203/204 – 3. August 2016

Denkaufgabe für Kreuzworträtsel-Fans Anderes Wort für „Wolfsrudel“ mit acht Buchstaben? Antwort: Wolfgang.

Auf dem Festival der schönen Genüsse im Kölner Rheinauhafen leistete man sich die Albernheit, einen Fleischklops ausgerechnet als „Eifelburger“ anzupreisen, und an einem der Imbissstände gab es auch einen „Eifelsalat von Theo Frings“ zu verkosten, was sich so anhören sollte, als ob Theo Frings der unumstrittene Fresspapst der Eifel sei, und das Besondere an dieser Salatkreation wurde mit dem Zusatz „mit drei Garnelen“ erläutert. Theo Frings! Warum so sparsam? Sind Euch in der Eifel die Garnelen ausgegangen? Herr Bär bevorzugte dann doch lieber an einem anderen Stand eine Portion von 6 Austern, wobei der Standinhaber erläuterte: „Wir sind eigentlich gar kein Austernstand, sondern ein Weinausschank. Aber es gibt auf diesem Festival zu viele Weinstände, und zum Weintrinken wollen wir daher die Leute mit Austern anlocken…“ Nun ja, irgendwie ist das ja eine raffinierte Geschäftsidee, wenn man auf einem Gourmet-Fest als Weinhändler ein Alleinstellungsmerkmal erreichen will, und als Herr Bär die sechs Austern vertilgt hatte, fragte der Standinhaber: „Haben Sie was gemerkt? Ich habe Ihnen zu fünf bretonischen Austern auch noch eine isländische untergejubelt“. Nein, Herr Bär musste gestehen, keinen Unterschied heraus geschmeckt zu haben, was wiederum eine junge Dame dazu veranlasste, sich an Herrn Bär heran zu pirschen: sie sei von einer Casting-Firma und halte nach Hobbyköchen für eine Kochsendung im Fernsehen Ausschau. Es sollten aber Hobbyköche sein, die „nicht zu professionell“ seien, womit sie wohl Hobbyköche meinte, die vom Kochen keine Ahnung haben oder zumindest solche, die bretonische Austern nicht von isländischen unterscheiden können, und die sollten nun in dieser Fernsehsendung mit ihrem Lieblingsgericht gegen einen Profi-Koch antreten. Herr Bär lehnte dankend ab, zumal es für den Kochwettbewerb kein vernünftiges Honorar, sondern für die Hobbyköche nur eine „Aufwandsentschädigung“ von 100 Euro geben sollte, und wenn man als Hobbykoch dann mit einem „Rheinischen Vorgebirgssalat mit drei Garnelen“ antritt, hat man womöglich ausgerechnet den Eifeler Fresspapst Theo Frings als Gegner, der diesmal seinen Salat allerdings mit vier Garnelen aufgepept hat und dafür den Applaus des Studiopublikums einheimst, während der Hobbykoch -welche Blamage! – mit seinem mickrigen Salätchen bedröppelt daneben steht, aber für mehr Garnelen hat die bescheidene Aufwandsentschädigung nun mal nicht gereicht, sonst wäre nämlich kein Fahrgeld mehr übrig geblieben und der Hobbykoch hätte schwerbepackt mit Einkaufstüten voller Salatzutaten zu Fuß zu den Studioaufnahmen antraben müssen.

Wer bisher geglaubt hat, der glücklose Sigmar Gabriel sei der einzige personelle Problemfall in der SPD, der war völlig überrascht, als sich herausstellte, dass im Essener Ortsverein dieser Partei jahrelang eine Hochstaplerin mit gefälschtem Lebenslauf wirkte und es sogar bis zu einem Abgeordnetenmandat im Bundestag brachte. Auf der Internetseite www.petra-hinz.de findet sich mittlerweile die schöne Formulierung, die Politikerin Petra Hinz habe „Mitte der 1990er Jahre“ den „Versuch unternommen, auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachzuholen und so zumindest einen Teil ihrer biografischen Falschangaben zu heilen.“ Diesen Versuch habe sie jedoch wegen “ ihrer zeitlichen Beanspruchung als Mitglied im Rat der Stadt Essen und ihrer ehrenamtlichen politischen Engagements“ wieder aufgeben müssen. So ähnlich äusserte sich auch schon der Baron zu Guttenberg, als er schließlich in der legendären Plagiatsaffaire doch noch einräumen musste, „eine fehlerhafte Dissertation“ abgeliefert zu haben: „Er habe ‚hochmütig‘ geglaubt, familiäre, politische und wissenschaftliche Anforderungen in Einklang bringen zu können, sei jedoch an dieser ‚Quadratur des Kreises‘ gescheitert“, ist in Guttenbergs Wikipedia-Biografie nachzulesen. Während sich seinerzeit der Briefträger Gerd Postel, der sich als Psychiater ausgab, als „Hochstapler unter Hochstaplern“ feiern ließ, sieht „Zeitonline“ in Petra Hinz allerdings nur eine „Hochstaplerin zweiter Klasse“, denn sie habe „kein richtiges und falsches Leben zugleich geführt, sondern nur gesagt, dass sie eines gelebt habe, das sie in Wahrheit nie hatte“. Weniger nachsichtig wirft ihr indes der „Stern“ vor, dass sie es „auch jetzt nicht“ schaffe, einen „monströsen Fehler“ einzugestehen, denn, nun ja, selbst im Scheitern könne man ja schließlich noch menschliche Größe und Souveränität demonstrieren, so wird kommentiert, und damit ließe sich dann doch noch jener Ruhm und eine Anerkennung einheimsen, die einem bislang vorenthalten blieb, indem man nämlich eben freimütig, aber nicht allzu nonchalant, dieses Scheitern eingesteht, anstatt sich wie ein geprügelter Hund davon schleichen zu müssen. Zu solchen Szenarien des Karriere-Meuchelns durch intrigante parteiinterne Gegner und des gleichzeitigen Scheiterns durch eigene Vermessenheit gehört dann im Polit-Betrieb aber unbedingt die schon arg strapazierte rituelle Floskel, man trete zurück, um Schaden „von der Partei“ oder „vom Amt“ oder dergleichen abzuwenden – das darf Petra Hinz auf keinen Fall vergessen, wenn sie eines Tages wie Phönix aus der Asche wieder auferstehen will, zumal der frühere Landtagsabgeordnete Willi Nowak einräumte: „Natürlich wurden bei uns auch Karrieren gemacht, indem Lebensläufe arg geschönt wurden“, was zu der Vermutung Anlass gibt, dass sich im Polit-Betrieb womöglich noch mehr solche Hochstapler zweiter oder dritter Klasse tummeln könnten. Die „Rheinische Post“ mokiert sich derweil darüber, dass Petra Hinz nach Niederlegung ihres Abgeordnetenmandats „nun wohl 2500 Euro an Pension zustehen. Das ist zwar korrekt, weil alle Abgeordneten gleich behandelt werden müssen. Als quasi ‚Lohn‘ für 30 Jahre Lügen ist das aber viel Geld“. Wie man hingegen als „Hochstapler erster Klasse“ weitaus grandioser scheitert als Petra Hinz, machte Marc G. vor, ein Aushilfskellner mit Realschulabschluss, der sich als Staatsanwalt „Tassilo von Hirsch“ ausgab und bei der Gerichtsverhandlung wegen Titelmissbrauchs bekannte, dass er solchermaßen eine Jurastudentin beeindrucken wollte, die ihn aber schnell entlarvte, sich von ihm dann aber dennoch zu einer Shopping-Tour durch Düsseldorfer Nobelboutiquen einladen ließ und dabei mit ihm zusammen 3.000 Euro verballerte.

Gibt es sportliche Großtaten zu vermelden? Ja, gibt es. Herr Bär bestieg den Monte Troodelelöh, den höchsten Berg Kölns (138 m), im Königsforst gelegen, und das ganz ohne jenes „Staatsdoping“, das im Reiche Putins gang und gäbe zu sein scheint. Auf dem Gipfel des Monte Trodellöh liegen ein Stempel und ein Stempelkissen aus, mit denen man in seinem Gipfelbuch, wie es routinierte Alpinisten mit sich führen, dokumentieren kann, dass man oben war. Wird im russischen Sport tatsächlich so flächendeckend gedopt, wie jüngst berichtet wurde? Nun wirkten russische Kugelstoßerinnen mit ihrem dezenten Damenbart schon früher nicht so wie magersüchtige Models aus der Heidi Klum-Show, taugten daher auch nicht unbedingt als Schönheitsideal für die Kosmetik- und Modeindustrie, aber wenn man die erstaunlich lasche Politik des Olympia-Funktionärs und Putin-Freundes Thomas Bach so interpretiert wie Herr Bär, dann müsste man sich Sorgen wegen übermäßigen Anabolika-Gebrauchs wohl erst dann machen, wenn bei den Athletinnen aus dem Uralgebirge die Gesichtsbehaarung so üppig sprießt wie einst beim rauschebärtigen Sänger Iwan Rebroff, der übrigens gar kein echter Russe war, sondern mit bürgerlichem Namen Hans Rolf Rippert hieß.

Bär polyglott – unterwegs mit Herrn Bär Sind neue alpinistische Erfolge zu notieren? Gewiss, denn ungleich anstrengender als die Besteigung des 138 m hohen Monte Troodelöh im Kölner Königsforst ist die Erklimmung des Drielandenpunt (niederländisch für „Dreiländerpunkt“), 353 m hoch genau im Dreiländereck von Deutschland, Niederlande und Belgien gelegen, wo man vom Aussichtsturm aus in alle drei Länder hineinschauen kann, zwar nur zehn Kilometer vom Aachener Hauptbahnhof entfernt und von dort aus mit dem Fahrrad bequem zu erreichen, aber wenn man dann in der niederländischen Grenzstadt Vaals die Leute nach dem Weg zu diesem Drielandenpunt fragt und als Antwort „Immer de Berg erop“ erhält, dann weiß man, dass man nach schweißtreibendem Erreichen des Ausflugscafés oben auf dem Gipfel olympisches Gold verdient hätte. Das Ausflugscafé liegt zwar noch auf niederländischem Territorium, ausgeschenkt wird aber belgisches Bier; der luftgetrocknete Limbourger Schinken dazu schmeckt vorzüglich; und wer dann unten in Vaals noch chinesisch essen will, der stellt fest, dass man zwar nach wie vor in Holland noch immer besser chinesisch essen kann als in Deutschland, wiewohl aber auch der holländische Chinese in der Küche vor dem Einsatz von Glutamat mittlerweile nicht mehr zurück schreckt, und um der weiteren Internationalisierung und Globalisierung willen als musikalische Beschallung des Speiseraumes nicht nur traditionelle chinesische „Pling pling“-Musik ertönen lässt, sondern zum Hühnerspieß mit Erdnusssauce auch schon mal den italienischen Gassenhauer „O Sole mio“ auflegt. In einem der Cafés auf der Hauptstraße von Vaals kann man dann noch als regionale Spezialität ein süffiges „Gulpener Oud Bruin“-Bier antesten, bevor man sich auf den Heimweg macht. Am Stadtrand von Vaals haben die Niederländer ihr Grenzschild halb im Gebüsch versteckt, und genauso hat Herr Bär sich ein freies und offenes Europa immer schon vorgestellt.

Copyright: Raap/Bär 2016 – Alle Rechte vorbehalten

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Grenzstadt Vaals/NL, Foto: Copyright Raap/Bär 2016

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär

Rheinischer Vorgebirgssalat mit drei Garnelen

Eisbergsalat in kleine Blätter schneiden oder rupfen, mit Olivenöl, Zitronensaft, Salz, Pfeffer, Petersilie, Schnittlauch und Dill anmachen, zum Anrichten auf einem Teller ausbreiten, darauf Tomatenscheiben, darauf wiederum Scheiben von gekochten Eiern, eingelegte Sardellen (am besten calabresische Sardellen in Oregano und Kapern eingelegt), etwas konservierten Thunfisch und drei gekochte Garnelen.

Genter Waterzooi à la Karl-Josef Bär

Der flämische Name „Waterzooi“ bedeutet Wassersud. In Gent und Umgebung gilt diese Suppe als flämisches Nationalgericht. Suppenfleisch vom Huhn salzen und pfeffern, in großen Topf geben, mit 1-2 Zwiebeln in Knoblochbutter anbraten. 1 klein geschnittene Porreestange, 2 Möhren, 1-2 vorgekochte Kartoffeln, etwas klein geschnittenen Knollensellerie, 1-2 klein geschnittene Staudensellerie, 1 Knoblochzehe, Gewürznelken hinzugeben. Mit Hühnerbrühe auffüllen und köcheln lassen. Würzen mit Pfefferkörnern, Petersilie, Thymian, Kerbel, Muskatnuss, 1 Lorbeerblatt, Eidotter, dann mit Sahne abbinden. Gewürznelken stammen ursprünglich von den Molukken; sie halten die Fettoxydation auf; durch ihren hohen Gehalt an Phenolverbindungen haben sie antioxidative, entzündungs- und gerinnungshemmende Wirkung. Da sie den Eisengehalt im Blut reduzieren, sind sie auch für Patienten mit Eisenüberschuss zu empfehlen. Im Mittelalter galt die Nelke als Symbol für die Passion Christi – man assoziierte damit wegen der phonetischen Nähe von „Nelke“ zu „Nagel“ die Nägel bei der Kreuzigung. Muskatnuss setzte man in Asien und im europäischen Mittelalter auch als Heilpflanze gegen Magenschwäche, Leber- und Gallenschwäche ein, ebenso gegen Herpes, Ekzeme und Flechten.

Mineralsüppchen à la Karl-Josef Bär

Mineralstoffe sind lebenswichtig für unseren Körper und seine Funktionen, deswegen ist eine mineralstoffreiche Ernährung sinnvoll. Mineralstoffreiche Suppen kennt man vor allem auch als Fastenspeisen, wenn man während es Fastens keine feste Nahrung zu sich nimmt. Eine typische Mineralsuppe ist z.B. die japanische Miso-Suppe, sie hat basischen Charakter, d.h. sie bindet überschüssige Säuren im Körper und hat eine entschlackende Wirkung. Miso-Paste bekommt man in Reformhäusern, Bioläden und Asia-Läden mit japanischen Zutaten. Miso besteht aus Sojabohnen, Reis und Getreideanteilen. Man kocht Möhren, Knollen-Sellerie, Stangen-Sellerie, Poree, Pastinaken, Petersilienwurzel, Fenchel, Weißkohl, grüne Bohnen, Spinat oder Mangold in ungesalzenem Wasser. Man kann auch ein paar Streifen Kombu-Algen oder Wakame-Algen beifügen. Dann rührt man 1 Esslöffel Misopaste in zwei Esslöffel kaltem Wasser an und gibt diese Masse in die heiße Brühe, die dann aber nicht mehr kochen darf. Nachwürzen kann man mit ein paar Spritzern Sojasauce, ein wenig Pfeffer oder frischen Küchenkräutern.

Congre-Meeraal à la Karl-Josef Bär

Der Meeraal aus dem östlichen Atlantik und dem Mittelmeer (frz. Congre) ist größer und schwerer als der Europäische Aal aus den europäischen Küstengewässern, wo er aber vom Aussterben bedroht ist (und der zum Laichen von Süßwasser ins Meer zieht). Ein klassisches Gericht mit Europäischem Aal in Flandern ist Paaling et het groen, Aal mit grüner Sauce aus mehreren Kräutern, ähnlich wie die Frankfurter grüne Sauce, oder in Deutschland Hamburger Aalsuppe. Congre-Meeraal gehört häufig als Zutat zu den Rezepten für französische Fischsuppen. – Man kaufe den Congre beim Fischhändler in Scheiben, pro Person 2-3 Finger dick, brate ihn kurz in Knoblochbutter oder Olivenöl mit Knobloch. Lauchzwiebeln und Schalotten an, gebe 2-3 gehackte Knoblochzehen, 1-2 Nelken, 1 Lorbeerblatt, Pfefferkörner, ein paar Möhrenscheiben, 3-4 ganze Radieschen und 1-2 Tomaten hinzu, lasse ihn dann in Fischsud oder Weißwein dünsten, würzen mit Salz, Cayennepfeffer, frischem Thymian und frischem Oregano oder frischem Estragon. Beilage: Kartoffeln, Saisongemüse.

Duett von Huhn und Lamm à la Karl-Josef Bär

Zwiebeln in einem Topf in Butter andünsten, Möhren, frische Erbsen, 1-2 Knoblochzehen, Auberginen, grünen und roten Paprika, frische Feige und etwas frischen Ingwer hinzu fügen. Garen lassen und mit Ras al Hanout-Pulver und Harissasauce würzen und kurz vor dem Servieren etwas Creme fraiche und Avjar (balkanesische Auberginensauce) einrühren, mit Petersilie und frischer Minze abschmecken. Separat in einer Pfanne Streifen von Maishähnchenbrust anbraten, Stücke vom Lammfilet, Zwiebeln und Knobloch hinzugeben, Champignons, Pfifferlinge, frischen Ingwer und frische Feigen. Mit Salz, Ras al Hanout, Harissasauce würzen, reichlich frische Minze und frischen Koriander hinzugeben. Das Gemüse kann separat gereicht oder in der Pfanne mit dem Fleisch vermengt werden.

 

 

Bär aktuell 202 und Bild des Monats

Juli 4th, 2016

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Bild des Monats Juli 2016:

Jürgen Raap, „Die Invasoren des Lärms“, 2016

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Stadtfest „1050 Jahre Oberdollendorf“, Juni 2016

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Siebengebirge

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Piraten Partei, Parteibüro Bonn

Essen und Trinken mit Herrn Bär

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Choucroute au poisson à la Karl-Josef Bär

Zutaten dazu (unten)

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Crevetten-Sepia-Pfanne „West meets East“

Crevetten /Gambas), Langostinos und Sepiastücke in heißem Erdnussöl anbraten, Zwiebeln, Knobloch, Erdnüsse, geröstete Sesamkörner, rote und grüne Paprikastücke hinzufügen, dann Mangostücke, Ananas und vorgekochten Spargel. Nach ein paar Minütchen vorgekochten Reis unterrühren, zum Schluss mit Sojasauce, gelber oder grüner Currypaste, etwas Kurkuma, frischem Ingwer, Zitronengras, Koriander und Minze abrunden.

Choucroute au poisson à la Karl-Josef Bär

Knoblochbutter erhitzen, Zwiebeln glasig dünsten, separat vorgekochtes warmes Sauerkraut dazu geben, dann etwas Geflügelfonds-Paste und Fischfonds, Hummerpaste und 4-5 Knoblochzehen hinzugeben, ein paar Möhrenscheiben, Stückchen von frischer Gurke und Spreewälder Gewürzgurke, sowie ½ Tomate hinzufügen, mit Salz, Pfeffer,1 Wacholderbeere, ½ Teelöffel Tomatenmark/Tomatenpüree und Kümmel abschmecken, köcheln lassen, noch etwas Cayennepfeffer und ein wenig Paprikapulver edelsüß einstreuen, Venusmuscheln und Miesmuscheln unterrühren, Fischstücke vom wahlweise Rotbarsch, Seelachs Lachs, Heilbutt, Steinbeißer, weißem Thunfisch, Makrele, Stöcker, kleine Rotbarben auf das Sauerkraut legen, oben auf dann noch Garnelen, Jakobsmuscheln und Flusskrebse und dann alle Fischzutaten gut durchgaren lassen. Zum Schluss vor dem Anrichten etwas Creme fraiche, 1 paar frische Rosmarinblätter und etwas frischen Dill unterrühren. Als Beilage eignen sich Kartoffelpüree oder Salzkartoffeln und als Getränk ein Vin d’Alsace-Riesling.

Bär aktuell Nr. 202 – 3. Juli 2016

Neulich an der Fleischtheke im Edeka-Supermarkt Köln-Ehrenfeld: Fragt der Kunde: „Sind das Weißwürste?“- Fleischfachverkäuferin: „Nein, das sind Kalbsbratwürste“. – Darauf der Kunde: „Wissen Sie, ich komme aus der Eifel. Bei uns nennt man die Weißwürste“. – Fleischfachverkäuferin: „Ach, Sie kommen aus der Eifel? Das macht nichts. Wir Kölner sind ja tolerant gegenüber allen Kulturen!“

Nomen est omen Wie heißt eigentlich der Chef der Berliner Stadtreinigungsbetriebe? Richtige Antwort: Werner Kehren. Herr Bär meint: Passt doch irgendwie. Das wird allenfalls noch übertroffen durch den legendären Optiker Augendübler aus der Breite Str. in Köln oder durch den Münchener Tropenmediziner Prof. Hans-Dieter Nothdurft, der als Kapazität auf dem Gebiet der exotischen Durchfallerkrankungen gilt. Dass auf dem Stadtfest „1050 Jahre Oberdollendorf“ als Hauptattraktion eine Band mit dem Namen „Tinnitus“ angekündigt wurde, bewog Herrn Bär dazu, lieber nicht nachprüfen zu wollen, ob die Band ihrem Namen alle Ehre machen würde, sondern er trollte sich lieber einen Häuserblock weiter zum Stand des Karnevalsvereins „Mer brängen et fädig von 1895 e.V.“ (Wir bringen es fertig), wo man Herrn Bär darüber informierte, das benachbarte Niederdollendorf sei der einzige Ort auf der ganzen Welt, wo der Karnevalsprinz nicht bloß eine Session lang bis Aschermittwoch amtieren dürfe, sondern ein ganzes Jahr lang von Rosenmontag bis Rosenmontag.

Wer sich über den aktuellen Zustand der Piraten Partei informieren möchte, der nehme deren Bonner Parteibüro in Augenschein: alles verlassen, verstaubt, verrammelt und vollgekleckert.

Gründlich daneben lag das Orakel von Leipzig, nämlich der Koala-Bär Oobi-Oobi, den man befragte, wie wohl bei der Fußball-Europameisterschaft das Spiel Deutschland gegen Polen ausgehen würde, woraufhin Oobi-Oobi bei der Erwähnung „Deutschlands“ zweimal grunzte, bei der Intonation des Ländernamens „Polen“ jedoch nur schweigend an seinem Eukalyptus-Ast herumknabberte, was alle euphorisch als ein 2:0 für Deutschland interpretierten. Das Spiel ging bekanntlich 0:0 aus, und in Leipzig mag man sich jetzt trösten, dass sich in Köln auch ein Papagei mit dem Namen „Rotkäppchen“ in der Vorhersage des Spielausgangs zweimal fulminant verkrächzt hatte und sich damit ebenfalls als ein völlig untaugliches Orakel erwies. Zoo- und Haustiere als Orakel zu befragen ist schon ganz schön balla-balla, findet Herr Bär. Um das mediale Sommerloch zu füllen, lassen sie in den Zeitungsredaktionen wahrscheinlich demnächst das Ungeheuer von Loch Ness die Lottozahlen vom nächsten Samstag vorhersagen, was freilich nicht unwidersprochen hingenommen werden kann, weshalb als weiterer nützlicher Beitrag zur fortschreitenden gesellschaftlichen Infantilisierung als „Orakel von Ehrenfeld“ Herr Bär nunmehr mit eigenen Zahlen dagegen hält: 3-6-17-22-26-38, Zusatzzahl 39. Grunz und Krächz. Falls einer damit was gewinnt, bitte die Hälfte davon sofort an Herrn Bär überweisen!

Dass auch Kuckucksuhren die Zeit nicht immer präzise anzeigen, konnte man monatelang akustisch in Herrn Bärs Nachbarschaft beobachten, wo sich jemand eine solche zugelegt hatte, bei der der Kuckuck allerdings nicht zur vollen Stunde, sondern blöderweise schon zwanzig Minuten vorher seinen Ruf durchs offene Fenster über die Höfe erschallen ließ, und dies sehr zur Irritation der Nachbarn, die sich immer wunderten: „Wie, ist es denn schon zwölf?“ Es dauerte schließlich Monate, bis der Doof von nebenan es endlich geschafft hatte, seine Kuckucksuhr richtig einzustellen. Jetzt wird der Kuckuck zwar zur vollen Stunde jedes Mal von der Glocke der Kapelle im ebenfalls benachbarten Franziskusklösterchen übertönt, aber die gesamte Nachbarschaft freut sich, dass die Kuckucksuhr von dem Zausel endlich richtig geht.

Bärs Kulturtelegramm Nach einem Grillabend im Hof einer Kölner Galerie mit anschließendem Fußballgucken des EM-Viertelfinalspiels Deutschland gegen Italien fiel Herrn Bär auf dem Heimweg auf, dass gegen 0.30 Uhr auf dem Hohenzollernring überwiegend „südländisch“ aussehende junge Leute (vulgo: „mit Migrationshintergrund“) lauthals „Deutschland, Deutschland“ skandierten, was Leuten wie Alexander Gauland indes zu denken geben möge. Anderntags brillierte der 90jährige Krätzchensänger Ludwig Sebus mit zwei Auftritten auf dem Edelweißpiratenfestival im Friedenspark, denn er brachte sogar ein eher juveniles Rap- und Reggae-seliges Publikum zum Schunkeln, als er intonierte „Uns kölsche Siuel, die kann uns keiner nemme“ und zwischen zwei solcher kölscher Gassenhauer dem Publikum erzählte, wie in der Nazizeit nicht nur die unangepassten und widerständigen „Navajos“ und „Edelweißpiraten“, sondern in Köln auch die katholische Jugend, der er damals angehörte, versuchte, sich dem NS-Gleichschaltungsterror zu entziehen. In solch einem Programm als Zeitzeuge der 1930er und 1940er Jahre ganz souverän als Nebenbei-Conference auch noch einen Tünnes- und Schäl-Witz unterbringen zu können, brachte selbst hartgesottene und zunächst skeptisch dreinblickende Rockmusiker-Kollegen dazu, ihm wegen dieser gelungenen Gratwanderung zwischen Entertainment und Ernsthaftigkeit größten Respekt zu zollen. Beim Christopher Street Day/Cologne Pride Fest auf dem Kölner Heumarkt und Alter Markt sammelte Siglinde Kallnbach Solidaritätsunterschriften für die Opfer der jüngsten Terror-Anschläge in Orlando und Istanbul im Rahmen ihres Projekts „a performancelife“. Ziemlich auffällig war auf diesem Fest allerdings der Stand der „Jungen Liberalen“, denen wohl der Nachwuchs ausgeht, denn als Gallionsfigur und Lockvogel hatten sie dort einen bierbäuchigen Altliberalen platziert, aber diese FDP-Zausel hielten sich ja in Sachen Lifestyle-Trend schon immer mehr für Avantgarde als für Mainstream, und wenn man diese personelle Besetzung der FDP-Standes (s. Foto) richtig interpretiert, dann ist als gender-übergreifendes Schönheitsideal jetzt der bierbäuchige Knuffelbär im Kommen, der hantelstemmende waschbrettbäuchige und anabolikaschluckende Muckibuden-Freak hingegen völlig out.

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Beachten Sie bitte folgende Veranstaltungshinweise:

Sonntag, 10. Juli 2016, 15 Uhr: Künstlergespräch zwischen Rainer Junghanns und Jürgen Raap im Kloster Kamp-Lintfort/Niederrhein.

Samstag, 16. Juli 2016, 19 Uhr: Vernissagenvortrag von Jürgen Raap zur Ausstellung „Ethik und mehr“ von Michael Hooymann (in deutscher Sprache) in der Galerie vorn und oben, Katharinenweg 15a, Eupen-Kettenis (Belgien).

 

 

Bild des Monats und Bär aktuell 201

Juni 7th, 2016

Bild des Monats Juni 2016

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Jürgen Raap, „Positionen der Transzendenz“, 2016

 

Bär aktuell Nr. 201  – 22. Juni 2016

Denjenigen, die sich um einen bevorstehenden „Untergang des Abendlandes“ sorgen, rät Bundeskanzlerin Angela Merkel wortwörtlich: „Haben wir doch bitteschön auch die Tradition, mal wieder in den Gottesdienst zu gehen oder ein bisschen bibelfest zu sein oder vielleicht auch mal ein Bild in der Kirche erklären zu können.“ Doch was erlebt man dann, wenn man Mutti Merkel mal beim Wort nimmt? So wird von der Trauerfeier in einer rheinischen Kleinstadt berichtet, der evangelische Pfarrer dort habe zum Entsetzen der Trauergemeinde noch nicht einmal das Vaterunser auswendig gekonnt, sondern nur lustlos leiernd vom Blatt abgelesen. Wer immer den Untergang des christlichen Abendlandes befürchtet: hier kündigt er sich hausgemacht an. Wenn solch ein Pastor zum Kreuzzug gen Jerusalem aufbricht, ruft er wahrscheinlich spätestens am Frankfurter Autobahnkreuz den ADAC-Pannendienst an („Gelber Engel“, sic!), weil er nämlich auch nicht mehr weiß, wie er den Morgenländern exorzierenderweise das Kreuz entgegen halten muss. Weshalb ihm Herr Bär als Nachhilfe nun eine Anleihe bei der katholischen Konkurrenz nahelegt, und zwar mit dem Zitat eines Gedichts von Ernst Jandl: „Ich bekreuzige mich vor jeder Kirche. Ich bezwetschige mich vor jedem Pflaumenbaum. Wenn ich ersteres tue, weiß jeder Katholik sofort, wie ich letzteres tue“.

Abendländische Kultur- und Sittenkritik an manchen morgenländischen Gebräuchen ist im übrigen keine reine Erscheinung nur der heutigen Zeit. So prangerte der Kölner Karnevalsdichter Jupp Schmitz mit einem Lied-Refrain bereits im Jahre 1962 die im Orient weit verbreitete Vielweiberei an: „Du alter Scheich, ja dir ist nicht zu trauen, in deinem Reich da gibt es zu viel Frauen. Du bist nicht treu, drum bleib ich lieber hier. Leb wohl mein Schatz und Allah sei mit dir“.

Kritische Distanz übte Jupp Schmitz im Jahre 1985 aber auch zur kostümgeschichtlichen Tradition der christlichen Seefahrt: „Nicht in jeder blauen Hose steckt ein strammer Vollmatrose“.

Wenn ein Theaterstück mit dem Titel „Dosenfleisch“ auf die Bühne kommt und der Autor dieses Stückes ausgerechnet Ferdinand Schmalz heißt, zeigt sich, dass der Hegelsche Weltgeist mitunter zum Kalauer neigt. Sehr schön hat Herrn Bär auch die Formulierung „kuratorisches Schlaumeiergerede“ gefallen, mit der sich die im Kunstbetrieb vorherrschende pseudo-intellektuelle Schwaadlappigkeit gut umschreiben lässt.

© Raap/Bär 2016

 

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär

Sauerampfersuppe à la Karl-Josef Bär

Bund frischen Sauerampfer waschen und in kleine Streifen schneiden, in Butter mit Lauchzwiebeln und 1 Knoblochzehe erhitzen, mit Hühner- oder Gemüsebrühe auffüllen, 1 Ei hinzufügen und 20 Min. leicht köcheln lassen. Zum Schluss Sahne und cremigen Schafskäse einrühren, mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit etwas Petersilie oder frischem Kerbel abrunden.

Alfala-Sprossen-Salat „Zündorf“

Mit ihrem hohen Anteil an Vitaminen und Chlorophyll wirken Alfafa-Sprossen (Luzerne) ernährungsphysiologisch entgiftend und das Immunsystem unterstützend. Der hohe Saponingehalt mindert vor allem ein toxisches Milieu im Darm – sie können Krankheitserreger aus dem Darm ausschwemmen. Es handelt sich bei Alfala-Sprossen um eine Nutzpflanze aus der botanischen Familie der Hülsenfrüchte, die in Asien seit dem 6. Jh. n. Chr. bekannt ist. Bei gesundheitlichen Risikogruppen (Kinder, Schwangere, Senioren) wird von einem Rohverzehr wegen der Keimbelastung allerdings abgeraten – stattdessen soll man die Sprossen kurz (30 Sekunden) in kochendem Wasser blanchieren. Für dieses Rezept nehme man pro Portion 50 gr Alfalasprossen, Karottenstreifen, Apfelstreifen, Radieschen oder weißen Rettich, rote und grüne Paprikastreifen, Gurken, Sesamkörner, ein paar gelbe Rosinen, Kokosflocken, Sesampaste, 1 kl. Messerspitze, Currypulver oder ein Hauch gelbe oder grüne Currypaste. Minzblätter und Zitronengras. Mit Salz, Pfeffer, Erdnussöl, ein paar Spritzern Zitronensaft abschmecken. Man kann diesen Salat vegetarisch servieren oder aber auch kalte Hühnerbruststreifen hinzufügen.

Lammgulasch „Buchforst“ mit Spitzkohl

Gulaschstücke in Pfanne oder Bräter in heißem Öl anbraten, Zwiebeln hinzufügen und glasig dünsten, salzen und pfeffern. In einem Kochtopf Fleischbrühe erhitzen, Fleisch und Zwiebeln hinzufügen, bei Bedarf auch vorgekochte Kartoffeln, 1 Möhre, 1 rote Gemüsepaprika und Spitzkohl in Streifen geschnitten, 2 Knoblochzehen, das Ganze dann ca. 20 Min. schmoren lassen. Mit Kümmel oder Kreuzkümmel abschmecken, frischen Majoran hinzufügen und vor dem Servieren etwas Frischkäse oder Creme fraiche unterrühren.

bär aktuell 200 und bild des monats

Mai 3rd, 2016

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Jürgen Raap, „Das Buch der Zeit“ und „Walküren ohne Tränen“,

jeweils: Acryl und Öl auf Obstkiste, 2016

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Bild des Monats Mai 2016:

Jürgen Raap, „Die tunesische Revolution“, 2016

 

Bär aktuell Nr. 200  – 22. Mai 2016

Bär polyglott – unterwegs mit Herrn Bär Muss man sich Sorgen um den Fortbestand der niederländischen Sprache machen? Als Herr Bär kürzlich in Amsterdam einen Fahrradladen betrat und sich nach dem Ausleihen eines Fahrrads erkundigte mit den Worten „Heft uw fietsen te huur?“, da antwortete der Mechaniker: „I don’t speak Dutch“. Beim Einkehren in eine Kneipe wollte Herr Bär einen Milchkaffee (niederländisch: Koffie verkeerd) und ein belgisches „Duvel“-Bier bestellen, erntete jedoch mit seinem Versuch „Alstublieft, een koffie verkeerd en een Duvel“ nur unverständliches Kopfschütteln bei der Kellnerin, und beim Präzisieren seiner Bestellung und mit Fingerzeig auf die Getränkekarte „Duvel, dit is een belgische Speciaal Bier, dit heft uw op de drankenkaart“ nur die Antwort, sie sei gebürtige Spanierin und verstünde nichts von belgischem Bier.. Als Herr Bär nach Rückgabe des Leihfahrrads ein Taxi bestieg und als Adresse „Naar de Javakade numero 1“ nannte, schaute der orientalisch wirkende Chauffeur ihn fragend an, schaffte es aber dann mittels Navi, nicht in der nächsten Gracht zu landen, was bei der Navigationstechnik in den engen Straßen Amsterdams ja schon mal passieren kann, so dass man immer tiefste Dankbarkeit empfindet, wenn ein Taxifahrer die Ortskundeprüfung mit Bravour bestanden hat. In Arnhem erkundigte sich Herr Bär bei der Besichtigung von St. Eusebius beim Kirchendiener nach einer Toilette, woraufhin dieser erfreut ausrief: „Ah, uw spreekt nederlands!“ Als Herr Bär ihm offenbarte, er sei aus Köln, erwiderte der Kirchendiener in lupenreinem Hochdeutsch: „Sie sind tatsächlich der erste Kölner, der hier versucht, Niederländisch zu sprechen. Die Kölner bilden sich ja ein, Kölsch sei eine Weltsprache und sie sprechen deswegen hier in Arnhem immer nur Kölsch, weil sie glauben, jeder Holländer verstünde das. Das stimmt aber nicht! Ich zum Beispiel verstehe überhaupt kein Kölsch“. Und dann erzählte er, er sei schon mal in Köln gewesen, und Köln habe ihm viel besser gefallen als Dortmund, und Herr Bär trat frohgemut die Rückreise an im Wissen, dass bei den Holländern in einem kritischen Köln-Dortmund-Vergleich die Stadt Köln in jeder Hinsicht besser abschneidet, wiewohl die Kölner selbst sich eher nicht mit Dortmund, sondern mit New York auf Augenhöhe sehen.

Allerdings muss man es sich als Kölner auch schon mal gefallen lassen, dass die Domstadt mit Hannover verglichen wird wie unlängst im „Spiegel“, als es dort hieß, Hannover gelte zwar als langweilig, sei jedoch „nicht so eingebildet“ wie München und „nicht so korrupt wie Köln“. Und was ist mit einem Vergleich Hannover-Dortmund?

Ebenfalls völlig in die Hose ging der reichlich vermessene Vergleich, zu dem sich der penetrant schnöselige Jan Böhmermann bemüßigt fühlte – Angela Merkel hätte aus ihm einen „deutschen Ai Weiwei“ gemacht, fabulierte er in einem Interview. Hä? Der chinesische Künstler Ai Weiwei ist immerhin ein Dissident, der in seinem Heimatland im Gefängnis saß und von den dortigen Behörden auch sonst ziemlich drangsaliert wurde, während Jan Böhmermann als Kind wahrscheinlich noch nicht mal den Hintern versohlt bekam und sich deswegen glücklich schätzen kann, so dass dieser Vergleich völlig überzogen und unangemessen ist. Zumal Böhmermann als Satiriker aller Voraussicht nach niemals die Brisanz und Brillanz eines Kurt Tucholsky oder Erich Kästner erreichen wird.

Darf man Witze über die mopsige Figur von Sigmar Gabriel machen? Aber ja, findet der Kabarettist Gerhard Polt, denn schließlich schaue Sigmar Gabriel ja jeden Morgen in den Spiegel und wüsste, wie er aussähe.Wobei noch nachzutragen wäre, dass in den Wirtschaftssseiten der Tagespresse für wirtschaftspolitische Fehlleistungen mit leicht ironischem Unterton gerne der Begriff „Gabrielismus“ verwendet wird. Seit der Veröffentlichung der Freihandels-TTPI-Papiere durch Greenpeace wissen wir ja, wie tölpelhaft sich Sigmar Gabriel und seine EU-Kollegen von den US-Unterhändlern über den Tisch ziehen lassen.

© Raap/Bär 2016

 

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Passepierres oder Salicorns (lat. Salicornia) wachsen an Meeresküsten der nördlichen Halbkugel im Einzugsbereich von Wattenmeeren, vor allem an den Salzwiesen am Meeresufer. Es sind botanisch keine Algen, sondern Queller. Man isst sie als Rohkostsalat mit etwas Zitrone und Pfeffer abgeschmeckt, oder leicht blanchiert, d.h. nur kurz abgebrüht und mit Zitronensaft verfeienert. Da sie von Natur aus salzig sind, muss man den Salat nicht eigens salzen. Passepierres eignen sich gut Vorspeise mit Krabben, Crevetten oder Krebsfleisch, oder als Salatbeilage zu Fischgerichten.

Wachteln „Eigelsteintor“

Pro Person 1-2 ganze Wachteln, salzen und pfeffern, mit gehackter schwarzere Trüffel, frischen oder eingelegten Steinpilzen füllen, Rosmarin, Zitronenthymian, Bärlauchcreme und Sonnenblumenkernen, grünen Pfefferkörnern 1-2 Knoblochzehen und Ziegenfrischkäse. In einer Kasserolle mit braunen Champignons, Knobloch und Lauchzwiebeln im Backofen 35-40 Min. garen, dazu Spargel in Ziegenfrischkäsesauce mit etwas Zitronenthymian.

 

bär aktuell 198/199 und bild des monats

April 4th, 2016

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Bild des Monats April 2016

Jürgen Raap, „Es gibt keine Erbsünde“, 2016

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Jürgen Raap, „Rheinischer Frohsinn“, 2016

Öl/Acryl auf Obstkiste

 

Bär aktuell Nr. 198/199

Nichts ist in jüngerer Zeit gründlicher missverstanden worden als Joseph Beuys‘ Behauptung, dass jeder Mensch ein Künstler sei und ebenso Kurt Tucholskys Erklärung, Satire dürfe alles. Was letzteres angeht, so liest in einem Gastbeitrag für den Berliner „Tagesspiegel“ der Kabarettist Dieter Nuhr seinem Kollegen Jan Böhmermann gründlich die Leviten: „Natürlich (!) darf Satire nicht alles. Es gibt ja bei uns kein eigenes Gesetz für Satiriker. Was für Klempner verboten ist, gilt auch für Metzgereifachangestellte und Satiriker.“ Der Strafrechtsparagraph 103 ist wohl tatsächlich „entbehrlich“ (Angela Merkel), aber so lange er (noch) existiert und die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter verbietet, gilt er nach dem rechtsstaatlichen Prinzip „Gleiches Recht für alle“ eben ohne Ansehen der Person oder deren Amtsausübung. Hätte Jan Böhmernann z.B. den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-il, das Staatsoberhaupt von Zimbabwe Robert Mugabe, oder jeden anderen, der gewiss kein „lupenreiner Demokrat“ ist, desgleichen mit unflätigen Attributen beschimpft und hätten die Betroffenen daraufhin einen Strafantrag gestellt, dann hätte die Bundesregierung bei der Prüfung eines solchen Antrags wohl die gleichen Maßstäbe anlegen müssen wie im Falle Erdogan. Dass der „Wüterich vom Bosporus“ (so der Kölner „Express“ über Erdogan) in seinem eigenen Land mit der Pressefreiheit bekanntlich nach Gutsherrenart umgeht, und gerade erst ohne Angaben von Gründen einem ARD-Korrespondenten die Einreise in die Türkei verweigert wurde, ändert an der Sachlage nichts. Denn, so der Humorist Dieter Nuhr: „… Rechtsstaatlichkeit gilt in einem Rechtsstaat auch für Leute, die die Rechtsstaatlichkeit selber gering schätzen“. Wo denn aber nun die Grenzen der Kunstfreiheit und der Meinungsfreiheit liegen, wenn andere glauben, ihre Rechte seien beschädigt worden, ist im Zweifelsfalle immer eine äusserst schwierige juristische Angelegenheit der Rechtsgüterabwägung. So bekam soeben der frühere Präsident des Fußballbundes DFB Theo Zwanziger von einem deutschen Gericht bescheinigt, er dürfe den Wüstenstaat Katar als „Krebsgeschwür des Weltfußballs“ bezeichnen, das sei durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Auch der Künstlerdarsteller Jonathan Meese darf bei seinen Auftritten ungestraft den Hitlergruß darbieten, da er vor Gericht sinngemäß glaubhaft machen konnte, er sei kein Nazi, und wenn er als Performer Jonathan Meese aufträte, habe das nichts mit der Privatperson Jonathan Messe zu tun, er spiele als Künstler nur eine Rolle. Da hat sich bei seiner Verteidigung der Jonathan Meese-Darsteller Jonathan Meese einer ähnlichen Rabulistik bedient wie der Satiriker Jan Böhmermann, der ausloten wollte, wie weit die Freiheit geht, „offen zu sagen, dass es verboten ist, zu sagen, dass einer ein Ziegenficker ist“ (Dieter Nuhr). Dennoch kann man die Schwafeligkeit einer Jonathan Meese-Performance künstlerisch unsäglich finden, wenn dieser einer „Diktatur der Kunst“ das Wort redet, und ebenso gewiss ist seine frivole Herumspielerei mit dem einstigen deutschen Gruß des Freispruchs zum Trotz weiterhin politisch als unerhört einzustufen, auch wenn sie nicht justiziabel ist. Wäre die Freiheit der Kunst wirklich in Gefahr gewesen, wenn hinsichtlich des Meese-Hitlergrußes die Gerichte anders geurteilt hätten? Wird nicht auch im Falle Böhmermann mit Kanonen auf Spatzen geschossen? Die tatsächlichen Gefahren, dass es der amtierenden türkischen Regierung gelingt, unangemessenen Einfluss auf die innenpolitische Situation in Deutschland zu nehmen, liegen ganz woanders, jedenfalls nicht im aktuellen Streit, ob die Pressefreiheit auch die Verwendung von Verbalinjurien aus dem Fäkalbereich deckt.

Dass Friseure sich alberne Geschäftsnamen zulegen, zum Beispiel „Vier Haareszeiten“, was im wahrsten Sinne des Wortes haarsträubend klingt, wurde an diese Stelle schon des öfteren mit mokanten Kommentaren bedacht. Was aber soll man davon halten, wenn sich ein Friseur „Men’s World“ nennt, in der Unterzeile jedoch erwähnt, er sei gleichzeitig aber auch Damenfriseur? „Men’s World“ – da denkt man doch eher an trinkfeste hormongedopte Bodybuilding-Typen mit Waschbrettbauch, deren Stammesfrisur keiner Lockenwickler und keines „Drei-Wetter-Tafts“ bedarf. Ist die Unterzeile „Damen- und Herrenfriseur“ also der Frauenemanzipation geschuldet? Müsste es dann aber nicht politisch korrekt „Mens and Womens World“ (als Plural und nicht mit falschem Genetiv) heißen? Hoffentlich muss man dort nicht erleben, dass da einer frohen Mutes mit Peter Altmeier-Glatze hinein spaziert und eine halbe Stunde später mit Frauke Petry-Haarschnitt bedröppelt wieder herauskommt!

Reichlich durchgeknallt war ein Ratspolitiker aus dem Ruhrgebiet, der sich in Köln in einem Saunaclub vergnügte und sich anschließend weigerte, die Rechnung zu bezahlen und zu randalieren anfing. Als die herbeigerufene Polizei ihn festnahm, tönte er: „Lassen Sie mich frei, ich habe einen Termin bei Angela Merkel!“ Dass der anschließende Drogen-Test positiv verlief, wunderte indes niemanden.

Der politisch unkorrekte Gender-Mainstream-Witz:

Tünnes: Ming Schwester hätt et an dä Prostata.

Schäl: Ävver Tünnes, dat jeht doch nit!

Tünnes: Oh doch, dat jeht! Dat is doch nur en Halbschwester.

© Raap/Bär 2016

 

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Three sisters soup ist eine Suppe der kanadischen Ureinwohner, vor allem der Irokesen, und sie besteht aus Mais, Kürbis und Bohnen. Man erhitzt Öl in einem Topf, dünstet Zwiebeln glasig, fügt 2-4 Knoblochzehen hinzu, grüne Paprikastreifen, Mais, Kürbisstücke, weiße oder braune Bohnen, 2-3 Tomaten, lässt das Ganze dann in Gemüsebrühe köcheln. Würzen mit Salz, schwarzem Pfeffer, Chili oder Cayennepfeffer, Kümmel, Oregano und Petersilie.

Salsiccia ist eine grob gewolfte italienische Bratwurst, deren Rezeptur von Region zu Region variiert, meistens enthält sie jedoch Fenchel und Knobloch, manchmal auch Nelken. Klein geschnitten verwendet man sie oft zur Verfeinerung von Risotto-Gerichten.Man kann sie natürlich auch ganz grillen oder braten und z.B. mit grünen Bohnen in Tomatensauce gekocht servieren.

Rebhuhn mit Feigen „Worringer Bruch“

Rebhuhn salzen und pfeffern, mit 3-4 Pimentkörnern, roten Pfefferkörnern, ½ Stck. Sternanis, 3-4 dünnen frischen Ingwerscheiben, 1 Knoblochzehe, frischer Gartenkresse, 3-4 schwarze Oliven Erdnüssen, anderen Nüssen nach Wahl und 1 frische Feigen füllen und im Backofen 40 Min. bei 180 Grad backen. Dazu 1 Möhre, Spargelstangen und Zuckerschoten mit weiteren frischen Feigen in Gemüsebrühe dünsten.

Copyright: Raap/Bär 2016 – Alle Rechte vorbehalten

 

 

bär aktuell 196/197 und Bild des Monats

März 1st, 2016

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Herr Bär in Zons am Rhein, Foto: Copyright J. Raap

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Bild des Monats März 2016:

Jürgen Raap, „Der verwegene Träumer“, 2016

 

Bär aktuell Nr. 197  – 22. März 2016

Je suis Bruxelles – Ik ben Brussels Eine U-Bahnlinie gab es noch nicht, als ich in den 1980er Jahren häufig aus privaten Gründen mit dem Auto nach Bruxelles fuhr – die Autobahn aus Richtung Aachen geht in eine Ausfallstraße über, die am Place Rond Point Schuman endet, ein großzügig angelegter Kreisverkehr am Gebäude der EU-Kommission. Man muss sich in dem hektischen Verkehr geschickt auf die linke Abbiegespur zur Rue de la Loi einfädeln, an der 200 oder 300 m weiter heute die U-Bahnstation Maelbeek liegt, an der am 22. März 2016 Terroristen ein Bombenattentat verübten – am frühen Morgen gegen 8 Uhr fast zeitgleich zu dem anderen Anschlag auf dem Flughafen Zaventem. Mehr als 30 Menschen kamen dabei ums Leben, die meisten an jener Station Maelbeek, die in einem Viertel mit lauter Bürohäusern liegt, so dass dort am frühen Morgen vor Arbeitsbeginn immer eine hohe Frequenz an Fahrgästen und Passanten herrscht – ein Indiz dafür, dass die Terroristen nicht nur die Orte, sondern auch den Zeitpunkt ihres Anschlags so perfide gewählt haben, um eine möglichst hohe Zahl an Opfern zu erreichen.

Biegt man kurz hinter der Station Maelbeek in die Rue d’Arlon ab und überquert man die Rue Belliard, an der das Goethe-Institut liegt, steuert man auf den Gare du Luxembourg zu, im Volksmund Gare Léopold genannt. Hier hat der spätere Surrealist Paul Delvaux in den frühen 1920er Jahren in expressionistischer Manier die Gleisstränge hinter dem Bahnhof gemalt, den Rangierbetrieb mit Dampflokomotiven in kaltem Nebel und mit Güterwaggons auf den Abstellgleisen.

Am Bahnhofsvorplatz gab es in den 1980er Jahren noch viele billige Hotels und Kneipen – hier habe ich mir in einer dieser typischen Brüsseler Bierschwemmen 1986 das Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft zwischen Deutschland und Argentinien angeschaut. Ich war der einzige deutsche Gast in dieser Brasserie während der TV-Übertragung, und der deutsche Torwart Toni Schumacher wurde von den belgischen Gästen bei jedem Ballkontakt heftig ausgebuht. Heute verbringen in diesen Lokalen am Bahnhofsvorplatz EU-Beamte in schwarzen Anzügen und ihre Sekretärinnen die Mittagspause. Es sind inzwischen schicke Bistros, mit entsprechend hohen Preisen für einen Vorspeisenteller Tomaten met grijse garnaalen/Tomates aux crevettes grises oder einen „Toast Cannibale“ mit Rinder-Tatar, dem man ein wenig Mayonnaise untermischt.

Von dem Bahnhofsgebäude ist nur noch die historische Fassade stehen geblieben; denn der Gleisstrang dahinter, den Paul Delvaux vor 95 Jahren gemalt hat, wurde unterirdisch verlegt und mit einem protzigen Klotz für das Europaparlament überbaut. Vor 30 Jahren führte mein Weg am Bahnhof vorbei regelmäßig weiter in den Stadtteil Ixelles über das holprige Straßenpflaster der Rue d’Idalie, vorbei an wackligen Abbruchhäusern bis zur Rue du Trone. Ich gelangte in ein Viertel mit düsteren, staubig-grauen Häusern aus der Gründerzeit, die jene bürgerliche Behäbigkeit ausstrahlten, die man aus den Bildern von Paul Delvaux und René Magritte herauslesen kann – hier wirkte vor 30 Jahren Bruxelles noch ein bisschen wie eine launische alte Dame mit schwarzer Spitzen-Stola an einem verregneten Sonntag. Inzwischen ist diese Gegend von den stadtplanerischen Ausfransungen des Quartier Européene vereinnahmt worden, dass sich mit der unverfrorenen Gefräßigkeit seiner Bürokraten in die Altbauviertel ausgedehnt und diese dabei baulich so brutal verändert und sozial so gründlich gentrifiziert hat, wie man es aus deutschen Großstädten in diesem Ausmaß bisher nicht kennt.

Ich erinnere mich, dass damals, irgendwann Ende der 1980er Jahre, nach einem Anschlag auf ein israelisches Reisebüro die Polizei im Vorort Ixelles ganze Straßenzüge mit quer gestellten Mannschaftswagen abriegelte und dann mit Maschinenpistolen bewaffnet Razzien in den Araberkneipen durchführte. Jeder, der irgendwie verdächtig wirkte, wurde mit hartem Griff von der Theke weggezerrt und ohne viel Federlesens in diese Mannschaftswagen verfrachtet. Damals waren solche martialischen Razzien aber noch ziemlich selten, und Ixelles mit seinem bunten Nebeneinander von Belgiern, Marokkanern und Schwarzafrikanern wirkte wie ein Modellversuch für die Utopien einer multikulturellen Gesellschaft – der afrikanische Supermarkt auf der Rue Goffart hatte Scheiben vom Elefantenrüssel und Antilopenfleisch in der Tiefkühltruhe, und der Ladeninhaber riet mir, das Fleisch vier Stunden lang zu kochen, aber es war dann immer noch zäh.

1945, am Ende des Zweiten Weltkriegs, war Belgien in der Wirtschaftsstatistik das reichste Land Europas, wegen seiner Schwerindustrie und wegen seiner Rohstoffe aus der Kongo-Kolonie. Inzwischen ist aber auch in Belgien das Industriezeitalter vorbei, mit all seinen ökonomischen und kulturellen Umwälzungen. Der Stadtteil Molenbeek ist von der Brüsseler Innenstadt durch den Canal Bruxelles-Charleroi getrennt. Das Viertel hat sich seit dem 19. Jahrhundert als Arbeiterviertel entwickelt und heute den Ruf, eine Islamisten-Hochburg zu sein. Die Gebäude ehemaliger Fabriken säumen den Quai auf der Molenbeek-Seite. Dass hier längst keine Industrieproduktion mehr stattfindet, mag eine der Ursachen für die hohe Arbeitslosigkeit im Stadtteil sein. Ähnlich wie die Banlieus von Paris, so ist auch hier die Perspektivlosigkeit der sozial Deprivierten ein Nährboden für eine Radikalisierung, wie auch die anderen Modernisierungsverlierer auf die Parolen rechter Demagogen hereinfallen. Was sich in diesen sozialen Brennpunkten mit ihren Tendenzen zur Entwicklung von Parallelgesellschaften abspielt, beschrieb der Züricher „Tagesanzeiger“ nach den Attentaten vom 22. März 2016 mit den Worten: „Es ist ein Rendezvous mit der Globalisierung, mit der Realität der Kriege und Konflikte rund um Europa. Ein Europa, das zerfällt und sich fragmentiert wäre noch blinder und ungeschützter gegenüber dieser Bedrohung.“ Die Utopien von der heiteren Multi-Kulturalität sind in den sozialen Verteilungskämpfen untergegangen.

Man kann auf der Brüsseler Seite des Kanals mit der Straßenbahn am Quai entlang fahren, wenn man denselben Weg nehmen will, den seinerzeit René Magritte von seiner Wohnung im Stadtteil Jette jeden Samstag mit der Tram Nr. 81 fuhr, um im Café Greenwich in der Rue de Chartreux Nr. 7 Schach zu spielen. Magritte wohnte mit seiner Frau in den 1930er Jahren in der Rue d’Esseghem, wo man die frühere Wohnung als kleines Museum rekonstruiert und zur Besichtigung frei gegeben hat, und wenn man dort die reihenhausgesäumten Straßen durchstreift, in der Magritte seinerzeit seinen Hund spazieren führte, hat man das Gefühl, an der Atmosphäre einer ruhigen, kleinbürgerlichen und etwas langweiligen Vorstadtidylle habe sich in all den Jahrzehnten wenig geändert. Eine Zeitenwende scheint hier jedenfalls noch nicht stattgefunden zu haben.

Das Café Greenwich ist nicht weit von dem imposanten Gebäude der Börse entfernt. Die Straßenbahn fährt heute aber nicht mehr exakt dieselbe Strecke wie zu Magrittes Zeiten vom Friedhof Cimetière de Jette in die Brüsseler Innenstadt. Man muss jetzt nämlich am Gare du Midi in die Linie 51 einsteigen, die von der Endstation „van Haelen“ nach „Heysel“ fährt, um zu Magrittes damaliger Wohnadresse zu gelangen.

Zu seinen Besuchen im Café Greenwich hatte René Magritte oft ein Bild mitgebracht, das er gerade fertig gemalt hatte, um es seinen Freunden dort zu zeigen. Die Runde am Cafétisch hatte sich jedes Mal für dieses neue Bild einen Titel ausgedacht, und Magritte hatte dann die Einfälle auf der Rückseite mit Kreide notiert, um sich später für einen dieser Titelvorschläge zu entscheiden.

Ein anderes Stammcafé von René Magritte, in dem er auch seine allererste Ausstellung hatte, ist das „La Fleur en Papier Doré“ in der Rue des Alexiens 53. Dieses Café existiert heute noch. Vom Grote Markt mit dem berühmten Brüsseler Rathaus im Stil der Brabanter Gotik aus sind es nur wenige Minuten Fußweg bis zu diesem Lokal, das seinerzeit ein regelmäßiger Treffpunkt der belgischen Surrealisten und nach dem Zweiten Weltkrieg auch ein Stammlokal von Künstlern der „Cobra“-Gruppe war. Dicht gedrängt hängen überall kleine und mittelgroße Rahmen mit Briefen, Collagen, Gedichten, Ausstellungsankündigungen, Urkunden, Reproduktionen von Bildern und mit anderen Drucken, dazwischen Tafeln mit Sinnsprüchen. Über dem Durchgang zum Thekenraum hängt eine Tafel mit dem Text: „Jedermann hat das Recht, 24 Stunden am Tag frei zu sein“.

© J. Raap 2016

Bär aktuell Nr. 196 –  22. März 2016

Oettinger lebt noch. „Wenn die komische Petry meine Frau wäre, würde ich mich heute Nacht noch erschießen“, hatte der EU-Kommissar Günther Oettinger vollmundig angekündigt und damit eine eindeutige und nachvollziehbare Ablehnung der Flintenweiber in der AfD erkennen lassen. Dazu muss man als Hintergrundinformation aber auch wissen, wie „Focus“ berichtete: Unlängst wurde Oettingers Porträt in die Galerie der Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg aufgenommen. „Links oben auf dem Bild der Künstlerin Anke Doberauer befindet sich ausgerechnet ein gemaltes Einschussloch. Oettinger deutet es als ‚Zeichen der Verletzlichkeit‘. Er nennt das Gemälde ‚Tatort Baden-Württemberg’“.

Bär polyglott – unterwegs mit Herrn Bär Dormagen liegt im römisch besiedelten, mithin im zivilisierten Teil des Rheinlands; doch an der S-Bahn-Station informiert ein Schild darüber, dass die öffentliche Toilette „wegen Vandalismusschäden geschlossen“ sei, und weitere Schilder im Straßenraum verkünden unter dem Slogan „Sauberhaftes Dormagen“, sollte es jemand wagen, auf der Straße seine Notdurft zu verrichten, werde dies bei Hund oder Herrchen mit einer Geldbuße von 25 Euro geahndet. Das Aufregendste an Dormagen ist ansonsten ein Straßenschild mit der Beschriftung „Haberlandstraße“, das daran erinnert, dass es drüben auf der anderen Rheinseite im germanischen Barbarenland, nämlich in der sibirischen Grenzstadt Leverkusen, mal ein Ulrich-Haberland-Stadion gab, dessen Nachfolgerbau aber heute nur noch den schnöden und orthografisch fragwürdigen Namen „BayArena“ trägt. Ulrich Haberland, der einstige Vorstand der Bayer AG, wurde Jahre nach seinem Ableben als Namenspatron nämlich herabgestuft, denn nach ihm ist in Leverkusen heute nur noch die Spielstätte der Jugendmannschaft benannt und in Dormagen auf der anderen Rheinseite immerhin noch eine ganze Straße im Bahnhofsviertel. Während die Stadt Leverkusen baulich auch sonst eher an die triste nordkoreanische Metropole Pjöngjang gemahnt, hält Dormagens Vorort Zons am Rhein erfolgreich mit seiner anheimelnden mittelalterlichen Stadtmauer und mit einer putzigen romantischen holländischen Windmühle dagegen, wobei bekanntlich woanders reichlich gestaltungsarme moderne Windkraftanlagen nach dem gleichen physikalischen Prinzip zu einer unsäglichen ästhetischen Verspargelung und damit uniformistischen Nordkoreanisierung der Landschaft führen. Der „Gasthof Stadt Zons“ bietet eine „Currywurst aus Wildschwein“ an, hatte aber am Schalttag des 29. Februar 2016 geschlossen, genauso wie schon erwähnt die Bahnhofstoilette an der S-Bahn-Station Dormagen, was Herrn Bär abends hungrig nach Köln zurück kehren und ihn an der sittengeschichtlichen Nachhaltigkeit der römischen Latrinenkultur im lateinisch geprägten Teil des Abendlandes zweifeln ließ. Dass eben dort in Köln die einstige Hauptkampfbahn des ehrwürdigen Müngersdorfer Stadions ebenso schnöde und jegliche sporthistorische Tradition missachtend nach einem Stromkonzern umbenannt wurde, möge in Leverkusen den Nachfahren Ulrichs Haberlands zum Trost gereichen. Wenn man nicht gerade aussieht wie ein Vandale, der den Verdacht erweckt, das Klo noch mehr zu verwüsten, kann man dem Kioskbesitzer am Bahnhof auch 50 Cent in die Hand drücken, und er schließt dann als protagonistische Speerspitze der Kampagne „Sauberhaftes Dormagen“ gnädig die ansonsten verschlossene Toilettentür auf, damit man sich nicht für 25 Euro Geldstrafe auf dem Bürgersteig erleichtern muss. Lohnt sich also eine Bildungsreise nach Dormagen und Zons? Aber immer.
© Raap/Bär 2016

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär

Schottische Tomatensuppe traditionell (Britische Fastensuppe)
Das Sparrezept: einfach heißes Wasser in rote Teller schütten.

Dashi-Brühe à la Karl-Josef Bär
Dashi-Brühe ist die Basis vieler japanischer Suppen, Eintöpfe, Reisgerichte und Saucen. Man erhält sie in Asia-Läden auch in Pulverform. Kocht man sie selber, nehme man 10 Gramm Kombu-Seetang-Streifen, die man einweicht und dann in einem Dreiviertel Liter Wasser aufkocht. Dann nimmt man die zerkochten Algenstücke heraus, gibt 10 gr. Bonito-Fischflocken hinzu. Für eine Suppe reichert man diese Brühe mit Shitakepilzen, ein paar Möhrenstreifen, ein paar Wakame- oder Hijiki-Algen und 2-3 frischen entgräteten und klein gehackten Sardinen an, die man durchziehen lässt, bis sie gar sind, bevor man dann mit ein paar Spritzern Sojasauce oder Fischsauce die Suppe abschmeckt.

Kürbissuppe Subbelrath
Kürbisse gelangten im 16. Jh. durch portugiesische Seefahrer von Japan nach Europa. Der lateinische Name des Hokkaido-Kürbis lautet Cucurbita maxima. In Europa liegt die Erntezeit zwischen September und Dezember. Rezept: Kürbis entkernen und in kleine Würfel schneiden, in einen Topf mit heißem Öl oder Butter geben, dazu eine gewürfelte Zwiebel, 1 Vanilleschote und 1 Knoblochzehe. Dann 1 Möhre dazu raspeln und mit Gemüsefonds auffüllen. ca. 30-40 Min. köcheln lassen. Mit Salz, Pfeffer, gelbem oder grünem Curry, Ingwer, Muskat, Kreuzkümmel oder Schwarzkümmel würzen, zum Schluss mit Sahne abbinden. Kreuzkümmel war schon vor 4.000 Jahren im alten Syrien als Würzmittel bekannt; den intensiven Geschmack ruft das ätherische Öl Cuminaldehyd hervor. Im Römischen Reich und im europäischen Mittelalter schätzte man den Kreuzkümmel auch als Heilpflanze; ihm wird eine pharmakologisch positive Wirkung gegen Blähungen und Darmkrämpfe zugeschrieben; in der modernen Schulmedizin ist dies jedoch nicht bestätigt. Schwarzkümmel war in der westlichen Welt jahrhundertelang weniger bekannt; ihm wird eine antibakterielle Wirkung und schützende Eigenschaften für Leber und Nieren nachgesagt. In der deutschen Küche ist indessen traditionellerweise der heimische Wiesenkümmel vorherrschend; wegen seiner verdauungsfördenrden Wirkung setzt man ihn gerne fetten Speisen, Kohl und Hülsenfrüchten zu.

Stubenküken „Müngersdorf“
Stubenküken salzen und pfeffern, innen mit Knoblochpaste und etwas Geflügelpaste bestreichen, mit 3-4 Pimentkörnern, frischen Feigen, Schalotte und eingeweichtem Morchelbruch füllen, dazu frischer Kerbel. Im Backofen von beiden Seiten 30-40 Min. garen. Dazu Spargel und Möhren in Roquefortsauce.

bär aktuell 195 und bild des monats

Februar 11th, 2016
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Künstler-Fußgruppe des „a performancelife e.V.“ beim Ehrenfelder Dienstagszug, Köln-Ehrenfeld, 9. Feb. 2016

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Bild des Monats Februar 2016:

Jürgen Raap, „Das Kloster der macchabäischen Brüder“, Schild für Karnevalsumzug, 2016

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Jürgen Raap, „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“, 2016

Bär aktuell No. 195 – 22. Feb. 2016:

Wie rasch sich der Zeitgeschmack wandelt und sich ideologische Verbohrtheiten ins Gegenteil kehren, illustrierte recht anschaulich der Kabarettist Dieter Nuhr mit dem schönen Satz: „Als ich mich vor Wochen über das archaische Frauenbild mancher arabischer Männer aufregte, galt ich als Nazi. Wenn ich dies jetzt nach der Kölner Silvesternacht tue, hält man mich für einen Feministen“. Zur Phänomenologie der aktuellen Streitkultur in Deutschland widmete seriöse „Die ZEIT“ einen Artikel dem „Gesinnungsterror“ der Hypermoralisten, und was darunter konkret zu verstehen ist, erklärte das Magazin „Cicero“: „Ethischen Normen nicht die allerhöchste und alleinige Priorität einzuräumen, gilt in diesen Kreisen als moralischer Hochverrat“. Wobei wir es auf der sprachlichen Ebene häufig mit unangemessenen verzerrenden hermeneutischen Verkürzungen zu tun haben, die nur zu einer bedenklichen Vergiftung der öffentlichen Debatte führen.
Und da die Medien laut „Cicero“ sich „naturgemäß für das Abartige, Bizarre und Absonderliche“ interessieren, was auch für „bär aktuell“ gelten mag, sei hier an die Einrichtung einer „Wolfberatungsstelle“ durch das Bundesministerium für Umwelt erinnert. Bisher konnte man sich bekanntlich an niemanden wenden, wenn man im Wald einen Wolf im Schafspelz glaubte gesehen zu haben. Diesem Missstand wurde jüngst konsequent Abhilfe geschaffen, denn künftig sorgt die neue „Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf“, wie sie in korrektem Amtsdeutsch heißt, für ein „Wolfsmanagement“, denn: „Der Wolf muss sich nicht nur in der Natur wieder etablieren können, sondern auch in den Köpfen und Herzen der Menschen in Deutschland“, so fordert man in den Lobbykreisen dieser Institution lauthals. – Bizarres und Absonderliches findet man bisweilen auch auf der Internetseite der „tageszeitung“ in den Kommentarleisten. Mal hofft dort einer in seiner Leserzuschrift, „dass die USA über die Denkweise und Machtgelüste der CSU mittels Geheimdienst Bescheid wissen und hoffentlich gegebenenfalls einschreiten“, mal behauptet ein anderer Leser, Bielefeld gäbe es überhaupt nicht: „Auf der Karte existiert Bielefeld tatsächlich nicht, egal wie man zoomt. Zwischen Herford und Halle/Westf. ist einfach nur ein großer Verkehrsknotenpunkt.“
Dass das Berliner Studentenwerk sich jetzt in „Studierendenwerk“ umbenennen will, monierte der Rechnungshof, denn der Austausch von Schildern und der Neudruck von Briefbögen würde satte 800.000 Euro kosten – in den Augen der Rechnungsprüfer reine und unnötige Geldverplemperung. Die Befürworter der Umbenennung konterten indes, sie wollten den Austausch der Schilder bis ins Jahr 2022 strecken, denn dann koste die Umbenennung „fast nichts“, so ihre in der Tat reichlich absonderlich anmutende Milchmädchenrechnung. Kriegt man die Schilder in sieben Jahren etwa umsonst, oder was?
© Raap/Bär 2016

Essen und Trinken mit Herrn Bär
Cassoulet
Der Bohneneintopf Cassoulet stammt aus der Gegend von Toulouse, Carcassone und dem Languedoc in Südfrankreich. Der Name leitet sich von der „Cassole“ ab, einer Koch-Backform aus Ton. Man dünstet in einem großen Topf in Gänse- oder Entenschmalz Speck und Zwiebeln an, fügt Möhren hinzu, gießt das Ganze dann mit einem Liter Wasser auf, fügt klein gewürfelte Tomaten und 1-2 Lorbeerblätter hinzu, Knobloch, dann weiße Bohnen, Salz, Pfeffer, Thymian und Majoran. In einer Pfanne brät man separat Saucisse de Toulouse an, oder eine italienische Salcicia-Fenchel-Bratwurst, oder schlesische/polnische Krakauer, Gänsekeule oder Gänseklein, oder auch Entenkeule bzw. Entenflügel, am besten aber Confit de Canard (das sind Entenstücke, die vorher in eigenem Fett gegart und dadurch haltbar gemacht wurden). Man nimmt dann in einen Römertopf oder eine Casserole, deren Boden man vorher mit Speckscheiben bedeckt hat, schichtet die Fleischstücke darauf auf und bedeckt sie mit den Boden, dann gießt man Hühnerbrühe und einen Schuss trockenen Rotwein hinzu und lässt das Ganze im Backofen bei 180 Grad eine Stunde garen, fügt bei Bedarf zwischendurch noch etwas mehr Hühnerbrühe hinzu: ein deftiges, mächtiges Winteressen.

 

bär aktuell 194 und Bild des Monats

Januar 2nd, 2016

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Bild des Monats Januar 2016:

Jürgen Raap „Das Haus der guten Lichter“, 2016

Bär aktuell – 22. Januar 2016

Sehr schön war die Schlagzeile „Exhibitionist klaut Hose“. Die Boulevardpresse berichtete, in diesen Winterwochen sei es einem Exhibitionisten zu kalt geworden, weshalb er sich eine lange Unterhose von einer Wäscheleine aneignete, die im Hof zum Trocknen hing. Im Park präsentierte er sich dann mit geöffnetem Mantel, herunter gelassener Hose, aber in wärmender Unterhose.
Soll man sich nun den Winterpflug „Eisbär“ oder lieber die Spargelpflanzmaschine „Nashorn“ zulegen? Nun, das kommt auf die Jahreszeit an. Wer nicht ganz so viel Geld ausgeben möchte, begnügt sich vielleicht mit dem Tiefenspaten „Maulwurf“. Der Marketing-Depp, der das Sortiment der Maschinenbaufirma Hermeler nach zoologischen Kriterien benannt hat, verfügt in seinem Bücherregal wohl nur über „Brehms Tierleben“. Wie sollte auch sonst einer auf die Idee kommen, eine Spargeldammfräse „Leofant“ und eine Mehrzweckhacke „Iltis“ zu nennen? Einzig und allen der Grabenpflug bleibt seltsamerweise namenlos. Ist dem Marketingleiter dazu nichts eingefallen? Oder ist das nur ein geschickter Reklametrick, um den Werbezettel mit der Aufforderung enden zu lassen: „Ich benötige weitere Informationen. Bitte kontaktieren Sie mich“. Lieber nicht, findet Herr Bär.
Die „Schwusos“ (=Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD) wollen sich jetzt in „QueerSozis“ umbennen, „da dieser Name die Vielfalt unserer Arbeitsgemeinschaft und der von ihr vertretenen Gruppen besser repräsentiert“, und dazu gehören auch jene, die man politisch korrekt mit dem Begriff „Transgender“ bezeichnet, wie es in einem Antrag des Berliner Kreisverbandes heißt. War es bisher in den Integrationskursen für notorisch homophobe zugereiste Zeitgenossen kein Problem, ihnen den Unterschied zwischen Jusos und Schwusos zu erklären, so ist die pädagogisch-aufklärerische Vermittlung des Begriffs „QueerSozi“ in solchen Integrations-Volkshochschulkursen doch wohl eher heikel. Sollte man dort als Integrationspädagoge vielleicht den Witz zitieren, mit dem der Büttenredner Heinz Baumeister in seiner Paraderolle als „Putzfrau us Ründeroth“ auf schwul-lesbischen Karnevalssitzungen die Pause anzukündigen pflegt? „Die Herren gehen jetzt aufs Herrenklo, die Damen gehen aufs Damenklo, und wer sich nicht entscheiden kann, dä jeht nach draußen an et Mäuerchen“. Wohl eher nicht. Schließlich geht es in diesen Integrationskursen ja auch um die Umerziehung chauvinistischer Gesellen zu mitteleuropäischen Sitzpinklern, während das erwähnte „Mäuerchen“ wohl doch eher zum breitbeinig-machohaften Wildpinkeln animiert. Auch wenn man den zu Integrierenden ihr archaisches Verständnis von der Rolle der Frau austreiben will, ist es nicht unbedingt sinnvoll, mit ihnen dann im rheinischen Karneval ausgerechnet Herrensitzungen zu besuchen, die so heißen, weil in ihrem Programm die Tradition des gutbürgerlichen Herrenwitzes hochgehalten wird. Gilt es dann, im Aufbau-Seminar „Integration für Fortgeschrittene“ die Kursteilnehmer zu Veganern umzuerziehen, müssen die Kursleiter (oder Kursleiterinnen) ihnen mit griffigen Worten die Abkürzung V.A.G.I.N.A. erklären. So nennt sich nämlich allen Ernstes in Leipzig eine Gruppe von Feministinnen, nämlich die Initiative „Vegane Amazonen gegen intolerante nationalistische Arschlöcher“, was für diejenigen, die in Sachen Anatomie etwas unkundig sind, verwirrend klingen mag, bis man ihnen beibringt, welche Körperöffnung im Unterleib vorne und welche hinten angesiedelt ist. Ebenso schwierig ist es auch, den Kursteilnehmern klar zu machen, dass jemand, der auf einer Veganer-Veranstaltung unbedingt eine Bratwurst essen will, sich damit nach draußen zu den Rauchern stellen muss, d.h. „an et Mäuerchen“. Herr Bär ahnt, dass Integrationspädagogik kein einfaches Unterfangen ist.
© Raap/Bär 2016

Essen und Trinken mit Karl-Josef Bär

Sauce Robert ist eine Sauce nach Art des Leibkochs von König Franz I. von Frankreich (16. Jh.). Über den Maler Max Ernst wird die Anekdote berichtet, als er 1950 eine Schiffsreise von New Orleans nach Europa unternahm, bestellte er sich im Schiffs-Restaurant ein Steak mit Sauce Robert. Es war heiß und schwül an jenem Tag, der Kellner schwitzte beim Servieren und die Schweiß drohte, von seiner Stirn auf den Teller zu tropfen. Max Ernst fragte ihn, ob er zufällig „Robert“ hieße, und der Kellner antwortete verblüfft: „Woher wissen Sie das?“
Für das Rezept benötigt man 3 Zwiebeln,100g Butter, ½l Fleischbrühe oder Bratenfond, Pfeffer, Salz, etwas Weinessig, mittelscharfen Senf, 1 Teelöffel gehackten frischen Estragon. Die Zwiebeln in Butter glasig dünsten, Brühe hinzugeben und bis zur Hälfte der Menge einkochen lassen. Dann Salz, Pfeffer, Essig, Zucker, Estragon sowie Senf zugeben und bei milder Hitze mit einem Schneebesen gut verschlagen und in einer vorgewärmten Sauciere reichen.

Hirschbraten „Rudolph“
Fleisch von älteren Tieren muss man erst in eine Beize einlegen, damit es zart wird. Von Jungtieren kann man die Bratenstücke sofort in heißem Gänseschmalz oder in ausgelassenem Speck in der Pfanne anbraten, bis sich die Poren schließen, dann brät man auch noch kurz Zwiebeln oder Schalotten, Poreescheiben und Stücke vom Sellerie kurz an und gibt das Ganze dann in eine Kasserole. Das Fleisch salzen und pfeffern und mit (fertigem) Wildgewürz einreiben oder Wacholderbeeren, Pimentkörner, 1 Nelke, 1 Stück Möhre 1 Lorbeerblatt, 12 Knoblochzehen, Maronen, Walnüsse, grüne und rote Pfefferkörner und ein paar Chicoreeblätter hinzu geben, mit etwas Bratenfonds (Wildfonds) auffüllen und im Backofen bei mittlerer Hitze je nach Dicke des Fleischstücks 100-120 Min. garen. Vor dem Servieren den Bratenfonds abgießen, kurz aufkochen, mit Rotwein, Sahne oder Petrella-Käse abbinden, nach Belieben nachwürzen. Dazu passt Rotkohl oder Sauerkraut, das man zusammen mit vorgekochten Kartoffeln, Schalotten, Sellerie, Tomaten und rotem Paprika gedünstet hat.

bär aktuell 193 und Bild des Monats

Dezember 2nd, 2015

 

Bild des Monats Dezember 2015:

Jürgen Raap, „Unter Stuttgarter Rebellen“, 2015

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Bär aktuell Nr. 193 – 22. Dezember 2015:

Deppen-Ranking Die Liste der Fehlleistungen des Jahres führt diesmal der Fußballfunktionär Sepp Blatter an. Als der britische Komiker Simon Brodkin auf der Sitzung des Fußballverbandes FIFA Dollarscheine auf Blatter regnen ließ, raunzte dieser, das habe nichts mit Fußball zu tun. Nein, mit Fußball nicht, aber mit Korruption. Aber das hat Blatter bis heute nicht verstanden. Brodkin erzählte später, das seien echte Dollarscheine gewesen, aus seinem Privatvermögen, und die schweizerische Polizei hätte ihm hinterher die gesamten 600 Dollar zurück gegeben, was ihm die Gewissheit vermittelt habe, die FIFA mag vielleicht korrupt sein, aber keinesfalls die Schweizer Polizei.
Die Selbstüberschätzung mancher Krimineller, man werde schon nicht erwischt, mündet im Alltag oft genug in Dummheit und Unzulänglichkeit. Überschätzt hat man auch bei Volkswagen die eigene Ingenieurskunst bei der Konstruktion einer Schummelsoftware, so dass man schließlich doch erwischt wurde und angesichts des milliardenschweren (Image)schadens für den Spott nicht zu sorgen braucht (Platz 2) und nur knapp daran vorbeischrammte, dass „Lügeldiesel“ zum „Wort des Jahres“ gewählt wurde. Ebenfalls nicht gut durchdacht hatte auch der Rewe-Erpresser seine Untat, als er sich ausgerechnet von seiner Mutter im Auto zur Lösegeldübergabe chauffieren ließ und nach seiner Festnahme der Polizei kleinlaut erklärte, er hätte doch kein eigenes Auto und daher nicht gewusst, wie er sonst zum Übergabeort hätte hinkommen sollen (Platz 3). Der Berliner „Tagesspiegel“ hatte schon vor einem Jahr den Trend beobachtet: „Der Mangel an qualifiziertem Nachwuchs verschärft sich auch unter Ganoven.“
Laut einer Umfrage hält nur ein Drittel der SPD-Parteimitglieder Sigmar Gabriel für einen geeigneten Kanzlerkandidaten. Da man bei Wirtschaftsminister Gabriel befürchten muss, er ließe sich bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen von den USA und bei der „Energiewende“ von den Stromkonzernen gehörig über den Tisch ziehen, gebührt ihm Platz 4, und Herr Bär teilt die Einschätzung der übrigen zwei Drittel der SPD-Mitglieder (politisch korrekt, aber grammatisch falsch: Mitglieder und Mitgliederinnen).
Platz 5 hingegen ist für Boris Becker reserviert, der in einer TV-Sendung erwähnte, wie er mal Sex im Flugzeug hatte. Ach, Bobele, das will aber nun wirklich keiner wissen. Und Platz 6 verdiente sich der betrunkene Fahrraddieb, der sich hinter einer Mülltonne versteckte und dann den Polizisten, die ihn dort entdeckten, entgegen lallte, er verstecke sich nicht, sondern er „chille nur ab“.
Auf Platz 7 treffen wir den NRW-Innenminister Ralf Jäger an, der ein Polizeiorchester unterhält, in welchem aber gar keine Polizisten mitspielen, sondern nur als Polizisten verkleidete Musiker. Während andere Landespolizeiorchester mit 13 Trötemännern auskommen, blasen bei Jäger allerdings gleich 45 Musiker ins Horn, was der Landesrechnungshof als Verschwendung von Steuergeldern monierte.
Platz 8 gebührt jenen zwei Volldeppen, die in Düsseldorf einen Touristen ausraubten, von sich dann am Tatort ein „Selfie“ machten und das Handy mit dem Foto am Tatort zurück ließen. Platz 9 nimmt unterdessen jener völlig verschnarchte Jüngling ein, der zur Kölner Oberbürgermeisterwahl ohne Wahlbenachrichtigung und ohne Personalausweis im Wahllokal erschien. Als der Wahlhelfer seinen Namen nicht in der Einwohnerliste des Wahlbezirks fand und ihn fragte, wo er denn wohnen würde, erklärte der völlig verpeilte Jüngling, das wisse er nicht so genau, jedenfalls „irgendwo in der Nähe des Ehrenfeldgürtels“, aber er sei erst kürzlich dorthin gezogen und könne sich noch nicht die Adresse merken.
Lange überlegte Herr Bär, ob dem DFB-Vorsitzenden Wolfgang Niersbach ein Sonderpreis gebührt oder nur Platz 10 für sein hilfloses Gestottere auf jener legendären Pressekonferenz, als Niersbach erklären sollte, was eigentlich aus den 6,7 Mill. Euro geworden ist, die der DFB an den Fußballverband FIFA überwies für ein Kulturprogramm, das nie stattfand. Allein schon diese versemmelte Pressekonferenz veranlasste die Zeitungskommentatoren zu der Einschätzung, nach der Deutschen Bank, Siemens, dem ADAC und VW habe nun auch der DFB als die letzte große Säule siegfriedianisch-teutonischer Rechtschaffenschaft an Glaubwürdigkeit verloren, und im Ausland glaube man nun, in den Vorstandsetagen deutscher Banken und Industriekonzerne und im Funktionärswesen ginge es bisweilen so tückisch zu wie bei levantinischen Hütchenspielern.
© Raap/Bär 2015