Baer aktuell 302 – 3. Aug. 2021

August 1st, 2021

Bild des Monats August 2021:

Jürgen Raap, „Kunibert der Wachsame“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2021

Bär aktuell Nr. 302 – 3. Aug. 2021

Vermurkster Wahlkampf Wer ein bisschen Ahnung von Grafik Design und Kommunikationstheorie hat, der lacht sich über die aktuellen Wahlkampfplakate schibbelig. Da haben sich tatsächlich irgendwelche Werbedeppen dazu durchgerungen, Christian Lindner den Blick vom Betrachter abwenden zu lassen, d.h. dem Betrachter nicht in die Augen zu schauen, sondern ein bisschen ratlos und ein bisschen versonnen wirkend seitwärts irgendwo hin ins Leere. Wobei doch die kommunikative Grundregel, erst einmal Blickkontakt her zustellen, jeder beherrscht, der irgendwo ein Scherflein von einem Euro erheischen will, aber eben nicht die FDP auf Stimmenfang. Noch dilettantischer kommen die Plakate der SPD daher, in deren Parteikasse offenbar das Geld für einen richtigen Profi-Fotografen fehlte. Die Plakate sehen jedenfalls so aus, als ob man in einem alten Verbrecheralbum fündig wurde und ausgebleichtes erkennungsdienstliches Material auf Scholz und Mützenich zurecht retuschiert hat. Beim Anblick des Mützenich-Plakats fragt sich Herr Bär jedenfalls, ob schon eine Belohnung auf die Ergreifung des Abgebildeten ausgesetzt ist. Das Olaf Scholz-Fahndungsfoto haben sie auch noch mit dem Text „Respekt für Dich“ versehen, wobei man wissen muss, dass die Einforderung von Respekt vor allem in den Kreisen von Gangsterrapper-Darstellern beliebt ist, so dass der Slogan „Vorsicht, Schusswaffengebrauch!“ auf diesem Wahlplakat mit Scholz eigentlich angebrachter wäre. „Die Partei“ wirbt mit dem CDU-Politiker Jens Spahn, was allerdings nicht besonders originell ist, seit man weiß, dass schon Annalena Baerbock in ihrem „Sachbuch“ ausgerechnet auch bei der CDU abgeschrieben haben soll. Bei den Grünen würde daher mit souveräner Selbstironie der legendäre Baerbock-Versprecher „Kobold“ statt „Kobalt“ nicht nur für Lacher („Bereit sein für Kobold“), sondern auch für Sympathiepunkte sorgen, aber den Klamauk überlassen sie in diesem Wahlkampf dann doch lieber den „Die Partei“-Satirikern, und dass die „Sozialistische Gleichheitspartei“ völlig bierernst für die Abschaffung des Kapitalismus eintritt, war eigentlich auch nicht anders zu erwarten und mildert die Langeweile dieses Wahlkampfes keineswegs. © Raap/Bär 2021

Wahlkampfpalakt 2021, Foto: S. Kallnbach
Wahlkampfpalakat 2021, Foro: S. Kallnbach
Wahlkampfpalakt 2021, Foto: S. Kallnbach

Geimpfter Sänger sucht Sängerin“ (Kontaktanzeige in der Kölner „Stadtrevue“). Offen bleibt die Frage: Muss die Sängerin nun auch geimpft sein oder reicht ein Jodeldiplom?

Schlagzeilen, wie wir sie lieben: „Er kam mit Perücke und ging mit Glatze“ (Die BILD-Zeitung über die Maskerade eines Bankräubers)

„Herr Pang macht Peng“ (Die BILD-Zeitung über einen chinesischen Athleten beim olypmischen Luftpistolen-Wettbewerb)

Totalitäre Tendenzen sieht die Autorin Judith Sevinç Basad in der Identitätspolitik und der Cancel Culture der moralisch überheblichen Empörungsindustrie und attackiert in ihrem Buch „Schäm Dich“ die „Denkverbote und Unschärfen in den Argumenten einer selbsternannten kulturellen Elite“ (O-Ton Spiegel Bestseller-Newsletter). „Selbstkritik“ mussten ideologische Abweichler früher bekanntlich nur in stalinistischen Systemen üben, aber heute haben auch in den liberalen Demokratien manche das Gefühl, man dürfe bisweilen nicht mehr sagen, was man wirklich denkt, ohne massive berufliche oder gesellschaftliche Nachteile befürchten zu müssen: da wird mit jakobinischer Raserei die geringste sprachliche Unbedachtsamkeit mit Verbannung geahndet. Eine Bereitschaft zur Selbstkritik oder gar zum Selbsthass versucht jene Empörungsindustrie heute in erster Linie den sogenannten „alten weißen Männern“ anzudienen, die selbst aber weder für ihre Hautfarbe noch für ihren Geburtsjahrgang verantwortlich sind, und die -sofern sie dem Prekariat mit z.B. 600 Euro-Rente, Kurzarbeiter-Geld oder Hartz IV-Sozialhilfe angehören – in dieser Gesellschaft auch keineswegs so privilegiert sind, wie manche Angehörige der gutsituierten akademischen Bioladen-Schickeria, vulgo: der urbanen Hipster-Szene und ihrer intellektuellen Vordenker vielleicht glauben. So gibt denn auch die Poetik-Professorin Kerstin Hensel zu bedenken: „Berufsdenker… haben kein Publikum außer ihresgleichen. Nur weil sie sich mit komplexen Fragen beschäftigen, heißt das nicht, dass alle anderen es auch tun… Das Verdrängen von Problemen, die nicht das eigene Lebensumfeld betreffen, ist für sie ein notwendiger Abwehrmechanismus, um die Realität zu bewältigen…“, was nichts anderes heißt: „Reflexionsverweigerung“ kann auch eine Strategie sein, sich einer Vereinnahmung oder Umerziehung seitens jener empörungsindustriellen Eiferer zu widersetzen. Oder um es einmal mit dem rheinischen Populärphilosophen Günter Eilemann sowohl etwas polemisch als auch reichlich nonchalant-fatalistisch auszudrücken: „Küsste hück nit (kommst du heute nicht), küsste morgen, kein Theater, un kein Sorgen. Mir is alles janz egal, weißte, wat, die künne mich mal“. Ergo: Der Rheinländer neigt bisweilen nicht nur zur Gelassenheit, sondern sogar zur Gleichgültigkeit; denn ihm ist jegliche Form von Fanatismus und Rigorisität fremd, und sein metaphysischer „Et kütt wie et kütt“-Stoizismus ist mithin eine bewährte Abwehrhaltung zugunsten einer „Freiheit von Neigungen und Affekten“. Wer nicht im Gleichschritt marschieren will, der will gewiss auch nicht in einer uniformen Weise denken oder schreiben und sprechen müssen. Man muss ja nicht immer sofort in vermeintlich gutmenschlicher Betroffenheit à la Katrin Göring-Eckhardt in Tränen ausbrechen, wenn in China mal ein Sack Reis umfällt, und jedes Influencer-Dummchen, dass sich in den sozialen Medien verbreitet und sich dann auch noch im Trash-Privat-TV in einen „Big Brother“-Container begibt mit der Referenz, vorher schon in einer Quizsendung völlig unwissend an der Unterscheidung zwischen Prof. Drosten von König Drosselbart gescheitert zu sein, muss man ebenfalls nun wirklich nicht kennen. Höchst aktuell lässt sich zusammenfassend in diesem Kontext William Shakespeare zitieren: „Desto schlimmer, dass Narren nicht mehr weislich sagen dürfen, was weise Leute närrisch tun“ (aus: „Wie es Euch gefällt“).

Dass die grüne Kanzlerkandidatin schon wieder etwas verbaerbockt hatte, wurde in den Medien genüsslich verbreitet, wiewohl der „Kölner Stadtanzeiger“ fairerweise konstatierte, „die anderen Kanzlerkandidaten“ Laschet und Scholz stünden auch nicht viel besser da. Erneut bewies Annalena Baerbock nämlich geografische Unkenntnis, als sie bei einem Ortstermin in Barnim/Brandenburg in gewohnter Plapprigkeit meinte, der Wald dort „im Oderbruch“ sei „anders als der Wald im Süden des Landes“. Die Gazette „Die Welt“ korrigierte: „Der Oderbruch liegt etwa 50 km weiter östlich“ und merkte süffisant an, der ebenfalls anwesende Robert Habeck habe bei Baerbocks verkorkster Waldbetrachtung „an ihrer Seite betreten zu Boden“ geschaut. In einem von Pannen und Plagiaten geprägten Bundestagswahlkampf muss sich der Kandidat Armin Laschet Vergleiche mit Gerhard Schröder gefallen lassen, der die Bundestagswahl 2002 wohl auch deswegen gewonnen haben soll, weil er beim Oderhochwasser damals instinktsicher in Gummistiefeln Präsenz zeigte und medienwirksame Bilder als scheinbar zupackender Macher lieferte, wo Laschet in den Augen seiner Kritiker eher als zu zauselig empfunden wird. Immerhin verkniff sich Armin Laschet bei Ortsterminen in den Überflutungsgebieten Wahlkampf-Auftritte in Gummistiefeln, um nicht auch noch als Schröder-Plagiator gescholten zu werden. Olaf Scholz war auch da vor Ort und tat das, was er immer tut, nämlich mit einem höchst muffligen Gesichtsausdruck in die Kamera zu starren wie Clint Eastwood in „Dirty Harry“: wo Laschet sich nach Ansicht vieler einen unangebrachten Lacher hätte verkneifen müssen, kommt Scholz erst gar nicht auf die Idee, dass es in anderen Lebenssituationen überhaupt mal etwas zu lachen geben könnte. Annalena Baerbock kam ohne Pressetross im Anhang in die Eifel und redete dort diesmal keinen Unsinn, so dass es Robert Habeck erspart blieb, wieder einmal betreten zu Boden schauen zu müssen. Copyright Bär/Raap 2021

Ach, Annalena. „Schwarze werden als Neger verunglimpft“. Dieser Satz ginge „wohl noch unter Normalos durch, weil dieser Satz, wenn auch in positiver Absicht, das diskriminierende N-Wort als Normalfall verwendet. Für Grüne ist er allerdings ein No Go“, schrieb Ulrich Reitz in „Focus online“. Es ist ein Irrglaube jener „Hundertprozentiger“ (so Ulrich Reitz über die Hardcore-Apostel der politischen Korrektheit) sich einzubilden, eine Diskriminierung höre wohl automatisch auf, wenn man einfach bestimmte Vokabeln aus dem Sprachschatz tilgt. So funktioniert das eben doch nicht. Herr Bär hätte sich bis jetzt nicht vorstellen können, Annalena Baerbock mit ihrer Neigung zur Plapprigkeit jemals in Schutz nehmen zu müssen, aber wenn sie in einer Diskussion über Alltagsrassismus aus einem Schulaufgabentext wortwörtlich zitiert, dann ist dieses Zitat doch korrekt wieder gegeben, auch wenn darin eine heut zu tage umstrittene Vokabel vorkommt. Bereits vorhandene oder gar ältere Texte spiegeln immer die Zeitumstände wider, unter denen sie entstanden sind, und diesen aktuellen oder historischen Zeitgeist kann man aus heutiger Sicht nun mal nicht begreifen, wenn man die Texte im nach hinein zensiert. Da geht es ja nicht nur um Fragen des Urheberrechts, sondern eben auch um solche der zeitgeschichtlichen Authentizität. Polemisch ausgedrückt: 2016 wurde Adolf Hitlers „Mein Kampf“ gemeinfrei, und das Institut für Zeitgeschichte gab daraufhin eine kritische Neu-Auflage mit zahlreichen Anmerkungen heraus. Die Schrift des „bayerischen Bierkelleragitators“, der Hitler in den frühen 1920er Jahren war, ist „gekleidet in ein Gewand von Hetze und Propaganda. Der Inhalt: völkisch, rassistisch und antisemitisch; die Sprache: unsauber, unbeholfen, gestelzt“, so der Bayerische Rundfunk in einer Rezension. Doch würde man Hitlers wirre und schreihalsige Propagandaphrasen heute nicht gründlich missverstehen, ja, würde man sie nicht sogar verharmlosen, wenn man solch ein ungeheuerliches Vokabular, das dann später ganz brutal u.a. 1938 in Heinrich Himmlers Erlass zur „Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen der Rasse“, mündete, in einer heutigen Neuauflage oder auch nur in fragmenthaften Zitaten aus diesen alten Texten mit Gendersternchen oder Umschreibungen wie „Regelung der Frage über Menschen südosteuropäischer Herkunft“ sprachlich manipulieren würde? (oder müsste Himmlers Erlass aus Sicht des Jahres 2021 gar als „Mensch*innen aus dem Wesen der Rasse“ redigiert werden?) Der surrealistische Dichter Philippe Soupault veröffentlichte in den frühen 1920er Jahren einen Roman mit dem Titel „Der Neger“, auf deutsch 1982 neu aufgelegt, als eine „Geschichte von Edgar Manning, einem Dealer, Jazzmusiker, Mädchenhändler und Mörder. Der Roman stellt die Frage nach dem Verhältnis von schwarzer und weißer Kultur, deren Spannungsverhältnis er auf mitreißende, sehr subtile – und intelligente, denkende – Weise herstellt“ (Rezension der „Nürnberger Nachrichten“). Müsste man für eine heutige weitere Neuauflage das Buchcover mit dem dann politisch korrekten Titel „Der N****“ dennoch neu gestalten? Nein, findet Herr Bär. „Es ist Zeichen fortschreitender Aufklärung, wenn das N-Wort heute nicht mehr gesprochen und geschrieben wird – es sei denn im aufklärerischen Kontext. Deswegen ist Annalena Baerbocks Entschuldigung nachgerade unvernünftig“, schreibt Stefan Kornelius in der Süddeutschen Zeitung. Und bei der Ausstrahlung des Baerbockschen Interviews jetzt an markanter Stelle einen Piepton einzublenden, erinnert peinlicherweise an die Zensurpraktiken in den prüde-puritanischen USA, die in ihren Medien sogenannte „four letter words“ wie „Fuck“ tabuisieren, sich bigotterweise aber gleichzeitig die weltweit größte Porno-Industrie leisten. Motto: „Sex sells“ (Sex verkauft sich gut, der „Me Too“-Bewegung zum Trotz).

Impressum: v.i.S.d.P Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Baer aktuell 301 – 3. Juli 2021

Juli 2nd, 2021

Bild des Monats Juli 2021: Jürgen Raap, „Die Narren der Unschuld“, Acryl/Öl auf Leinwand, 2021

Bär aktuell Nr. 301 – 3. Juli 2021

Bärs Sprachkritik: Zu viele Päpste Matthias Schneider ist Hobbykoch und Bodybuilder, firmiert in den Medien unter dem Kosenamen „Hollywood-Matze“, wurde jüngst in der BILD-Zeitung mit muskelgestähltem nackten Oberkörper abgebildet und in dem Blatt verbal als „der Mann für Brust und Keule“ apostrophiert. Karl Lauterbach ist unterdessen für die Münchener „Abendzeitung“ „Deutschlands gestrenger Pandemie-Papst“, was allerdings nicht ganz stimmt, denn Lauterbach ist nicht unfehlbar, obwohl er manchmal „päpstlicher als der Papst“ auftritt. Ohnehin wird der Begriff „Papst“ oft zu inflationär gebraucht: für die „Neue Zürcher Zeitung“ ist z.B. der Trainer Jürgen Klopp „der Fußball-Papst“, während hingegen der echte Papst, nämlich Franziskus, sich in der Süddeutschen Zeitung mit den Worten „Ich war nie gut im Fußball“ zitieren ließ. Einen „Eishockey-Papst“ gibt’s übrigens mindestens gleich viermal: der Sportjournalist Klaus-Peter Knospe sei früher von Kollegen „scherzhaft“ so genannt worden, informiert der „Verband Deutscher Sportjournalisten e.V.“ auf seiner Website. Bei „Hockey Diversity e.V.“ ist man allerdings der Ansicht: „Werner Nieleck ist der Eishockey-Papst schlechthin.“ Auf http://www.suedtirol1.it wurde unterdessen Dieter Knoll zum „Eishockeypapst“ ausgerufen und bei „BILD“ Nico Pethes. Herr Bär fragt sich, wer ist denn hier nun Papst, und wer ist nur ein Gegenpapst ? Als „Weinpapst“ galt lange Jahre für www.weinfreudne.de ein gewisser Robert Parker, über den im Jahre 2007 „Die Welt“ die süffisante Frage stellte: „Hat Weinpapst Parker gesündigt?“ Unter Gourmets schätzt man Toni Holburger als „Weißwurst-Papst“ (https://www.worldsoffood.de), und auch der gelernte Metzger Peter Inhoven wurde schon mal als „Wurstpapst“ etikettiert, seit er mit „Peter Inhovens Wurstzirkus“ durch die Lande zieht, wobei auf http://dasfilter.com/leben-stil/kunst-am-darm-im-gespraech-mit-wurst-papst-peter-inhoven das Interview bezeichnenderweise mit „Kunst am Darm“ überschrieben ist. Für den Münchener „Merkur“ ist derweil „Wolfger Pöhlmann, der bayerische WurstPapst, der erste ernst zu nehmende deutsche Wurst-Forscher“. Thomas Hager galt zu Lebzeiten als „Bienen-Papst“, und der „Bier-Papst“ Conrad Seidl unterhält sogar eine eigene Website http://bierpapst.eu/media/. Herrn Bärs Fazit: manche Appositionen, Synonyme und Metaphern sind inzwischen so arg abgenutzt, das man sie doch lieber vermeiden sollte. © Raap/Bär 2021

Kalauer des Monats Was unternimmt eine Wolke gegen Juckreiz? – Sie verlangt nach einem Wolkenkratzer.

Stimmbildung und Sprechtechnik Mangelhafte Rhetorik bescheinigte der Berliner „Tagesspiegel“ (17. 5. 2021) dem SPD-Führungspersonal für den anstehenden Bundestagswahlkampf. Olaf Scholz habe „die ganze Zeit sein Mikrofon umklammert und sein Ablesen vom Teleprompter wie ein Blick ins Nichts gewirkt… Wenn Esken Redebeiträge von Karteikarten abliest, wirkt sie auf einige wie eine Moderatorin im Frühstücksfernsehen…“ Doch auch die politische Konkurrenz bekommt im Orkus des Internet hinsichtlich einer misstönenden Stimmlage ihr Fett weg: „Lauterbach, Neubauer, Schwesig und Baerbock“ würden so sehr zu einer unangenehmen Obertonartikulation neigen, dass diese ihnen „in normalen politischen Zeiten jede Chance verbaut hätte, in ein höheres politisches Amt zu scheitern“, ätzt ein Blogger namens „holgerfinn“ (https://ecency.com/foo) und attestiert Annalena Baerbock, sie rede „in spitzem Diskant“, während hingegen der im Kandidatenwettstreit unterlegene Robert Habeck seine gesetzten Worte „in beruhigendem Bass“ von sich gebe. Aus auralwissenschaftlicher Sicht kommt bei dem Blogger „holgerfinn“ Karl Lauterbach am schlechtesten weg, denn gerade „das Lauterbachsche Hochfrequenzheulen vor aller Ohren, auf allen Kanälen“ markiere „den Sieg der Dysphoniker über die angeborene Harmonieliebe des Menschen.“

Daher kommt es, dass wir mit Schrecknissen Scherz treiben und uns hinter unsere angebliche Wissenschaft verschanzen, wo wir uns vor einer unbekannten Gewalt fürchten sollten“, gibt William Shakespeare in seinem Drama „Ende gut, alles gut“ zu bedenken. Ist es also redlich, Armin Laschet zu unterstellen, er habe in eben diesem Shakespeare’schen Sinne „mit Schrecken Scherz getrieben“, feixend wie ein Schuljunge hinter dem Rücken des Bundespräsidenten, als dieser in der Eifel eine Ansprache inmitten der Trümmer der Flutkatastrophe hielt? Nein, redlich ist dies nicht, da nämlich manch ein Laschet-Kritiker nicht begreifen kann, dass in Situationen höchster Bedrückung und Beklemmung ein kurzes, befreiendes Lachen eine notwendige Entlastung schaffen und einen ungeheuren seelischen Druck, Trauer und Schmerz mildern kann. Die Antipode zur teutonischen Schwermut ist ja nun nicht allein nur der sarkastisch-höhnische Brachialhumor Böhmermannscher Prägung, sondern dieses Lachen als Bewältigungstrategie fußt „in der irrationalen, alogischen Tiefe“, in den vital-seelischen Strömungen des Unbewussten, wie dies der Bonner Kunsthistoriker Heinrich Lützeler einmal treffend beschrieb. Einen kleinen protokollarischen Fauxpas sollte man daher gewiss nicht überbewerten, aber die Klingbeils in diesem Lande tun es jetzt trotzdem, so dass Teile der bürgerlichen Presse schon bangen, dieses unbedachte Lachen könne Laschet die Kanzlerschaft kosten, obwohl die grüne Gegenkandidatin in letzter Zeit an allen Chancen für sich eigentlich schon weitaus mehr verbaerbockt hat. Das Scherzen im bodenlosen Schrecken, wie es Skakespeare meint, geschieht im Willen, Boden im wahrsten Wortsinn zurück zu gewinnen; es ist somit eine Reaktion auf das Unkalkulierte und Unkalkulierbare, Schicksalhafte und Untergründige, auf das Unbestimmbare, das nicht anders in den Griff zu kriegen ist. Heinrich Lützeler beschreibt die Reaktionen seiner Zeitgenossen am Ende des Zweiten Weltkriegs, wie sie mit einer großen Erleichterung feststellten, überlebt zu haben und darauf mit einem gewissen Galgenhumor reagierten, noch viel viel Schlimmeres könnte ihnen ja jetzt wohl auch nicht mehr passieren. © Raap/Bär 2021

Christian Lindner war der „schönste Politiker Deutschlands 2018“, hatte der Attraktivitätsforscher Prof. Ulrich Rosar bei einer Umfrage heraus gefunden. Drei Jahre später, also heute, bescheinigt Rosar dem FDP-Chef, er sei inzwischen „attraktiv gealtert“. In einem Interview mit der FAZ-“Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ attestierte Rosar dem Grünen-Co-Vorsitzenden Robert Habeck, auch wenn dieser „in den vergangenen Jahren zugenommen habe“, sei er „für den Politbetrieb vergleichsweise schlank“. Ohne Armin Laschets Namen explizit zu nennen, führte der Attraktivitätsforscher weiter aus, dass „kleinere, etwas korpulente Männer“ vom Publikum keineswegs als Schönlinge wahrgenommen werden, denn sie gelten „einerseits“ als „nicht so durchsetzungsstark“, seien aber „andererseits gut in der Lage… zu moderieren und zu vermitteln“. Dass Peter Altmaier sogar damit kokettiere, er werde niemals einen Schönheitswettbewerb gewinnen, käme als gelungene Selbstironie bei seinen Fans gut an. Auch Olaf Scholz werde im Bundestagswahlkampf „nicht über seine Attraktivität punkten. Er versucht sich über ein gepflegtes Äusseres, ein ruhigeres, souveränes Auftreten zu inszenieren“. Angela Merkel habe es verstanden, „durch die Kleidung Alterserscheinungen zu kompensieren“ und habe damit „ihr Aussehen so verändert, dass es präsidial wurde“. Über Annalena Baerbock urteilte Prof. Ulrich Rosar, auch wenn sie „in den vergangenen Jahren etwas zugenommen hat“, so sieht man ihr doch „die Leistungssportlerin noch immer an“, und er nennt als weitere Sympathiemerkmale „ein symmetrisches Gesicht“, „sehr glatte Haut“, „große Augen“ und nolens volens ein „Gesicht“ mit einer „leichten Beimengung des Kindchenschemas“. Gutes Aussehen gilt bekanntlich eher als ein Garant für gesellschaftlichen Erfolg, als wenn einer als schlunziger Gnom durch die Gegend schlurft. Doch der Attraktivitäts-Professor warnt die Politiker vor zu viel Styling und zu viel Eitelkeit: „Niemand will einen Poser oder Narzissten in einer Spitzenposition. Wir kennen etwas Vergleichbares aus der Kriminalitätsforschung: Straftäter, die ihre Attraktivität zur Begehung einer Straftat einsetzen, werden härter bestraft als unattraktivere Straftäter“. © Raap/Bär 20

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Veau marengo Das Rezept entwickelte der Leibkoch von Napoleon Bonaparte im Jahr 1800 vor der Schlackt von Marengo im Piemont. Zutaten: Kalbsbraten, Champignons, Tomaten, Tomatenmark, Möhren, Lorbeerblatt, Nelken, Rosmarin, Thymian, 1 Knoblauchzehe, Schalotten, Weißwein, Hühnerbrühe. Das Fleisch schneidet man in gulaschgroße Würfel, brät es in Olivenöl an, salzen und pfeffern, dann die anderen Zutaten hinzufügen bis auf die Champignons und das Ganze zwei Stunden in Hühnerbrühe schmoren lassen, die Champignons erst zum Schluss 20 Min. vor dem Servieren beifügen. Die Variante Poulet Marengo ist ein Schmorgericht mit Poularde, Tomaten, Champignons, Weißwein, Garnelen oder Flusskrebsen, frittierten oder gekochten Eiern sowie Croûtons oder gerösteten Baguettescheiben.

Mainzer Handkäs mit Musik

Ein Sauermilchkäse, hergestellt aus Sauerquark von der Kuhmilch, den eine Bäuerin aus dem hessischen Umland in Groß-Gerau erfand und ab 1813 auf dem Mainzer Wochenmarkt verkaufte. Ein Gastwirt, ebenfalls aus Groß-Gerau, konstruierte später dafür eine Käseform-Maschine. Als „Handkäs mit Musik“ wird er in Mainz in einer Marinade aus Öl, Essig und Wein eingelegt und zusammen mit Zwiebeln und Kümmel serviert.

Copyright Texte und Fotos: Raap/Bär 2021

Impressum: v.i.S.d.P Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Kö

Baer aktuell Nr. 300 – 3. Juni 2021

Juni 1st, 2021

Bild des Monats Juni 2021: Jürgen Raap, „Das Kap der grauen Nase“, Acryl und Öl auf Leinwand, 2021

Bär aktuell – 3. Juni 2021

Vom Schwipps bis zum Vollrausch – oder: Von der „Kalten Ente“ zum „Fisternöllche“. Marian Krause aus der Kölner „The Grid Bar“ gewann unlängst den Titel „World Class Bartender Germany 2021“. Es heißt, zu seinem Cocktailrezept „Fisternöllche“ habe er sich angeblich von der „Kalten Ente“ inspirieren lassen, einem Getränk, das im Rheinland zu Karnevalssitzungen gehört wie Tusch und Klatschmarsch und bei dem man eine Zitrone über einer Karaffe aufspießt und dann gleichmäßig Wein und Sekt darüber kippt. Im benachbarten Flandern heißt dieses Mixgetränk übrigens „Half en Half“. Die „Aachener Zeitung“ lästerte darüber vor Jahren, bei den „prestigeträchtigen“ Fernsehsitzungen im Kölner Gürzenich sei „Kalte Ente“ nur „eine Mischung aus Sekt und Weißwein mit eingebauter Kopfschmerzgarantie und einem Preis von mindestens 80 Euro“. Ein „Fisternöll“ ist im Rheinland eine heimliche Liebschaft, und der „Kölner Stadtanzeiger“ verriet Krauses Rezept für den „Fisternöllche“-Cocktail: „30ml Belsazar Rosè | 100ml hausgemachte Waldmeisterlimonade | 1 Pinselstrich Waldmeister Farbe | 1 Spritzer Limette | 1 Waldmeisterblatt“. Damit verbinden der Bartender Markus Krause und seine Zunftkollegen bei ihren Gästen an der Bar auch pädagogische Ambitionen: „Wir möchten sie sensibilisieren, alkoholische Getränke bewusst zu genießen”. Ob man damit allerdings einen notorischen Ballermann-Krawallöres, der es gewohnt, Sangria nur aus Eimern zu saufen, umerziehen kann, wagt Herr Bär zu bezweifeln. Obwohl eine solche eimerweise Menge „Sangria“ deutlich mehr Kopfschmerzen verursacht als eine einzige Karaffe „Kalte Ente“. © Raap/Bär 2021

Bärs Sprachkritik – Zu den höchst unsinnigen Modewörtern, die derzeit im Neusprech der Marketinglurche und Werbedeppen kursieren, gehört zweifellos die Vokabel „Hub“. Ursprünglich bezeichnete man damit nur einen Knotenpunkt in der Logistik und in der Luftfahrt. Wenn man aber in unseren Tagen die Auslagerung von Büros aus der Unternehmenszentrale als „Innovation Hub“ bezeichnet, um das Wort „Außenstelle“ zu vermeiden, findet Herr Bär das ziemlich albern. Wer auf der Suche noch dämlicherer Beispiele ist, der goutiere einmal die „Tiroler Landeszeitung“. Dort sind einige Zeitgenossen der Ansicht, Tirol sei „ein starker Standort bezogen auf den Life-Science-Sektor“, und so plant man dort nun eine Investition von 4,5 Mill. Euro in einen „Health Hub“, was immer damit gemeint sein soll. Es kommt in Innsbruck aber noch doller. Die Manager von „Innsbruck Tourismus“ haben nämlich einen alten Pavillon vor dem Landestheater reaktiviert, dem die „Tiroler Landeszeitung“ euphemistisch prophezeit, er könnte zu einem „Alpine Hub“ werden. In diesem „Knotenpunkt“ des örtlichen Fremdenverkehrsvereins kann man z.B. Kaffee trinken und sich „Sportequipment“ ausleihen. So weit so gut. Aber warum muss diese Kaffeebude dann ausgerechnet ein „Alpine Hub“ sein? © Raap/Bär 2021

Negernbötel bei Bad Segeberg hat ungefähr 1.000 Einwohner. „Zu Negernbötel gehören auch die Ortsteile Heidkaten, Stüff, Kiebitzholm, Bredensegen und Gut Maleksberg“, ist bei „Wikipedia“ nachzulesen. Viel Aufregendes passiert dort im allgemeinen nicht: „Negernbötel ist Geheimtipp für Schleichwege-Spezis“, die eine Sperrung der B 205 umfahren wollen, informiert „LN Online“ als lokale Sensation. Wie viele der rund 1.000 Einwohner dunkelhäutig sind, und ob sich einer von ihnen jemals über den Ortsnamen beschwert hat, ist nicht bekannt. „BILD“ ließ jedenfalls den Tischerlehrling Julien Roth (19) zu Wort kommen, der bekundete, das Dorf sei „wirklich nicht von Rechtsradikalen geprägt“. Gleichwohl forderte die Grüne Jugend von Bad Segeberg eine Umbennenung des Ortes, weil der Name angeblich rassistisch klänge. Nun ist Herr Bär selbstverständlich auch gegen jegliche Form von Rassismus, Antisemitismus und Sexismus (und in diesem Kontext lehnt Herr Bär übrigens auch die teils aggressive vulgäre sexistische Gossen-Sprache mancher Rap-Musiker ab). Aber Herr Bär wehrt sich gleichzeitig auch gegen selbsternannte Missionare in Sachen sprachlicher Umerziehung und verweist dazu auf einen Text in der NZZ-„Neuen Zürcher Zeitung“ mit dem Titel „Wie Identitätspolitik Geschichte verfälscht“. Dort heißt es, dass es „gerade die moralisch am besten legitimierten Absichten“ seien, „welche die schlimmsten Nebenfolgen hervorbringen. Historisch betrachtet ist es vom Glauben an die gerechte Sache bis zum Fanatismus nur ein kurzer Weg.“ Darf man also durch eine quasi sprach-polizeiliche Umbenennung eines Ortes einfach dessen Geschichte ausradieren? Herr Bär empfindet den grünen Parteinachwuchs in Bad Segeberg als anmaßend, zumal bei denen eine völlige Unkenntnis und Unbeholfenheit in Sachen Sprach- und Landesgeschichte vorzuherrschen scheint. „Bötel“ oder „Büttel“ bedeutet im Niederdeutschen „Siedlung“, und ab 1306 bezeichnete man dort im Einzugsbereich eines Klosters das benachbarte Dorf „Fehrenbüttel“ als die „fernere Siedlung“ und „Negernbötel“ in Abgrenzung dazu als die „nähere Siedlung“. Es gibt also weder einen linguistischen noch einen historischen Grund für eine Umbenennung, zum Beispiel in „Näherbötel“. So bremste sogar Steffen Regis, der Landesvorsitzende der Grünen, seinen bildungsdefizitären und daher arg verblendet herum irrlichternden Parteinachwuchs: „Eine Umbenennung des Ortes steht für uns nicht zur Debatte.“ Herr, lass Hirn regnen. Vor allem auf die Grüne Jugend von Bad Segeberg. © Raap/Bär 2021

Womit beschäftigt man sich eigentlich im Berliner Abgeordnetenhaus? Zum Beispiel mit dem „Zustimmungsgesetz zu einem Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und der Freien und Hansestadt Hamburg über die Führung des Schiffsregisters und des Schiffsbauregisters“. Was bisher kaum jemand wusste: „Derzeit umfasst das Berliner Schiffsregister nach Mitteilung des Amtsgerichts Charlottenburg ca. 1000 Binnenschiffe und 350 Seeschiffe“. „Heidewitzka, Herr Kapitän!“ ruft Herr Bär dazu aus, und fragt sich zugleich eher ratlos: Was wollen die denn mit all den Seeschiffen auf der Havel und der Spree? In der „Drucksache 18/3689“ ist zu diesem Gesetzesvorhaben nachzulesen, dass „die Änderungen im Schiffsregister aufgrund des derzeit bestehenden veralteten Eintragungsverfahrens mit Schreibmaschine erfolgen“ müssen. Mit der Schreibmaschine! Und das im Jahr 2021! Einen Schreibcomputer können sie sich in der Berliner Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt oder wo und bei wem auch immer die Zuständigkeit dafür liegt, nicht leisten, aber 350 Seeschiffe! Herr Bär hält das für übertrieben. Denn selbst die Schweizer Hochseeschifffahrt unterhält ja nur 27 Schiffe, die zum Ruhme des Alpenlandes als Seefahrernation beitragen. Registerhafen dafür ist Basel, und Herr nimmt an, dass sie dort schon mit etwas modernerem Schreibzeug ausgestattet sind als im rückständigen Berlin (s. hierzu auch das „Bundesgesetz über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge“). © Raap/Bär 2021

Mit der lockdowngelockerten Wiedereröffnung der Gastronomie zog es Herrn Bär zu einem griechischen Restaurant, wo er zum Essen einen Rotwein von der Peloponnes wählte, den die Weinkarte als „vielschichtig in der Nase“ und „pelzig im Abgang“ anpries. In der Tat belebte dieser Wein Geist und Gaumen von Herrn Bär. Allerdings führt nicht immer der Genuss von Spirituosen auch zur Spiritualität, wie man an einem Laternenpfahl am Kölner Heumarkt feststellen kann, an welchem jemand mit pubertärem Übermut und mit dem Absender „Thusnelda-Gymnasium“ einfältige juvenile Trinksprüche hinterlassen hat. Die Spottbezeichnung „Tussi“ für intellektuell unbedarfte junge Damen leitet sich übrigens von „Thusnelda“ ab. Um politische Korrektheit bemüht muss Herrn Bär allerdings darauf hinweisen, das es heut zu Tage natürlich auch mit ebenso schlichtem Gemüt ausgestattete junge Herren gibt, die man – um von vorneherein jeglichem Gendersprachen-Unsinn vorzubeugen – dann als „Tusso“ bezeichnen müsste und nicht etwa als „Tussi*“. Doch man täte Herrn Bär Unrecht, ihm nun vorzuwerfen, ein alter Sack zu sein, noch dazu ein weißer, wie man in gewissen Kreisen diese Spezies des weißen alten Mannes ja heute gerne zu schmähen pflegt. Gewiss hat der 85jährige Emeritus für Ästhetik und Kunsttheorie Bazon Brock recht, als er kürzlich bekundete: „Alte Leute sind gefährlich. Denn die Zukunft ist ihnen egal“. Jaja, die Hauptsache ist, der Rotwein ist noch „pelzig im Abgang“. Aber was eine Toleranz gegenüber den Trinksitten heutiger Gymnasiasten angeht, zumal jenen des Thusnelda-Gymnasiums, so hält es Herr Bär da doch mit Robert Habeck, als diesen unverhofft ein Anflug von Liberalität heimsuchte, da er nämlich neulich im „Spiegel“ bekannte, jeder solle essen und trinken dürfen, was er wolle. Nehmen wir also in dieser Hinsicht die Grünen beim Wort. Text und Foto: Copyright Raap/Bär 2021

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Lammhackcurry mit Kichererbsen à la Karl-Josef Bär

Kichererbsen sind in der mediterranen und orientalischen Küche weit verbreitet. Man erhält sie roh und muss sie dann einweichen, getrocknet oder vorgekocht als Konserve. Man bereitet sie mit Gewürzen zu, die ein kräftiges Aroma haben wie Kreuzkümmel, Paprika, Koriander, Knoblauch, Ingwer Zimt oder Nelke. In Indien nimmt man für Curry-Gerichte auch gerne Garam Masala oder Tikka Marsala, eine fertige Würzmischung in verschiedenen Varianten, u.a. mit Kardamom, Nelke, Zimt, schwarzem Pfeffer, Muskat, Fenchel, Lorbeer, Kreuzkümmel, Koriander, Ingwer, Sternanis, Chili. Herr Bär brät Lammhack mit frischen Zwiebeln an, fügt Tomatenstücke und Tomatenpüree hinzu, rührt dann die Kichererbsen ein mit Gemüsefond und die Gewürze, zum Schluss auf jeden Fall frischer Koriander, und rundet das ganze mit Kokosmilch und Limettensaft ab.

Rochenflügel à la Karl-Josef Bär

Der Rochen gehört zu den Knorpelfischen; bekannt sind über 600 Arten. Er kommt in allen Weltmeeren vor. Salzkartoffeln in kleine Würfel schneiden und kochen. Bei Tomaten die Haut abziehen und klein würfeln. 2 Schalotten oder 1 mittelgroße Zwiebel klein würfeln. Kapern und Knobloch und ½ rote Spitzpaprika grob hacken. Rochenfilets salzen, pfeffern und mehlieren und in Olivenöl braten, Schalotten/Zwiebeln und andere Zutaten hinzugeben, andünsten, mit Fischfonds ablöschen und kurz aufkochen lassen. Etwas Tomatensaft hinzufügen. Mit frischem Dill und frischer Petersilie bestreuen.

Impressum: v.i.S.d.P Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Baer aktuell 299 – 22. Mai 2021

Mai 1st, 2021

Bild des Monats Mai 2021:

Bär aktuell 299 – 22. Mai 2022

Ein Münchener Oktoberfest in Dubai? „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ mit Blasmusik und Brezeln, das dann nicht nur zwei Wochen lang wie das bajuwarische Original, sondern gleich bis März 2022 dauern soll? „Die Stadt München geht auf Distanz zu den Plänen eines Oktoberfests“ dort, meldete jedenfalls die „Neue Zürcher Zeitung“, und diese Distanzierung von den Plänen eines privaten Veranstalters hat wohl weniger etwas mit einer Empörung über eine unangemessene kulturelle Aneignung zu tun, sondern wohl eher mit markenrechtlichen Aspekten. Obwohl es inzwischen weltweit 2.000 Imitate der voralpinen „Eins, zwei g’suffa“-Sause gibt, behauptet der Münchener „Wies’n-Chef“ Clemens Baumgärtner steif und fest: «Es gibt nur ein echtes Oktoberfest, und das ist in München». Und wie soll das dort in Dubai funktionieren? Schafft es der Emir von Dubai, Scheich Mohammed bin Rashid al-Maktum, das erste Fass gekonnt mit einem einzigen Hammerschlag anzuschlagen und dann ein zünftiges „O-Zapft is!“ auszurufen? Und da bislang der Import von Schweinefleisch in Dubai strikt verboten ist, kann sich Herr Bär kaum vorstellen, dass sie im Herbst dort in der Wüste im Bierzelt sitzen und eine Grillhaxe nach der anderen abnagen. Selbst wenn sie Boris Becker in Lederhose als notorischen Adabei einfliegen ließen, wäre noch längst kein authentisches Flair garantiert. Also rät Herr Bär den Veranstaltern: Lasst es lieber bleiben. Wenn ihr schon kulturelle Aneignung an ur-deutschem Traditionsgut vornehmen wollt, dann baut doch in Dubai einfach Schloss Neuschwanstein als Sandburg nach. © Raap/Bär 2021

Sind die Zeiten wirklich vorbei, als die mit Schlapphut und Trenchcoat ausstaffierten Geheimagenten vornehmlich über „tote Briefkästen“ miteinander kommunizierten? Jedenfalls tummelt sich jetzt auch der Bundesnachrichtendienst BND auf einem Instagram-Kanal, um in zeitgemäßer Form Nachwuchswerbung zu betreiben. Lockt der BND damit zu grenzenloser Freiheit mit einer „Lizenz zum Töten“ à la James Bond, aufregendem Abenteuer, atemberaubendem Nervenkitzel und ruhmreichem Heldentum? Mitnichten. Auf diesem BND-Instagram-Kanal wird nämlich u.a. eine chinesische Winke-Katze vorgestellt, wie man sie aus Kitschläden kennt. Dazu heißt es dann, die habe sich ein BND-Mitarbeiter als Souvenir aus Singapur mitgebracht. Was dieser BND-Agent sonst noch in Singapur gemacht hat, erfährt man allerdings nicht. Schade. Vielleicht hatte dieser BND-Agent in Singapur ja einfach nur einen toten Briefkasten mit geheimen Botschaften in einem Abfallkorb neben einer Parkbank geleert. Dann vor dem Rückflug noch schnell in den Souvenirshop, eine Winke-Katze kaufen, und wieder ab nach Hause. So aufregend wie in einem James Bond-Film scheint es beim BND also doch nicht zuzugehen. Wer also gerne eine Karriere beim BND anstrebt, aber nicht unbedingt nach Singapur und dort in Abfallkörben herumwühlen will, oder gar, um sich dort mit irgendwelchen Schurken herum zu prügeln, danach mit knapper Not mit dem Fallschirm im Kugelhagel eben jener Schurken vom Dach eines Hochhauses herunter zu springen, wie man dies immer in Hollywood-Agentenfilmen zu sehen bekommt, und dann Abends an der Hotelbar den Martini entspannt im Kreise aufregender Blondinen „nicht gerührt, sondern nur geschüttelt“ genießt, dabei nicht ahnend, dass dort eigentlich der Cocktail „Singapore Sling“ das Nationalgetränk ist, dem es als BND-Agent mithin an Weltläufigkeit ein wenig mangelt, zumindest was die Kenntnisse lokaler Trinksitten in Singapur angeht, der informiere sich auf der Webseite https://www.bnd.bund.de unter „Stellenangebote“ über die beruflichen Perspektiven z.B. für „Regierungsinspektorenanwärter/in (m/w/d) für den gehobenen nichttechnischen Dienst“. Wohlgemerkt: „Nichttechnischer Dienst“. Keine Knarren, keine waghalsigen Fallschirmsprünge und dergleichen, aber dafür leider auch keine aufregenden Blondinen. Sondern stattdessen ein gemütlicher Schreibtischjob beim BND. Mit Winke-Katze im Büroregal. © Raap/Bär 2021

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Cocktail „Martini“ nach dem Originalrezept von Harry Johnson aus dem Jahre 1888: ½ Weinglas Gin, ½ Weinglas Vermouth, 1 Spritzer Curacao oder Absinth, 2-3 Spritzer Bitters (z.B. Angosturabitter), 2-3 Spritzer Zuckersirup. Rühren, nicht schütteln, zum Servieren mit Zitronenscheibe und grüner Olive garnieren.

Cocktail „Singapore Sling“: 3cl Gin, 1,5cl Kirschlikör, 1½ Barlöffel (BL) Orangenlikör Cointreau, 1½ BL Bénédictine, 1 cl Granatapfelsirup, 1,5 cl Limettensaft, 1 Spritzer Angosturabitter und 12 cl Ananassaft im Cocktail-Shaker auf Eis geschüttelt.

Bärs Sprachkritik – Die schönsten Stilblüten des zeitgenössischen Journalismus

„Es lauerten aber stets auch Unholde, die der Sonntagsruhe zu Leibe rücken wollten, so die Industriebarone des 19. Jh. und später die FDP“. (in: „Süddeutsche Zeitung, 3.3. 2021). Nun wird der „Unhold“ im Märchen als „böser Geist“ oder „furchterregendes Wesen“ definiert. FDP-Chef Christian Lindner kann man ja vieles nachsagen, aber ein furchterregender Unhold ist er sicherlich nicht. – Der „Spiegel“ wiederum apostrophierte Armin Laschet kürzlich als „Inkarnation eines männlichen Merkels“. Naja, wenigstens nicht als „Inkarnation eines Unholds“. Und um erneut den sprachlichen Unfug zu monieren, mit dem übereifrige Gender-Beckmesser übers Ziel hinaus schießen, sei darauf verwiesen, dass die Unterhaltungskünstlerin Mirja Boes sich neulich zu recht darüber mokierte, dass man sie als „Gästin“ begrüßt habe, woraufhin sie konterte: „Kann ich nicht einfach nur Gast sein?“ Herr Bär merkt dazu an: Schließlich sagt man ja auch „Der Vogel sitzt auf einem Ast“ und nicht „auf einer Ästin“. Wenn man irgendwo die Deklination „der Unholdin“ liest, dann ist dies keine modische sprachliche Verrenkung mit falscher Grammatik, sondern ganz einfach nur der Genitiv oder Dativ Singular des femininen Nominativs „die Unholdin“ (Beispiel: „Die Inkarnation der Unholdin brachte keinen männlichen Merkel hervor“).

Können alte Tierfabeln politisch unkorrekt sein? Jedenfalls distanzierte sich die US-Firma Dr. Seuss Enterprise, die das Werk des Kinderbuchautoren Theodor Seuss Geisel alias Dr. Seuss (1904-1991) verwaltet, inzwischen von sechs Büchern des Erblassers, weil u.a. im Buch „The Cat in the Hat“ eine Katze „als Teil einer… fahrenden Musikantengruppe“ auftaucht, mithin als unzulässiges Klischeebild des „fahrenden Volkes“ (was wiederum den Berliner „Tagesspiegel“ im Bericht darüber zur Formulierung des Subtitels „Die Wachsamen und die Überwachsamen“ veranlasste). Eine andere Rollenaufteilung bietet der berühmte Comic „Maus“ über den Holocaust von Art Spiegelman, der in dieser Bildergeschichte die Juden als Mäuse und die Deutschen, zumal die SS-Männer und KZ-Aufseher, als Katzen darstellt. Das sei eines der „wenigen Kunstwerke, die absolut wahrhaftig vom Holocaust erzählen“, begeisterte sich „Die ZEIT“ 2016 in einer Rezension. Tierfabeln bestanden immer schon in der Einteilung der Fauna und damit der Welt an sich in Gut und Böse, eine Einteilung, wie sie bei Art Spiegelman auch absolut unstrittig ist. In der klassischen Fabel bei Jean de la Fontaine (1621-1695) mit dem Titel „Le Chat et les deux Moineaux“ (Die Katze und die zwei Spatzen) hingegen hat die Katze einen ambivalenten Charakter: sie lebt zunächst friedlich mit einem Spatz zusammen, lässt sich von diesem sogar ohne sich zu wehren gutmütig triezen und pieseacken, bis sich ein zweiter Spatz einfindet und mit dem ersten Spatz heftigen Streit anfängt, woraufhin die Katze schließlich beide auffrisst. Wer ist hier das gute Tier, und welches das böse? Letzteres wohl am ehesten der zweite Spatz. In seinem Essay „Eine ‚politisch unkorrekte‘ Fabel des Phaedrus? Zu Phaedr. 1,19“ als Beitrag zur Website „Latein und Griechisch in Berlin und Brandenburg“ versieht der Autor Andreas Fritsch seine Überschrift bewusst mit Anführungs- und Fragezeichen. In dieser Fabel geht es um eine trächtige Hündin, die eine andere Hündin um Obdach zur Niederkunft bittet, sich später aber weigert, deren Hütte mit ihren Welpen kampflos wieder zu verlassen. Boshaft ist hier also die „undankbare Nutznießerin“ – Phaedrus thematisiert mithin in dieser Fabel eine Lebenserfahrung, die dazu geführt habe, dass „Mitleid mit den Armen und Benachteiligten… keine Selbstverständlichkeit“ sei. „Darin unterscheidet sich… die stoische von der christlichen Ethik“, wie bereits Lactantius um 300 n. Chr. erläutert habe, schreibt Andreas Fritsch, und so meint auch Herr Bär, dass es mitunter intellektuell heikel ist, „die Aktualität antiker Fabeln“ ausschließlich nach heutigen moralischen Maßstäben zu beurteilen. In diesen Tierfiguren werden Sachverhalte und Eigenschaften codiert. Die Fabel als Literaturgattung war also auch eine Möglichkeit, vor allem in Zeiten des Despotismus die Zensur zu umgehen, weshalb sie gerade in der Epoche der Aufklärung des 18. Jh. einen Höhepunkt erlebte, z.B. bei Lessing. Das Publikum ist zur Decodierung aufgefordert, ohne dass mit dieser Decodierung der moralisierende Autor gefährdet wurde, wenn er in seinen Texten Fehlverhalten und Verwerfungen der Mächtigen anprangerte. © Copright: Raap/Bär 2021

Bärs Kanzlerkandidatencheck Bei „Pferdewetten international“ ist nachzulesen, dass sich für das „Deutsche Derby“ am 4. Juli 2021 in Hamburg noch „kein echter Favorit“ herauskristallisiert habe, und bei https://www.wettfreunde.net/sportwetten-news/neuer-bundeskanzler-deutschland-2021/ liegt bei der Wette „Wer wird neuer Bundeskanzler?“ am 7. Mai 2021 Armin Laschet mit einer Quote von 1,80 auch nur ganz knapp vor Annalena Baerbock mit 1,95. Olaf Scholz ist mit einer Quote von 21,0 notiert, d.h. wer einen Euro auf Olaf Scholz setzt, kriegt im Falle seines Wahlsiegs 21 Euro ausbezahlt. Dass Laschet als einziger der Kandidaten Träger des Aachener „Ordens wider den tierischen Ernst“ ist, sagt nichts über seine Wahlchancen aus: diesen Orden bekam Edmund Stoiber im Jahr 2000 nämlich ebenfalls und scheiterte dann als Kanzlerkandidat 2002 gegen seinen Konkurrenten Gerhard Schröder. Bei Annalena Baerbock (Grüne) darf man unterdessen darauf gespannt sein, wie geschickt sie sich als Kanzlerin auf dem glitschigen diplomatischem Parkett bewegen würde, wenn sie beim Staatsbesuch in Ankara lediglich abseits auf einem Sofa platziert wird wie unlängst die EU-Kommissionspräsidentin. Ursula von der Leyen ließ sich diplomatisch versiert jedenfalls nur mit hoch gezogenen Augenbrauen ein indigniertes „Ähem“ entlocken, und vielleicht profiliert sich in einer ähnlichen Situation Annalena Baerbock ja durch ein ebenso souveränes „Öhem, Öhem“ trotz mangelnder Regierungserfahrung unerwartet doch als „Grande Dame der deutschen Diplomatie“. Der Historiker Heinrich August Winkler attestiert Annalena Baerbock zwar „Gemeinsamkeiten“ mit „Willy Brandt“, was die Anziehungskraft für eine „akademisch gebildete Mittelschicht“ angeht, glaubt aber nicht, dass sie Kanzlerin wird. Die Grünen sind mittlerweile zwar zu einer Art Öko-FDP herangereift, schleppen aber immer noch die entsagungsvollen Veggie-Day-Verzichts- und Verbotsapostel mit durch. Olaf Scholz (SPD) sieht immer so aus, als ob er es schafft, auf dem Hamburger Fischmarkt in einen sauren Hering zu beißen, ohne die geringste Miene zu verziehen, weshalb ihn sogar auch manche seiner Parteigenossen „Scholzomat“ nennen. Er hat zwar weitaus mehr Regierungserfahrung als Annalena Baerbock, aber zugleich ein ähnliches Problem mit den Puritanern der reinen Lehre am linken Rand seiner Partei: denn wer ihn wählt, der hätte dann auch die mitunter zu jakobinischer Rigorosität neigende Parteivorsitzende Saskia Esken an der Backe, wobei letzterer „Die ZEIT“ bescheinigte: „Nicht zu gefallen, das ist ihr Programm“. Den „Orden wider den tierischen Ernst“ verleiht man ihr mithin bestimmt nicht. © Raap/Bär 2021

Künftig „Tatort“-Verbot für Jan Josef Liefers, wie die „Berliner Zeitung“ titelte ? Die Schlagzeile bezog sich auf den WDR-Rundfunkrat und SPD Politiker Garrelt Duin und seine Bemerkung, man möge „die Zusammenarbeit mit Jan Josef Liefers und weiteren Schauspielern wegen deren Kritik an der Corona-Politik zu beenden“. Womit sich Duin dem Verdacht aussetzt, er würde womöglich „Social Cancel“ befürworten, also das Anprangern und Ausgrenzen missliebiger Personen aus dem beruflichen und gesellschaftlichen Leben. Es sei daher an dieser Stelle zum wiederholten Male aus einem Interview zitiert, das die frühere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Jutta Limbach (1934-2016) 2006 dem „Kölner Stadtanzeiger“ gab mit der Erläuterung, dass „die Verfassungsgarantie“ der Meinungsfreiheit „nach unserem Rechtsverhältnis auch die ignorante und unsachliche, ja mitunter dumme Kritik oder Satire erlaubt.“ Im Sinne dieses Freiheitsbegriffs hat auch absolut schlechte oder missratene Kunst ihre Berechtigung, auch wenn man sich wünscht, sie wäre besser unterblieben. „Wer Provokation sät, wird Empörung ernten“, bemerkt der Autor Ben Krischke dazu – was auch solange akzeptabel ist, solange es nur bei Buh-Rufen bleibt. Bedenklich ist jedoch der immer weiter um sich greifende behavioristische Reflex des Cyber-Mobs und seiner Neigung, sachliche Diskussionen vornehmlich durch die medialen Shitstorms der „ewig Aufgebrachten“ zu ersetzen. Der Rundfunkrat Duin erweist mit seiner Bemerkung einer vernünftigen Debattenkultur leider einen Bärendienst. Wer im christlichen Mittelalter an den Schandpfahl des Prangers gestellt wurde, den gab man der allgemeinen Verachtung preis – historisch liegen die Wurzeln dieser Prangerstrafe übrigens in der kirchlichen Bußpraxis, auch „Kirchenzucht“ genannt. Heute maßt sich hingegen derlei anprangernde Züchtigung mittels „Social Cancel“ eine „neue Tugenddiktatur“ an, die Dieter E. Zimmer schon 1993 in „Die ZEIT“ konstatierte und Matthias Matuschek im gleichen Jahr 1993 in „Der Spiegel“ als „eine Sprach- und Denkpolizei radikaler Minderheiten“. © Raap/Bär 2021

Schon wieder hat Herr Bär den „Tag der Zahnimplantate“ verschlafen, für den ein Marketingdepp ausgerechnet den 1. Mai angesetzt hat. In Schleswig-Holstein wurde stattdessen am 1. Mai der „Weltfischbrötchentag“ begangen und in den USA als ebenso kurioser Feiertag der „Tag des Batman-Debüts“, weil am 1. Mai 1939 der erste Batman-Comic erschien. Weiter geht’s dort in den USA am 2. Mai mit dem „Tag der Trüffelpraline“ und am 3. Mai mit dem „Tag der Teppichfalte“, auf englisch „Lumpy Rug Day“. Zum „Tag des deutschen Bieres“ (23. April) gab es neulich bei uns allerdings nur geschlossene Kneipen und vor einer geschlossenen Kneipentür in der Kölner Altstadt eine Tafelbeschriftung, deren Text der Verfasser selbst wohl für clever hielt, von Herrn Bär aber als mathematischer Unsinn enttarnt wurde. Was machen wir am „Internationalen Hebammentag“ (5. Mai)? Wahrscheinlich nichts, denn die Kneipen sind immer noch geschlossen. Ein Studentenclub an der University of Austin in Texas hat den 7. Mai zum „Ohne Hosen-Tag“ ausgerufen, an dem wohl alle teilnehmen, die dem „Tag der Vernunft“ (6. Mai) nichts abgewinnen können, während das Ehepaar Ruth und Thomas Roy sich ihre Proklamation des „Ohne Socken-Tags“ (8. Mai) sogar markenrechtlich schützen ließ, nicht zu verwechseln mit dem „Tag der verlorenen Socke“, dem „Lost Socks Memorial Day“, der nämlich einen Tag später, am 9. Mai zelebriert wird. Wen es im Mai gern ins Grüne zieht, der unternehme dies am „Tag der Schwertlilie“ (8. Mai), und wer gerne Krimis liest, der tue dies am 22. Mai, dem „Internationalen Sherlock Holmes Tag“. © Raap/Bär 2021

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Herrn Bärs Kommentar zur Kandidatenkür bei Grünen und Union Kanzlertauglich ist ein Politiker nur dann, der sich im Zeitalter drohender Handelskriege und einer derzeit recht offensiven Hegemonialpolitik Russlands in Osteuropa und im Mittleren Osten, gleichfalls einer solchen der Türkei ebenfalls dort im Orient, zudem in Lybien und in der Kaukasregion, und ebenso gegenüber den geostrategischen und machtpolitischen Interessen Chinas von einem Putin, Erdogan oder einem Xi Jingping nicht naiv und blauäugig die Butter vom Brot nehmen lässt. Die Wahrung ihrer eigenen geopolitischen und handelspolitischen Interessen kann eine Mittelmacht wie die unsrige allerdings nur im Verein mit den europäischen Partnern anstreben, nicht mit nationalen Alleingängen. In der Welthandelspolitik, in den Verteilungskämpfen um Rohstoffe und Gewinnung neuer Marktteilnehmer in anderen Wirtschaftszonen weht im politischen Alltag ein rauerer Wind als auf einem Grünen-Parteitag, und deswegen traue ich weder Baerbock noch Habeck die nötige Robustheit für eine Kanzlerschaft zu. Klimapolitik und Umweltpolitik sind zwar notwendige, aber zugleich auch komplexe Angelegenheiten, die nicht losgelöst von volkswirtschaftlichen, arbeitsmarktpolitischen, strukturpolitischen und agrarpolitischen Interessen vollzogen werden können. Kein Geringerer als der Sozialdemokrat Egon Bahr hatte 2007 in einem Interview mit der „Welt“ erklärt: „Die Kernfrage ist für mich die Multipolarität. Entscheidend wird sein, ob Europa neben Amerika, Russland, China und Indien ein weiterer Pol in dieser neuen Weltordnung sein wird…“ Bei Laschet hingegen sollten seine Kritiker innerhalb und außerhalb der Union hoffen, dass er nach einer Übernahme der Kanzlerschaft mit dem Amt noch wachsen würde; denn auch Helmut Kohl wurde in seinen ersten Amtsjahren ja mit viel Häme als Provinzonkel mit einer Vorliebe für Pfälzer Saumagen und von den Karikaturisten als „Birne“ verspottet, und er erwies sich später durchaus als ein weitsichtiger europäischer Staatsmann, dem dann sogar nach dem Kunststück der Wiedervereinigung sein einstiger politischer Gegner Rudolf Augstein Respekt zollte. © Raap/Bär 202

Mediterran-orientalisches Vorspeisenpotpourri à la Karl-Josef Bär

Selbstgemachte Lammhackfrikadellen mit Minze und Sesam, Cayik-Joghurt mit Gurke, Minze, Schnittlauch und Knoblauch, Tarama-Fischrogen, Hummus-Kichererbsenpüree, Bohnensalat, grüner Paprika-Salat, Kalamata-Oliven, Tomatensalat.

Strohschweinkotelett, Foto: S. Kallnbach

Strohschweinkotelett korsisch-sardische Art à la Karl-Josef Bär Duroc Schweine sind eine rund 250 Jahre alte Kreuzung zwischen amerikanischen Jersey-Schweinen und europäischen Iberico-Schweinen; als Strohschweine werden sie auf Steinboden mit Stroheinstreu gehalten. Bei diesem Rezept bereitet man das Kotelett unpaniert zu, salzt und pfeffert es, brät es dann zusammen mit Zwiebeln in Olivenöl scharf an, und dann bei kleinerer Hitze zusammen mit Tomatenstücken, grünem Paprika und Oliven, abgerundet mit Rosmarin und frischem Bärlauch, löscht es dann mit Weißwein ab. Bei Bedarf fügt man noch Parmesankäse hinzu.

Thai Curry-Hähnchen à la Karl-Josef Bär Hähnchenbrust in Streifen schneiden, mit Zwiebeln, Sesamöl, Sojauce und frischem Ingwer vermischen und ca. 30-45 Min. marinieren. Im Wok in Sesamöl kurz scharf anbraten, rote und grüne Paprikastreifen sowie Bambusstreifen und Erdnüsse hinzugeben, in Geflügelfond köcheln lasen, rote Currypaste unterrühren, mit frischer Minze, Koriander, Zitronengras und Thai-Basilikum würzen. Wer will, dann dieses Rezept auch mit Kokosmilch abrunden. Dazu Reis.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Bär aktuell Nr. 298 – 3. April 2021

März 25th, 2021

Bild des Monats April 2021: Jürgen Raap, „Die sieben Zeitalter der Archäologie“, 2021, Grisaille-Untermalung und Endfassung

Jürgen Raap, Die sieben Zeitalter der Archäologie“, 2021, Untermalung
Jürgen Raap, „Die sieben Zeitalter der Archäologie, 2021, Endfassung

Bär aktuell Nr. 298 – 3. April 2021

© Raap/Bär 2021

Bärs Sprachkritik Herr Bär befürchtet, dass jegliches Plädoyer gegen übereifrige sprachliche Verkrampfungen als eine Don Quichotterie verpuffen wird, d.h. als ein vergebliches Anrennen gegen die Windmühlen der sprachlichen Unlogik. So empfiehlt das Gender Institute der Australian National University (ANU) in Canberra reichlich bizarr anmutend, die „Mutter“ sollte künftig nur noch als „Austragendes Elternteil“ bezeichnet werden, und der Vater sei dann logischerweise ein „Nicht-gebärendes Elternteil“. „Muttermilch“ hieße politisch korrekt nur noch „Menschliche Milch“ oder „Elternmilch“. Letzteres klingt allerdings reichlich unlogisch, denn Herr Bär hat noch nie von einer „Vatermilch“ gehört. Eine solche gab es ja noch nicht einmal als „Milch der frommen Denkungsart“, wie sie in Schillers Drama „Wilhelm Tell“ genannt wird. – Ähnliches geistiges Ungemach bereitet manch einem auch der Genderstern, der z.B. für den Buchgestalter und Typografen Friedrich Forssman nicht nur den Lesefluss behindert. Forssman wehrt sich nämlich auch dagegen, Sprache als ein „Mahnmal“ oder eine „Manipulationsmöglichkeit“ einzusetzen. Der große Unterschied zu anderen Interpunktionszeichen wie Semikolon, Ausrufezeichen oder Bindestrich sei laut Forssman nämlich der, „dass der Genderstern eine moralische Funktion haben solle… Es wird der Sprache unterstellt, ungerecht zu sein“, zitiert ihn „Deutschlandfunk Kultur“. Würde man nun historische Lyrik etwa von Rilke in eine gendergerechte Sprache übersetzen, würde dies „eine enorme historische Distanz herbeiführen“, und das wäre aus Forssmans Sicht „ein sprachgeschichtliches Opfer, dessen Nutzen er nicht sehe“. Auch die Kolumnistin Judith Sevinç Basad erklärt zum psycholinguistischen Zusammenhang von Sprache und Denken: „Das Sternchen baut auf einer falschen Annahme auf, die sich nicht wissenschaftlich beweisen lässt: dass wir durch die Veränderung der Sprache auch die Wirklichkeit verändern können. Das ist ja nicht der Fall. Nehmen wir zum Beispiel mal sexuelle Gewalt oder Diskriminierung am Arbeitsplatz – die wird sich ja nicht dadurch beseitigen lassen, indem wir das Sternchen einführen…“ Judith Sevinç Basad glaubt, dass man im Gegenteil „Frauen und Minderheiten“ durch derlei Sprachbereinigung eher sogar „auch noch einen Opferstempel aufdrückt. Und dadurch wird ein ultradefizitäres Frauenbild erstellt: die Frau als schwaches und hilfsbedürftiges Wesen, das ohne die Hilfe von Journalisten überhaupt nicht in der Lage ist, sich emanzipiert zu verhalten. Und das finde ich um einiges sexistischer, als das Sternchen nicht zu verwenden.“ Dass die Stadt Köln eine Sprachregelung verabschiedete, bei der Anrede künftig „Frau X. und Partner“ durch die Formulierung „Frau X. und Partner*in“ zu ersetzen, und dies eben auch dann, wenn der Partner zweifelsfrei ein solcher, mithin in Sachen biologisches wie soziologisches Geschlecht maskulin ist, ist ein weiteres Beispiel für derlei hanebüchene Sprach-Unlogik und wird sogar vom Kölner „Express“ zur Recht als „Bürokraten-Esperanto“ veralbert.

Ruchlosen Maskenhändlern in der Politik und den Geldhaien im Fußballkommerz, die ihren Hals nicht voll kriegen und sich mit einer europäischen Super-Liga die Taschen noch mehr voll machen wollen, sei die Betrachtung eines Kupferstichzyklus von Pieter Brueghel über die sieben Todsünden empfohlen. Dort wird als eine solcher Sünden auch die Gier gegeißelt. Der 1. FC Köln wird in dieser Superliga allerdings nicht mitspielen, obwohl im Geißbockheim auch jetzt in akuter Abstiegsgefahr nach Herrn Bärs Mutmaßungen immer noch ein Selbstbewusstsein vorherrscht, sich nach zwei knappen Siegen hintereinander in der Champions League zu wähnen, was der Brauchtumspoet Wicky Junggeburth einmal in der Liedzeile zusammen fasste: „Liverpool, Real Madrid, mer kumme un mer halde mit“. Wo Horst Seehofer über Markus Söder zu urteilen wusste, er, Söder, neige zu „Schmutzeleien“, ließe sich das Prädikat der Schmutzpuckeligkeit durchaus ebenso jenen Vereins- und Verbandsfunktionären anheften, denen die Geldmoral aus dem Ruder läuft wie es sonst nur bei den unanständig hohen Bonuszahlungen an die Vorstände der Deutschen Bank der Fall ist. Eine solche Super-Liga hält Herr Bär grundsätzlich nicht für systemrelevant, und so sei diese Glosse nun mit einem Walter-Ulbricht-Zitat beendet: „Jeder Mann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport“.

Haben die Politiker eigentlich nichts Dringenderes zu erledigen, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob in Köln die Poller Wiesen am Rhein in „Deutzer Wiesen“ umbenannt werden müssten, wie dies der Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) jüngst forderte? Nun ist Andreas Hupke ja ein durchaus sympathischer Mensch, zumal er vor drei oder vier Jahren auf einer Karnevalsveranstaltung Herrn Bär ein Glas Kölsch ausgeben wollte, was aber nicht klappte, da die anderen Gäste im Saal das Fass schon leer getrunken hatten. Wohlgemerkt: ein Politiker gibt einem Bürger ein Bier aus, und nicht umgekehrt. So bleibt die Compliance gewahrt und kein Politiker wird beim Freibierausschenken von irgendwelchen Lobbyisten-Lurchen in Verlegenheit gebracht, wie das sonst oft der Fall ist. Nur im Wahlkampf sollte man das als Politiker bleiben lassen, sonst kreuzen die bierseligen Wähler noch versehentlich auf dem Wahlzettel den falschen Kandidaten an oder sie fragen sich mit promillegetrübtem Blick: „Olaf Scholz? Gibt’s den noch? Und hieß der früher nicht mal Martin Schulz?“ In der Tat sind Scholz und Schulz nicht leicht auseinander zu halten, weil beide „en Pläät han“, und so sei an dieser Stelle ein Witz des Duisburger Komikers Markus Krebs abgewandelt: „Wie heißt noch mal der eine von Scholz und Schulz?“ – „Scholz!“ – „Nein, der andere!“

© Raap/Bär 2021

Bärs Sprachkritik: Wenn Politiker z.B. die derzeitige coronabedingte wirtschaftliche Stagnation in vielen Branchen als „Nullwachstum“ verniedlichen und sich Wortungetüme wie „Impfpriorisierung“, „Brücken-Lockdown“ oder „Grundstücksentwässerungsanlage“ leisten und die Formulierung „schwer erziehbar“ durch „verhaltensoriginell“ ersetzen, kann Herr Bär nur noch als Stoßgebet eine Liedzeile von den „Bläck Fööss“ zitieren: „Oh Herr, Jevv dä Rejierende e besser Deutsch un dä Deutsche en bessere Rejierung.“ (Oh Herr, gib den Regierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine bessere Regierung). Sprachliche Kreativität kann allerdings auch anders aussehen: da wurde kürzlich in einer Boulevardzeitung Prof. Karl Lauterbach recht bildhaft als „Seuchen-Orakel“ apostrophiert, und zur sprachschöpferischen Hochform lief des weiteren der Kolumnist Jan Fleischhauer in „Focus“ auf, als er Lauterbach als „Prophet der salzarmen Kost“, „Talkshow-Schreck“ und „Champion des solarbetriebenen Grillens“ beschrieb. Ein grüner Bezirkspolitiker forderte in Köln-Lindenthal, ein Kreisverkehr dort müsse endlich „millowitschtauglich“ gemacht werden. Vor vielen, vielen Jahren war nämlich der Volksschauspieler Willy Millowitsch (1909-1999) dort mal in einen Verkehrsunfall mit leichtem Sachschaden verwickelt, so dass nun der grüne Verkehrspolitiker die bauliche Entschärfung von Unfallschwerpunkten als „millowitschtauglich machen“ etikettiert und damit die deutsche Sprache zu bereichern versucht. Für den verblichenen Willy Millowitsch selbst kommt die stadtplanerische Umgestaltung des Kreisverkehrs ca. 30-40 Jahre zu spät, aber auch in der DDR hatten sie ja ihre Fünfjahrespläne nicht immer in fünf Jahren pünktlich umgesetzt.

Die Liste der Kunst am Bau-Projekte, die im 20. und 21. Jh. ästhetisch gründlich missglückt sind, ist lang. Kein gutes Beispiel gibt in dieser Hinsicht neuerdings auch die britische University of Winchester ab, die sich für 28.000 Euro ein lebensgroßes Greta Thunberg-Denkmal vor ihrem Gebäude leistet. Die Studentenorganisation der Uni beklagte sich über das „weltweit erste Greta Thunberg-Denkmal“ zu Recht, es sei ein unangemessenes „Prestigeobjekt“, ohne allerdings das klimapolitische Engagement der Abgebildeten diskreditieren zu wollen. Nun ja, stilkritisch bietet sich ein Vergleich mit dem Tünnes- und Schäl-Denkmal an, das der Bildhauer Wolgfgang Reuter für den Vorplatz von Groß St. Martin in Köln schuf, wobei Reuters Formensprache sich freilich in zeitloser Modernität als durchaus gelungen präsentiert, während das Bemühen des bislang ungenannten britischen Bildhauers um einen etwas höheren Grad an Realismus eher Anklänge an eine Gartencenter-Dekorativität erkennen lässt, wie Herr Bär an dieser Stelle anzumerken wagt. Und da Denkmäler gemeinhin die Erinnerung an Verblichene wachhalten sollen: ist es wirklich nötig, eine 18jährige mit solch einer Kunst am Bau-Maßnahme schon zu Lebzeiten dermaßen pathetisch zu überhöhen? Die leicht grotesken Züge, die Wolfgang Reuter mit eleganter Ironie vor allem bei der Nasengestaltung der Tünnes-Figur visualisiert hat, einer Figur, die für Volkstümlichkeit und Bodenständigkeit steht, vermisst Herr Bär hingegen beim Versuch, Greta Thunberg als eine klimapolitische Madonnengestalt zu auratisieren.

Nachgefragt: Was macht eigentlich der alte von der Leyen den ganzen Tag? Die Blagen sind nun alt genug und aus dem Haus. Gattin Ursula („Impfstoff-Uschi“, O-Ton Oliver Welke) unter der Woche auch und macht als EU-Kommissionspräsidentin Weltgeschichte im fernen Brüssel, oder sie versucht es zumindest, dies freilich mit nur äusserst mäßigem Erfolg, und so könnte man nun annehmen, im heimischen Hannover zieht der alte von der Leyen jetzt jeden Abend ganz entspannt und mopsfidel um die Häuser und lässt es sich gut gehen. Aber wie soll das funktionieren, wenn wegen des aktuellen Lockdowns in Hannover immer noch alle Bars und Kneipen geschlossen sind? Herr Bär ist ratlos. Jedenfalls kommen auf der Website https://www.gutefrage.net in der Rubrik „Witze über Leute aus Niedersachsen (Hannover)!“ die von der Leyens leider noch nicht vor, obwohl zumindest das Wirken (oder eher Unwirken) von Gattin Ursula Herr Bär durchaus witztauglich findet.

Lothar Matthäus als neuer Bundestrainer, wie kürzlich Karl-Heinz Rummenigge meinte? Unbedingt! Unvergessen sind doch seine Sprüche, er hielte sich fit, indem er beim Zähneputzen auf einem Bein stehe, oder als der Fußballtrainer Christoph Daum einst mit Kokainkonsum erwischt wurde und Matthäus ihm darauf hin den Rat gab, er, Daum, müsste jetzt mal „eine gerade Linie in sein Leben“ kriegen. Brillant auch die Matthäus-Replik: „Ein Wort gab das andere, wir hatten uns nichts zu sagen“. Mehr davon! Auch wenn die DFB-Elf, die von irgendwelchen Marketingdeppen zur „Die Mannschaft“ hochgejazzt wurde, sich sportlich künftig hin und wieder blamiert wie jüngst beim 1:2 gegen Nordmazedonien, so sind doch gewiss allein schon wegen des Unterhaltungswertes von Lothar Matthäus bei der Pressekonferenz nach einem solchen Spiel Kurzweil und höchste Einschaltquoten garantiert. Folgt Lothar Matthäus also dem Ruf Rummenigges? Im Lothar Matthäus-Evangelium ist jedenfalls nachzulesen: „Schiedsrichter kommt für mich nicht in Frage, schon eher etwas, das mit Fußball zu tun hat.“

© Raap/Bär 2021

Bärs Sprachkritik, 3. April 2021

Aus einem Ankündigungstext der Alten Nationalgalerie Berlin, April 2021*:

„Paul Gauguin (Paris 1848-1903 Atuona/Hiva Oa) gehört zu den einflussreichsten Wegbereiter*innen der künstlerischen Moderne, dessen bekannteste Gemälde in den Jahren zwischen 1891 und 1901 auf der Südseeinsel Tahiti entstanden…“

Hm, hm, war der Künstler Paul Gauguin nun ein Wegbereiter oder eine Wegbereiterin? Beides zugleich sicherlich nicht. Herr Bär meint: Wenn ohne Wenn und Aber das generische Maskulinum anzuwenden ist, dann mit Fug und recht ja wohl bei einem männlichen Künstler (ein Pleonasmus, sic!), dem selbst für seine Person niemals eine andere grammatische Zuweisung oder Titulierung in den Sinn gekommen wäre.

* https://www.smb.museum/museen-einrichtungen/alte-nationalgalerie/ausstellungen/detail/paul-gauguin-why-are-you-angry/

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Hühnchen Kung Pao, Foto: S. Kallnbach

Sechuan-Hühnchen Kung Pao

Hähnchenbrust in Würfel oder Streifen schneiden, in einer Schüssel mit Sojasauce, Reiswein, Reisessig, geriebenem Ingwer, gepresstem Knoblauch, Sechuanpfeffer, scharfem rotem Paprika (Chili) vermischen und ein paar Stunden marinieren lassen. Sesamöl in einer Pfanne oder Wok erhitzen, das Fleisch scharf anbraten, frische Frühlingszwiebeln und Erdnüsse hinzufügen, in Hühnerbrühe schmoren lassen.

Letschko mit Debreziner Würstchen Das erste Mal in seinem Leben aß Herr Bär Letschko in Wien, aber ursprünglich stammt das Rezept aus Ungarn, ist heute aber auch in Österreich, Tschechien, der Slowakei, in Polen und in Ostdeutschland weit verbreitet. Es handelt sich um ein Gemüseschmorgericht mit Speck, Zwiebeln, Tomaten, rotem, gelben und grünem Spitzpaprika (ungarischer Gemüsepaprika ist auch in deutschen Supermärkten überall erhältlich). Den Speck kann man aber auch weglassen. Man brät Zwiebeln zusammen in Butter oder Schmalz an, gibt Gemüsepaprika in Streifen und etwas Knoblauch hinzu, vermengt es mit den Zwiebeln und lässt das Ganze leicht andünsten, dann kommen klein geschnittene Tomatenstücke und Wasser hinzu. Das alles lässt man alles eine Weile köcheln, schmeckt es dann mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver ab. – Warme Debreziner Würstchen passen sehr gut dazu – das ist eine Brühwurst, die ursprünglich aus der ungarischen Stadt Debrecen stammt. Sie ist leicht geräuchert und mit ein wenig Paprika gewürzt.

Nasi Goreng Das beste Nasi Goreng, das Herr Bär jemals genossen hat, wurde ihm in der niederländischen Grnezstadt Vaals bei Aachen serviert. Nasi Goreng ist ein Standardgericht der indonesischen Küche, wobei der vorgekochte Langkornreis mindestens zwei Stunden oder sogar einen halben Tag lang ruhen muss, bevor man ihn brät. In einer Pfanne oder in einem Wok brät man in Erdnussöl oder Palmöl kleingehackte Zwiebeln, Lauchzwiebeln, Poreestreifen, ein paar Stückchen Chilischote und Knobloch an, fügt Hühnerfleisch und/oder Schweinefleisch in dünnen Scheiben hinzu, sowie Champignons und Erbsen. Man kann auch Streifen von gekochtem Schinken und Schweinebratenaufschnitt nehmen und Röstzwiebeln aus der Tüte hinzufügen, sowie Omelettstreifen oder Rührei. Würzen mit Salz, Sambal Oelek, bei Bedarf auch mit etwas Curry und Gelbwurzel (Kurkuma), etwas Sojasauce. Dazu reicht man Krabbenbrot (Kroepeok).

Chinesisches Wok Fondue Man kann dazu fertige Rinderbrühe nehmen, die man mit Wok-Sauce oder Sojasauce anreichert, oder selbst Rinderknochen mit Suppengemüse auskochen, zum Würzen fügt man frischen Koriander, Ingwer und etwas Chili oder Sambal Oelek, Zitronengras, und Knoblauch hinzu. Man kann Fisch und Fleisch in verschiedenen Gängen nacheinander in der Brühe garen. Fleisch (Schwein, Rind, Huhn) muss dünn geschnitten sein, Fisch (Lachs, Garnelen, Tintenfisch, Jakobsmuscheln) ebenso, man sollte nur Fischsorten mit festem Fleisch nehmen). An Gemüse empfiehlt sich Pak Choi-Kohl, China-Kohl, Stangensellerie, Gemüsepaprika, Pilze, Zuckererbensschoten. Alles wird dann in dem Sud gegart.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Kö

Baer 297 – 22. März 2021

März 1st, 2021
Bild des Monats März 2021: Jürgen Raap, „Unter veränderten Verhältnissen“, 2021

Bär aktuell – Nr. 297 – 22. März 2021

Wer schreibt eigentlich die manchmal reichlich albernen „Tierbörsen“-Texte im Kölner Express? Da wartet derzeit im Tierheim ein anspruchsvoller Jack-Russel-Terrier namens Goswin auf ein neues Herrchen, das möglichst in einer „hundearmen Gegend“ wohnen soll. Eher nach einer „Parship“-Kontaktanzeige klingt hingegen der Hinweis, Schäferhund Devil „liebt Spiele mit dem Bällchen, gehorcht aufs Wort und möchte nach zehn Jahren Tierheim endlich glücklich werden“. Ähnlich rührselig verschmonzt sich der „Express“-Autor über den Tierheim-Bewohner Werner, dieser habe „den Glauben an die Menschheit noch nicht verloren“. Der Pitbull Sultan indessen habe noch nicht viel an Lebenserfahrung gesammelt und gilt daher als „schwer erziehbar“; er sei „kraftstrotzend und verschmust“. Ein kraftstrotzender verschmuster Pitbull? Hm, hm, lieber nicht. Keineswegs bessere Chancen auf Vermittlung als Goswin, Devil, Sultan und Werner hat wohl der Rüde Oskar; von dem es heißt, sei „verschmust und anhänglich wie ein Kätzchen“, denn wer unbedingt eine verschmuste Katze will, der holt sich lieber eine solche aus dem Tierheim und nicht den Rüden Oskar oder gar den kraftstrotzenden Pitbull Sultan. Zum Beispiel dann lieber den „Kater Theo“, der jahrelang auf einem Campingplatz herum gestromert haben soll und nun im Tierheim „auf ein Zuhause mit Garten und Balkon“ wartet. Wobei nach Kater Theos Ansprüchen der Garten allerdings schon die Größe eines Campingplatzes haben müsste.

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„Ihrefelder Cheyenne“ beim karnevalistischen Empfag des Bezirksbürgermeisters Köln-Ehrenfeld, 2019,  Foto: Copyright Raap/Bär

Die Kölner Jusos fordern eine Verbannung von Indianerkostümen und Co. an Karneval“, meldete der Kölner „Express“. Aus der „Cheyenne Nation“ in den USA hat sich allerdings nach Herrn Bärs Wissen bislang noch niemand beim Musikzug „Ihrefelder Cheyenne“ über eine unangemessene kulturelle Aneignung beschwert, wenn eben dieser Musikzug alljährlich beim karnevalistischen Empfang des Bezirksbürgermeisters von Köln-Ehrenfeld mit Trommelwirbel in den Saal einzieht. Insofern findet Herr Bär das Ansinnen der Jusos reichlich anmaßend und verweist auf seine Kindheitserinnerungen, wie er in den Kriegstrümmern, die es in Köln in den 1960er Jahren noch an jeder Ecke gab, mit den Nachbarskindern „Cowboy und Indianer“ spielte. Nur an Karneval durften wir uns echte Kostüme anziehen, und Herr Bär hätte sich dann gerne als Indianer kostümiert, aber Herrn Bärs Mutter entschied, er müsse als Cowboy gehen, nicht weil Mutter Bär den Filius vor unangemessener kultureller Aneignung bewahren wollte, sondern weil ein Cowboykostüm in den bescheidenen Jahren der Nachkriegszeit billiger war als ein Indianerkostüm. Vater Bär, der nach dem Zweiten Weltkrieg von all dem Tschingderrassabum mit Fahnenkult, Uniformen und Strammstehen die Schnauze gestrichen voll hatte und durch und durch Zivilist geworden war, ermahnte den jungen Bär in seinem Cowboykostüm: „Mit einer Waffe zielt man nicht auf Menschen, auch nicht mit einer Knallplättchenpistole, und auch nicht nur zum Spaß“. Dabei waren in unserer kindlichen Phantasie die Indianer immer die Guten gewesen, nicht unbedingt die Cowboys, und als dann 1964 die Bagger und Planierraupen anrückten und das Trümmerfeld unserer „Indianer-Jagdgründe“ im Eigelsteinviertel hinter dem Kölner Hauptbahnhof platt walzten, um die Schnellstraße „Nord Süd-Fahrt“ als eine brutale Asphaltschneise durch das Viertel zu schlagen, da empfanden wir das als Zehn- und Zwölfjährige als eine Vertreibung aus dem Paradies, aus unserer Prärie mit wild wuchernden Brennesseln, Löwenzahn, Scharfsgarbe und Kletten zwischen den rußigen Mauerstümpfen. Wir waren „Stadtindianer“ gewesen, lange bevor diese Vokabel in der links-alternativen Protestbewegung der 1970er Jahre populär wurde. Und das hat nichts mit der Verkitschung der Indianer und anderer indigener Völker zu „edlen Wilden“ zu tun. Die Sehnsucht nach Natürlichkeit und Ursprünglichkeit in der frühen westlichen Moderne war vielmehr ein Ausdruck von Zivilisationsmüdigkeit gewesen, der dann in der Hippie-Generation um 1970 erneut aufgegriffen wurde. So seien die Kölner Jusos daran erinnert, dass 1977 in Italien die linke Protestbewegung der „indiani metropolitani“ in Rom ein Manifest veröffentlichte mit dem Satz: „Die Truppen der Bleichgesichter mit ihren blauen Jacken haben all das zerstört, was einst Leben war, sie haben mit Stahl und Beton den Atem der Natur erstickt.“ Und das linke Frankfurter Stadtmagazin „Pflasterstrand“ nannte sich zeitweise „Zeitschrift für Stadtindianer“. Was die Kölner Jusos und andere bis heute nicht kapiert haben: Der Psychologe Stephan Grünewald beschreibt das Narrentreiben als eine „paradiesische Zeit der Auflösung“ der sonst gültigen Rollenzwänge: „Denn man kann sich und sein Leben umkostümieren und das werden, was man immer schon einmal hätte werden wollen: Prinzessin oder Magd, Seeräuber oder Kapitän, Priester oder Musketier…“ oder eben Indianer. Nach den Vorstellungen in den archaisch-magischen Gesellschaften wechselt der Träger einer Maske in eine andere Daseinsform, das verlängert sich in den Rollentausch, der eine sehr lange kulturgeschichtliche Entwicklungslinie aufweist von den archaischen Gesellschaften bis zur Fastnacht des Mittelalters und der Gegenwart“ oder den heutigen Rollenspielen im Internet oder bei Mittelalter-Events etc.

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„Ich wör su jän ens Weihbischof“ singt die kölsche Karnevals-Combo Bläck Fööss in einem ihrer populären Songs. „Em Dom jet römlaufe – Un schwatze Anzöch kaufe – En d’r Bibel studiere – Ungerm Baldachin spaziere- Prächtije Jewänder drage- Em Benz jet römfahre- Jet Schau für die Menge- Vun d’r Kanzel jet schänge… Bei de Sünder jet setze – Mem Weihwasser spritze – Verjebung verschenke – Mem Weihrauchfässje schwenke – Jet schlofe em Jade – Mem Herrjott jet schwade… “ (Im Dom was rumlaufen, und schwarze Anzüge kaufen, in der Bibel studieren, unterm Baldachin spazieren, prächtige Gewänder tragen, im Benz was rumfahren, etwas Schau für die Menge, vun der Kanzel was schimpfen… Bei den Sündern was sitzen, mit dem Weihwasser spritzen, Vergebung verschenlken, mit dem Weihrauchfässchen schwenken, Etwas schlafen im Garten, mit dem Herrgott was quatschen…“ Dieses Zitat möge als Kommentar von Herrn Bär zu den aktuellen Ereignissen im Erzbistum Köln genügen. Bliebe nur noch ein Verweis auf einen Witz in der Zeitschrift „Titanic“, wo der Kardinal Woelki alle Zumutungen an ihn von sich weist: „Reicht es denn nicht, dass ich mit Vornamen Rainer Maria heiße?“© Raap/Bär 2021

Die lustigen Weiber von Windsor Wer bei den Windsors einheiratet, sollte wissen, dass diese Dynastie es immer schon gut hingekriegt hat, das aristokratische Familienleben zu einer medialen Seifenoper herab zu würdigen. Angefangen mit Edward VIII., den es im Jahre 1936 ganze zehn Monate auf dem Thron hielt, und dem Vater George V. vor seinem Ableben bescheinigt hatte, er, Edward, werde als Georges Thronfolger mit seinen Liebesaffären (die man im Rheinischen als „Fisternöll“ bezeichnet) eben diesen Thron ruinieren. Edward VIII. dankte im Dezember 1936 aber nicht nur aus amourösen Gründen ab, sondern auch, weil seine sozialpolitischen Ansichten dem stockkonservativen britischen Establishment nicht geheuer waren und er sich wohl von jenen schnöselig versnobten Lords gemobbt gefühlt haben mag. Herr Bär meint: Sich durch Heiratspolitik im Glanze einer staubig gewordenen Monarchie sonnen zu wollen, ohne sich jedoch dabei allzu sehr den protokollarischen höfischen Zwängen unterwerfen zu müssen, können oberschichtorientierte amerikanische Schauspielerinnen heute viel einfacher haben, nämlich als Prinzessin Venetia im Düsseldorfer Karneval, wo sie zum Hofhalten für eine Session bekanntlich den Prinzen nicht gleich mitheiraten müssen. Oder man lässt sich für ein paar Bitcoins vom Prinzen Frederic von Anhalt adoptieren, wenn man unbedingt einen Adelstitel braucht. © Raap/Bär 2021

P.S. Eine der ersten kabarettistisch-humoristischen Sketche, die Herr Bär veröffentlichte, handelt davon, wie Herr Bär bei seinem London-Aufenthalt direkt neben dem Buckingham-Palast wohnte und von der sparsamen Queen angerufen wurde, wobei ein Palastbediensteter den Anruf ins Kölsche übersetzte:

„Herr Bär, künnt Ehr nit ens jrad met dä Klemperzange vorbei kumme? He en däm ahle Palast tropft de janze Zick dä Wasserhahn, un dä Philipp hätt singe Werkzeugkasten verbummelt. Dä Charles kritt dat och nit hin, dä hätt jo zwei linke Häng. Un dat Prinzessin Fergie is jrad mit ihrem Finanzberater durchjebrannt, sonst hätt mer jo och ens dä Finanzberater frage künne, ob dä en Klempnerzang hätt. Un dä Rittmeister, met däm dat Diana en Fisternöll hätt, dä kütt mir he nit en dä Palast eren. Also, Herr Bär, sid eso jot und loort ens jrad no däm Wasserhahn!“

(Herr Bär, können Sie nicht gerade mal mit der Klempnerzange vorbei kommen? Hier in dem alten Palast tropft die ganze Zeit der Wasserhahn, und der Philipp hat seinen Werkzeugkasten verbummelt. Der Charles kriegt das auch nicht hin, der hat ja zwei linke Hände. Und Prinzessin Fergie ist gerade mit ihrem Finanzberater durchgebrannt, sonst hätte man ja mal den Finanzberater fragen können, ob der eine Klempnerzange hat. Und der Rittmeister, mit dem Diana ein Fisternöll hat, kommt mir nicht in den Palast rein. Also Herr Bär, seien Sie so gut und schauen Sie gerade mal nach dem Wasserhahn).

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Wenn es gilt, den allgemeinen Sittenverfall, Wissensverlust und zunehmende Schlamperei in unseren Landstrichen zu beklagen, dann stellt Herr Bär nicht nur eine fatale Rückentwicklung vom einstigen Volk der Dichter und Denker zum heutigen Zeitgeistgebaren hysterischer Shitstorm-Hetzer und Stänkerer in den sozialen Medien fest. Einen fatalen Niedergang erlebt in unseren Tagen nämlich auch das einst ruhmreiche Ingenieurdenken der Tüftler und Bastler, mit dem hierzulande z.B. 1901 die weltweit einzigartige Wuppertaler Schwebebahn konstruiert wurde, und dies in nur drei Jahren mit einer Strecke von 13 km, während hingegen der Flughafen BER – Berlin Brandenburg Airport in vierzehn langen Jahren zusammen gemurkst wurde und auch jetzt auch weiterhin negative Schlagzeilen macht. Die jüngste ingenieurtechnische Lachnummer sind die Brandschutzmelder dort, die nämlich immer dann losheulen, wenn draußen die Sonne zu stark scheint. Da auch für die Fliegerei der Bundesverkehrsminister zuständig ist und Andy Scheuer heißt, hält Herr Bär es nicht für zu abwegig, dass irgendein schlitzohriger Geschäftsmann, der mit Billig-Brandschutzmeldern handelt, sich gedacht haben mag, mit dem Andy kann man’s ja machen. Den Spahn beim Maskenkauf übers Ohr zu hauen hat ja schließlich auch schon geklappt: „Unglaublich! #jensspan Das #Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat nach Angabe verschiedener kassenärztlichen Vereinigungen #Schutzmasken chinesischer Hersteller für Arztpraxen ausgeliefert, die einer Qualitätsprüfung nicht standhalten oder nicht ausreichend geprüft worden sind“, entrüstete sich der „Merkur“ schon vor einem halben Jahr. Kein Einzelfall: „Leverkusener Brücke – Minderwertiger Stahl aus China beschäftigt Landtag“, titelte der „Kölner Stadtanzeiger“ im April 2020. Und jetzt also untaugliche Brandschutzmelder in der Flughafenhalle! Wenigstens hat Mutti Merkel diesmal nicht schon wieder gesagt: „Wir haben nichts falsch gemacht“. © Raap/Bär 2021

Jens oder nie!“ titelte n.tv kürzlich, da sich „Leistung und Außenwirkung des CDU-Hoffnungsträgers im beschleunigten Sinkflug“ befänden. Das „Handelsblatt“ fasste des Gesundheitsministers Jens Spahn mittlerweile eher erschreckende Negativ-Bilanz in einer in Sachen Alliteration freilich etwas holprig geratenen Schlagzeile „Immobilien, Impfen, Abendessen“ zusammen. Statt „Abendessen“ hätte es „Imbiss“ heißen müssen, dann wäre die Alliteration (Gleichklang) nämlich gelungen. Den Verschwörungstheoretikern unserer Tage gibt Herr Bär allerdings zu bedenken, dass kein Zusammenhang besteht zwischen der Tatsache, dass Jens Spahn und sein Ehemann eine „Luxus-Villa in Berlin“ kauften (O-Ton https://www.businessinsider.de), und dies mit einem Darlehen der Sparkasse Westmünsterland, in deren Verwaltungsrat Spahn einst saß, und der Einlassung des Grünen-Politikers Anton Hofreiter, der „Zweifel am Bau neuer Einfamilienhäuser angemeldet hatte“. (https://www.zdf.de/nachrichten/politik/gruene-einfamilienhaus-hofreiter-kommentar-100.html.

Wenn der Düsseldorfer „Express“ schreibt, die Vergabe von Terminen von Kirchenaustritten beim Düsseldorfer Amtsgericht sei heut zu Tage schneller ausgebucht als der Vorverkauf von Tickets für ein Konzert der „Toten Hosen“, oder es an anderer Stelle heißt, „in Köln treten derzeit mehr Menschen aus der katholischen Kirche aus als der SPD“, so sei auch hier darauf verwiesen, dass kein verschwörungstheoretischer Zusammenhang zwischen der katholischen Kirche, der Punk-Band „Tote Hosen“ und der SPD besteht, wiewohl das SPD-Urgestein Wolfgang Thierse das Gefühl haben mag, von den „Identitätslinken“ („Der Tagesspiegel“) in seiner Partei als „zu gestrig“ aus der immerhin „alten Tante SPD“ herausgemobbt zu werden, aber eben nicht von dem in anderer Hinsicht weitaus eher gestrigen Kardinal Woelki. Und dass Jens Spahn gesundheitspolitisch derzeit so einiges versemmelt, nur weil wie er in der Politik leider immer wieder zu viele mittelmäßige Parteikarrieristen in Amt und Würden gelangen, wo sie dann mit eben jener Mittelmäßigkeit, man könnte polemisch auch sagen: Nulpenhaftigkeit, völlig überfordert sind, kann man übrigens auch nicht Bill Gates anlasten, wie dies manche Verschwörungstheoretiker vielleicht täten.

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Die schönsten Stilblüten des zeitgenössischen Journalismus: „… eine Front aus Reglementierern, Veganern und Veggie-Bürgern…, die in Ferkeln nur diese süßen Schweinchen Babes sehen, die mit Boris-Becker-Äuglein so fröhlich durchs Stroh tollen…“ (in: Der Spiegel, Nr. 6/2021, S. 54). Boris-Becker-Äuglein! Auf solch eine Formulierung muss man erst mal kommen.

„In dieser Woche beeilte sich denn auch das Dreigestirn der Pandemie – Jens Spahn, Christian Drosten und Karl Lauterbach – … die Verlässlichkeit des… Impfstoffs zu bestätigen“. (in: „Der Spiegel“, Nr. 8/2021, S. 101). Fragt sich nur, wie in diesem Dreigestirn die Rollenverteilung zwischen Prinz, Bauer und Jungfrau aussieht.

„Paragrafen-Pitbull“ („BILD“ am 22. 2. 2021 über eine amerikanische Star-Anwältin). Hm, hm, fragt sich Herr Bär fragt einigermaßen ratlos: Müsste es politisch und grammatisch korrekt nicht „Paragrafen-Pitbullette“ oder „Paragrafen-Pitbulletine“ heißen?

„Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat da mit seinem vollen Schopf eher Probleme, im Lockdown bald wie ein Monchichi-Äffchen auszusehen“. (in: „Warum sind Friseure eigentlich so wichtig?“, dpa am 22.2. 2021). – Zu dieser Spezies des „Monchichi-Äffchens“ ist bei „Wikipedia“ nach zu lesen: „In die rechte Hand des Monchichis kam ein Schnuller (fest vergossen, nicht abnehmbar), die linke Hand war jetzt geöffnet statt in Greifhaltung und der Daumen wurde verkleinert, so dass er nicht mehr im Mund stecken konnte.“

„… hätte nicht ein anderer, früher mal gern verulkter Promi in den USA gerade auf beängstigende Weise demonstriert, was passieren kann, werden Entertainment und politische Macht unachtsam miteinander verpanscht. Celebritys sind heute keine ulkigen Fabelwesen mehr, über deren antikonforme Kapriolen man lacht…“ (in: „Der Spiegel“ 9/2021, S. 114). Eine Verpanschung von politischer Macht und Kapriolentum trifft gewiss auch auf den Verkehrsminister Andy Scheuer zu, aber über den lacht man im Kabarett schon, obschon auch er kein „ulkiges Fabelwesen“ ist.

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Essen und Trinken mit Herrn Bär

Auberginenröllchen griechische Art

Aubergine längs in dünne Streifen/Scheibe schneiden, in Olivenöl anbraten, dabei wenden, dann salzen, pfeffern und kalt werden lassen. Dann die Scheiben mit Fetakäse, Oregano/Majoran, Thymian, frischer Petersilie belegen und zusammenrollen, in einer Casserolle zusammen mit Zwiebeln, etwas Knoblauch und passierten Tomaten schmoren.

Kalbsschnitzel Parmigianino

Das Traditionsrezept ist in der italienischen Region Emilia-Romagna beheimatet, und Kenner nehmen dazu keinen Gran Pandana, sondern nur den echten Parmesankäse, den Parmigiano Reggiano, den man zu Hause am besten vom Stück selber klein raspelt. Das Rezept ähnelt jenem der „Piccata milanese“, des Kalbsschnitzels mit Parmesanpanade und Spaghetti mit Tomatensauce, aber man muss es nicht zwangsläufig zusammen mit Spaghetti servieren (ja, man schreibt übrigens „Spaghetti“, denn der Unfug einer neudeutschen Schreibweise „Spagetti“ würde im Italienischen als „Spaschetti“ ausgesprochen). Man würzt die Schnitzelstücke mit Pfeffer und Salz, wälzt sie in Mehl, dann in einem verquirlten Gemisch aus Eiern und geriebenem Parmesankäse, dann in Paniermehl und brät sie in Butter. Für die Sauce bevorzugt Herr Bär in Olivenöl gedünstete Zwiebeln, die dann unter Zugabe von etwas Gemüsesud mit frischen Tomaten weiter geschmort werden, abgerundet mit Pesto Rosso, Knoblauch, Petersilie und frischem Thymian.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Baer aktuell nr. 296 – 3. Feb. 2021

Januar 8th, 2021
Bild des Monats Februar 2021: Jürgen Raap, Der „Verrat der Glocken“, 2021

Bär aktuell – Nr. 296 – 3. Feb. 2021

Mein schönstes Lockdownerlebnis – ein Besinnungsaufsatz von Klaus-Günther Bär, Klasse 4a. Weil unsere Klassenlehrerin meinte, wir müssten im Lockdown mal an die frische Luft kommen, machten wir einen Schulausflug nach Moskau zusammen mit einem Reiseleiter, dem Gerhard Schröder aus Hannover. Herr Schröder versprach uns eine Besichtigung des Gazprom-Gaswerks mit anschließendem Höhenfeuerwerk. Unsere Lehrerin bestand aber darauf, dass das eine vegane Klassenfahrt sein sollte. Deswegen hat mir mein Onkel Karl-Josef Bär ein Butterbrottäschchen mit lauter Schinkenbroten mitgegeben. Onkel Karl-Josef sagte: Klaus-Günther, man weiß nie, was man auf einer veganen Klassenfahrt zu essen kriegt. So bist du auf jeden Fall gut versorgt. Der Schulbus hatte einen Elektromotor, bei dem der Akku leer war, und so mussten wir alle erst einmal den Bus anschieben, aber unsere Lehrerin und der Reiseleiter Herr Schröder blieben in dem Bus sitzen, während wir kräftig schieben mussten. Deswegen finde ich, dass auch Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden sollten. In Moskau standen wir dann auf dem Autobahnring zwei Stunden im Stau und haben von dem Gaswerk nur noch das Höhenfeuerwerk mitgekriegt. Das Gaswerk war nämlich gerade in die Luft geflogen. Erst Gaz, und dann Prom. Deswegen heißt das auch so. Der Herr Schröder meinte, Kinder, grämt euch nicht, stattdessen besuchen wir jetzt den lieben Onkel Wladimir im Kreml. Das ist ein lupenreiner Demokrat, den müsst ihr euch unbedingt ansehen. Der spendiert Euch allen eine Tasse Kakao. Aber mein Onkel Karl-Josef hat mich gewarnt, Klaus-Günther, pass auf, dass sie dir im Kreml nicht Nowitschok in den Kakao träufeln, am besten isst und trinkst du da überhaupt nichts, du hast ja dein Butterbrottäschchen dabei. Als ich dann fragte, Onkel Wladimir, können wir hier in Moskau auch noch den Nawalny besichtigen, der ist doch auch ein lupenreiner Demokrat, da hat der liebe Onkel Wladimir auf einmal ganz böse geguckt. Und als dann mein Klassenkamerad Fidel Mops auch noch fragte, Onkel Wladimir, stimmt das, dass Du in Deinem Ferienpalast am Schwarzen Meer eine Klobürste mit goldenen Borsten hast, da wurde der Herr Schröder ganz nervös und drängte, Kinder, wir müssen jetzt los, wir wollen ja auf dem Rückweg noch die Nordstream-Pipeline an der Ostsee besichtigen. Aber von der Pipeline war nichts zu sehen, die ist ja unter Wasser. Und das fand ich enttäuschend. Außerdem bekamen wir am Strand alle nasse Füße, und dann war bei dem Elektromotor wieder der Akku leer, und dann mussten wir mit dem Pannendienst vom ADAC nach Köln zurück. – Benotung durch die Klassenlehrerin: Klaus-Günther hat das Aufsatzthema gründlich verfehlt und passagenweise auch noch bei seinem Banknachbarn Fidel Mops abgeschrieben. Note: 5 Minus. Versetzung gefährdet. © Raap/Bär 2021

Corona-Fastelovend 2021 Karnevalsgesellschaft KG UHU von 1924 e.V. Köln-Dellbrück, mit Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett, auf der Kölner Schildergasse, Februar 2021, Fotos: Copyright Siglinde Kallnbach

Corona-Witz aus dem virtuellen Kölner Karneval 2021:

Tünnes: Schäl, häste schon jehört, in China is ene Hahn laufen jegangen.

Schäl: Ävver dat is doch nit weiter schlimm.

Tünnes: Doch, dat wor nämlich ne Wuhan!

Bär aktuell spezial: Erbauliche Materialien zur Soziolinguistik                       -1-3- 2021
Unter der Schlagzeile „Was sind für Sie Pseudolinke?“ brachte „taz futur zwei“ (Februar/März 2021) ein höchst interessantes Interview mit dem Philosophen Robert Pfaller, der aus eben einer linken Perspektive Kritik an den aktuellen sprachmodischen Verwirrtheiten übt. Pfaller empfindet nämlich „Gendersternchen als neoliberales Distinktionsinstrument von Kulturlinken“, mithin als ein kulturelles Ablenkungsmanöver zu den sozialpolitischen Versäumnissen seitens einer Politik, wie sie sich mittlerweile seit Gerhard Schröders „Agenda 2010″ und der Wandlung der Grünen zu einer Art Öko-FDP in der linken Mitte oder links von der bürgerlichen Mitte verorten lässt: „Statt Kinderbetreuungseinrichtungen bekamen wir das Binnen-I, statt Chancengleichheit bot man uns »diversity«, und anstelle von progressiver Unternehmensbesteuerung erhielten wir erweiterte Antidiskriminierungsrichtlinien“, sagt Pfaller. „Das entspricht dem Grundprinzip neoliberaler Propaganda: Alle Ungleichheit beruht demnach lediglich auf Diskriminierung… Die Einzigen, die an solchen unbeholfenen Sprachverbesserungen wirklich Interesse haben, sind Vertreterinnen und Vertreter in diversen Gremien, die im Namen von anderen sprechen, aber in Wirklichkeit nur ihre eigenen Pfründe behaupten. Für ein Binnen-I oder ein Sternchen hat sich noch nie irgendjemand etwas kaufen können…“, wobei ergänzend anzumerken wäre, außer eben jenen Leuten, die auch Herr Bär mitunter als „Bioladen-Schickeria“ etikettiert (früher sagte man „Salon-Bolschewisten“). Weiter urteilt Robert Pfaller über „diese Kulturlinke“, so sehr sie auch behaupte, „auf Verletzlichkeiten zu achten, so großzügig zeigt sie sich andererseits, wenn es darum geht, Leute, die nicht ihrer Meinung sind, zu beschimpfen und sie, wenn nur irgendwie möglich, zu Unpersonen vom Kaliber der Rassisten, Sexisten, alten weißen Männer oder anderer »deplorables« abzustempeln…“

Der gebürtige Kölner Komiker Dave Davis hat familiäre Wurzeln in Uganda und tritt als Büttenredner im Kölner Karneval in der Rolle des schwarzen Toilettenmannes Motombo Umbokko auf. Aktueller Witz von ihm: „Die katholische Kirche macht es wie der Fußballbund DFB: die stecken viel in den Nachwuchs“. Auf die Frage eines „Express“-Reporters, wie er mit dem Vorwurf umginge, er bediene mit seiner Bühnenfigur „das Klischee vom schwarzen Mann“, antwortete Davis: „Die Figur des Motombo habe ich als eine Art Hofnarr erschaffen. Er weist auf gesellschaftliche Missstände hin…Ein guter Narr ärgert ‚die da Oben‘ und tritt nie ‚den kleinen Mann’“. Die karnevalistische Narrenfreiheit war der Obrigkeit aber nicht immer ganz geheuer gewesen und daher auch nicht grenzenlos: 1828 verbot die preußische Regierung per Kabinettsorder den Bonner Karneval als „anormalische und in polizeilicher Hinsicht nicht unbedenkliche Lustbarkeit“. Das nützte nicht viel – 4.000 Bonner fuhren dann Jahr für Jahr eben nach Köln, um dort Karneval zu feiern und die Bonner Gastronomen beklagten sich bitterlich über die Einnahmeverluste durch das Feierverbot – irgendwie kommt uns das bekannt vor. Erst 1842 ließ der preußische König in Bonn wieder das Jeckentreiben zu. 1911 wurde in Köln der Büttenredner Christian Witt wegen Verbreitung unzüchtigen Liedguts zu 100 Mark Geldstrafe verurteilt. 1939 erhielt Karl Küpper („Dä Verdötschte“) wegen „Verunglimpfung des deutschen Grußes“ Auftrittsverbot, weil er den Arm zum Hitlergruß hob und dazu erklärte: „Es et noch am rähne?“ (Regnet es noch?) oder „Su huh litt bei uns dr Dreck em Keller!“ (So hoch liegt bei uns der Dreck im Keller!) Als Horst Muys („Der liebe Jung aus Köln am Rhein“) in der Bütt seine selbst erlebten Eskapaden im Rotlichtmilieu zum besten gab, verließ der OB Theo Burauen empört den Saal und auch Muys erhielt 1968 vorübergehend Auftrittsverbot. 1987 machte der Bonner Redner Heinz Rech als „Prawda-Reporter“ bundesweit negative Schlagzeilen mit der zynisch anmutenden Pointe: „Barschel war ein großer Karnevalsfan – er ist in der Bütt gestorben“. 2004 äusserte auch ein weiterer OB, nämlich Fritz Schramma, sein Missfallen, als die „Bläck Fööss“ das Lied „Alle Kraade dieser Welt vun Peking bis noh Ehrenfeld“ anstimmten: Er wolle keine „Kraade“ in Köln haben, entrüstete sich der OB, denn er kenne „Kraade“ nur als Schimpfwort, im Sinne von „lichtscheues Gesindel“.

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Hundesalons dürfen offen bleiben, entschied ein Verwaltungsgericht „in einem Streit zwischen der Stadt Emsdetten und einer Hundesalonbetreiberin“, wie der Kölner „Express“ berichtete. Die Coronaschutzverordnung „untersage… Friseurdienstleistungen… nur beim Menschen“, nicht aber beim Hund. So weit so gut. In der gleichen Ausgabe des „Express“ kam auch Harald Esser zu Wort, Präsident des Zentralverbandes des Friseurhandwerks, der sich darüber mokierte, dass selbst bei den jetzigen Geisterspielen ohne Zuschauer Fußballer haarkünstlerisch „topgestylt“ auf dem Stadionrasen agieren: sie würden ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht und animierten ihren Anhang damit nur zu „Kundenanrufen“, mit denen zu „Schwarzarbeit und Regelverstößen wie Hausbesuchen“ ermuntert werde, so beklagte sich der Verbandspräsident der Figaros. Herr Bär solidarisiert sich mit Herrn Esser, denn seit Herr Bär das erste Mal live ein Spiel des 1. FC Köln sah, als ihn sein Vater 1962 ins Müngersdorfer Stadion mitnahm, das damals noch „Hauptkampfbahn“ hieß, und Herr Bär ein Jahr vor der Einführung der Bundesliga beim Spiel in der damaligen Oberliga West einen 4:0-Sieg des 1. FC Köln gegen Hamborn 07 mitfeiern durfte, schätzt Herr Bär beim Fußball immer nur die robusten Renner und Klopper, die 90 Minuten lang alles geben und dann nach dem Schlusspfiff in verschwitzten und verdreckten Trikots in die Kabine gehen, und nicht die heutigen zurecht gebretzelten Schönlinge, die jeden Kopfball vermeiden, aus lauter Angst sich die Haarpracht zu verschängelieren.

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Der Vorstand von „a performancelife e.V.“ mit dem Sessionsorden 2021 des FEK-Festausschuss Ehrenfelder Karneval, Fotos und Grafik: Siglinde Kallnbach.- Eincollagiert in Mitte/unten: mit Künstler-Fußgruppe im Ehrenfelder Dienstagszug 2020

Zesamme sin mer Ihrefeld“ (Zusammen sind wir Ehrenfeld) lautet das Motto des Sessionsordens, den der FEK-Festausschuss Ehrenfelder Karneval trotz Pandemie-Krise auch 2021 verleiht. „Diesmol krigge mer dä Orden daför, dat mer jetz all brav ze Hus blieve un nit do drusse de Lück met all dä Aerosole vollhoste“, kommentiert Herr Bär dazu (Diesmal bekommen wir den Orden dafür, dass wir jetzt alle brav zu Hause bleiben und die Leute da draußen nicht mit all den Aerosolen vollhusten). Herr Bär weiter: „Un so ne virtuelle Karneval hät jo och jet jodes: Do kannst zo Hus en jode Fläsch Wing opmache, Dich met däm Sessionsorden an et Finster stelle un Dingem Nohber zuproste, un du muss nit em Gürzenich dä suure Hungk för 35 Euro de Fläsch suffe, vun däm de nor Kopping un Sodbrenne kriss“ (Und so ein virtueller Karneval hat auch was Gutes: Du kannst zu Hause eine gute Flasche Wein aufmachen, Dich mit dem Sessionsorden ans Fenster stellen und Deinem Nachbar zuprosten, und du musst nicht im Ballhaus Gürzenich einen „sauren Hund“ für 35 Euro die Flasche trinken, von dem Du nur Kopfschmerzen und Sodbrennen bekommst).

© Raap/Bär 2021

Die Neger ist ein Nebenfluss der Ruhr und entspringt im Rothaargebirge. „Der Fluss heißt… ,die Neger’ und nicht ,der Neger’ oder ,die Negerin’“, stellt die „Westfalenpost“ klar. Mit insgesamt nur 400 Einwohnern gibt es dort nordöstlich von Olpe seit seiner ersten Erwähnung im Jahre 1468 ein Dorf mit seinen drei Ortsteilen Ober-, Unter- und Mittelneger. Etymologisch haben der Fluss- und der Ortsname nichts mit dem lateinischen Wort „nigra“ für „schwarz“ zu tun, sondern er käme aus dem Keltischen, wie Leser Wilfried Steinbrücke an die Zeitung schrieb. Er „bedeutet soviel wie reißend oder schnell fließend.“ Anderen Quellen zufolge leite sich der Name von „Nager“ ab und sei später phonetisch umgedeutet worden. Zwar wurde 2007 im benachbarten Brunnkappel die „Negerglocke“ in „Servatiusglocke“ umbenannt, doch das reicht dem Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch nicht: „Man kann den Ortsbewohnern nicht vorwerfen, dass sie in dem Ort leben, der so heißt“, zumal dieser Ortsname „Neger“ schon nachweisbar sei, „als es die rassistische Personenbezeichnung im Deutschen noch gar nicht gab.“ Aber man könne den Einwohnern heute durchaus „einen Perspektivwechsel abverlangen“, und daher versteigt sich Stefanowitsch allen Ernstes auf die Forderung, den Ort in „Nager“ umzubenennen. Im Negertal selbst sieht man derlei sprachpolizeiliche Hysterie gelassen und denkt nicht an eine solche Umbenennung, wie Ortsvorsteher Manuel Ochibowski erklärte, denn in seinem Sprengel gebe es kein rassistisches Verhalten: „Ganz im Gegenteil gibt es mehrere Beispiele, wie neue Bürger in unserer Gemeinschaft aufgenommen werden“. Die Schlagzeile „Protestwelle aus dem Negertal“ bezog sich auf eine Unterschriftensammlung der „Bürgerinitiative Negertal in Gründung – Untertitel: Mehr Demokratie – Pro Ehrenamt – Werte verteidigen“, und dies keineswegs wegen des Sprachjakobiners Stefanowitsch, sondern auf die viel gravierenderen lokalpolitischen Probleme der Negerianer mit der Stadt Olpe in Sachen „Wasserbeschaffungsverband“ und damit vor allem auch um die „Löschwasserversorgung“ und auf eine mit „viel zu grobkörnigem Splitt“ falsch renovierte Straße „von Kessenhammer nach Neger“ .

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Gendersternchen-Marotte In Japan gibt es genaue Regeln, wie tief man sich bei der Begrüßung vor einer sozialhierarchisch höher gestellten, einer sozial gleichen, aber älteren und einer gleichgestellten und gleichaltrigen Person verbeugen muss. Die feinen Nuancen in zentimeterhaften Unterschieden lernt man als Europäer nie. Ähnlich ist es, wie der Autor Fridtjof Küchemann in der „FAZ-Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ notiert hat, wenn man im akademischen Milieu bei einem Vortrag die Pause mitten im Wort, um das Gendersterchen phonetisch wirken zu lasen, nicht richtig bemisst: „Denen, die darin weniger geübt sind“, könne die Unterbrechung des Redeflusses um der politischen Korrektheit willen „zur Hürde werden“. Denn: „Wer bei einer solchen Gelegenheit die Pause zu groß werden lässt, setzt sich schnell dem Verdacht aus, entweder ungeübt in ihrem Einsatz zu sein oder, schlimmer noch, diese sprachliche Neuerung hervorheben und womöglich als Marotte ironisieren zu wollen. Für die rhetorische Pause gilt der Rat, mit der Fortsetzung einer Rede zu warten, bis die Pause beginnt, peinlich lang zu werden: Was sich in der Aufregung des Vortrags bereits unangenehm anfühlen könne, werde vom entspannten Publikum noch als angemessen wahrgenommen. Bei der Kunstpause zum Gendersternchen besteht offenbar umgekehrt die Gefahr, das Publikum könnte an ihrer Dauer schneller Anstoß nehmen. Die Inklusionsformel ist mit einem Exklusionsrisiko aufgeladen…“Neulich war in einem Radiobeitrag orthografisch völlig daneben sogar mal vom „Bundes*innenministerium“ die Rede. Und so merkt denn auch auf https://link.springer.com der Autor Rudolf Stöber zum Thema „Genderstern und Binnen-I“, mithin „zu falscher Symbolpolitik „in Zeiten eines zunehmenden Illiberalismus“ an: „Gender-* und Binnen-I sind derzeit sprachnormwidrig, die Debatte wurzelt in einem Missverständnis und produziert Kategorienfehler… Erst in unserer Gegenwart wird die Sprache durch die Identifikation von sprachlicher Gattung mit biologischem Geschlecht aufgeladen –weil man es nicht mehr besser weiß oder wissen will. Die Genus-Zuweisung ist willkürlich: der Stuhl, die Stuhllehne, das Stuhlbein – das Genus hat nichts zu bedeuten, wenn es um Unbelebtes geht. Nur Lebewesen haben ein natürliches Geschlecht. Die unbedingte Gleichsetzung genus = sexus ist ein Kategorienfehler… Wer hingegen bewusst sprachpolitisch eingreift, um via Sprache Denken zu lenken, manipuliert. Bei Victor Klemperer (1996), Dolf Sternberger et al. (1957) oder George Orwell (1949) lässt sich viel über die Gefährlichkeit der Gedankenmanipulation via Sprachlenkung lesen…“

© Raap/Bär 2021

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Kalbsleber auf Berliner Art bereitet man mit leicht in Mehl gewälzten Fleischscheiben zu, die man in Butter brät, dazu gehören ebenfalls leicht mehlierte gebratene Zwiebeln und gebratene Apfelscheiben. Man salzt und pfeffert die Leber erst kurz vor dem Servieren, weil das Fleisch sonst zäl und trocken wird. Damit die Leber weich bleibt, kann man sie auch vor der Zubereitung ca. 1 Std. in Milch einlegen. Am besten serviert man die Kalbsleber mit Kartoffelpüree. Die Fegato veneziano (Kalbsleber venezianische Art) wird in Olivenöl und etwas Butter bei hoher Hitze kurz gebraten, Fleisch und Zwiebeln werden mit Balsamico und Weißwein kurz abgelöscht, und man fügt ein paar Salbeiblätter hinzu. Als Beilage empfiehlt sich Polenta aus Maisgries. Dazu passt als Wein gut ein Soave aus Venetien; Herr Bär jedoch trinkt dazu jedoch auch gerne einen badischen Grauburgunder.

Asienwoche bei Familie Bär, Foto und Montage: S. Kallnbach

Indische Makrele „Bombay meets Bickendorf“ Makrelen säubern, von beiden Seiten mit einer Marinade aus Raps- oder Sesamöl, Pfeffer, asiatischer Fischsauce, Zitronensaft, gepresstem Knoblauch, geriebenem Ingwer, Zitronengras und klein gehacktem Koriander einreiben, ziehen lassen, im Backofen Ofen zusammen mit vorgedämpften Erdnüssen garen und kurz vor dem Servieren frische Minze und weiteren frischen Koriander hinzufügen.

Chinesischer Barsch in einer feuerfesten Form im Backofen garen zusammen mit Austernsauce, rotem oder gelbem Curry, etwas Chili oder Sambal oelek, Frühlingszwiebeln, roten Paprikastreifen, Bambussprossen, Zitronengras, frischem Koriander.

Chop Suey Das Rezept soll angeblich um 1860 ein chinesischer Emigrant in San Franzisco erfunden haben, ist aber gastrogeschichtlich wohl eher aus der kantonesischen Küche überliefert. Herr Bär bevorzugt für die Zubereitung dünn geschnittene Streifen vom Schweinekotelett, die er mit Zwiebeln scharf anbrät und dann in einem Sojasaucensud mit Brühe und etwas Sambal oelek weich schmoren lässt und zusammen mit Sojabohnen, Bambussprossen und Wasserkastanien serviert. Dazu reicht man Reis.

Schweinefleisch oder Hühnchen süßsauer Das Rezept stammt ursprünglich aus der Provinz Guangdong in Südchina. Das Fleisch in einem Teigmantel frittieren zu wollen, gilt unter Kennern der chinesischen Küche als unnötige Firlefanzierung. Man sollte die Fleischstreifen höchstes ein wenig in mehlieren, zusammen mit Zwiebeln kurzbraten und nur mit rotem und grünem Paprika sowie Ananas und mit einer fertigen süß-sauren Sauce aus dem Asia-Supermarkt zubereiten. Abschmecken mit Cayenne-Pfeffer oder Szechuan-Pfeffer und Sambal oelek.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Bär aktuell Nr. 295 – 3. Jan. 2021

Januar 5th, 2021

Bild des Monats Januar 2021:

Jürgen Raap, „Der schlafende Bischof“, 2020

Bildstrecke „bär aktuell spezial“ – Bärs Schaufenster-Krippen-Wanderweg, Fotos: Copyright S. Kallnbach

Schaufenster „Puppenspiele der Stadt Köln“, und „Kirchenbedarf Wefers“, Köln

Puppenspiele der Stadt Köln, Foto: Copyright S. Kallnbach
Kirchenbedarf Wefers, Köln, Foto: S. Kallnbach
Kirchenbedarf W. Wefers, Komödienstr., Köln, Foto: Coypright S. Kallnbach

Der englische Benedektinermönch Beda Venerabilis (um 673-735 n. Chr.) erwähnt im Text „Expositio in Matthaei evangelium“, die Hl. Drei Könige seien „drei Magier“ gewesen, welche die damals bekannten „drei Teile der Welt“ repräsentierten, nämlich Europa, Asien und Afrika, wobei Melchior, manchmal aber auch Balthasar, als Repräsentant Afrikas dunkelhäutig dargestellt wird. Auf der Internetseite „katholisch.de“ ist zum aktuellen Streit, ob eine solche Darstellung rassistisch sei, ein Essay von Christoph Paul Hartmann nach zu lesen, der für die Beurteilung sakraler Kunst eine differenzierende Betrachtung anmahnt: es käme nämlich immer auf das „Wie“ der Bilder an. „So gibt es durchaus Gemälde der Geburt Jesu, in der der Schwarze keine überzeichneten Körpermerkmale hat, sondern ganz schlicht als ein den anderen gleichwertiger König porträtiert wird – das macht es weniger problematisch.“ Hartmann beruft sich dabei auf Clemens Neck, den Pressesprecher des Bistums Regensburg: „Klar ist, dass die Darstellung des Königs Melchior als Menschen schwarzer Hautfarbe nichts gemein hat mit rassistischem Denken… Das Dreikönigssingen unter diesem Gesichtspunkt zu debattieren, ist Unfug. So beraubt man mit Unterstellungen eine lange Tradition ihrer Unbefangenheit und unterwirft sie einem unangemessenen Anpassungsdruck“. Damit keine Missverständnisse aufkommen: selbstverständlich sollte man tatsächlichen rassistischen Umtrieben in unserer Gegenwart energisch entgegentreten. Aber es ist ein Denkfehler, historische theologische und künstlerische Äusserungen heute ausschließlich vom Standpunkt der Gegenwart aus beurteilen zu wollen, mit eben all jenen Bedeutungsverschiebungen, die man sich heute sprachlich zurecht konstruiert. Das nimmt bisweilen sogar bizarre Züge an. Solch einem „unangemessenen Anpassungsdruck“ sah sich z.B. kürzlich der Kieler Gastronom Andrew Onuegbu ausgesetzt, den man aufforderte, sein Restaurant „Zum Mohrenkopf“ gefälligst umzubenennen. Onegbu wurde im nigerianischen Biafra geboren, lebt seit fast 30 Jahren in Deutschland und erklärte gegenüber den „Kieler Nachrichten“ an die Adresse (weißer) Sprachbereiniger und „social cancel“-Fanatiker, er verweigere sich einer solchen Umbenennung, denn: „Ich möchte als Schwarzer nicht erklärt bekommen, wann meine Gefühle verletzt werden. Das ist auch eine Form von Rassismus“.

© Raap/Bär 2020/21

Die Vorteile eines rein digitalen Parteitags versuchte der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak den Delegierten mit den Worten schmackhaft zu machen, sie könnten das Geschehen daheim „auch in der Jogginghose“ verfolgen – es sieht ja schließlich keiner. Nun kann man sich Armin Laschet schwerlich in Jogginghose vor der Webcam vorstellen, den stets etwas zauselig wirkenden Anton Hofreiter von der grünen Konkurrenz schon eher, und als Gastredner würde Markus Söder beim Scypen doch wohl eher in der Lederhose vor dem Bildschirm Platz nehmen. Verschnarchten Hinterbänklern nimmt man auch ab, wenn sie in diesen virtuellen Zeiten zu Hause im Schlafanzug versuchen, Weltbewegendes von sich zu geben. Wenn sich auch Wladimir Putin Paul Ziemiaks Empfehlung zu Herzen nehmen würde, tritt er womöglich schon mal wie früher bereits bei anderen PR-Terminen mit nacktem Oberkörper im Home Office ans Mikrofon und lässt die Muskeln spielen. Chinas Xi Jingping kann Herr Bär sich allerdings ebenfalls nicht in Jogginghose auf einem Parteitag vorstellen: der Mann tritt stets korrekt gekleidet im Blaumann auf, muss sich jedoch in diesen Corona-Zeiten, wo Paul Ziemiak die Parteitagsmode vorgibt, ein Jupp Schmitz-Zitat gefallen lassen: „Nicht in jeder blauen Hose steckt ein strammer Vollmatrose“. © Raap/Bär 2021

Dass die Chinesen kein „R“ aussprechen könnten, stimmt so nicht: hier irrt der Satiriker Martin Sonneborn. Die Laute „R“ und „L“ machen in China nur keinen Bedeutungsunterschied aus wie etwa im Deutschen bei „Last“ und „Rast“. Dass der Chef der Satire-PARTEI zur Verabschiedung von Donald Trump wegen dessen teils bigotter, teils aggressiver China-Politik ein T-Shirt mit der Aufschrift „Au Wiedelsehern, Amlerika! Habem Sie Guter FrLug runtel! Plinted in China…“ trug, erboste Sonneborns Parteigenossen Nico Semsrott, im Zivilberuf ebenfalls Humorist und wie Sonneborn ebenfalls Abgeordneter im Europaparlament. Semsrott schrieb an Sonneborn einen Brief, den er, Semsrott, ausdrücklich als „humorlose Erklärung“ etikettierte, und in welchem er seinen Austritt aus der Spaß-PARTEI kundtat, da er Sonneborns Wortspielerei mit Stereotypen als rassistisch empfand und Martin Sonneborn auf diesen Vorwurf zunächst nicht reagiert hatte und erst später einräumte, er habe die „Wirkung des Witzes unterschätzt“. Gleichwohl will Nico Semsrott sein Abgeordnetenmandat als Parteiloser behalten, denn schließlich erhält jedes Mitglied im Europaparlament monatliche Dienstbezüge von 8.932,86 Euro, und dafür kann man sich schon mal humorlose Briefe an den PARTEIgründer erlauben und sich in diesem Schreiben für die „deprimierende Zusammenarbeit“ mit ihm bedanken. Obwohl sich bislang kein Chinese als Betroffener über Sonneborns T-Shirt beschwerte, sondern nur der Nicht-Chinese Nico Semsrott und mit ihm die notorischen Shitstorm-Hysteriker, die in diesem Falle aller Wahrscheinlichkeit ebenfalls wohl keine betroffenen Chinesen sind, musste sich letztlich auch Martin Sonneborn die Beleidigung gefallen lassen, er sei ein „privilegierter alter weißer Mann“. Doch wer legt hier eigentlich die Altersgrenze fest? Martin Sonneborn ist schließlich erst 55 Jahre alt. © Raap/Bär 2021

Da haben wir es, das Argument der Straße“ (Franz-Josef Degenhardt), beim Sturm auf das US-Kongressgebäude dazu aufgewiegelt von einem, der eigentlich nie ein Volkstribun war, als ein vermeintlicher Sprecher der Globalisierungsverlierer unter den prekären Stahlkochern im amerikanischen Mittelwesten. Sondern Donald Trump war schon als Wahlkämpfer und dann als US-Präsident von Anfang an ein mephistotelischer Demagoge, auf seine Weise jenem geflügelten Wort in Russland Rechnung tragend, man setze den Bauern auf den Zarenthron, und er werde schlimmer wüten als der Zar selbst. In diesem Falle allerdings kein im Machtrausch enthemmter Bauer, sondern ein brachialer Immobilientycoon, der vier Jahre lang als US-Präsident seine Politik mit eben jener Heimtücke betrieb wie vorher seine Immobiliengeschäfte. Dabei wurde er allzu lange von den Schranzen in seiner Republikanischen Partei gedeckt und gestützt, die ihm bei all seinen Eskapaden solange folgten, wie es ihrer eigenen Karrieregeilheit dienlich war, und sie sich erst jetzt heuchlerisch von ihm abwenden, dies freilich nur deswegen, um nicht mit ihm zusammen untergehen zu müssen.

Im jüngsten finalen Showdown dieser hollywoodiesken politischen Pferdeoper erwies sich Trump dann als ein gewissenlos zündelnder Kaiser Nero des 21. Jh., mit seiner Aufforderung „Let’s walk down Pennsylvania Avenue“, eben jener Mall, die 11 km quer durch die Stadt Washington zum Weißen Haus und zum Capitol führt, um in den dortigen beiden Parlamentskammern die Wahl seines legitimen Nachfolgers zu verhindern.

Doch dann ruderte Trump nach den Toten als Resultat dieses skrupelllosen Staatsstreichs und nach den Verwüstungen im Inneren des Parlamentsgebäudes keineswegs kleinlaut, aber sonst genauso so erbärmlich zurück wie einst beim Zusammenbruch der DDR der Stasi-Chef Erich Mielke, der seinen Widersachern ein weinerliches „Ich liebe Euch doch alle“ entgegen rief.

Ernest Hemingway hatte sich einst beklagt, die Asphaltierung der Straßen habe den Revolutionären die Möglichkeit genommen, mit Pflastersteinen zu werfen. Die Fensterscheiben des Capitol haben sie aber jetzt trotzdem zertrümmert, aber das waren keine progressiven Revolutionäre im Hemingwayschen Sinne, sondern – man muss es wirklich einmal so drastisch formulieren – vielmehr Leute mit der Mentalität eines üblen deutschen SA-Straßenschlägers in den frühen 1930er Jahren.

Der widerliche Pöbel, den Trump in den letzten Tagen in seiner Götterdämmerung fanatisierte, taugt daher nicht zu irgendwelchen historischen und sonstigen politischen Analogien. Der Sturm auf die Bastille in der Französischen Revolution am 17. Juli 1789 richtete sich gegen die Arroganz einer aristokratischen Macht, die damals im zynischen Bonmot der Königin Marie-Antoinette kulminierte, wenn das Volk kein Brot habe, dann solle es doch gefälligst Kuchen essen.

Der Sturm auf den Petersburger Winterpalast während der Bolschewistischen Oktober-Revolution 1917 wird von manchen Historikern oft mit jenem Sturm auf die Bastille verglichen, verlief aber tatsächlich weitaus unspektakulärer. Medial dramatisiert wurde dieses Ereignis nämlich erst später durch Sergej Eisensteins Film „Oktober“. Und keinen Grund zum Herumfeixen hat jetzt die politische Führung in Peking, die nach dem versuchten Sturm aufs Washingtoner Capitol schadenfroh mit dem Finger auf die Hongkonger Demokratiebewegung verweist. Denn Trumps radikalisierte Anhänger ignorierten eine demokratische Wahlniederlage, aber die Hongkonger Protestierer beharren nur auf ihren Autonomie-Rechten, die ihnen nach Auslaufen des Pachtvertrags mit Großbritannien 1997 auch von Pekinger Seite aus zugestanden wurden.

© Raap/Bär 2021

Mitgemeint oder auch nicht Im Berliner „Tagesspiegel“ attackierte unlängst die Autorin Barbara John in einer Glosse den Abkürzungwahn im „Verwaltungskauderwelsch“: „LuL“ steht für „Lehrerinnen und Lehrer“ und „SuS“ für Schülerinnen und Schüler, wobei die Autorin sich fragt, ob „bei LuL und SuS“ nicht „längst die Gender-Aktivisten auf die Barrikaden“ hätten „gehen müssen“, denn: „Die Großbuchstaben L und S machen sowohl Geschlecht und Gruppenzuordnung völlig unsichtbar.“ Herr Bär ist ein wenig ratlos, denn er weiß nicht so recht, ob solch ein Satz in dieser Glosse ernst oder ironisch gemeint ist. Jedenfalls ließ der „Wetzlar Kurier“ kürzlich die Publizistin Birgit Kelle zu Wort kommen, die der Ansicht ist, „Gender Mainstreaming – ursprünglich als Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter“ postuliert, sei „mittlerweile… eine völlig aus dem Ruder gelaufene Ideologie“. Im sprachlichen Alltag nehme nämlich die Begriffsverwirrung zu: Wenn es nicht mehr „Autofahrer“ heißen darf, sondern nur noch „Autofahrende“, dann wäre selbiger allerdings „im Falle des Stillstandes vor einer roten Ampel kein ‚Fahrender‘ mehr, sondern ein ‚vor der Ampel stehender nicht Fahrender’“. Noch komplizierter klingt es im Entwurf des Bundesjustizministeriums für eine Reform des Insolvenzrechts, wobei in dem neuen Gesetzestext nur noch „fast ausschließlich das generische Femininum verwendet“ wird. Versierte Juristen geben zu bedenken: „Heißt es nur noch ‚Geschäftsführerin‘, könnte das dazu führen, dass alle männlichen Geschäftsführer nicht mehr mitgemeint sind oder darauf klagen könnten, dass es sie nicht betrifft, da es eine bisher nicht in solchen Gesetzestexten praktizierte Sprachform ist.“ Der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae bemerkte dazu: „Das Sanierungs- und Insolvenzrecht ist… nicht der richtige Schauplatz für den possenhaften Koalitionsstreit über die generische Verwendung von Femininum und Maskulinum.“ Auch der österreichische Blogger Roland Flür hält nichts von „Gendersternchen“ und stellt klar: „Selbstverständlich bin ich für die Gleichberechtigung der Frau. Aber ich liebe auch die deutsche Sprache und diese optische Verhunzung tut mir weh!“ Raap/Bär 2021

Corona-Krätzchen 2021

Originaltext: „Met uns mäht keiner d’r Molli mieh“

Copyright-Vermerk: Text:Jupp Schlösser 1950, Melodie: Gerhard Jussenhoven

Parodie-Text: Raap/Bär 2021

Wenn mer üvverläht wat he op dä Ääd

Mer em letzte Johr han metjemaht

Frög mer sich jewiss wie dat möglich es

Dat dä Virus mäht malad

Wat och noch kumme soll

Mer han de Nas jetz voll

Eins steht för uns faß

Dat mer keine Spass

Met dem Virus mieh verstonn

Hück janz fürchterlich

Mer vun Corona sprich

Jeder bang för sing Jeschäff

Alles hät jetz zo

Friseure un dä Zoo

Mer setze jetz mit lang Hoor‘ do

Nur de Schullbüss voll

Met Pänz all raderdoll

Un dä Lehrer schnief sing Maske voll

Säht Altmeiers Plaat „Wat koss de Welt?“

Mer schenke Üch en Billion

Nor Spahnse Jens dä Schäl

Unsere Jesundheitskääl

Hät vill ze winnich Impfportion‘ bestellt

Doch en London un en Lissabon

Impfe se längs schon

Un die ärm Verwandtschaff

Em Süden, nä, die kritt nix av

För die reicht nit däm Plaat sing Billion

Un wenn dä Lauterbach och schängt

En Winterberg do herrsch Gedräng

Am Rodelbähnche un am Dixie-Klo

Wenn mer sich do jetz keine Virus hollt

Met Maske nor em Schnee römtollt

Dann mäht dat och dä Christian Drosten froh

För dä ein do es Bill Gates an allem schuld

Dä andere übt sich en Jeduld

Däht brav ze Hus erömhange

Un denk‘: Et es noch immer jot jehange.

Übersetzung ins Hochdeutsche: Karl-Josef Bär

Wenn man überlegt was hier auf der Erde

Wir im letzten Jahr schon alles mitgemacht haben

Fragt man sich gewiss, wie das möglich ist

Dass der Virus krank macht

Was noch kommen soll

Wir haben die Nase jetzt voll

Eins steht für uns fest

Dass wir keinen Spaß

Mit dem Virus mehr verstehen

Heute ganz fürchterlich

Man von Corona spricht

Jeder bangt um sein Geschäft

Alles hat jetzt zu

Friseure und der Zoo

Wir sitzen jetzt mit langen Haaren da

Nur die Schulbusse voll

Mit Kindern raderdoll (aufgedreht, verrückt)

Und der Lehrer schnieft die Maske voll

Sagt Altmeiers Plaat „Was kostet die Welt?“

Wir schenken Euch eine Billion

Nur der schielende Jens Spahn

Unser Gesundheitskerl

Hat viel zu wenig Impfportionen bestellt

Doch in London und Lissabon

Impfen sie längst schon

Und die arme Verwandtschaft i

Im Süden, nein die kriegt nichts ab

Für die reicht nicht die Billion des Glatzkopfs

Und wenn der Lauterbach auch schimpft

in Winterberg, da herrscht Gedränge

Am Rodelbähnchen und am Dixie-Klo

Wenn man sich da jetzt keinen Virus holt

Mit Maske nur im Schnee rumtollt

Dann macht das auch den Christian Drosten froh

Für den einen ist Bill Gates an allem schuld

Der andere übt sich in Geduld

Hängt brav zu Hause herum

Und denkt: Es ist noch immer gut gegangen

Von wegen Programmvielfalt Seit der WDR-Intendant Tom Buhrow die Puppensitzung aus dem Kölner Hänneschen-Theater und ebenso die Bonner „Pink Punk Pantheon“-Kabarettsitzung aus seinem Programm gekippt hat, Herr Bär zudem lesen muss, dass besagter Tum Buhrow ein Jahresgehalt von immerhin 395.000 Euro verdient, die Bundeskanzlerin aber nur 242.000 Euro bekommt, ist es für Herrn Bär durchaus nachvollziehbar, dass das Bundesverfassungsgericht kurz vor Weihnachten einen Eilantrag der Sender zur Erhöhung der Rundfunkgebühren abgelehnt hat. Dass TV-Intendanten und manche Fußballprofis im Vergleich zu Krankenpflegern überbezahlt sind, war für Herrn Bär schon in Vor-Corona-Zeiten ein Ärgernis. Tom Buhrow drohte „nach dem richterlichen Beschluss… unumwunden mit Programmeinschränkungen“, schreibt der Berliner „Tagesspiegel“. Diese Drohung sollte man gelassen sehen, denn der Rosenmontagszug fällt dieses Jahr eh aus. Was also will der Intendant an seinem Programm noch einschränken? Bliebe höchstens noch die Übertragung des Aachener „Ordens wider den tierischen Ernst“ übrig. Aber falls Karl Lauterbach dieses Jahr den Orden bekäme, dabei im Kostüm als Karl der Große auftritt und als Li-La-Laune-Lauterbach eine Laudatio-Büttenrede auf sich selbst hält, müsste man sich diese Sendung nun wirklich nicht ansehen.

© Raap/Bär 2021

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Gänsekeulen à la Karl-Josef Bär Frische Gänsekeulen mit Salz Pfeffer, gepresstem Knoblauch, Rosmarin, Thymian, Beifuß und Rosmarin einreiben, Gewürze ca. 30 Min. einziehen lassen. In einer Pfanne Gänseschmalz erhitzen und die Keulen von beiden Seiten kurz anbraten, dann Zwiebeln, geschälte Maronen, Apfelstücke, 1 gewürfelte Tomate und Möhrenstücke hinzugeben, kurz mit schmoren lassen, dann mit Gänsefond/Entenfond und einem Schuss Rotwein und einem Schuss Sojasauce auffüllen, grüne Pfefferkörner, Wacholderbeeren, Lorbeerblätter, Nelken und Sternanis hinzufügen, das Ganze kurz aufkochen und dann je nach Größe und Menge der Keulen 60 bis 90 Min. schmoren lassen. Einen Teil des Suds abschöpfen und als Sauce mit etwas Mehl oder Kartoffelstärke separat einkochen. Die Keulen im Backofen noch 60 Min. bei ca. 180-200 Grad weiter schmoren lassen, bis die Haut knusprig ist.

Salade tunesienne In Olivenölmarinade mit Zitrone, Salz, Pfeffer: Tomaten, frische Gurken, rote und grüne Paprikastreifen, Oliven, Zwiebeln, gekochtes Ei, konservierter Thunfisch. Dazu frische Petersilie, Minze und Koriander. Statt Thunfisch kann man auch Hähnchenfleisch nehmen.

Rosenkohl, in Belgien Choux bruxellois genannt, enthält viel Vitamin A und C sowie Mineralstoffen wie Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium und Glukosinolate. Man putzt die Röschen vor dem Kochen, entfernt die Strünke und welke Blätter, kocht den Rosenkohl dann 12 bis 15 Min. in Salzwasser. Dann lässt man Speck und Zwiebeln aus, gibt den Rosenkohl hinzu, schwenkt ihn leicht darin und würzt ihn mit Pfeffer, Muskat und Petersilie. Weil Rosenkohl leicht bitter ist, lässt er sich gut mit Walnüssen kombinieren.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Bär aktuell Nr. 294 – 22. Dez. 2020

Dezember 19th, 2020



Abb: Jürgen Raap „Frohe Weihnacht überall, bald ist wieder Karneval“, Aquarell, 2006

Es werde dieses Jahr das „härteste Weihnachten für die Nachkriegsgenerationen“, hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet verkündet. Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki ist für die weihnachtliche Kriegs- und Nachkriegszeit cineastisch schon gut gerüstet. Unter der Überschrift „Wie Politiker den Corona-Advent“ verbringen, zitierte ihn der Kölner „Express“: „Für mich ist es das Größte, mit Vollmilch-Nuss-Schokolade und einem Glas Milch Kriegsfilme zu gucken“. Für Herrn Kubicki hat Herr Bär daher einen Film-Tipp für die Weihnachtstage herausgesucht: „Westfront Weihnachten 1914“, bei youtube hochgeladen von der Filmakademie Baden-Württemberg. Für alle anderen Mitbürger gilt hingegen: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“. Oder op kölsch: „Herr Bär wünsch Üch genöglige Chressdaach un e glöcksillich Neujohr“.

© Raap/Bär 2020

Bärs „Politische Korrektheit“-Knigge: Witze zum Mitdenken, die man besser nicht in Veganerkreisen erzählt, z.B. „Was gibt es bei Jens Spahn als Weihnachtsbraten“? – Antwort: „Spa(h)nferkel“.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Spanferkelbraten „Jens“ Man nehme ein Spanferkelstück mit Schwarte, brate es einer Pfanne/Bräter von allen Seiten in Butter und Schmalz scharf an, würze es mit Salz, Pfeffer, Rosmarin, lasse dann Zwiebeln, 2 Knoblauchzehen, ein paar Möhrenscheiben kurz mit schmoren, lösche das Ganze mit Bier und Rinderfond ab. Dann muss der Braten je nach Umfang 1 ½ bis 2. Std. mit ein wenig Kümmel im Backofen und einem Lorbeerblatt braten. Man gieße ab und an den Bratensaft über das Fleisch, füge kurz vorher noch frischen Majoran hinzu. Serviert man dies an Heiligabend, ist dazu Krautsalat angemessen, am 1. Weihnachtstag lieber gedünstetes Sauerkraut und am 2. Weihnachtstag Rotkohl.

Zwar kriegt der Kabarettist Matthias Richling in seiner Karl-Lauterbach-Parodie dessen rheinischen Singsang nicht richtig hin, aber sehenswert ist in irgendwelchen Mediatheken allemal, wie Richling dem bisweilen allzu rigoros auftretenden Lauterbach in den Mund legt, die Corona-Pandemie böte uns die Chance, „über die Demokratie hinaus zu wachsen“. Der reale „SPD-Gesundheitsexperte“ schaffte es indessen beim Boulevard-Blatt „Express“ auf die Titelseite mit der Schlagzeile: „Lauterbach wettert gegen Kölner Glühwein-Anarchie“. Das hätte sich Mihail Alexandrowitsch Bakunin (1814-1876), der Urvater der Ideologie des antiautoritären Anarchismus, auch nicht träumen lassen, dass er anderthalb Jahrhunderte später bei Karl Lauterbach als Kronzeuge für ein nur schein-revolutionäres Über-die-Stränge-Schlagen herhalten muss. Wobei Karl Lauterbach eigentlich wissen müsste, dass man in Köln während der demokratischen 1848-er-Revolution die Barrikade strategisch geschickt vor einer Weinkneipe errichtet hatte, wo die Revoluzzer dann so lange zechten, bis ein preußischer Schutzmann ihnen zurief: „Ihr könnt die Barrikade wieder abbauen, die Revolution ist vorbei“. Ansonsten fragt sich Herr Bär, wozu eigentlich die Rundfunkgebühren erhöht werden müssen, wenn man auf allen Kanälen ohnehin nur als Talkshow-Dauergast Karl Lauterbach zu sehen kriegt, wie er einen Rollentausch vom vormals kauzigen Akademiker mit Fliege zum jetzt zunehmend nervigen Nöttelefönes vornimmt.

Copyright: Raap/Bär 2020

Bärs Jahres-Deppen-Ranking 2020: Wer so blöd ist, auf dem neuen Berliner Flughafen eine Rolltreppe einzubauen, die viel zu kurz ist und dadurch die Eröffnung des Flughafens um mindestens neun Jahre verzögert, der hat sich redlich Platz 1 verdient. Platz 2: Wer wie Sigmar Gabriel mal den Vorsitz in einer Partei ausübte, die sich früher als Vorhut der Arbeiterklasse verstand, der sollte sich lieber nicht dem Verdacht aussetzen, jeglichen Bezug zur Lebenswirklichkeit der Stammwähler seiner Partei verloren zu haben, indem er nun herum tönt, als Berater für den Fleischmogul Clemens Tönnies sei für ihn, Gabriel, ein Beraterhonorar in Höhe von 10.000 Euro im Monat „in der Branche kein besonders hoher Betrag“. Platz 3: Kevin Kühnert bekam in der Zeitschrift „Capital“ vom Kommentator Horst von Buttlar bescheinigt, Kühnert habe „noch nie gearbeitet, weiß aber genau, was die Arbeiter heute wollen.“ Und dabei hat Kühnert es bis jetzt noch nicht einmal zu einem Beratervertrag in der Fleischindustrie geschafft. Platz 4: Dass der Ministerpräsidentensohn Johannes „Joe“ Laschet als „Influencer“ für geschmackvolle Herrenmode auftritt, hat sich bis zur CDU-Nachwuchshoffnung Philip Amthor noch nicht herum gesprochen, der nämlich immer noch so herumläuft wie ein verklemmter Konfirmant in den 1960er Jahren und dann auch noch als Lobby-Drücker für ein New Yorker Start Up-Unternehmen nicht weniger unangenehm auffiel als der Fleischberater Sigmar Gabriel. Platz 5: Bei der Verabschiedung von Linda Teuteberg als Ex-FDP-Funkenmariechen schaffte es der Elferratspräsident der „KG Verdötschte Liberale“ Christian Lindner gekonnt, mit launigen Zweideutigkeiten den jüngsten Prunksitzungs-Parteitag wie eine Herrensitzung in der Sackeifel vor 50 Jahren zu gestalten (Platz 5). Tusch und Klatschmarsch. Platz 6: Dem Verkehrsminister Andy Scheuer bescheinigt nicht nur „Der Spiegel“, ein politischer Totalausfall zu sein, dessen Fehlleistungen bei anderen schon längst für „neun bis zwölf Rücktritte“ gereicht hätten. Aber für einen Beratervertrag in der Fleischindustrie würden Andy Scheuers mangelnde Talente immer noch ausreichen, um die Autobahnraststätten künftig mit „Rostbratwürstchen à la Andy“ im Naturdarm auszustatten, wozu Kevin Kühnert beratervertragsmäßig hingegen nicht in Frage käme, da nämlich eine Ernährungskolumnistin in der „taz“ schon am 21. Juli 2019 verkündet hatte, bei ihrer „aktuellen Obsession“ in Sachen „veganer Ernährungsoptimierung“ ginge es nicht „nicht um Kevin Kühnert, sondern um den Darm“. Was immer nun damit gemeint sein soll. © Raap/Bär 2020

Wer es in dieser tristen und dunklen Jahreszeit gerne festlich und besinnlich mag, jedoch dem Kitschrummel der Weihnachtszeit nicht viel abgewinnen kann und daher die Sinnentleerung des Festes durch allzu viel hemdsärmelige Geschäftemacherei beklagt, der wird auch die derzeitigen „Glühweinwanderwege“ ziemlich albern finden, wo manch einer von Ausschank zu Ausschank torkelt und die Liedzeile „Stille Nacht, heilige Nacht“ in ballermannhafter Lautstärke in die Dunkelheit hinausgrölt. Und steht an Heiligabend ausgerechnet der erbschleichende Enkel vor der Tür mit einem fröhlichen „Hurra, hurra, der liebe Jung ist wieder da“ auf den Lippen, wird vielleicht auch manche Oma sich wünschen, Mutti Merkel hätte den missratenen Enkel lieber noch eine Weile in Quarantäne gesteckt, weil die Großmutter nämlich mit wachem Geist durchaus mitbekommt, wie vor dem Tannenbaum die puckelige Verwandtschaft sich einen abjuxend zuzwinkert: „Heut woll’n wir bei der Oma sein, und schau’n ins Testament hinein“. Aber der Kanzleramtsminister Helge Braun ist der Ansicht, dass Weihnachten nun mal das „Fest der Liebe ist“, und so verkündete er in einer Talkshow, es dürfe in diesen Corona-Zeiten „keine Regel geben, die dazu führt, dass Großonkel Karl jetzt garantiert an Weihnachten nicht mit am Tisch sitzt“, wobei mithin bei der Inaugenscheinname des Testaments beim Gänsebraten-Dinner reges Gedränge herrscht und die Abstandsregeln erst recht dann nicht einhalten werden, wenn ausgerechnet „Großonkel Karl“ mit drohendem Unterton verkündet, er werde das Testament anfechten. Wer derlei Familienzwist entgehen und seinen Nachlass lieber schon zu Lebzeiten verprassen will, der klicke auch in den jetzigen Corona-Zeiten mal bei „www.Kurzurlaub.de“ das Angebot „Weihnachten in Lauterbach“ an. Wohlgemerkt: „in Lauterbach“, und nicht „mit Lauterbach“. Mit Feiertagsmenü und einem Glas Sekt zur Begrüßung, und das alles 4 Tage für schlappe 310 Euro! © Raap/Bär 2020

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Genter Waterzooi à la Karl-Josef Bär

Der flämische Name „Waterzooi“ bedeutet Wassersud. In Gent und Umgebung gilt diese Suppe als flämisches Nationalgericht. Suppenfleisch vom Huhn salzen und pfeffern, in großen Topf geben, mit 1-2 Zwiebeln in Knoblauchbutter anbraten. 1 klein geschnittene Porreestange, 2 Möhren, 1-2 vorgekochte Kartoffeln, etwas klein geschnittenen Knollensellerie, 1-2 klein geschnittene Staudensellerie, 1 Knoblochknolle, Gewürznelken hinzugeben. Mit Hühnerbrühe auffüllen und köcheln lassen. Würzen mit Pfefferkörnern, Petersilie, Thymian, Kerbel, Muskatnuss, 1 Lorbeerblatt, Eidotter, dann mit Sahne abbinden. Gewürznelken stammen ursprünglich von den Molukken; sie halten die Fetttoxydation auf; durch ihren hohen Gehalt an Phenolverbindungen haben sie antioxidative, entzündungs- und gerinnungshemmende Wirkung. Da sie den Eisengehalt im Blut reduzieren, sind sie auch für Patienten mit Eisenüberschuss zu empfehlen. Im Mittelalter galt die Nelke als Symbol für die Passion Christi – man assoziierte damit wegen der phonetischen Nähe von „Nelke“ zu „Nagel“ die Nägel bei der Kreuzigung. Muskatnuss setzte man in Asien und im europäischen Mittelalter auch als Heilpflanze gegen Magenschwäche, Leber- und Gallenschwäche ein, ebenso gegen Herpes, Ekzeme und Flechten.

Haselnuss-Polenta Ein Klassiker für Fleischbeilagen: Man kocht Gemüsebrühe und Milch/Kochsahne kurz auf, gibt Polenta-Gries und gemahlene Haselnüsse hinzu und lässt die Zutaten weiter köcheln unter ständigem Rühren und dann 10 Min. quellen. Würzen mit Salz, Pfeffer, Chili/Cayennepfeffer, Muskat, rührt dann etwas Butter und geriebenen alten Parmesankäse unter.

Hirschbraten auf maghrebinische Art à la Klaus-Günther Bär

Was kaum einer weiß: der Berber-Hirsch galt in Marokko seit 1932 als ausgerottet, wurde 1994 dort aber wieder neu angesiedelt; er taucht auch im Norden von Algerien und Tunesien auf. Heute gibt es dort wieder etwa 5.000 Hirsche, im Vergleich dazu in Deutschland 60.000. Für Bratenstücke nimmt man Fleisch aus der Keule, vom Rücken oder vom Nacken. Man spickt das Fleisch mit Rosmarin und Knoblauch, brät es in Olivenöl in einer Pfanne von allen Seiten scharf an, ergänzt die Würze mit Sambal Oelek, Cayennepfeffer und Ras al Hanout, und lässt es dann in einer feuerfesten Form im Backofen in etwas Fleischbrühe garen, je nach Größe des Bratens 1 ½ Std., und tranchiert den Braten zum Anrichten in Scheiben. In der Pfanne dünstet man Zwiebeln und Apfelscheiben an, gibt sie zusammen mit Walnüssen, Pfifferlingen, Rosinen und frischen Weintrauben zu dem Fleisch. Couscous-Gries bereitet man zu wie auf der Packung angegeben oder in einer Gemüsebrühe, die man ebenfalls mit Ras al-Hanout würzt, oder nur mit Kardamom, Kreuzkümmel, Kurkuma und etwas Zimt, und lässt dazu etwas roten Gemüsepaprika mitköcheln. Ras al Hanout ist eine arabische Gewürzmischung aus Kreuzkümmel, Kurkuma, Pfeffer, Chili, Zimt (gibt’s auch bei uns als fertige Mischung in türkischen und arabischen Lebensmittelläden).

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bär aktuell 293 – 3. Dez. 2020

Dezember 2nd, 2020

Bild des Monats Dezember 2020:

Bild des Monats Dezember 2020:: Jürgen Raap, „Die Herrscherin vom Königsforst“, 2020

Bär aktuell 293 – 3. Dez. 2020

Von Vernunft und Vernunftkritik soll in diesem Blog die Rede sein. Nach der 0:6-Niederlage der ideenlos dahin kickenden DFB-Auswahl beim Länderspiel gegen Spanien fühlten sich mindestens 30.000 Fußballfans zum potenziellen Bundestrainer berufen, die gewusst hätten, wie man es besser hätte machen können. Auf die Frage, wie der deutsche Fußball nun zu erneuern sei, antwortete auch der Philosoph Peter Sloterdijk, der noch amtierende Bundestrainer Jogi Löw möge sich doch eine neue Frisur zulegen. Dass passt insofern, als Peter Sloterdijk 1983 ein Buch mit dem Titel „Kritik der zynischen Vernuft“ geschrieben hat. So kann zynische Vernunftkritik im Sloterdijkschen Sinne durchaus in einen Frisurenvergleich zwischen Saskia Esken und Jogi Löw münden, da nämlich letzterer nach der 0:6 Niederlage mit dem gleichen verkniffenen Gesichtsausdruck dem Stadionausgang zustrebte wie sonst nur die SPD-Vorsitzende Esken bei ihren Medienauftritten und mit ihrer Jogi Löw-Frisur. Immanuel Kants Werk „Kritik der reinen Vernunft“ aus dem Jahre 1781 haben indes jene missverstanden, die ihre Virologiekritik nicht nur auf die arg an Robert Habeck gemahnende Wuschelkopffrisur von Prof. Christian Drosten beschränken. Wobei Habeck übrigens ebenfalls ein promovierter Philosoph ist, und zwar einer, dem u.a. auch der SPD-Politiker Hubertus Heil bescheinigt, er, Habeck, habe „viel Meinung, aber wenig Ahnung“. Manchen dieser Virologiekritikern attestiert wiederum der Kölner Humorist Volker Weininger, sie verwechselten „Virologie“ mit einem billigen Weinbrand. Pointe verstanden? Jetzt alle mal lachen? Mitnichten. Bedarf es also einer Erklärung dieses Witzes durch Herrn Bär? Gewiss. Diesen Witz versteht man ja nur, wenn man weiß, dass „Wein“ im Französischen „vin“ heißt. Klingt immerhin so ähnlich wie „vir-“. Voilá! Und die Pointe lautet: Der Humorist heißt Weininger! Ja, Weininger! (sic!). Da wir uns nun der Glühwein- und Silvesterpunsch-Jahreszeit nähern, sei an dieser Stelle Daniela Ludwig zitiert, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, die ihre Empfehlungen für den Konsum von Alkoholika schon mal mit dem Verweis auf ein Gedicht von Heinz Erhardt garniert. In seinem Poem „Die Kunst des Trinkens“ reimte Heinz Erhardt jedenfalls: „Man trinke Schnaps stets nur zum Essen! Das Bier dazu soll man vergessen! Und ob in Kneipe oder Haus: Man lasse immer einen aus!“ Sich die Corona-Pandemie mit Weinbrand schön zu trinken, weil man dann nämlich im Weiningerschen Sinne einen Virologen nicht mehr von einem „Vinologen“ unterscheiden kann, ist mithin nicht ratsam.

Bärs Musik-Tipp zur Weihnachtszeit: Es muss ja nicht unbedingt auf einem der jetzt populären corona-reglementierten albernen „Glühweinwanderwege“ anstelle von „Stille Nacht, heilige Nacht“ immer nur ballermannaffines Liedgut lauthals in die Dunkelheit hinaus gegrölt werden. Wer indessen froh ist, dass diesmal an Heiligabend die sonst nur nervige puckelige Verwandtschaft in freiwilliger oder verordneter Quarantäne lieber zu Hause bleibt und bleiben muss, der mache es sich unterm Tannenbaum mit richtig gutem 1930er-Jahre-Jazz gemütlich. Auf Youtube kann man z.B. die Weintraub Syncopators anklicken, damals eine der bekanntesten Jazz-Bands in Deutschland, bis Stefan Weintraub als verfemter „Nichtarier“ nach Australien emigrieren musste. Nahezu vergessen ist heute eine Aufnahme der Weintraub Syncopaters mit einem der seinerzeit populärsten Songs, den Thomas Marvin Hatley (1905-1986) schrieb, in Hollywood von 1930 bis 1940 musikalischer Direktor der Hal Roach Studios: „Honolulu Baby“ wurde ursprünglich für einen Laurel & Hardy Film aus dem Jahre 1933 komponiert (deutscher Titel „Dick und Doof – Die Wüstensöhne“). Die Sequenzen aus diesem Film auf youtube dokumentieren, was wahrhaft großartige Komik ist und auch heute noch gut zur Erheiterung in diesen winterlich tristen Pandemietagen beitragen kann.

© Raap/Bär 2020

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Französischer Gurkeneintopf

Hackfleisch mit Salz, Pfeffer, Paprika, Curry, Rosmarin und Muskat würzen, mit gehackten Zwiebeln in Öl anbraten. Gurkenscheiben ohne Schale hinzugeben und mit Fleisch- oder Gemüpsebrühe aufgießen, Champignons, vorgekochte Kartoffelscheiben und Tomaten hinzufügen, leicht köcheln lassen und zum Schluss mit frischem Dill und Kochsahne abrunden.

Faisan à la brabançonne

Fasan auf Brabanter Art – den Fasan salzen und pfeffern, zusammen mit Speck und Zwiebeln in einer Pfanne kurz anbraten und dann in eine Casserole/Backform geben, zusammen mit einem Schuss Bier im Backofen und in Geflügelfond garen. Chicoreeblätter 1 Std. wässern, um die Bitterstoffe zu reduzieren und ca. 20 Min. vor Ende des Backvorgangs hinzufügen. Die Sauce vor dem Servieren mit Crème fraiche abbinden.

Pferde- oder Rindfleisch mit Haselnüssen

Ein Rezept aus dem Jahre 1881: Schulterstück in Gulaschwürfel schneiden, salzen, pfeffern, in Öl mit Zwiebeln und Speckwürfel scharf anbraten. Etwas Essig hinzugeben und Mehl einrühren, einen Schuss Weißwein und Fleischbrühe hinzufügen, schmoren lassen. Backpflaumen in Zitronensaft und Weinbrand einweichen und unter das Fleisch mengen und vor dem Servieren gehackte/gemahlene Haselnüsse unterrühren.

Schweinefilet provencalische Art

Das Schweinefilet in breite Stücke schneiden, salzen pfeffern, in Kräutern der Provence (Rosmarin, Basilikum, Oregano oder Majoran, Thymian) wälzen und mit Speckstreifen umwickeln. In einer Pfanne kurz von allen Seiten anbraten und dann in einer Auflaufform die Fleischstücke mit Weißwein und Kochsahne begießen und im Backofen bei 200 Grad ca. 20-30 Min. backen und dann sofort auftischen.

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