bär aktuell Nr. 292 – 3. Nov. 2020

November 1st, 2020

Bild des Monats November 2020: Jürgen Raap, „Die Politik der Lügner“, 2020

Bär aktuell Nr. 292 – 3. Nov. 2020 / 22. Nov. 2020:

Abschiedsbüttenrede von Donald Trump

in rheinische Mundart übersetzt von Karl-Josef Bär

Em Wieße Hus do sitz ich drin

Un dä Joe Biden kütt he nit erin

He will ich blieve, he bin ich zo Hus

He kritt mich dä Biden, un och sons keiner erus

Ich han Üch beloge und bedresse jeden Dach

Ehr hat et jewoß, ävver üvver mich nor jelaach

Vier lange Johr han ich für Üch dä doofe Tünnes jemaht

Nit immer jot, ävver immer op äch Trump’sche Aat

Ich weiß nit vill, bin och nicht schlau

Manche sagen och, ich hätt ene Hau

Ävver loort Üch doch ens die andere Figure an

En dä Türkei sin se mem Erdogan och nit besser dran

Un meint Ihr, dä Putin däht freiwillig us däm Kreml jon

Dä bliev do noch zwanzig Johr, dat kann ich verstonn

Un och dä Lukaschenko klääv an singem Stohl

Do sin ich nit en, dat nur ich jetz dä Sessel räume soll

Bin ich och avjewählt – ich gläuven et nit

Ich han vör Üch vier Johr lang dä Aap jemaht – jetzt simmer quitt

Da Biden kann zorück noh Delaware jon

Un ich bin un blieve für Üch Ühre Donald – dä Kraat in Washington

Carne vale – Fleisch leb wohl Kein Fastelovend wegen Corona. Vor allem nicht zum 11.11. mitten im neuen Lockdown. Nun kann Herr Bär, der aus jungen Jahren noch einen wunderschönen Kneipenkarneval in Erinnerung hat, als es noch keine Drängelgitter und Türsteher vor den Lokalen gab und man nicht überall zu einem Mindestverzehr von 10 Euro genötigt wurde, den Ausartungen des heutigen ballermannhaften Touristenkarnevals mit all seinem Nepp, Kommerzrummel, Randale und Wildpinkelei in Hauseingängen ohnehin nichts abgewinnen. Aber wenn es die Politprominenz von Laschet bis Lauterbach jetzt tatsächlich schafft, im Rheinland den Aschermittwoch schon zum 11.11. auszurufen und alle gehorsam mitmachen, wäre das ein Novum in der 2000jährigen Geschichte des Jeckentums. Denn bereits im Jahr 742 versuchte der Missionar Bonifatius Maskenumzüge zum Winterende zu verbieten, weil sie ihm zu heidnisch waren, dies allerdings vergeblich. Als im Spätmittelalter die Handwerksburschen allzu sehr über die Stränge schlugen, vermochten auch dann die Stadtregenten das wüste Treiben keineswegs einzudämmen, obwohl sie um 1520/30 im Zeitalter der Bauernkriege und der Handwerkeraufstände in den Städten durchaus fürchten mussten, dass das Narrentum auf der Straße und in den Kneipen zu eskalieren und in revolutionäre Umtriebe umzuschlagen drohte. Doch außer in Kriegszeiten wurde in Köln immer Karneval gefeiert, egal, wie die Umstände gerade waren. Auch bei der berüchtigten „Pfaffenfastnacht“ ging es in den kölschen Klöstern immer hoch her. Aus dem Kloster St. Mauritius berichtet z.B. eine Nonne in Jahre 1729 überschwänglich:„ Wir haben die Fastnacht in aller Lust passiert, und seindt alle Geistliche verkleidet gewesen und uns recht lustig gemacht. In den Tag hinein haben wir getanzt und gesprungen.“ 1748 war allerdings Papst Benedikt XIV. derlei Narrentreiben zu viel geworden – er verdonnerte mit einem Edikt die Gläubigen zum Fasten am Karnevalsfreitag, dem Tag des Herrn; und er beklagte sich gleichzeitig, dass die Jecken noch längst nicht wieder ausgenüchtert waren, wenn sie dann am Aschermittwoch in die Kirche kamen. Die Ermahnungen des Papstes verhallten allerdings ebenfalls ungehört. Als nach dem Ersten Weltkrieg die britische Besatzungsmacht im Rheinland das allgemeine Versammlungsverbot auch auf Umzüge und Sitzungen zu Karneval ausdehnte, weil ihr uniformierte Gardisten mit blank gezogenem Säbel nicht geheuer waren, da sie zu militaristisch wirkten, inszenierten die Karnevalisten stattdessen harmlose Revuen. Eine dieser Revuen „Der Feldmarschall vom Kümpchenshof“ brachte 1925 den heute noch populären Gassenhauer „Kölsche Mädcher, kölsche Junge, sin däm Herrjott jot jelunge“ hervor. Über den rheinischen Frohsinn in den Wirtschaftskrisen der 1920er Jahre mit all ihren Entbehrungen dichtete Fritz Hannemann ebenfalls 1925 den Karnevalsschlager: „Se kriggen uns nit kapott, es och dat letzte Hemb, dä letzte Grosche fott“. Ein zeitgenössisches Foto von Walter Dick in der Hungerzeit vom Februar 1946 zeigt, wie trotz erneutem Karnevalsverbot durch eine Besatzungsmacht kostümierte Jecken mit dem Akkordeon durch die verschneiten Kriegstrümmer ziehen. Wegen des Golfkriegs fiel 1991 der Rosenmontagszug in Köln aus – Sitzungen in den Sälen fanden freilich trotzdem statt. Allerdings verzichtete man darauf, wie sonst üblich besonders gelungene Darbietungen mit einer „Rakete“ zu honorieren, was von den Obernarren als „kölsche Lösung“ propagiert wurde, als ein augenzwinkernder Kompromiss, der einerseits dem Ernst der Kriegssituation ein wenig Rechnung trug und trotzdem unbeschwertes Feiern ermöglichte – ein typischer Beleg dafür, wie der Rheinländer es immer wieder schafft, den Widrigkeiten des Lebens mit Pragmatismus zu trotzen. Sogar die links-alternative Szene wollte übrigens in diesem Winter 1991 aufs Narrenkostüm nicht verzichten und veranstaltete am Karnevalssamstag stattdessen einen „Geisterzug“ als Friedensdemo.

Süffisante Bemerkungen im Boulevardblatt „Express“ musste sich kürzlich der Hartz IV-Empfänger „Ulf aus Dormagen“ gefallen lassen: er habe sich in der aktuellen Lockdown-Krise „ein zweites Standbein verschafft“ (O-Ton „Express“) und drehe jetzt Pornos. Bezeichnenderweise habe der „Trash Promi“ (erneut O-Ton-Express) sich dafür das Pseudonym „Robin Dick“ zugelegt. Soll man nun darüber schmunzeln oder einfach nur die Augenbrauen hochziehen? Zur Verteidigung der humanistischen Bildung ruft Herr Bär stattdessen aus: O tempora, o mores („Oh Zeiten, oh Sitten), und fragt zweifelnd nach: „Ulf aus Dormagen“, gibt’s den wirklich? Als echten Ulf oder zumindest als wahren Ulf? Oder hat sich den jemand nur als Kunstfigur ausgedacht? Besagter „Ulf aus Dormagen“ trat zwar mal im „Big Brother“-Container des „Unterschichten-Fernsehens“ auf (so nannte der Unterhaltungskünstler Harald Schmidt seinerzeit derlei Sende-Formate der Privatsender), aber im Zeitalter manipulativer Fake-Geschichten weiß man ja heute nie so genau, ob da nicht ein Schauspieler den „Trash-Promi“ Ulf mimt, so ähnlich, wie der Komiker Hape Kerkeling einst absolut genial als „Horst Schlämmer aus Grevenbroich“ auftrat. Allerdings nicht in Porno-Filmen. Als Herr Bär in jungen Jahren an den Kölner Werkschulen studierte, zeigte uns Robert van Ackeren, damals Professor der Filmklasse, in der Cinemathek des Wallraf Richartz-Museums ein Semester lang sogenannte B-Movies, u.a. von Russ Meyer, als Beispiele für die Pop Art in der Filmkunst, und das war tatsächlich Filmkunst insofern, als dort in diesen Soft-Porno-Filmen mit verwaschenen Farben wie im Billig-Illustriertendruck der 1960er Jahre den weiblichen wie männlichen Darstellern noch schauspielerische Leistungen abverlangt wurden, und so darf man darauf gespannt sein, ob „Ulf aus Dormagen“ als „Robin Dick“ sich nun für höhere mimische Aufgaben empfiehlt, z.B. für die Hauptrolle in einer Neuinszenierung der Boulevardkomödie „Seitensprung mit Onkel Jutta“, die von der „Westfalenpost“ bereits früher als „kurzweilig“ beurteilt wurde.

Bärs Bestatterkritik Dass der Kölner Beerdigungsunternehmer Christoph Kuckelkorn auf seiner Webseite unter „Aktuelles“ für seine Firma mit den Worten „Das Bestattungshaus – mitten im Leben“ wirbt, klingt auf den ersten Blick ein wenig paradox, ist jedoch philosophisch als ein Bekenntnis zum Diesseits zu begreifen, ohne das es kein Jenseits gibt. Konkurrent Leo Kuckelkorn bewegt sich mit der Zielgruppenansprache „Wir geben den Mehrwertsteuervorteil direkt an unsere Kunden weiter“ ebenfalls auf der Höhe der Zeit, während ein anderer rheinischer Branchen-Primus, nämlich das Bestattungshaus Pütz-Roth, derzeit „an der Möglichkeit“ arbeitet, in Corona-Zeiten „Trauerfeiern live zu übertragen“. Für andere Live-Gigs unterhält das Bestattungshaus Pütz-Roth noch eine „Waldbühne“, an der bis zum jetzigen Lockdown das Hygienekonzept maximal 360 Zuhörer erlaubte, die dort lauschten, wie die Kölsch-Combo „De Paveier“ ihren Song „Schön ist das Leben“ intonierte, sozusagen als Pendant zur Philosophie der Kuckelkornschen Diesseitsbejahung.

© Raap/Bär 2020

Copyright Bär/Raap 2020

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Sauce espagnole (Spanische Sauce) besteht aus Möhren und Sellerie in dünnen Streifen, gewürfelten Zwiebeln und Tomaten, die man in Butter zusammen kurz anbrät und dann mit Rinderbrühe/Rinderfond und Tomatenmark vermengt. Man schmeckt sie mit Salz und Pfeffer ab, kann sie auch mit einer Mehlschwitze andicken. Diese Sauce passt gut zu gebratenem Rindfleisch, Ente oder Lamm. Die Sauce italienne (Italienische Sauce) hat die gleichen Zutaten, dazu aber auch noch Knoblauch und neben den Zwiebeln zusätzlich noch Schalotten, wird nicht mit Butter, sondern mit Olivenöl zubereitet und nicht mit Rinderbrühe, sondern Wasser.

Rognons de veaux à la Liègoise – Kalbsnieren auf Lütticher Art Die Nieren von Fett und Sehnen befreien, säubern, salzen, pfeffern, in kleine Stücke schneiden und zusammen mit geräuchertem Speck und gewürfelten Champignons anbraten, dann in Kalbsfond und einem Schuss Wacholderschnaps (holländischer Genever oder wallonischer Péket), ersatzweise Gin) und 1-2 Wacholderbeeren nur sehr kurz schmoren lassen – nur dann bleiben die Nierchen schön zart und saftig. Dazu pommes rissolées (roh gebratene Kartoffelwürfel)

Ratatouille Eine provençalische Gemüsepfanne mit Zwiebeln, Zucchini, Auberginen, Paprikaschoten und Tomaten. Die Zutaten werden geschnitten, in Olivenöl kurz angebraten und dann in einer Gemüsebrühe gedünstetet und mit Salz, Pfeffer, Knoblauch, Thymian, Oregano, Rosmarin oder Basilikum abgerundet.

Petersfisch – er ähnelt mit seinem flachen Körper optisch der Scholle, ist aber größer – ein Fisch reicht für 2 Personen. Doch während die Scholle nur in europäischen Küstengewässern heimisch ist, kommt der Petersfisch (französisch St. Pierre) in allen Weltmeeren vor. Er heißt so, weil der Legende nach der Apostel Petrus ihm ein Goldstück aus dem Mund gezogen haben soll. Man kann ihn dämpfen oder im Backofen zubereiten, wegen des feinen Geschmacks nur schwach gewürzt mit Salz, Madagaskar-Pfeffer, Zitrone, Salbeiblättern und etwas Rosmarin.

Petersfisch, Foto: Copyright Bär/Raap 2020

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Bär aktuell Nr. 291 – 22. Okt. 2020

Oktober 1st, 2020

Bild des Monats Oktober 2020: Jürgen Raap, „Die Fahrradamazone“, 2020

Bild des Monats Oktober 2020: Jürgen Raap, „Die Fahrradamazone“, 2020

Bär aktuell 291 – 22. Oktober 2020

Über Karl Lauterbach kursiert in Kabarettistenkreisen der Witz, man freue sich immer, wenn er eine Prognose über die weitere Entwicklung der Wuhan-Virus-Pandemie abgibt, weil diese Prognose dann garantiert nicht zuträfe. Dass – wie an dieser Stelle schon mehrfach erwähnt – sein Fast-Namensvetter Kurt Lauterbach als Humorist Karriere machte in der Rolle „Ein schöner Mann vom Lande“, beflügelt anscheinend Karl Lauterbach, es ihm gleich zu tun, neuerdings sogar ohne Fliege, und seit kurzem regelmäßig seine burlesken Späte in der Satiresendung ZDF-Heute-Show zu verbreiten, was Karl Lauterbach mittlerweile den Ruf eintrug, er sei der Millowitsch unter den Epidemiologen. Zum „schönen Mann vom Lande“ hat es unterdessen auch bei Außenminister Heiko Maas nicht gereicht, dem man nämlich allen Ernstes raten muss, er solle sich mal einen Jean Asselborn-Schnäuzer zulegen wie sein luxemburgischer Amtskollege, und nicht stattdessen Tag für Tag die schon benutzten Einwegrasierer seines großen Bruders aufbrauchen, weshalb unser Bundes-Heiko immer schlecht rasiert wirkt, wenn er vor die Kameras der Weltpresse tritt. Und wer bei Google den Suchbegriff „Heiko Maas schlecht gekleidet“ eingibt, landet auf der Website „www.Textilwirtschaft.de“, wo ihm attestiert wird, vor allem bei Twitter werde wegen seines Konfirmandenanzug-Stylings und ebenso, wenn er sich mal demonstrativ in ebenfalls zu kurz geratener abgewetzter Lederjacke in der Öffentlichkeit zeigt, Hohn und Spott über ihm ergossen, und als markantes Beispiel dafür ein Bonmot zitiert wird: „Heiko Maas sieht leider aus wie der Typ, der sein Patenkind konsequent mit Highfive begrüßt und ‚Sportsfreund‘ nennt”. So viel zum Thema „Ein schöner Mann vom Lande“.

© Raap/Bär 2020

Wenn auf der Theaterbühne die Rolle eines Schwarzen heute nur noch von einem selbigen verkörpert werden dürfe, weil alles andere eine unangemessene kulturelle Aneignung sei, dann hat der Kabarettist Dieter Nuhr richtig erkannt, es müsse ja wohl die Frage erlaubt sein, ob dann in solch einem Theaterstück ein Mörder auch nur noch von einem echten Mörder darzustellen sei. Muss man unbedingt Berufsoffizier in einer Söldnerarmee gewesen sein und als solcher am Lybien-Feldzug teilgenommen habe wie der General Haftar, um Carl Zuckmayers „Des Teufels General“ spielen zu können, wie ihn Curd Jürgens in einer Verfilmung des Stücks im Jahre 1955 fulminant verkörperte ? Mitnichten! Curd Jürgens wurde übrigens im Zweiten Weltkrieg nicht zur Wehrmacht eingezogen, sondern als „politisch unzuverlässig“ in ein Arbeitslager gesteckt. Während in der Kunst für die Performance als Medium der individuellen Selbstäusserung die Lebensnähe, mithin eine „Einheit von Kunst und Leben“ Voraussetzung ist, wie dies die Fluxus-Künstler in den 1960er Jahren propagierten, ist im Unterschied dazu das Theater bzw. die Schauspielerei immer „mimetisch“. Und „Mimesis“ bedeutet im Alt-Griechischen bekanntlich die „nachahmende Darstellung der Natur“ oder von etwas Realem. Einen ähnlichen Denkfehler leistete sich kürzlich auch die Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, die sich in höchst grotesker Weise zu einem neo-stalinistisch anmutenden Volkskommissariat für Sprachhygiene aufschwang, als sie den Begriff „schwarz fahren“ künftig vermeintlich politisch korrekt durch die Formulierung „Fahren ohne gültigen Fahrschein“ ersetzt sehen wollte. „Denn die Wendung ’schwarzfahren‘ hat sprachgeschichtlich überhaupt keinen ethnischen Gehalt, sondern bezieht sich auf das Schwarze der Nacht, den Schmuggel, illegale Aktivitäten“, belehrte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ daraufhin ihr Publikum, und da offenbart sich eben der Denkfehler der ideologisch eifernden Berliner Volkskommissare. Sprachlich ziemlich umständlich wäre es sicherlich wohl auch, wenn man die Vokabel „Schwarzgeld“ durch eine in deren Sinne politisch korrekte Bezeichnung ersetzen wollte und dann von „aus rechtswidrigen Straftaten erzielte Vermögensvorteile oder auch legal erwirtschaftete Einnahmen, die beide vorsätzlich der Besteuerung durch Steuerhinterziehung entzogen werden“ spricht, bloß damit sich ein dunkelhäutiger Steuerhinterzieher nicht doppelt diskriminiert fühlt, wenn man ihn als „Schwarzgeldbesitzer mit Nummernkonto in Liechtenstein“ tituliert. Wohlgemerkt: auch Herr Bär tritt dafür ein, im alltäglichen Sprachgebrauch generell herabwürdigende Vokabeln zu vermeiden. Aber wer von Theaterkultur und Linguistik absolut keine Ahnung hat, der sollte sich weder in Berlin noch anderswo eine Deutungshoheit über sprachliche Wohlfeilheit anmaßen und mit seiner Unkenntnis lieber nicht irgendwelche verbalen Verschrobenheiten in die Welt hinaus posaunen. Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, enthält der Berliner „44 Seiten lange“ Sprach-Leitführer „auch ein Kapitel, in dem es um Diskriminierung von Personen wegen ihres Alters geht. Es steht am Schluss und ist mit nicht einmal zwei Seiten das kürzeste von allen.“

© Raap/Bär 2020

Nomen est omen Wenn man schon Heinz-Wilhelm Esser heißt, dann sollte man in den Medien vernünftige Ernährungstipps verbreiten, dachte sich einer, der unter seinem Kosenamen „Doc Esser“ selbiges tut, was dann allerdings das Boulevardblatt „Express“ allzu flapsig mit der Schlagzeile „ Doc Esser meint: Wir fressen uns zu Tode“ hochjazzte. Jüngst wurde der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki in einem Interview gefragt, was er denn während des Corona-Lockdowns am meisten vermisst habe, und Kubicki antwortete: „Restaurantbesuche“. Es musste also bei Familie Kubicki notgedrungen zu Hause gekocht werden, was wiederum Frau Kubicki den Kommentar entlockte, wenn sie kochen könnte, hätte der liebe Gott keine Restaurants erfinden müssen. Gatte Wolfgang Kubicki wiederum fand das häusliche Kochen trotz der beschränken Kochkünste seiner Angetrauten durchaus „erheiternd“, sofern man den Wein „nicht nur zum Ablöschen“ benutze, und er stellte fest, dass man beim häuslichen Kochen zunähme, wovor wiederum allerdings schon längst „Doc Esser“ gewarnt hatte, und was die erheiternde Wirkung des Weines angeht, so rät Dr. Heinz-Wilhelm Esser allen Ernstes, man solle seinen Alkoholkonsum auf zwei Glas Kölsch am Tag beschränken, was aber wohl nicht nur im Hause Kubicki als weltfremd empfunden wird.

Den Verschwörungstheoretikern sei nahegelegt: es besteht kein Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass in jüngster Zeit die Zahl der Corona-Infektionen wieder angestiegen ist und gleichzeitig das Glockenspiel am Kölner Rathausturm eine Melodie von Jupp Schmitz erklingen lässt: „Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel…“ Aber erst, nach dem wir uns „tot gefressen“ haben.

Copyright: Raap/Bär 2020

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Thousand-Island-Dressing ist nach einer Inselgruppe am Ontariosee benannt und gehört seit 1912 als Standard zur US-Küche. Basis ist Mayonnaise, und wem das zu mächtig ist, eine leichte Joghurtsauce, angereichert mit Salz, klein gehackten roten und grünen Paprikastücken, Paprikapulver, Chilisauce oder Tabascosauce, Tomatenmark, klein gehackte Zwiebeln, Olivcen, klein gehackten Gewürzgurken oder Pickles (in Essig eingelegtes Gemüse). (man kann stattdessn auch Cayennepfeffer nehmen). Man verwendest dieses Dressing als Salatsauce. Eine Abwandlung als Cocktailsauce für Krabben besteht aus Mayonnaise oder Joghurt, Salz, weißem Pfeffer, Tomatenmark, Chili- oder Tabascosauce, Worchestershiresauce, Zitronensaft, Meerrettich, Weinbrand oder Sherry, Dill.

Carbonade flamand – Vlaams stoofvlees Ein Klassiker der flämischen Küche mit Rindergulasch-Stücken, die man zusammen mit viel Zwiebeln und etwas Knoblauch scharf anbrät, dann mit dunklem, malzig schmeckendem Bier ablöscht (Leffe brune oder ein dunkles belgisches Trappistenbier, ersatzweise auch Albier, dunkles Köstritzer oder ein anderes deutsches Schwarzbier) und schließlich mit etwas Rinderfond, einem Schuss Essig, Senf, Porree, Sellerie, Lorbeerblatt und etwas Thymian weich schmoren lässt, wobei die Sauce dann schön sämig sein sollte.

Haselnussfrikadellen à la Karl-Josef Bär Schweinemett mit klein gehackten Zwiebeln und klein gehackten/gemahlenen Haselnüssen, Salz, Pfeffer, Muskatnuss, Majoran, Kümmel, Semmelbrösel, Eipampe und etwas Mehl vermengen, in Öl mit Zwiebeln scharf anbraten, mit Fleischbrühe auffüllen und mit Möhren und gelbem Paprika dünsten lassen, bis das Gemüse weich ist, zum Schluss frische Petersilie und frischen Schnittlauch hinzufügen.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Bär aktuell Nr. 290 – 3. Sept. 2020 / 22. Sept. 2020

September 1st, 2020

Bild des Monats September 2020:

Jürgen Raap, „Rheinischer Frohsinn II“, 2020

Bär aktuell Nr. 290 – 3. Sept. 2020

Gut gesagt Die mittlerweile 39jährige Hotel-Erbin Paris Hilton gab in einem Interview zu Protokoll: „Ich musste lernen, mich selbst zu lieben. Das habe ich früher nie getan“. Dazu fällt Herrn Bär ein passendes Zitat von Friedrich Schiller aus seinen „Philosophischen Briefen“ ein: „Ein Geist, der sich allein liebt, ist ein schwimmender Atom im unermeßlichen leeren Raume.“ Putzig war auch die Einlassung von James P. Bradley, der bei den US-Kongresswahlen für die kalifornischen Republikaner antritt, er habe sich „versehentlich“ einen Rap-Song mit schlüpfrigen Texten angehört und anschließend das Bedürfnis gehabt, sich „Weihwasser in die Ohren schütten“ zu müssen. Wenn’s denn geholfen hat. Jedenfalls fällt Herrn Bär dazu diesmal kein Schiller-Zitat ein. Der Modemacher Wolfgang Joop verriet unterdessen, er trage auch im Alter von 75 Jahren noch gerne knapp sitzende Badehosen, was bei einem „älteren Herrn“ freilich „nicht sehr klug“ wirke, aber er, Joop, sei „dann eben doch lieber doof und gutaussehend“. Aber selbst manch Jüngere sehen in einer zu knappen Tarzan-Badehose nur doof aus, vor allem wenn an ihrem Kopf noch ein Undercut-Heinrich Himmler-Haarschnitt hinzukommt. © Raap/Bär

Als der NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ein nächtliches Alkoholverbot für die übermütige Partyszene in Erwägung zog, meldete die Kölner Lokalpresse in der Ausgabe vom selben Tag, in Köln-Nippes habe man die „Blaue Woche“ ausgerufen. Dabei handelte es sich allerdings nicht um eine Protestaktion gegen die Laumannsche Abstinenzpolitik und auch nicht um eine einwöchige kollektive Schnapsverköstigung („Heute blau und morgen blau….“), sondern um einen harmlosen Schabernack, bei dem Nippeser Geschäftsleute ihre Schaufenster eine Woche lang blau dekorieren und die Leute „em Veedel“ sich blaue Perücken aufsetzen, was immer damit ausgedrückt werden soll.

Wer unterdessen morgens in der vollbesetzten U-Bahn oder im Gedränge auf einer Partymeile ohne Maskenschutz die Umstehenden sprühnebelartig mit seinen Aerosolen vollniest und eine mögliche Ansteckung der anderen mit einem achselzuckenden „Nach mir die Sintflut“ kommentiert, der sei darüber belehrt, dass dieser Ausspruch von Jeanne-Antoinette Poisson Marquise de Pompadour stammt, die 1757 gerade ein rauschendes Fest feierte, als ihr die Nachricht übermittelt wurde, das Heer des preußischen Königs Friedrich II. habe bei Roßbach die französische Armee vernichtend geschlagen. Sie wollte sich indessen die Party nicht vermiesen lassen, wie auch heute nicht so manche „Weekend for Party“-Aktivisten, und so kommentierte sie die militärische Niederlage ohne großes Bedauern mit eben jenen Worten „Nach mir die Sintflut“. Mit Madame de Pompadour nahm es dann allerdings ein schlimmes Ende – sie starb im Alter von nur 43 Jahren im Jahre 1764 an einer Lungenkrankheit. © Raap/Bär

Als Beispiele für journalistisch gelungene Bildhaftigkeit wären zu nennen die Vokabel „Reichstagsbeschmutzer“ (Kölner „Express“ am 31. 8. 2020) für die Obskuranten, die keine Bannmeile respektieren, und ebenso die Schlagzeile bei „petonline.de“: „Fressnapf macht Sprung nach vorne“. Wenn der Weitsprung eines Fressnapfs demnächst auch noch durch einen brennenden Reifen klappen würde, wäre das gewiss eine zirkusreife Nummer. Zugleich erweckte bei Herrn Bär ein Jungredakteur beim Kölner „Express“ den Eindruck, er sei bei der Abfassung seiner Reportage über eine Protestaktion von Prostituierten vor dem Düsseldorfer Landtag nicht mehr ganz nüchtern gewesen, als er nämlich auf schenkelklopfendem Altherrenwitzniveau eine Madame Pläsier zu Wort kommen ließ, hinsichtlich ihrer Forderung nach Aufhebung der coronabedingten Bordellschließungen sei NRW-Ministerpräsident Armin Laschet bislang „nicht aus der Hose gekommen“. Vor vierzig Jahren garnierte der Klatschkolumnist Michael Graeter in der Münchener „Abendzeitung“ und in „BILD“ seine Berichte von der champagnerschlürfenden Front der Schönen, der Millionäre und der Hochstapler gerne mit augenzwinkernden Schlüpfrigkeiten, was in den heutigen Zeiten eines dogmatischen Sprachpruritanismus allerdings völlig obsolet geworden ist. Gegen die inzwischen allzu pingelige Beckmesserei der linguistischen Eiferer regt sich freilich neuerdings inzwischen auch massiver Widerspruch. So schrieb Dr. Nele Pollatschek jüngst im „Berliner Tagesspiegel“, „dass diese gegenderten Berufsbezeichnungen heute, wo die Berufe allen Geschlechtern offenstehen, nicht mehr verwendet werden sollten“: sie selbst sähe sich mithin als „Schriftsteller“ und nicht als „Schriftstellerin“, und mit jener sprachlichen Rigorosität, die es so im angelsächsischen Sprachraum nicht gäbe, erweise sich bei uns paradoxerweise das „Gendern“ als „eine sexistische Praxis, deren Ziel es ist, Sexismus zu bekämpfen.“ Das führt dann bisweilen zu allerlei linguistischen Verrenkungen und Verstiegenheiten: so berichtet Pallatscheck, sie war mal zu Gast in einem ‚Star Trek‘-Podcast und wurde dort als ‚Gästin‘ angekündigt.“ In ähnlicher Weise attackierte jüngst der Schriftsteller Maxim Biller in einem „Spiegel“-Interview die „neobolschewistischen Sprachübereinkünfte, die sich schneller verbreiten als die Wuhan-Seuche“. Wer dagegen verstößt, erfährt eine Anprangerung wie im Mittelalter und Verbannung mittels „Cancel Culture“, wobei man laut Maxim Biller heute “ nicht mehr von der Gestapo oder der Stasi abgeholt“ werde, sondern man bekäme eher „Stress mit“ dem „Arbeitgeber“ und verlöre „irgendwann“ seinen „Job“: „Das sind eigentlich ganz üble Kapitalismusmethoden“.

Aber um Missverständnissen und Beifall von der falschen Seite vorzubeugen, stellt Maxim Biller klar: „Man darf… nicht aus Kritik an den Neulinken zu einem Neurechten werden“. Sehr erfrischend liest sich in derselben Ausgabe des „Spiegel“ das Bekenntnis des 75jährigen Rockmusikers Ian Gillan, er könne über den Vorwurf lachen, er und seine Bandkollegen bei Deep Purple machten heute „Musik von alten weißen Männern für weiße Männer“. Und Gillan schiebt in Sachen Generationenkonflikt nach: „Früher waren alte Menschen keine Gefahr für Jüngere. Sie hockten einfach herum und waren alt“. Der heutigen Verbissenheit in Sachen politischen Korrektheit attestiert Ian Gillan hingegen ähnlich wie Maxim Biller diktatorische Züge: „Eine schweigende Mehrheit wird mit Angst reguliert. Das kritische Denken und das freie Sprechen werden auf diese Weise allmählich ausgeschaltet. Was mich betrifft, ich singe um so lauter, je mehr ich zum Schweigen gebracht werden soll“.

© Raap/Bär

Bildstrecke: Impressionen vom Kölner Kommunalwahlkampf Sept. 2020, Fotos: Coypright Raap/Bär 2020 (Jupp), andere: Copyright S. Kallnbach. Alle Rechte vorbehalten.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Böhmische Knoblauchsuppe (Cesnecka) Man kocht Knochen aus oder nimmt eine fertige Geflügelbrühe, die man zusammen mit einer klein geschnittenen Möhre und kleinen Porreestückchen aufkocht. Dann erhitzt man in einem zweiten Topf Schmalz, drückt reichlich Knoblauch darin durch eine Presse aus – der Knoblauch darf aber nicht anbraten, weil er dann bitter wird, daher sofort die heiße Brühe hinzu geben. Abschmecken mit Salz und Pfeffer, zum Schluss Majoran und/oder frische Petersilie hinzu geben. Unmittelbar vor dem Servieren geröstete Weißbrotwürfel hinein streuen.

Admiralsauce Ölsardinen aus der Dose abtropfen lassen, in Stücke zerkleinern und mit, klein gehackten Schalotten, klein gehacktem Knoblauch sowie klein gehackten scharfen Paprika/Chili vermengen. In einer Pfanne Olivenöl erhitzen, die Sardinenmasse hinein geben und unter ständigem Rühren leichr andünsten, dann mit Weißwein und Fischfond ablöschen, zu einer Sauce zerköcheln alsne, zum schluss mit Salz, grünem Pfeffer und Cayennepfeffer sowie Zitronensaft abschmecken.

Schwertfisch Ein Knochenfisch, der fast überall in wärmeren Meeresgewässern vorkommt und wegen seines festen und mageren schmackhaften Fleisches als Delikatesse gilt, reich an u gesättigten Fettsäuren, die günstig fürs Gehirn, Herz und Kreislauf sind. Am besten brät oder grillt man ihn filetiert in Olivenöl. In einer separaten Casserole dünstet man in Olivenöl Lauchzwiebeln, klein gehackte Oliven, klein gehackte Tomaten an, lässt sie in etwas Weißwein, Krebspaste und grünen Pfefferkörnern eine Weile köcheln, fügt dann ausgepressten Knoblauch hin, frischen Dill, Rosmarin und Thymian und übergießt den gegarten Fisch mit dieser Sauce.

Petit salé aux lentilles – Schweinebauch und Saucisse de Toulouse (ersatzweise westfälische Mettwurst oder Bremer Pinkelwurst) mit Linsen. Ein dickeres Stück gepökelten Schweinebauch (oder auch Kasseler) lässt man in einer Fleischbrühe kurz aufkochen und dann ca 30 bis 45. bei schwacher Hitze köcheln, fügt dann Linsen und die Kochwurst hinzu, Zwiebeln, Karotten, Selleriestangen, Thymian, Petersilie, Lorberblatt und Pfefferkörnern.

Rebhuhn mit Feigen-Haselnuss-Farce Rebhühner sind Wildvögel in den Heide- und Steppenlandschaften von Europa und Asien. Sie sind kleiner als gezüchtete Hühner. Tiefgefroren bekommt man sie in Köln-Ehrenfeld im „Kaufland“. Man lässt sie auftauen, salzt und pfeffert sie. Eine Farce ist eine Füllung, in diesem Falle mit Rinder-Kalbs-Hackfleisch, vermischt mit Salz, Cayennepfeffer, grünen Pfefferkörnern, klein gehackten Lauchzwiebeln, 1 zerdrückte Knoblauchzehe, frischem Koriander, frischen Feigen und am besten frisch gepflückten türkischen Haselnüssen aus der Schwarzmeerregion, die man vor dem Vermengen klein hackt. Im Backofen von beiden Seiten bei 200 bis 250 Grad ca. 45-60 Min. garen. Dazu passt Reis oder Bulgur-Grieß.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Baer aktuell 288/289 – 3. Aug. 2020

August 1st, 2020

Bild des Monats August 2020:

Jürgen Raap, „Die Verachtung der Eliten“, 2020

Bär aktuell Nr. 288/289 – 3. Aug. 2020 / 22. Aug. 2020

Karl-Theodor zu Guttenberg hat wieder einen Doktortitel, seit er 2018 an der Southampton Business School eine Dissertation zum Thema „Agents, Bills, and Correspondents through the Ages: An Analytical Reconsideration of the Nature, Scope, and Significance of Correspondent Banking and its Application in Historical Precedence and Selected Case Studies“ einreichte. Unkorrekte Zitate werden diesmal nicht bemäkelt, wohl aber die Umtriebe seines Doktorvaters, Professor Richard A. Werner, über den der Bundestagsabgeordnete Fabio de Masi (Linke) behauptet: „In den letzten Jahren scheint er etwas abgedreht zu sein“, wie ihn der Berliner ‚Tagesspiegel‘ zitiert. „Nach BBC-Informationen ist Werner seit 2018, dem Jahr in dem Guttenberg seine Dissertation eingereicht hatte, nicht mehr an der Universität beschäftigt worden. Der ‚Spiegel‘ berichtet, dass danach ein anderer Wissenschaftler die Betreuung von Guttenbergs Arbeit übernahm“, heißt es weiter, und der Abgeordnete de Masi bilanziert: „Es könnte daher sein, dass ein Hochstapler auf einen anderen Hochstapler reingefallen ist! Guttenberg ist aber auch ein Pechvogel!“

Sauce Zingara ist der gastrohistorisch korrekte Name für eine Sauce in der klassischen Küche, die in der deutschen Imbisskultur unter dem Namen „Zigeunersauce“ durch drastische Vereinfachung der Rezeptur kulinarisch gründlich herab gewürdigt wurde, und bei denjenigen, die moralische Sprachbereinigung betreiben, heute auch linguistisch als obsolet gilt. Zwar forderte schon 2013 ein Verein „Forum für Sinti und Roma“, auf diesen Begriff zu verzichten, weil er diskriminierend sei, doch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und der Bundesverband der Jenischen Deutschlands schlossen sich dem damals noch nicht an. Doch nun will der „Knorr“-Konzern seine Zigeunersauce künftig „Paprikasauce Ungarische Art“ nennen, was inzwischen auch der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma begrüßt. Egal, wie man diese Grill- und Schnitzelsauce nun bezeichnet: sie hat nichts mit dem Urrezept zu tun, das im Jahre 1903 der damalige Starkoch Auguste Escoiffier in seinem Kochbuch notierte und als Beilagensauce zu Roastbeef und Kalbskotelett empfahl. Die klassische Sauce Zingara besteht in diesem Urrezept nämlich aus gedünsteten Zwiebeln, Tomaten, Paprikastücken, Champignonscheiben, aufgefüllt mit Bratenfond, Tomatensauce, einem Schuss Weißwein und etwas Weinessig, und abgeschmeckt mit Cayennepfeffer, wobei man dieses Rezept früher auch mit Zutaten wie gepökelter Kalbszunge, gekochtem Schinken und gehobelten Trüffeln variierte.

Heritage Auctions aus Dallas, Texas, versteigerten soeben einen weißen Pailletten-Handschuh des Pop-Sängers Michael Jackson (1958-2009) für 112.000 Dollar. Reichlich überteuert, so urteilt Herr Bär. Schließlich bekommt man eine „Klosterarbeit“ als Reliquie mit der Zunge des Hl. Nepomuk bei ebay schon für 320 Euro plus 7 Euro Versandkosten („Sofort kaufen“ – „In den Warenkorb“).

Was gibt es im medialen Sommerloch sonst noch aus den Niederungen des Boulevards zu berichten? Über den Niedergang der FDP hämte kürzlich die „Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ“, unter Christian Lindner habe sich zur Glücklosigkeit zu dieser Partei auch noch Pech gesellt – ein Bonmot, das fälschlicherweise immer wieder Lothar Matthäus zugeschrieben wird, aber in Wirklichkeit von dem Fußballer Jürgen Wegmann stammt, wortwörtlich: „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech hinzu“. Von Lothar Matthäus stammt hingegen der Spruch: „Ich bereue nichts, aber ich werde mich in Zukunft vorher besser informieren“. Jahrelang unterhielten Lothar Matthäus und Boris Becker die Boulevard-Gazetten mit ihren Frauengeschichten, und die „FAZ“ weiß derzeit zu berichten, Boris Becker sähe sich wieder „mit neuen Millionenschulden konfrontiert“ und habe sich nun als neue Freundin eine Risiko-Analystin zugelegt, und die werde schon wissen, auf wen und was sie sich bei Boris Becker einließe. Als im vergangenen Jahr die Devotionalien von Boris Becker versteigert wurden, lag für ein paar alte Socken von ihm das „Startgebot“ bei 225 Euro, und Focus-Online kommentierte dazu, man müsse „ehrlicherweise sagen, dass diese Strümpfe ein echtes Unikat sind. Mehr Becker geht eigentlich nicht – auch wenn die Socken etwas riechen sollten“ – im Gegensatz zur Zunge des Hl. Nepomuk.

© Raap/Bär 2020

Dass sich eine russische Computerhackergruppe zwecks Ausübung von Cyber-Spionage den Tarnnamen „Kuschelbär“ zugelegt hat, soll wohl eine Verwechslungsgefahr mit dem „Russischen Bär“ ausschließen, der in Wirklichkeit gar kein Bär ist, sondern ein Schmetterling „aus der Unterfamilie der Bärenspinner (Arctiinae). Näher mit ihm verwandt ist der Schönbär“, wie bei „Wikipedia“ nachzulesen ist. Worin liegt nun der Unterschied? Während der Russische Bär und der Schönbär Nektar absaugen, saugen die Kuschelbär-Spione Daten ab, indem sie z.B. Pharma-Labore ausspionieren, wie der britische Außenminister zu wissen glaubt. Derweil trifft man auf dem Internetportal Quoka.de auf die Bekanntschaftsanzeige „Kuschelmaus sucht Kuschelbär“ mit dem Anforderungsprofil, der Kuschelbär solle „Spaziergänge, Sonne, Wasser, Gartenarbeit“ mögen, wobei allerdings russische Cyber-Spione in der Regel kein besonderes Interesse an Gartenarbeit erkennen lassen, der Schönbär allerdings auch nicht: der ist bekanntermaßen nur am Nektar interessiert. Misstrauen ist daher angesagt bei folgender Annonce: „Russischer Computerhacker und leidenschaftlicher Hobygärtner sucht Damenbekanntschaft in der Pharmalabor-Szene. Nur ernstgemeinte Zuschriften mit Lichtbild und Forschungsbericht zur aktuellen Impfstoffentwicklung an kuschelbaer@cyberhacker.ru

Sich damit dem Vorwurf der Naivität und Einfältigkeit aussetzend engagierte der Düsseldorfer OB Thomas Geisel (SPD) ausgerechnet einen Rapper, der für seine antisemitischen und frauenfeindlichen Texte bekannt ist: Von besagtem Rapper ist nämlich keine feinsinnige Minnelyrik à la Walter von der Vogelweide überliefert, sondern nur peinliche Liedzeilen wie „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ und „Mache wieder mal ’nen Holocaust, komm an mit dem Molotow“, bei denen der Urheber in Sachen Geschichtskenntnis schlichtweg überfordert wirkt. Ausgerechnet dieser Verbal-Rabauke sollte nun nach dem Willen von OB Geisel als musikalischer Nachtwächter die mit Ghettoblastern am Düsseldorfer Rheinufer herumlärmende Partyszene zur Ruhe sowie zum Einhalten der Mundschutz- und Abstandsregeln ermahnen. Da hätte man auch Zwiebeln nach Pforzheim tragen können. Zwar blamierte der Rapper sich und den glücklosen OB Geisel nicht noch mehr, indem er den dickfelligen juvenilen Abstandsregel-Ignoranten ein munteres „Wir machen durch bis morgen früh und singen bumsvaldera“ entgegen geschmettert hätte, aber das öffentliche Echo auf Geisels Coup war zu recht verheerend: Die Jüdische Gemeinde Düsseldorfs zeigte sich über seinen pädagogischen Missgriff „erstaunt“. Der NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) war darüber ebenfalls zu Recht „entsetzt“, selbst die lokale SPD ging auf Distanz zu ihrem OB-Genossen, der das misslungene Video alsbald wieder löschte, denn der Ruf des rabiaten Rap-Reimers ist nun mal nachhaltig ruiniert: „Empörte Bürger und Politiker zitieren Passagen, in denen Opfer des Holocaust verhöhnt, Missbrauchsfantasien und Gewaltandrohungen in Fäkalsprache geäußert werden.“ Nun befindet sich in Sachen lokales Liedgut Düsseldorf allerdings in einem Dilemma: Die Lokalhymne „Ja sind wir im Wald hier? Wo bleibt unser Altbier? Wir haben in Düsseldorf die längste Theke der Welt“ stammt aus dem Jahre 1978, wurde seinerzeit von Hans Lötzsch als Beitrag zur „Karnevalistischen Hitparade des WDR“ mit großem Erfolg dargeboten und anschließend von den „Toten Hosen“ in einer Punkrock-Version gecoverd, ist aber zur Pädagogisierung übermütigen Party-Volks, das die Hygiene-Regeln missachtet, ungeeignet. Sonst hat Düsseldorf an anspruchsvollem Liedgut seitdem nichts mehr hervorgebracht. Im benachbarten Köln gibt es hingegen ca. teils recht akzeptable 12.000 Songs über die Stadt und ihre Befindlichkeiten. Dem OB Thomas Geisel wäre mithin anzuraten, wenn er zu ähnlichem Anlass der Beschwichtigung in der Amüsierhölle der Altstadt wieder mal unbedingt Musiker mit halbwegs qualitätvollen Texten braucht, sollte er doch lieber aus Köln die „Höhner“ mit ihrem Song „Zeit für Menschlichkeit“ engagieren.

© Raap/Bär 2020

Wie der Juso-Chef Kevin Kühnert tickt und denkt, offenbart er unlängst dem „Spiegel“: er, Kühnert, sei ja nur aus Mitleid Fan des Fußballclubs Arminia Bielefeld geworden, weil sowohl der Verein als auch die Stadt Bielefeld selbst landauf landab als „provinziell“ verlacht werden. Für Kevin Kühnert mithin eine wichtige symbolische Geste, sich endlich mal mit den als provinziell Verlachten und Veralberten dieser Welt zu solidarisieren, wo es doch immer wieder heißt: „Klappt etwas nicht auf dieser Welt, dann klappt’s auch nicht in Bielefeld.“ Ob bei den kommenden Kommunalwahlen im September 2020 Kevin Kühnerts Partei bei den Arminia Bielefeld-Fans ebenso auf einen Mitleid-Bonus hoffen kann, bleibt abzuwarten. Ohne Kevin Kühnert als Arminia-Maskottchen haben sie bei der letzten Wahl jedenfalls noch 30 Prozent geholt.

Warum die Fernsehgebühren erhöht werden müssen, verdeutlichte uns das ZDF kürzlich auf subtile Weise. Bisher konnte man sich jedenfalls darauf verlassen: wenn Claus Kleber die Nachrichtensendung „heute“ moderiert, hat die Herrenmodewoche im ZDF ihren Höhepunkt erreicht. Doch außer Herrn Bär ist niemandem aufgefallen, dass Claus Kleber neulich an zwei Abenden hintereinander mit derselben hellblauen Krawatte auftrat. Bei der ZDF-Kleiderkammer muss offensichtlich gespart werden. Ein deutliches Signal an die Zuschauer: TV-Gebühren rauf, damit wir uns endlich zwei neue Schlipse für Claus Kleber leisten können.

© Raap/Bär 2020

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Zuccini mit Tomaten-Joghurt-Sauce, Foto: Copyright S. Kallnbach

Zucchini mit Tomaten-Joghurt-Sauce

Zucchini in dünne Scheiben schneiden, salzen, pfeffern, in Mehl wälzen und in Olivenöl goldbraun-knusprig braten. Kann warm oder kalt serviert werden mit einer kalten Sauce aus Joghurt oder fertig zubereitetem Zaziki, klein gewürfelten leicht angedünsteten kein gewürfelten und dann erkalteten Tomaten, Tomaten- oder Paprikamark oder Ajvar, Gurkenstücken, Lauchzwiebeln, Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer oder Chili, Knoblauch, Petersilie, Kreuzkümmel

Griechischer Krautsalat Fertiger Krautsalat aus der deutschen Lebensmittelindustrie ist oft zu stark gezuckert, wenn man ihn selber herstellt, kann man auf Zucker verzichten oder ihn vorsichtiger dosieren: Man hobelt den Weißkohl in dünne Streifen und vermengt ihn mit einer Mischung aus Olivenöl, Weinessig, klein gehackten Schalotten, klein gehackter Petersilie, Salz, Pfeffer und Mineralwasser, deckt die Schüssel dann z.B. mit einem Deckel oder Teller ab und lässt den Salat im Kühlschrank einen halben Tag lang ziehen. Vor dem Servieren gießt man den Sud ab.

Strammer Max Der Name leitet sich aus einer Anspielung an das männliche Geschlechtsteil ab – eine Bezeichnung, die um 1920 zuerst in Sachsen aufkam. Der „Stramme Max“ ist ein einfaches Gericht aus der sächsischen und Berliner Küche mit 1-2 Scheiben Graubrot, mit Butter bestrichen, darauf kalter gekochter Schinken und 2-3 Spiegeleier. Die niederländische Variante Uitsmijterwird zum Frühstück oder als Zwischenmahlzeit serviert, und zwar mit Weißbrot oder Toastbrot, Goudakäse, Schinken und Spiegeleiern. Die wörtliche Übersetzung heißt „Rausschmeißer“ – dieses Gericht wurde angeblich früher spätabends bei Kneipenschluss serviert, bevor die letzten Gäste das Lokal verließen.

Seezunge klassisch Seezungen vom Fischhändler präparieren lassen, salzen, pfeffern, mit Zitronensaft einreiben, in gebutterter Pfanne braten, eine klein gewürfelte Zwiebel oder Schalotte, eine Knobblauchzehe und einen Spritzer Fischsauce hinzugeben, kurz vor dem Servieren Salbeiblätter und etwas Rosmarin beifügen.

Poireaux en vinaigre und marinierte Maishähnchenfilets – Porree in Essig ist eine typische Vorspeise aus der Pariser Hausfrauenküche. Man kocht separat pro Person ein Ei in Essigwasser hart und dünstet (blanchiert) Porreestangen im Wasserdampf mit 1 Lorbeerblatt und ein paar Pfefferkörnern 15 Min. lang. In einer Salatschüssel mit Öl und Essig vermengt man das klein gehackte Ei mit ein wenig Senf, klein gehackten Schalotten, Dill, Salz und Pfeffer, verteilt dies auf die Teller und garniert jeden Teller mit einer warmen Stange Poree uns serviert dies als Vorspeise. Die Maishähnchenfilets in Olivenöl mit Schalotten, Knoblauch, rotem Gemüsepaprika, Pfefferkörnern, Cayennepfeffer und Paprikapulver marinieren und ca. 2 Std. ziehen lassen, separat 1-2 Morcheln einweichen, die Maishähnchenfilets mit Lauchzwiebeln, Schalotten, den Morcheln und Maronen oder Pfifferlingen in einer Pfanne kurz braten, mit Kochsahne und frischem Thymian abrunden.

Entenfilet mit Oliven à la Karl-Josef Bär

Filetstreifen salzen, pfeffern, bei Bedarf auch leicht mehlieren, in Olivenöl mit Zwiebeln bei starker Hitze braten, Oliven, frischen Rosmarin und Thymian hinzugeben, dass das Fleisch innen noch rosa ist, mit Weinbrand und ein paar Spritzern Worchestershiresauce ablöschen. Dazu gedünstete Möhren, anschließend als Käse ein Epoisses und ein Saint Marcellin aus der Dauphiné. Als Wein ein kräftiger Bordeaux, zum Abschluss Melon de Cavaillon und als Digestif ein Liqueur Chartreuse jaune.

Tripous sind ein französisches Kaldaunengericht aus der Auvergne. Sie werden mit klein geschnittenem Kalbskutteln zubereitet, im Originalrezept gesalzen und gepfeffert als Füllung einer Roulade mit Hammel- Lammfleisch, ersatzweise auch Schweinsroulade, die man mit einer Schnur zusammenbindet. Sie werden dann bei schwacher bis mittlerer Hitze mehr als vier Stunden in Kalbsbrühe gekocht, mit Salz, Pfefferkörnern, Sellerie, Lorbeerblatt, Thymian, Knoblauch, Weißwein, Karotten und Tomaten.

Choucrute de poisson Ein französischer Sauerkrauttopf mit Fisch, bei dem man das Sauerkraut (Herr Bär empfiehlt in diesem Fall im Rheinland regionales Neußer Sauerkraut) in Butter und Zwiebeln leicht anschwitzen und dann in Weißwein und Fischfond garen lässt, mit Salz, Pfeffer und etwas Kümmel, zusammen mit Muscheln, diversen Fischfilets, Flusskrebsen oder Gambas, die man nacheinander hinzufügt, zum Schluss noch Dill, Schnittlauch und die grünen Blätter von Lauchzwiebeln.

Choucrute de poission, Foto: Copyright Raap/Bär
Zutaten Choucrute de poisson, Foto: Copyright: Raap/Bär
Schellfisch mit Krabbensauce und Gurkensalat

Schellfisch mit Krabbensauce Zoologisch gesehen ist der Schellfisch eine Dorschart. Filetstücke werden gesalzen, gepfeffert, mit Zitronensaft beträufelt und leicht in Mehl gewälzt, dann von beiden Seiten mit Knoblauchbutter in einer Pfanne gebraten. Für die Sauce dünstet man Lauchzwiebeln ebenfalls in Knoblauchbutter an, gibt mit dem Mixer pürierte Nordseekrabben hinzu, etwas Wasser und Kochsahne, skandinavische Krabbencreme und Krustentierpaste, lässt das Ganze aufkochen, schmeckt es mit frischem Dill ab und zum Servieren garniert man die Sauce noch mit frischen Nordseekrabben. Dazu Gurkensalat mit Joghurtdressing und frischem Dill.

Französischer Käse, Foto: Raap/Bär 2020

Französischer Käse In Frankreich gilt Käse als Abschluss eines Essens als kulinarische Selbstverständlichkeit, und Charles de Gaulle soll einmal gesagt haben: „Wie wollen Sie ein Volk regieren, das 246 verschiedene Käsesorten“ besitzt?“ Zur Abrundung eines Menüs genügen Herrn Bär zwei Sorten, ein Brie de Meaux oder Brie de Melun aus dem Großraum Paris und ein Blauschimmelkäse, z.B. ein Fourme d’Ambert von der Loire aus Kuhmilch, während der Roquefort aus Schafsmilch hergestellt wird.

Fruchtkaltschale, Foto: Bär/Raap 2020

Fruchtkaltschale à la Karl-Josef Bär Man püriert frische Erdbeeren, entkernte Kirschen und Johannisbeeren, lässt die Masse dann in ein wenig Wasser köcheln, schmeckt sie mit Honig und etwas Zimt ab, lässt sie dann abkühlen und stellt die noch ca. zwei Stunden vor dem Servieren in den Kühlschrank.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

Baer aktuell No. 287 – 22. Juli 2020

Juli 1st, 2020

Bild des Monats Juli 2020:

Bild des Monats Juli 2020: Jürgen Raap, Das Billard der Helden, 2018


Peinliche Posse um Mohrenstraße“ titelte das Berliner Boulevardblatt „B.Z.“Die Berliner Verkehrsbetriebe BVG wollen nämlich die U-Bahnhaltestelle „Mohrenstraße“ umbenennen, weil sich Menschen „gekränkt fühlen“ könnten. Doch dann wählten sie für eine neue Bezeichnung ausgerechnet den russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka (1804 bis 1857). Die Journalistin Judith Kessler beschreibt in der „Jüdischen Allgemeinen“ Glinkas Oper »Iwan Sussanin« als „vor russischem Nationalismus triefend“ und sein Stück »Fürst Cholmskij« über eine jüdische Verschwörtung als „antisemitisches Heldenepos“. Mit einer U-Bahnstation „Glinkastraße“ würde die BVG daher „die Leute in die Irre und sich selber in historische Untiefen“ katapultieren, lästerte die „Berliner Zeitung“. Zudem besagter Glinka auch noch ein reichlich mittelmäßiger Musiker gewesen sein soll; ein „Riese im Mäntelchen des Dilletantismus“ nannte der Komponistenkollege Peter Tschaikowsky ihn; Glinkas Stücke seien „kindisch naive und schwache Nummern“. Indes – „Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (42, Grüne), die dem BVG-Aufsichtsrat vorsitzt, entschied sich, nicht näher auf Glinkas Antisemitismus einzugehen“, beklagte sich die „B.Z.“. Derweil trieb die „Berliner Morgenpost“ einen Jürgen Mohr auf, der sich vor dem U-Bahn-Eingang fotografieren ließ: „Solange der Name Mohrenstraße noch da oben steht, wollte ich unbedingt ein Foto davon haben“, sagte Jürgen Mohr, und schob süffisant nach, ob „er vielleicht auch seinen eigenen Nachnamen ändern“ solle, „weil sich jemand dadurch beleidigt fühlen könnte“. Antje Hildebrandt schrieb in der Kulturgazette „Cicero“, der Protest gegen den Straßennamen liefe in diesem Fall „ins Leere“, denn die Straße sei doch „nach Menschen“ wie z.B. Gustav Sabac el Cher (1869-1934) benannt, einem schwarzen Militärmusiker im Königsberger Regiment des einstigen Kronprinzen Wilhelm. Die Benennung in „Mohrenstraße“ erfolgte übrigens erst 1991. Vorher hieß sie nach dem ersten DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl-Straße, dies wiederum galt nach der Wiedervereinigung auch nicht als politisch korrekt und ist ein Beleg dafür, wie sehr die Manifestierung von ethischen und politischen Grundwerten immer wieder durch den jeweiligen Zeitgeist relativiert wird. Ein Leserbriefschreiber an den Berliner „Tagesspiegel“ schlug vor, es reiche doch völlig aus, die „Mohrenstraße“ demnächst „Möhrenstraße“ zu nennen und einfach nur zwei Pünktchen auf die Schilder zu malen, anstatt für teures Geld völlig neue Schilder mit einem anderen Namen anzubringen. Außerdem höre sich „Möhrenstraße“ vegan an. Und damit wäre solch ein Straßenname gewiss auf der Höhe der Zeit. Copyright: Raap/Bär 2020

Krätzchen auf den Sommer 2020 *

Dä Clemens Tönnies hätt et heut nit leicht

Mit Fingern wird op ihn gezeigt

Zu große Gier und Großmannssucht

Han jahrelang ihn heimgesucht

Gab uns Corona schon den Rest?

Enä, us China kütt jetzt jetzt noch die Schweinepest

Wird die Wurst beim Metzger dadurch besser sein?

Leider nein!

Dä Trump der weiß nit allerhand

Finnland gehört für ihn zum Russenland

Und Belgien hält dä für ’ne Stadt

Die viele schöne Häuser hat

Schon oft hät sich dä Trump blamiert

Jetzt lebt er völlig ungeniert

Wird dä Trump demnächst wat schlauer sein?

Leider nein!

Über die Maskenpflicht wird sich jezänk

Un op en Party knubbelen se sich wieder em Jedräng

Dä eine will sing Freiheit an

Steht nit so gern met Abstand an

Dä andere setzt sich ne Aluminiumhut op dä Kopp

Und glaubt dä Virus weed gestopp

Wird die Menschheit jemals vernünftig sein?

Leider nein!

Mer losse uns nit lumpen

sagen Merkel und Macron

Dä Olaf Scholz tut Euch wat pumpen

Et hätt noch immer jot jejange

Irgendwie klappt dat schon

Es ist doch ganz egal wie et kütt

Aber Kniesköpp sind wir nit

Werden die Politiker in Zukunft wieder sparsamer sein?

Leider nein!

* Parodie auf ein Krätzchen von Martin Schopps mit einem Zitat von drei Liedzeilen von Marie-Luise Nikuta

Neuer Text: © Raap/Bär 2020

Tofu, „taz“ und Tönnies – zwar hat Kurt Tucholsky 1919 behauptet, Satire dürfe alles, aber dies ist leider oft genug gründlich missverstanden worden. Denn nicht alles, was heute an grobschlächtigem verbalen Geholze unter dem Label „Satire“ firmiert, ist auch in einem engeren literarischen Sinne als solche zu begreifen. So war z.B. der Komiker Oliver Pocher nie einer, der auf hohem sprachlich geschliffenem Niveau wie ein Kurt Tucholsky oder Erich Kästner mit Degen oder Florett elegant die Verwerfungen der Zeit attackierte. Sondern er war immer eher einer, der sich lieber schlagzeilenträchtig in den Niederungen des Boulevardjournalismus mit dem Schlagersänger Michael Wendler herumzoffte, beiderseits mit ungelenken verbalen Schwerthieben, dies jedoch eher vom Management beider so medienwirksam inszeniert, dass beide als Trottel wirken, mit denen sich in der physischen Welt jeder andere Trottel identifizieren kann. Wobei der Schlagersänger Michael Wendler es im übrigen jüngst weniger zu positiven Schlagzeilen über seine Sangeskünste brachte, sondern stattdessen ausführlich über sein Privatleben berichtet wurde, speziell über seine amouröse Zuneigung zu einer Dame, die deutlich jünger ist als er selbst. Nichts desto trotz versuchte Oliver Pocher im TV in der Maskerade des Fleischbarons Clemens Tönnies aufzutreten. Das ging mangels Niveau allerdings so gründlich daneben wie auch sonst so vieles an Pocherschen Komik-Versuchen, denn er veralberte in dem TV-Spot nämlich nicht den westfälischen Wurstycoon, sondern dessen rumänische Akkord-Zerlegekolonnen und gleich auch noch die corona-quarantäne-geplagte Gütersloher Bevölkerung. So sieht sich Herr Bär an dieser Stelle erneut zu dem Hinweis bemüßigt: Satire attackiert niemals die Schwachen, sondern immer nur die Mächtigen. Das sind im übrigen auch die Großbauern in Brasilien, die für den Anbau von Sojabohnen dort den Regenwald abholzen, was aber hier bei uns kaum ein Veganer zur Kenntnis nimmt, der mit dem Bewusstsein moralischer Überlegenheit sein Tofu aus Sojamilchquark aus einem Bioladen in Berlin-Kreuzberg nach Hause trägt.

Sprachliche Geschliffenheit ließ indes auch jene „taz“-Autorin vermissen, die in einem fürchterlich verballhornten Denglisch „All cops are berufsunfähig“ in die Welt hinaus geiferte, was nicht nur als eine unangemessene Sprachverhunzung zu geißeln ist, sondern auch noch als eine Verwechslung von Satire mit einer Hasstirade: Satire hat bekanntlich immer mit Humor und Ironie zu tun, aber wer in solch einem Lamento, das angeblich eine Satire sein soll, die Polizei auf den Müllhaufen wünscht, muss sich nicht nur den Vorwurf der Humorlosigkeit gefallen lassen, sondern auch den Gebrauch eines menschenverachtenden Vokabulars, das man in diesem Zusammenhang getrost als „linksfaschistisch“ bezeichnen kann: Wenn man schon für ein Diskriminierungsverbot eintritt, dann muss das selbstverständlich auch für alle Berufsgruppen gelten. Für wirklich alle. Auch für Metzger, die außerhalb des Tönnies-Imperiums immer noch ein ehrbares Handwerk ausüben! Und ebenso für drittklassige Komiker, die sich für eine Parodie auf die erwähnte „taz“-Redakteurin eine Jogi-Löw-Perücke bei Saskia Esken ausleihen würden.

© Raap/Bär 2020

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Erbspüree ist ein Klassiker aus der Berliner Küche, wird dort gerne mit Eisbein und Sauerkraut kombiniert (Eisbein ist eine gepökelte und gekochte Schweinshaxe). In der neu-deutschen Gourmetküche kombiniert man Erbpüree auch schin mal mit gebratenen Jakobsmuscheln, die man in Butter oder Olivenöl und Knoblauch kurz anbrät, bis sie auf beiden Seiten leichr gebräunt werden. Für das Erbspüree dünstet man in einem Topf 1-2 Zwiebeln glasig an, gibt frische oder aufgetaute Tiefkühlerbsen hinzu, Brühe und Kochsahne, lässt das Ganze weichkochen, gibt dann vorgekochte Kartoffeln hinzu und zerdrückt das alles mit einem Kartoffelstampfer zu einem Mus – alternativ dazu auch mit einem Pürierstab. Abschmecken mit Salz, Pfeffer, etwas Muskat, etwas frischer Petersilie.

Kalbsleber bereitet man am besten auf Berliner Art oder auf venezianische Art zu. Das klassische Berliner Rezept kombiniert die Kalbsleber mit Kartoffelpüree und gebratenen Apfelscheiben, wobei man leicht mit Mehl bestäubte Zwiebeln in einer Pfanne anbrät und dann ebenfalls mehlierte Leber und die Apfelscheiben hinzugibt und das Ganze mit Salz, Pfeffer und bei Bedarf auch mit frischem Majoran aromatisch abrundet. Bei der veneziansaichen Variante reicht man statt Kartoffelpüree Polenta aus Maisgries und mit einer Zwiebelsauce, die man mit gehackter Petersilie, Knoblauch und frischem Salbei angereichert hat.

Portugiesischer Bohneneintopf

Cannellini, eine etwas festere Bohnensorte aus Italien, sind für dieses Gericht am besten geeignet, man kann auch weiße Bohnen nehmen. Man dünstet in Öl Zwiebeln und etwas Speck an, fügt dann die Bohnen und Tomaten hinzu kocht sie bei niedriger Flamme in einer Hühner- oder Gemüsebrühe mit einem Lorbeerblatt. Salzen, pfeffern, Paprikapulver hinzufügen, vorgekochte Kartoffelstücke und milde Chorizowurst hinzufügen, außerdem Knoblauch, Thymian oder Koriander (aber nicht beides zusammen), zum Schluss rundet man das Ganze noch mit etwas Limettensaft und geschälten Garnelen ab.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

baer aktuell 286 – 22. Juni 2020

Juni 1st, 2020

Bild des Monats Juni 2020:

Jürgen Raap, „Gelbspötters Ränkespiele“, Acryl und Öl auf Leinwand, 2020

Jürgen Raap, „Gelbspötters Ränkespiele“, 2020, Copyright: J. Raap

Bär aktuell Nr. 286 – 3. Juni 2020 – 22. Juni 2020

Zeitgeschichte mit Herrn Bär Die Regenbogenfraktion im Kölner Stadtrat war eine Abspaltung der Grünen und gab 1981 zusammen mit Ludwig Hoerner ein kölsches Liederbuch heraus, das auch den Text eines Gassenhauers enthält, mit dem Toni Steingass (1921-1987) im Jahr 1968 an die Öffentlichkeit trat: „Do steiht ene Schutzmann, dä hätt dä janze Dag noch nix jedonn“ (Da steht ein Schutzmann, der hat den ganzen Tag noch nichts getan). Ich erinnere mich, dass in Köln die Demonstranten der 1968er Generation bei ihren Umzügen den Text oft als Spottlied angestimmt hatten, obwohl der Verfasser Helmut „Heli“ Steingass seinen Originaltext eigentlich keineswegs so verstanden wissen wollte. Seit das Rheinland 1815 Preußen zugeschlagen wurde, entwickelte die alteingesessene Bevölkerung zur neuen Obrigkeit ein teils kritisches, teils nonchalantes Verhältnis – in den derben Schwänken des „Hännechen-Puppentheaters“ wird bis heute der preußische Schutzmann Schäuzerkowsky regelmäßig veralbert. Zu den Skurillitäten unserer Tage gehört freilich der misslungene Versuch der SPD-Chefin Saskia Esken, mittels Polizeikritik die Linkspartei verbal links überholen zu wollen, woraufhin ihr ausgerechnet der Fraktionschef der Linkspartei Dietmar Bartsch widersprach, „eine Analogie zu den Zuständen in den USA herzustellen, ist so nicht gerechtfertigt.“ Und dem missverstandenen Steingass’schen Text zum Trotz sagte der Linken-Chef Bartsch bemerkenswerterweise auch noch: „Polizistinnen und Polizisten verdienen mehr Anerkennung“. Dass jetzt ausgerechnet sich der Fraktionschef der Linkspartei darum bemüht, staatstragend aufzutreten, während Saskia Esken sich revoluzzerhaft inszeniert, mutet schon ein wenig bizarr an wie so vieles in diesen Tagen. Der SPD-Epideminologe Prof. Karl Lauterbach wurde in Köln neulich auf der Straße angesprochen: „Sagen Sie mal, Herr Lauterbach, waren Sie beim Friseur?“ Und das Fernsehen dokumentierte in bundesweiter Ausstrahlung Lauterbachs launige Antwort: „Ja, bei mir im Haus ist vor kurzem unten ein Friseur eingezogen“. Würde Herr Bär jetzt wünschen, die Eröffnung eines solchen Friseursalons in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft möge bei Saskia Esken eine Abkehr von ihrer Jogi Löw-Frisur bewirken, würde man dies wohl als eine unangemessene Boulevardisierung von „bär aktuell“ empfinden, und man sollte Frauen, zumal solche in der Politik, ja sowieso nicht nur nach ihrem Äusseren beurteilen. Karl Lauterbach allerdings auch nicht. Außerdem: Jede Jeck is anders. Also verkneift sich Herr Bär diesen Gag lieber. © Raap/Bär

Literaturgeschichte mit Herrn Bär – Der Journalist und Kabarettist Johannes Theodor Kuhlemann wurde am 4. Nov. 1891 in Köln-Ehrenfeld geboren und lebte später bis zu seinem Tod am 9. März 1939 in Rodenkirchen in der Maternusstr. 30. Am bekanntesten ist Kuhlemanns Bonmot „Genüsslich ist’s nach Schnaps zu riechen in einer Gesellschaft wo man das nicht darf“.

Nach dem Ersten Weltkrieg verdiente er seinen Lebensunterhalt als Sekretär des Tabakhändlers Josef Feinhals und schrieb expressionistische Trost-Gedichte, die unter dem Titel „Consolamini“ 1919 im Kairos-Verlag in Köln-Ehrenfeld erschienen, mit Illustrationen des Dada-Künstlers Max Ernst, zu dessen Heirat mit Louise Strauss-Ernst Kuhlemann auch ein Hochzeitsgedicht verfasste. Dieser Gedichtband erwies sich allerdings wirtschaftlich als Total-Flop: die gesamte Auflage der „Consolamini“ wurde daher 1920 eingestampft.

Literarisch mehr Erfolg hatte Johannes Theodor Kuhlemann hingegen 1935 als Texter des „Ersten Büttenmarsches“ der „Großen Rodenkirchener Karnevalsgesellschaft“: zur Musik von Richard Krauel reimte Kuhlemann ein Loblied auf die damalige städtische Unabhängigkeit Rodenkirchens: „Uns Rudekirche litt am Rhing, Alt Kölle no donevve, Mer blieve frei un ohne Ping, Dun mer als Boore levve…“ (Unser Rodenkirchen liegt am Rhein, das alte Köln nah daneben, wir bleiben frei und ohne Pein, tun wir als Bauern leben…“ Diesem Bekenntnis zum Trotz wurde Rodenkirchen 1975 dennoch nach Köln eingemeindet.

© Raap/Bär 2020

Wenn Politiker sich volksnah oder volkstümlich inszenieren wollen, gerät dies schon mal zum Flop. Halbwegs geglückt in dieser Hinsicht war immerhin noch die Entscheidung des SPD-Epideminologen Karl Lauterbach, künftig in der Öffentlichkeit ohne Fliege auftreten zu wollen, weil seine Tochter ihm dazu geraten hätte, mit dieser altmodischen Akademikerfliege sähe er eher „peinlich“ aus. Weniger geglückt war die Stilberatung der Gattin von Gerhard Schröder, die den Altkanzler am heimischen Herd fotografierte und dies in den Orkus des Internet postete, wie er da vor sich hin brutzelte, in einem oberarmfreien muskelshirtähnlichen Oberteil, was ein Blogger mit der Bemerkung kommentierte, Schröder habe bei dieser Aufnahme wohl „einen sitzen gehabt“, und die ansonsten eher betuliche „Die Welt“ zu der durchaus wachen Bemerkung veranlasste, die Schröders benähmen sich jetzt wie „die Kardashians von Hannover“. Offensichtlich fehlt Altkanzler Schröder eine stilsichere Tochter wie jene von Karl Lauterbach, die ihn von solch einem bizarren Fotoshooting abgehalten hätte. Daher gibt es nun an dieser Stelle eine kostenlose Stilberatung von Herrn Bär für den nächsten Bundestagswahlkampf: wenn ein Politiker sich schon beim Volk anbiedern und zu diesem Zweck nach jenem Klischeebild inszenieren will, das man von einem neureichen Proll hat, dann gehören zu solch einem Muskelshirt auch Tätowierungen auf den Oberarmen, Goldkettchen um den Hals und Undercut-Frisur.

© Raap/Bär 2020

Beachten Sie bitte folgende Ausstellungshinweise:

Jürgen Raap beteiligt sich an den Gruppenausstellungen:

„In memoriam Alfred Strack“ (Kurator Herbert Rosner), Kulturforum St. Clemens Köln-Mülheim, 28. Juni bis 26. Juli 2020,

„Zimmerecken…“ (Kurator: Martin Schwarz), Villa Flora, Winterthur/Schweiz, verschoben auf 3.-30. Okt. 2020

(an dieser Ausstellung nimmt auch Siglinde Kallnbach teil).

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Solei à la Johannes Theodor Kuhlemann

In seinem Krätzchen „Kölsche Fooderkaat“ (kölsche Speisekarte) notierte der rheinisch-expressionistische Dichter und Mundartautor Johannes Theodor Kuhlemann (1891-1939) folgendes Rezept für die Zubereitung von vorher hart gekochten Soleiern:

Ess dat Solei met Verstand – Iss das Solei mit Verstand

Pack et en de linke Hand – Pack es in die linke Hand

Pöttel met dä rächte Floss – Schäle mit der rechten Flosse

Stöck för Stöck de Schale loss – Stück für Stück die Schale los

Schnigg et medden durch mem Metz – Schneid es mitten durch mit dem Messer

Kratz erus dat jäle Hätz – Kratz das gelbe Herz heraus

Meng dodren met vill Jeföhl – Menge hinein mit viel Gefühl

Essig, Peffer, Mostert, Öl – Essig, Pfeffer, Senf, Öl

Schmer dä leckere Dotterbrei – Schmier den leckeren Dotterbrei

Widder en dat halve Ei – Wieder in das halbe Ei

Su, nun däu et en dä Mungk – So, nun schieb es in den Mund

Nemm dozu ne jode Drunk – Nimm dazu einen guten Trunk

Passt ein Blanc de Blanc aus dem Weinort Rech an der Ahr zu gebratenem Salm und zu Crevetten in Knoblauchöl: Aber gewiss doch. Der Wein ist vollmundig und fruchtig, stammt aus regionalem Anbau, so dass wegen des kurzen Transportwegs der Konsument im 60 km weiter entfernten Köln sich beim Öffnen der Flasche klima- und umweltfreundlich verhält, womit auch Greta Thunberg diesmal nichts herum zu meckern hätte, und man ja ohnehin in der post-coronalen Wirtschaftsrezession eher die heimischen Produzenten unterstützen sollte, zumal die Winzer. Zu tadeln ist allerdings die Firlefanzierung des Weinflaschen-Designs. Die von einem überkandidelten Designer vorgenommene Verschlankung der Flasche soll zwar psychologisch suggerieren, Wein mache nicht dick, aber bei der kaufmännischen Anforderung nach vertrautem gleich bleibendem Volumen (0,7 Liter) erreicht der Designer dies nur, indem er die Flaschenform so sehr in die Höhe streckt, dass die Flasche dann nicht mehr in die Kühlschranktür von Herrn Bär passt. Und so haut nun Herr Bär, der einen Studienabschluss als Diplom-Designer an den Kölner Werkschulen vorweisen kann, dem weltfremden Weinflaschendesigner ein Zitat des Architekten und Designers Louis Sullivan um die Ohren: „Die Form folgt der Funktion“. Und eben nicht umgekehrt.

„Designfirlefanz bei Weinflaschen“, Foto: Copyright S. Kallnbach

Rindersteak „Rheinkassel“ In der Rinderzucht unterscheidet man zwischen Milchrassen und Fleischrassen. Jungbullenfleisch vom Milchrind ist nicht so saftig, am besten ist das Fleischrasenfleisch von der Färse (Jungkuh) oder vom Ochsen, und für Kurrbratstücke, d.h. als Staek sind nur etwa 7 bis 10 Prozent des Rinds geeignet, am besten aus der Keule (das nennt man „Bürgermeisterstück“, weil es früher den Honoratioren vorbehalten war). Das Entrecote (Zwischenrippenstück) stammt aus dem vorderen Rücken, das Filet aus der inneren Lende, das Rumpsteak oder Roastbeef aus dem hinteren Rücken. Man erhitzt Öl und Butter in einer Pfanne, bräöt darin das Steak je nach Bedarf (rare = noch ziemlich roh, „blutig), saignant = rare medium, a point = medium, bien cuit/well done = „durch) von beidne Seiten an, erst danach salzen und pfeffern. Zum Bratvorgang kann man 1 Knoblauchzehne, eine halbe Chilischote und eine Scheibe rohen Ingewer hinzu gebebn, zum Schluss etwas Rosmarin, Thymian uns Salbei. Zur „Sauce Rheinkassel“ setzt man eine Fleischbrühe mit Zwiebeln an, die man einkochen lässt und dann mit Pfefferkörnern, Cayennepfeffer, Piment, frischem Koriander oder Korianderkörnern, 1 Lorbeerblatt, 1 Wacholderbeere, etwas Muskat, Petsersilie und etwas geriebenem Apfel abrundet, und dann lässt man das Ganze vor dem Servieren noch etwas ziehen.

Soffrito Das mittelalterliche Kochbuch „Llibre de Sent Soví“ erwähnt das „Soffrito“ unter dem katalanischen Namen „Sofregit“ 1324, als Tomaten in Europa noch unbekannt waren. Im Italienischen bedeutet „Soffrito“ Sautiertes oder Geschmortes, und das klassische Rezept besteht aus geschmorten Zwiebeln, Sellerie, Möhren und Petersilienwurzeln, bisweilen auch Knoblauch. Nach der Entdeckung und Eroberung Lateinamerikas reicherte man in der spanischen und portufiesischem Küche dieses Soffrito mit Tomaten und Paprika an, als Gemüsebeilage oder als Basis für Saucen. Eine Variante des Rezepts findet man in der Türkei für eine Vorspeise mit dicken weißen Bohnen in einer zumeist kalt servierten Sauce aus zerkochten Fleischtomaten, Zwiebeln, Möhre, Stangensellerie, angereichert mit Tomatenmark und Paprikamark, Zitrone, Granatapfelsaft, gewürzt mit Salz, Pfeffer, scharfem Paprika- oder Chilipulver, Kreuzkümmel und Knoblauch. Herr Bär nimmt statt weißer Bohnen auch gerne die grünen Flageolet-Bohnen.

Spargel à la Wolfgang Amadeus Bär, Foto: Copyright S. Kallnbach

Spargel à la Wolfgang Amadeus Bär Man schäle den Spargel, schneide die holzigen Endstücke ab und koche sie in leicht gesalzenem Wasser mit etwas Petersilienwurzeln, Sellerie und Möhren aus. In diesem Sud kocht man dann die Spargelstangen. In einer separaten Casserole zerlässt man Butter, stäubt etwas Mehl hinein, gibt Kochsahne hinzu, lässt das Ganze mit ein paar Pfefferkörnern kurz aufkochen, rundet es mit Kapern, etwas frischem Estragon, frischem Dill und frischer Petersilie ab und gießt das Ganze vor dem Servieren über den Spargel. Dazu reiche man klassischerweise Kochschinken oder Hühnerfrikassee und einen Silvaner-Weißwein oder eine Scheurebe aus Franken oder Rheinhessen.

Türkischer Bohnentopf Breite grüne Bohnen bekommt man ganzjährig in türkischen Supermärkten. Man brät Zwiebeln in einer Pfanne oder Casserole in Olivenöl an, gibt gewürfelte Tomaten und die klein geschnittenen Bohnen hinzu, lässt das Ganze eine Weile köcheln, ergänzt den Inhalt dann mit separat vorgekochten Kartoffelstücke und frischem Knoblauch, würzt mit Salz, Pfeffer, Paprikapulver, Kreuzkümmel oder Schwarzkümmel. Man kann den Bohnentopf vegetarisch genießen, ihn aber auch mit gebratenem Lammhack oder Lammgulasch kombinieren.

Paprikahähnchen à la Karl-Josef Bär

Ein Stubenküken oder Hähnchen wird von außen mit Salz, schwarzem Pfeffer und Cayennepfeffer eingerieben, ebenso von innen, dort aber auch noch mit Rosenpaprikapulver und süßem Paprikapulver. Klein gehackte Zwiebeln, Knoblauchstücke, Knoblauchpaste, rote und grüße Gemüsepaprikawürfel sowie kleine Apfelstücke werden mit Tomatenmark, Paprikapaste und Senf vermengt und als Füllung im Inneren verstrichen. Im Backofen bei 180 ca. 40 Min. garen, kurz vor dem Servieren von außen auch mit Paprikapulver bestreuen.

Einkehr im Kölner Brauhaus „Sion“, Foto: Copyright Siglinde Kallnbach

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

baer aktuell 285 – 22. Mai 2020

Mai 8th, 2020

Bär polyglott – Unterwegs mit Herrn Bär Da immer noch eine Reisewarnung bis Mitte Juni gilt, verschlug es Herrn Bär zum verlängerten Wochenende an Christi Himmelfahrt lediglich in die Kölner Altstadt, wo Herr Bär sich nach zwei Monaten Kneipen-Abstinenz endlich wieder an einem frisch gezapften Kölsch laben durfte, das hier vor der Corona-Krise 1,70 bis 1,80 Euro für 0,2 l gekostet hat, nun aber betriebswirtschaftlich mit 2,20 Euro kalkuliert wird, weil die Wirte die Tische weiter auseinander stellen und mit einem Drittel der früheren Platzkapazität jedoch den gleichen Umsatz wie ehedem machen müssen. Ein großes Glas Wasser (0,4 l) kostet 4,90 Euro, und das ist in diesen Zeiten fast so teuer wie vordem sonst nur beim Rosenmontagsball im Gürzenich, der für das gehobene Bürgertum als „Kölns gute Stube“, aber gastronomisch eben auch als die teuerste aller Stuben mit Nepp-Preisen gilt. Weil auf dem Alter Markt woanders alle Tische belegt waren, frequentierte Herr Bär diesmal ein Etablissement, das früher als Jazzlokal bekannt war. Weil heute jedoch Musikveranstaltungen immer noch verboten sind, rüsteten findigerweise die Betreiber auf kölsche Brauhausküche um und offerieren nun Königsberger Klopse für akzeptable 11,80 Euro, und ein Plakat verkündet zudem, die Musik käme heute von einer Band namens „Tünnes und Schäl“, dies allerdings allerdings nicht live, und auch nicht Jazz, sondern nur mit ein paar gecoverten Songs von „De Höhner“ als Akkordeonmusik vom Band, d.h. von einer Band (phonetisch: Bänd“) vom Band, was an jenem sonnigen Nachmittag Herr Bär aber tonal durchaus weitaus erträglicher empfand als die oftmals reichlich untalentierten Straßenmusiker, die sonst auf dem Alter Markt Bob Dylans „Blowin‘ in the wind“ akustisch meucheln. Die Speisekarte in dem ehemaligen Jazzlokal listet außer Königsberger Klopse sonst nur eine „Schinkenjause“ und Landjäger-Wurst auf, und da passt es eigentlich nicht so ganz, wenn eine „Bänd“ namens „Tünnes und Schäl“ in einer Wiederholungsschleife alle paar Minuten vom Band den Höhner-Song „Oh la la, willst du eine Pizza“ erklingen lässt, aber die „Höhner“ haben nun mal bislang noch kein Lied über Königsberger Klopse komponiert. Letztlich hat die Corona-Krise uns ja inzwischen soweit zur Demut und Bedürfnislosigkeit erzogen, dass wir nicht mehr herum meckern, wenn die Tischmusik nicht so ganz zum Essen passt. © Raap/Bär 2020

Bärs Humorvergleich: erneut gilt es, an dieser Stelle zu dokumenetieren, wie der Kölner Epidemiologe Prof. Karl Lauterbach mit dem Solinger Humoristen Kurt Lauterbach (1920-1993) erfolgreich gleichzuziehen und sich damit gegenüber dem Medienhype um Prof. Christian Drosten zu behaupten versucht. Der Berufskomiker Kurt Lauterbach veröffentlichte 1971 eine LP „Lauterbachs gesammeltes Stammeln“, für die er sogar mit der Verleihung einer „Goldenen Schallplatte gewürdigt wurde. Zu den profiliertesten Pointen gehört auf jener LP der zugegebenermaßen mittlerweile etwas abgestandene Witz „Ich habe Wein, Wein und Gesang studiert. Jetzt stehe ich im Examen“, was allerdings fast 50 Jahre später womöglich den habilitierten und zweifach promovierten Mediziner Karl Lauterbach dazu animiert haben mochte, als Antwort auf Frage, wie er denn in den heutigen Zeiten von Kontaktsperren und Abstandsregeln seinen Alltag verbringe, sich mit einem soeben geleerten Kasten Bier auf dem heimischen Balkon filmen zu lassen. Eine gelungene Illustration zu der Behauptung der Statistiker, in den letzten Wochen des „Lockdowns“ oder „Shutdowns“ habe der häusliche Alkoholkonsum deutlich zugenommen. Er habe „einen gewissen Resthumor… hoffentlich noch nicht verloren“, offenbarte Karl Lauterbach gegenüber den Medien, und obwohl er eigentlich eher den Ruf eines Mahners und Warners hat, und die „Berliner Morgenpost“ sogar über den Virologen Prof. Christian Drosten urteilte, dieser sei ein „Mann mit Humor, der Comedy vom Ernst des Lebens zu unterscheiden weiß“, was aus rheinischer Sicht für das bekanntermaßen ruppige Berlin schon erstaunlich ist, und es über Prof. Drosten auch noch heißt, seine weiblichen Fans, sogar und immerhin „halb Twitter“, machten ihm mittlerweile „Heiratsanträge“, so kommentierten die „Kieler Nachrichten“ dennoch mit einem gewissen Trotz ebenso über den rheinischen Medizinmann: „Wo Karl Lauterbach ist, da sind Heiterkeit und gute Laune… oft nicht weit.“ Vielleicht gibt’s für Karl Lauterbach demnächst ja auch mal eine goldene Schallplatte. Und außerdem ein paar Heiratsanträge per Twitter. Zu gönnen wär’s ihm.

© Raap/Bär 2020

Andrea Nahles wird ja nun Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation. Man erinnere sich daran, dass jene Andrea Nahles in ihrer Abiturzeitung als Berufswunsch mal „Hausfrau oder Bundeskanzlerin“ angab, wobei zumindest letzteres nicht ganz geklappt hat. Der neue Job ist immerhin mit 150.000 Euro Jahresgehalt dotiert. Nahles studierte nach dem Abitur erst einmal 20 Semester Germanistik, und ob man sich als gescheiterte Hausfrau damit für die Leitung einer solchen Behörde qualifizieren kann, bezweifelt Herr Bär. Aber in ähnlichen Einkommensverhältnissen bewegt sich ja auch ein Fußballspieler, der nicht kapiert, dass er gegen die Persönlichkeitsrechte anderer verstößt, wenn er in der Mannschaftskabine ungenehmigt filmt, wie man sich dort in Coronazeiten immer noch unbekümmert per Handschlag begrüßt, und wie gleichzeitig bei einem Mannschaftskameraden ein Coronatest vorgenommen wird, obwohl man ihm zuruft, er solle die Filmerei gefälligst sein lassen. Der Fußballer wurde zwar daraufhin von seinem Verein suspendiert, aber der jetzige Karrieresprung der zwischenzeitlich gescheiterten Andrea Nahles möge in ihm die Hoffnung nähren, er könne eines Tages vielleicht doch noch zum DFB-Präsidenten ernannt werden, denn nach all den Skandalfiguren in den Führungsetagen der Sportfunktionäre kann es schlimmer ja wohl nicht kommen. Und wenn es mit dem DFB-Präsidentenstuhl nicht klappt, empfiehlt es sich für einen gescheiterten Fußballer, alsdann den Berufswunsch „Hausmann“ in die Tat umzusetzen. Aber erst nach 20semestrigem Germanistikstudium.

Der Internet-Auftritt von Julius Bär ist eine Mischung aus Zurückhaltung und Selbstbewusstsein“, urteilte schon 2018 das Branchen-Info „Fuchsbriefe für Unternehmer und Anleger“ über das schweizerische Bankhaus Bär. Weniger zurückhaltend gibt sich die Digitalministerin Dorothee Bär, die „auf ihrem als privat gekennzeichneten Instagram-Account, auf dem ihr über 40.000 Menschen folgen, regelmäßig Fotos von Markenprodukten“ postet und dort „Kaufempfehlungen für Sets von Lego oder Playmobil“ ausspricht, wie der Berliner „Tagesspiegel“ zu berichten wusste. Die Transparenzorganisation Abgeordnetenwatch.de ist allerdings der Ansicht, „grundsätzlich seien Regierungsmitglieder im Rahmen des Neutralitätsgebots angehalten, sich nicht mit wirtschaftlichen Interessen einzelner Firmen gemein zu machen“, was wohl auch für Dorothee Bär gilt, die im politischen Alltag ansonsten nicht weiter auffällt. In jeder Hinsicht neutral und zurückhaltend gibt sich unterdessen das „Schuhhaus Bär“, das in seinem Schaufenster dezent und feinsinnig über den Unterschied zwischen „schuhfreundlichen Füßen“ und „fußfreundlichen Schuhen“ informiert, ohne sich dabei des fragwürdigen werbestrategischen Pseudo-Influencertums einer Politikerin zu bedienen. Zwar bietet das Bankhaus Bär auf seiner Internetseite auch „Fundierte Beratung während globaler Krisen“ an, doch wer in der Corona-Krise sein Vermögen lieber in Lego-Steine als in Goldbarren und dergleichen investiert, der klicke ruhig den Instagram-Account von Dorothee Bär dazu an, aber wer an Dorothee Bärs Sachverstand als Portfoliomanagerin zweifelt, der befolge dann doch eher den Rat des „Finanzrings Leverkusen“: „Lieber investieren statt spekulieren“. Am vernünftigsten hört sich immer noch der Finanzberater bei der Sparkasse Wittgenstein an: „Anlagetipp in Coronazeiten: Ruhig bleiben“. Wer allerdings doof genug dazu ist, macht mit seinem Startkapital einen Brennholzverleih auf.

© Raap/Bär 2020

In Zusammenhang mit den altersdiskriminierenden Äusserungen eines Boris Palmer sei daran erinnert, dass schon 2003 der damalige Vorsitzende der Jungen Union Philipp Mißfelder wortwörtlich meinte: „Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“ (zitiert nach „Tagesspiegel“, Berlin, 3.8. 2003). Nun starb Philipp Mißfelder tragischerweise bereits im Alter von 35 Jahren an einer Lungenembolie, und es gilt natürlich auch bei ihm: „De mortuis nil nisi bene“ (Über die Toten soll man nur Gutes reden). Über den noch quicklebendigen Boris Palmer hingegen muss man jetzt nichts Gutes verbreiten, sondern im Gegenteil: wenn er der Ansicht ist, „Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, und er damit – ob er sich nun missverstanden fühlt oder nicht – den Eindruck erweckt, es lohne sich womöglich nicht, das Leben dieser Menschen für dieses halbe Jahr noch schützen und bewahren zu wollen, wenn man dafür Verluste in der Ökonomie in Kauf zu nehmen hat, dann gehört als Replik auf solch einen groben „herzlosen“ (Robert Habeck über Palmer) Klotz auch ein ziemlich grober Keil. Daher muss dieser ideologisch reichlich abgedrehte Boris Palmer es sich gefallen lassen, dass in einer Zuschrift an das ehrwürdige „Handelsblatt“ (4.5. 2020) ein Einsender ihm nicht ganz zu Unrecht unterstellt: „Die Haltung von Herrn Palmer ist nur noch einen kleinen Schritt von Euthanasie entfernt… Ich bin froh, dass die Basis unseres Staates (noch) eine andere ist. Es gibt kein ‚wertes‘ oder ‚unwertes‘ Leben!“ Schon einen Monat zuvor, als Boris Palmer eine „Quarantäne nur für Risikogruppen“ forderte, twitterte einer mit dem Pseudonym „niederrheiner“ an die „taz“ (5.4. 2020): „Wann wird dieser Typ von den Grünen endlich vom Hof gejagt? Dieser neoliberale Scheiß in grünem Gewand ist zum Kotzen!“ Früher wurde einem der Heroismus abverlangt, für „Kaiser, Gott und Vaterland“ sein Leben zu lassen. In der BILD-Zeitung brachte es in einem Gastkommentar der 71jährige Berliner SPD-Politiker Heinz Buschkowsky auf den Punkt und verpasste Boris Palmer eine verbale Ohrfeige: „Mein Leben ist mir wichtiger als der Gewinn bei VW“.

Branzino /Wolfsbarsch, Foto: Copyright Bär/Raap 2020 – alle Rechte vorbehalten
Entrée – Vorspeisenteller, Foto: Copyright Bär /Raap 2020 – alle Rechte vorbehalten

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Französische Zwiebelsuppe Das klassische Rezept sieht vor, Zwiebeln in dünne Ringe zu schneiden und in Butetr anzudünsten, dann mit Mehl zu bestäuben, kurz anzurösten mit Weißwein abzulöschen. Herr Bär empfiehlt eine leichte Abwandlung, indem man auch ein paar Stücke Knollensellerie und eine zerdrückte Knoblauchzehe und 1 Lorbeerblatt mitköcheln lässt, nachdem man den Sud mit Gemüse- oder Rinderbrühe aufgefüllt hat. Würzen mit Salz, Pfeffer, Thymian, etwas Petersilie. Dann getoastete Baguettescheiben in eine feuerfeste Casserole/Keramikschüssel geben, die Suppe darüber schützen und Hartkäse (Gruyère, Gran Padana) über die Suppe reiben, die Casserole in den Backofen stellen und bei großer Hitze (200-230 Grad) kurz den Käse zerlaufen lassen und dann die Suppe sofort servieren. Dazu passt gut ein Elsass-Riesling.

Puszta-Salat à la Karl-Josef Bär

Man vermenge Streifen von gekochtem Schinken, klein gewürfelte Tomaten, Streifen von rotem und gelbem Gemüsepaprika, frischer Gurke, eingelegter Spreewaldgurke oder Cornichons und Apfelstücke mit Salz, grünen Pfefferkörnern, Tomatenmark, Zaziki und Peperoni-Petrellakäse, gebe ein wenig Petersilie und Bärlauch (im Frühjahr frisch, sonst getrocknet) hinzu – voilà.

Entrée à la Karl-Josef Bär Als kalter Vorspeisenteller empfiehlt sich in der jetzigen Jahreszeit eine Kombination aus gekochtem Ei mit Lachskaviar (nur echter Keta-Kaviar, bloß kein künstlicher Protein-Kaviar-Ersatz!), gekochtem kalten Poree in Essig, Gartenkresse-Ruccula-Salat oder als Alternative dazu Brunnenkressesalat mit Erdnüssen und Streifen vom Graved Lachs, Stücke von geräucherter Makrele, konserviertem Thunfisch, Gewürzgurke, wahlweise ergänzt um Kartoffelsalat mit Joghurt-Dressing und milden Kräutern oder auch japanischem Wakame-Algensalat. Kann man mit etwas größeren Einzelportionen auch als Hauptgang reichen.

Risotto mit Sardinensauce Sardinen haben nichts mit der Insel Sardinien zu tun, sondern kommen im gesdamten Mittelmeer vor – es handelt sich um eine Heringsart, daher der lateinische Name „sarda“ = Hering. Sardellen sind etwas kleiner. Den Risotto dünstet man in Butter an, bis die Reiskörner glasig sind, dann Wasser und Salz hinzu geben und den Reis bei schwacher Hitze 20 Min. köcheln lassen, Wasser bei Bedarf immer wieder nachfüllen. Für die Sauce dünstet man Lauchzwiebeln in Olivenöl an, gibt klein gehackte frische entgrätete Sardinen und 3-4 ebenfalls eingelegte Sardellen (Anchovis) hinzu, grüne Pfefferkörner, ein paar Spritzer Fischsauce, ein paar separat vorgekochte klein gehackte Fenchelstücke, Pinienkerne, 2 zerdrückte Knoblauchzehen, ein paar Rosinen und lässt das Ganze unter Hinzugabe von Fischfond zerkochen. Zum Schluss streut man Parmesankäse und Petersilie hinein. Zu diesem Risotto kann man gebratene Gambas oder gebratene frische Sardinen reichen.

Branzino à la Karl-Josef Bär Der Wolfsbarsch heißt in Frankreich Bar Commun (in Deutschland wird er in der Gormetküche oft fälschlicherweise als „loup de mer“ bezeichnet), und in Italien heißt er Branzino, und er ist im Ostatlantik und im Mittelmeer verbreitet. Am besten schmecken Wolfsbarsche aus Wildfang. Branzinos haben phantastisch weiches, weißes Fleisch, weshalb sie schon in der römischen Antike zu den beliebtesten Speisefischen zählten. Man salzt und pfeffert den ganzen Fisch, bestreicht ihn großzügig mit Olivenöl, beträufelt ihn mit Zitronensaft und füllt die Bauchhöhle mit grünen Pfefferkörnern, einem Lorbeerblatt, frischen Salbeiblättern, Rosmarin, Thymian, klein gehackten Tomaten und einer Zitronenscheibe. Im Backofen bei 220-225 Grad je nach Größe des Fischs 25 bis 30 Min. backen.

Frikadellen Altbackenes Brötchen in Wasser einweichen und zerdrücken. Ein Ei, Zwiebeln, Salz, Pfeffer, Paprikapulver, Majoran, Senf zur Hackmasse (halb Schwein, halb Rind) geben und sehr gut vermengen, dann die Brötchenmasse hinzufügen und weiter vermengen. Bällchen formen und die Frikadellen vor dem Braten kurz in Mehl oder Semmelbrösel wenden. Auf beiden Seiten scharf anbraten und dann 15 bis 20 Min. bei mittlerer Hitze garen lassen.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

baer aktuell Nr. 284 – 3. Mai 2020

Mai 1st, 2020

Bild des Monats Mai 2020:

Jürgen Raap, „Aschermittwoch der Bildungsbürger“, 2020, Copyright: J. Raap 2020

Bär aktuell Nr. 284 3. Mai 2020

Zitat des Monats:

„Man hustet, pustet und niest nicht

einem anderen ins Gesicht“.

Walter Ulbricht 1970

In Zusammenhang mit den altersdiskriminierenden Äusserungen eines Boris Palmer sei daran erinnert, dass schon 2003 der damalige Vorsitzende der Jungen Union Philipp Mißfelder wortwörtlich meinte: „Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“ (zitiert nach „Tagesspiegel“, Berlin, 3.8. 2003). Nun starb Philipp Mißfelder tragischerweise bereits im Alter von 35 Jahren an einer Lungenembolie, und es gilt natürlich auch bei ihm: „De mortuis nil nisi bene“ (Über die Toten soll man nur Gutes reden). Über den noch quicklebendigen Boris Palmer hingegen muss man jetzt nichts Gutes verbreiten, sondern im Gegenteil: wenn er der Ansicht ist, „Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, und er damit – ob er sich nun missverstanden fühlt oder nicht – den Eindruck erweckt, es lohne sich womöglich nicht, das Leben dieser Menschen für dieses eine halbe Jahr noch schützen und bewahren zu wollen, wenn man dafür Verluste in der Ökonomie in Kauf zu nehmen hat, dann gehört als Replik auf solch einen groben „herzlosen“ (Robert Habeck über Palmer) Klotz auch ein ziemlich grober Keil. Daher muss dieser ideologisch reichlich abgedrehte Boris Palmer es sich nun gefallen lassen, dass in einer Zuschrift an das ehrwürdige „Handelsblatt“ (4.5. 2020) ein Einsender ihm nicht ganz zu Unrecht unterstellt: „Die Haltung von Herrn Palmer ist nur noch einen kleinen Schritt von Euthanasie entfernt… Ich bin froh, dass die Basis unseres Staates (noch) eine andere ist. Es gibt kein ‚wertes‘ oder ‚unwertes‘ Leben!“ Schon einen Monat zuvor, als Boris Palmer eine „Quarantäne nur für Risikogruppen“ forderte, twitterte einer mit dem Pseudonym „niederrheiner“ an die „taz“ (5.4. 2020): „Wann wird dieser Typ von den Grünen endlich vom Hof gejagt? Dieser neoliberale Scheiß in grünem Gewand ist zum Kotzen!“ Früher wurde einem der Heroismus abverlangt, für „Kaiser, Gott und Vaterland“ sein Leben zu lassen. In der BILD-Zeitung brachte es in einem Gastkommentar der 71jährige Berliner SPD-Politiker Heinz Buschkowsky auf den Punkt und verpasste Boris Palmer eine verbale Ohrfeige: „Mein Leben ist mir wichtiger als der Gewinn bei VW“.

© Raap/Bär 2020

In der aktuellen Berichterstattung zur Kontaktsperre wird eine Stilbüte inflationär verwendet: „Tote Hose im Puff“ titelte der Kölner „Express“, „Tote Hose im Freudenhaus – Pandemie verdirbt das Geschäft mit der käuflichen Liebe“ wusste auch die HNA-Niedersächsisch Allgemeine zu berichten, und laut „FAZ“ herrscht auch in Frankfurt derzeit „Tote Hose im Rotlichtviertel“. Neu ist diese Wortspielerei nicht: schon im Dezember 2015 hatte die BILD-Zeitung sich die Schlagzeile geleistet „Heino singt die Hosen tot“, als der Barde Heino nämlich ankündigte, den Song „Tage wie diese“ von der Düsseldorfer Band „Die Toten Hosen“ zu covern. Wenn es gilt, zur finanziellen Abmilderung der Corona-Krise ein Benefizkonzert im Bordell zu veranstalten, wäre mithin niemand besser dazu geeignet als „Heino und die toten Hosen“.

Gäbe es hinsichtlich erfolgloser Anti-Corona-Maßnahmen ein Deppen-Ranking, so würde gewiss Donald Trump dieses anführen mit seiner Empfehlung, man solle gegen das Coronavirus Desinfektionsmittel injizieren. Erstaunen herrscht über die hohe Zahl trumpgläubiger Trottel in den USA, die daraufhin allen Ernstes mit Haushaltsreinigern gurgelten. Trump meinte zwar hinterher beschwichtigend, sein Tipp sei doch nur sarkastisch gemeint gewesen, aber eigentlich sollte doch jeder Politiker von seinen Spin-Doktoren gebrieft worden sein, dass die Mehrheit des Publikums Ironie und Sarkasmus nicht versteht und derlei manieriertes „Um die Ecke Denken“ mithin in Reden oder Texten lieber unterlassen werden sollte. Bei uns ist zwar ebenfalls nicht jeder Politiker unbedingt eine große Leuchte, aber auf die Idee, nur so zum Scherz gegen Corona eine Schluckimpfung mit „Meister Propper“ oder „Domestos“ zu empfehlen, ist hier zu Lande noch keiner gekommen. Und es wäre ja auch nicht auszudenken, wenn das ohnehin schon irritierende Gezänk zwischen Politikern und Virologen zudem noch dazu führen würde, dass unter den Ministerpräsidenten letztlich keine bundeseinheitliche Übereinkunft darüber besteht, ob man „Sagrotan“ unverdünnt einnehmen soll, schon vor dem Frühstück auf nüchternen Magen oder lieber gar nicht. Was würde Prof. Drosten wohl dazu sagen? Wahrscheinlich nichts. Schließlich hat Mutti Merkel uns vor einer „Diskussionsorgie“ gewarnt. © Raap/Bär 2020

Wer schon immer den Mummenschanz liebte, der findet auch in der jetzigen Schnüsslappenpflicht sein Pläsierchen. Nur wer bislang dem Schönheitsideal künstlich aufgeblasener Lippen frönte, die nach eifrigem Einsatz einer Botox-Spritze aussehen wie nach einem Hornissenstich, hätte sich das Geld für den Schönheitschirurgen jetzt lieber sparen können. Denn nun heißt es ja nach einem geflügelten Wort von Prof. Kurt Lauterbach: „Ob Gutmensch oder Bösewicht, für alle gilt jetzt Maskenpflicht“. Dass die chinesische Führung sich aus Imagegründen dagegen wehrt, den Corona-Virus in den internationalen Medien bisweilen auch „Wuhan-Virus“ zu nennen, kann man ja verstehen, denn negative geografische Herkunftsbezeichnungen sind generell keineswegs imagefördernd. In ihrem Streben nach zunehmender Weltmachtbedeutung sei den Chinesen allerdings zum Trost gesagt, dass auch die „Spanische Grippe“ von 1920 in Sachen Imagetransfer der spanischen Folklore, insbesondere der internationalen Popularität des Paso Doble und damit der Verbreitung des spanischen Gesellschaftstanzes in den 1920er und 1930er Jahren keineswegs geschadet hat, und so wird nach dem Ende des Shutdowns wohl auch kein deutscher Opernintendant eine chinesische Oper vom Spielplan streichen und stattdessen lieber nur noch Giacomo Puccinis „Madame Butterfly“ aufführen lassen, bloß weil deren Handlung in der japanischen Stadt Nagasaki und nicht in Wuhan in China spielt. Selbst die Tatsache, dass die Anlieferung untauglichen Billig-Stahls aus China den Neubau der Leverkusener Rheinbrücke nun verteuert und verzögert, ist für die chinesische Stahl-Industrie lediglich in geringem Maße ein PR-Desaster, da ja nicht nur der Kabarettist Torsten Sträter die Problematik des chinesischen Schrott-Stahls beim Brückenbau aus Sicht der linksrheinischen Zivilisation als marginal beurteilt: „Wer will denn schon nach Leverkusen?“

© Raap/Bär 2020

Auch das noch: Da wir bis zum 3. Mai 2020 coronabedingt auf Friseurbesuche verzichten müssen, berichtete „t-online.de“ über das misslungene Ergebnis eines Haarfärbe-Selbstversuchs der vermeintlichen „Kultblondine“ Daniela Katzenberger: „Ich sehe jetzt aus wie Boris Becker“. Während sie nun damit rechnen muss, auf der Straße als „Frau Becker“ angeredet zu werden, denkt unterdessen Boris „Bobele“ Becker darüber nach, ob dieser Frisurenvergleich für ihn nun schmeichelhaft ist oder nicht, und der Katzenberger-Gatte Luca Cordalis lässt derweil via Boulevardpresse jeden wissen, der es hören will oder auch nicht, seine Ehefrau sei zu Hause keineswegs die „Kultblondine“ wie im Reality-TV, sondern lümmele sich im trauten Heim am liebsten in ausgeleierten Schlafanzügen auf dem Sofa herum. Vielleicht behauptet ja auch Boris Becker demnächst ganz keck: „Haben Sie schon gehört, ich soll aussehen wie Daniela Katzenberger“. Zumindest im Schlafanzug.

Zu den Skurillitäten der Corona-Epoche gehört auch die Erfahrung eines Supermarktleiters in Ahrensburg bei Hamburg, dass seinen Sicherheitsleuten keiner zuhörte, wenn sie die Abstandsregeln erläutern wollten, bei den verstockten Kunden sich jedoch sofort die Aufmerksamkeit erhöhte, als ein Roboter namens „Pepper“ eingesetzt wurde, der mit plärrender Stimme alle drei Minuten die nötige soziale Distanz anmahnte. Nach diesem Erfolg wird der Roboter dort jetzt allen Ernstes zum Einzelhandelskaufmann ausgebildet und soll dann „als vollwertiger Verkäufer Kunden beraten“. Es kommt natürlich darauf an, wie man ihn programmiert, zum Beispiel zur Beratung über Haarfärbemittel. Und wie man ihn dazu optisch ausstaffiert. Vielleicht wie Daniela Katzenberger. Aber dann sagen die Leute bestimmt: „Hehe, der Roboter hat ja eine Frisur wie Boris Becker“. Und wenn der Roboter bei der Beratung nur ein „Äh, äh“ zustande bringt, könnte man ja auch gleich den leibhaftigen Boris Becker da hinstellen.

© Raap/Bär 2020

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Farciertes Rebhuhn à la Karl-Josef Bär

Spanische Rebhühner tiefgefroren gibt’s in Köln-Ehrenfeld im „Kaufland“. Die aufgetauten Rebhühner salzt und pfeffert man, füllt dann das Innere dann mit einer Farce aus getrocknetem Weißbrot, eingeweicht in Milch, einer kleingehackten Knoblauchzehe, Petrella-Käse mi Schnittlauch, Morcheln, Steinpilzen, klein gehackten Oliven, geraspeltem Sellerie, frischem Majoran, etwas Geflügelpaste, einem Spritzer Worcestershiresauce, grünen Pfefferkörnern, etwas Cayennepfeffer und Paprikapulver. Im Backofen in einer Casserole von beiden Seiten insgesamt ca. 40 Min. bräunen lassen.

Porrée à la Karl-Josef Bär

Geputzten Porree in Ringe schneiden, zusammen mit Speckstückchen und Zwiebeln in Butter kurz anbraten, Gemüsebrühe hinzugeben und ca. 20 Min. bei kleiner Flamme dünsten. Würzen mit Salz, grünem Pfeffer, Kümmel, etwas Muskat, Bärlauch (im April/Mai frisch, sonst getrocknet), zum Schluss etwas Petrellakäse unterrühren. Passt gut zu paniertem Kotelett, aber auch zu gebratenem Lachs, als Getränk Bier oder ein aromatischer Weißwein.

Grüner Spargel mit Orangen-Thymian-Dill-Sauce

Dazu reicht man Kartoffeln, die man separat kocht. Den Spargel gibt man in kochendes Wasser, fügt etwas Salz und einen Spritzer Honig hinzu, lässt ihn dann bei kleiner Flamme 8 Min. lang garen. In einer kleinen Casserole bringt man Butter zum Schmelzen, verrührt Eigelb und Orangensaft, gibt diese Masse in die Casserole und füllt den Inhalt mit Gemüsebrühe auf. Die Sauce darf nicht kochen, da sonst das Eigelb stockt. Abschmecken mit Salz, Pfeffer, ein paar Spritzern Worcestershiresauce, zum Schluss gibt man Thymian und Dill hinzu, bei Bedarf auch einen Schuss Weißwein oder Sherry.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

baer aktuell Nr. 283 – 22. April 2020

April 7th, 2020

Atemschutzmasken werden ja jetzt zu Wucherpreisen zwischen 15 und 25 Euro pro Stück angeboten – eine Unverschämtheit! Die Sehnsucht nach dem Wiedergewinn der alltäglichen Normalität schon knapp drei Wochen nach dem obrigkeitlich verhängten Stubenarrest ist vor allem eine solche nach Mobilität, aber paradoxerweise hat ja gerade die Ballermann-affine Mobilität mit dem Ziel der Tiroler Après-Ski-Amüsierhölle Ischgl anscheinend wesentlich zur epidemischen Verbreitung der Infektion beigetragen. Was die zunehmende Beschleunigung angeht, wie sie der Philosoph Jean Baudrillard beschrieben hat, so haben wir in dieser Hinsicht in den Entwicklungsprozessen des Industriezeitalters mit den Technologien der Dampfschifffahrt, der Eisenbahn, des Automobils und Flugzeugs längst den kulturellen Zenit überschritten. Kulinarisch lässt sich dieser kulturelle Niedergang jedenfalls sehr augenfällig an dem pampigen Chili con Carne festmachen, den man seitens der Deutschen Bahn im ICE-Bordbistro gereicht bekommt – da lohnt es sich schon, solch einen magenschleimhautentzündungsfördernden Speisewagen zu meiden und lieber zu Hause zu bleiben und selber zu kochen. Das meint auch Michael Hoffmann aus Rösrath, der fünffache Deutsche Meister im Grillen: „Grill statt Urlaub auf Mallorca“. Allerdings ist es schon reichlich unpassend in diesen Zeiten, wo Parks und Picknickplätze vom Ordnungsamt abgesperrt werden, im „Kölner Stadtanzeiger“ dann ausgerechnet den fünffachen Deutschen Meister im Grillen zu Worte kommen zu lassen, der in diesem Corona-Sommer einen „Trend zu höherwertigen Grillgeräten“ erkannt zu haben glaubt und alle, die jetzt auf ihrem Balkon an einem Schweinenackensteak herumbrutzeln, belehrt: „Grillen ist Minigolf, Barbecue ist Golf“. Wer im Rheinland ohnehin schon immer erstaunt darüber war, dass es südlich von Andernach und nördlich von Dormagen auch noch menschliches Leben gibt, bei dem hält sich ein „Buenos dias, Mathias, mer sin widder do, he op Mallorca wie jedes Johr…“-Fernweh tatsächlich in Grenzen. Die mittelalterliche Stadtmauer Kölns war jahrhundertelang ein Bollwerk gegen alles Missliebige von außen gewesen, militärisch uneinnehmbar selbst im Dreißigjährigen Krieg (was aber ein Mythos ist, denn die Stadt blieb in erster Linie von Unbill verschont, weil die klüngelerprobten Kölner es immer wieder verstanden, rechtzeitig die Verbündeten zu wechseln). Das bewährte Abschottungsprinzip dieser mittelalterlichen Festungsarchitektur – „He kütt keiner eren, und he will och keiner mieh erus“ – erfährt heute unter anderen technischen und sozio-kulturellen Parametern eine neue Aktualität. Dass übrigens auch Zuhälter als angebliche „Solo-Selbständige“ von Olaf Scholzens Nothilfe-Sofortprogramm profitieren sollen, kann man in diesen Tagen doch eher als skurille „Fake News“ abhaken, wie sie derzeit allenthalben durchs Netz geistern.

Raap/Bär 2020

Schöner Witz zur Corona-Krise

Tünnes und Schäl holen sich an ihrer ansonsten geschlossenen Stammkneipe das Mittagessen zum Mitnehmen ab.

Schäl: „Hür ens, Tünnes, häste nit auch dat Jefühl, dat die Frikadellen jetzt en dä Corona-Krise besser schmecken als vorher?“

Tünnes: „Jo, jo, do häste räch, Schäl. Ich jlaub, dat liegt daran, dat dä Koch sich jetzt öfters mal de Finger wäscht, wenn dä Hackfleisch zubereitet.“

© Raap/Bär 2020

In Artikel 3 unseres Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland steht wortwörtlich: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Dies muss mithin auch in Notstands- und Krisenzeiten garantiert werden, d.h. eine Diskriminierung bestimmter Altersgruppen darf es auch bei der Corona-Bekämpfung nicht geben, weil nämlich alles andere verfassungswidrig wäre. Das meint auch der Grünen-Politiker Christian Ströbele: „Wenn sie die Alten und chronisch Kranken separieren, bin ich am nächsten Tag beim Bundesverfassungsgericht und klage… Das wäre ein drastischer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, den man gar nicht begründen könnte… So eine Lösung ist unzumutbar und wird hoffentlich nicht weiter verfolgt.“ Auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hält eine solche Internierung für „rechtlich und moralisch bedenklich“. Zwar lässt der Paragraph 28 des „Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen“ durchaus zu, dass „die Grundrechte der Freiheit der Person… insoweit eingeschränkt“ werden, doch rasch uferte die Debatte in einen „neuen Generationenkonflikt“ aus, wie ihn die österreichische Zeitung „Profil“ konstatierte, mit dem Zitat eines Facebook-Eintrags: „Ganz schön seltsam, wenn man seine eigenen Eltern unter Hausarrest stellen muss“. Verbale Prügel in der Kommentarspalte der WR-Westfälischen Rundschau bezog der Düsseldorfer OB Thomas Geisel mit seiner Forderung, „die Maßnahmen… stärker auf die Gruppe besonders gefährdeter Menschen zu konzentrieren“, denn „ es sei zu befürchten, dass junge Menschen zunehmend gegen die Maßnahme rebellierten, weil sie sich von den Gefahren der Infektion nicht selbst betroffen fühlten“. Darauf antwortete ein Leser namens „doorman“: „Der Mann muss meiner Meinung nach sofort in Dunkelhaft“, wohlgemerkt: nicht die Senioren, sondern der OB Geisel gehörten nach Meinung von „doorman“ hinter Schloss und Riegel bzw. -Achtung, Kalauer! – in Geiselhaft. E Ein gewisser „ErRa“ sekundierte ihm: „Was dieser SPD–OB meint, die Senioren und andere Corona-Gefährdungsaspiranten könnte man wegschließen, damit die scheinbar gesunde Restbevölkerung wieder schaffen und Partys feiern kann… Herr, lass Hirn regnen, zuerst in Düsseldorf…“ Es drängt sich der Eindruck auf, dass es im Generationenkonflikt der Corona-Krise diesmal in erster Linie nicht mehr um die vielzitierte Oma als „alte Umweltsau“ geht, sondern dass als Feindbild auch jetzt wieder einmal eher „der alte weiße Mann“ herhalten muss, als „modischer Kampfbegriff gegen alles, was im Wege steht…“ wie es die Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Hannelore Schlaffer schon im Oktober 2019 in der „Stuttgarter Zeitung“ formulierte. So berichtet „bento – das junge Magazin vom Spiegel“ über einen unsäglichen Auftritt der Hiphop-Band K.I.Z, die Rapper hätten „ins Mikro“ gebrüllt: „Leute haben Schiss vor irgendeinem beschissenen Virus. Die Wahrheit ist: Davon sterben nur alte, weiße Männer!“ Stimmt nicht: laut der Zeitung „Luxemburger Wort“ ist der bislang jüngste Corona-Tote ein 14jähriger Portugiese.

© Raap/Bär 2020

Auch in Corona-Zeiten wird in der katholischen Kirche des Rheinlands das Osterlachen zelebriert, wenn auch derzeit nur virtuell: aus Freude über die Auferstehung erzählt der Pfarrer in der Predigt zum Festgottesdienst traditionellerweise einen Witz. In einer TV-Talkshow offenbarte Pfarrer Franz Meurer von der Gemeinde Vingst-Höhenhaus, im Kölner Volksmund auch als „Erzbischof der Herzen“ apostrophiert, seinen Lieblingswitz: Gehen zwei Zahnstocher über die Straße. Kommt ein Igel vorbei. Sagt der eine Zahnstocher: „Ich wusste gar nicht, dass hier auch ein Bus fährt“.

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Saibling oder Zander in Langusten-Bisque In der französischen Küche ist eine Bisque eine pürierte Suppe: Man zerkleinert die Schalen von Hummer oder Langusten (sie haben im Unterschied zum Hummer keine Scheren) mit dem Mixer bis sie völlig pulverisiert sind; kocht sie mit Fischsud und Weißwein auf, gibt das Langustenfleisch, sowie Fleisch von anderen Krustentieren (Kaisergranaten, Scampi, Krabben) hinzu, bis dieses auch zerkocht ist, fügt Tomatenpüree und zur Abrundung Sahne hinzu. Den Saibling oder Zander hat man vorher in einer Schale mindestens 2 Std. in Olivenöl, Zitronensaft, grünen Pfefferkörnern und frischem Dill marinieren lassen, brät ihn dann in einer gebutterten Pfanne kurz durch und serviert ihn zusammen mit der Bisque. Statt der Langusten-Bisque kann man ihn auch zusammen mit weißem Spargel und ein wenig Hummer- oder Krebssauce reichen.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln

baer aktuell nr. 282 – 3. April 2020 #corona

April 1st, 2020

#coronavirusNRW

Bild des Monats April 2020:

Jürgen Raap, Der Renegat, Acryl u. Öl auf Leinwand, 2020

Bär aktuell Nr. 282 – 3. April 2020

Wer in seiner Nachbarschaft einen völlig unmusikalischen Jüngling wohnen hat, dessen Eltern den Fehler begingen, zum Verdruss der übrigen Anwohner in der Straße diesem untalentierten Filius zu Weihnachten ein Schlagzeug zu schenken, der hofft, in diesem Jahr möge der „Welttag des Schlagzeugs“ am 4. April in aller Stille begangen werden. Jedenfalls hat die „Schlagzeugschule Krefeld“ angekündigt, bei ihr fände dieser Welttag diesmal „mit oder ohne Karaoke“ statt, und so ist dem unmusikalischen Jüngling in der Nachbarschaft nahe zu legen, falls er gedenke, ein Balkonkonzert zu geben, dann wenigstens „ohne Karaoke“. Am 23. April 2020 ist immerhin der „Welttag des deutschen Bieres“ – dann kann man sich die derzeitige Krise schön trinken, in der jetzt allerlei Sonderlinge, Querulanten, Scharlatane und andere Durchgeknallte ihr Verschwörungssüppchen kochen: So glaubt der esoterische Geistheiler Ali Erhan allen Ernstes, die Erkrankung werde durch Handystrahlung ausgelöst, während der Chef der iranischen Revolutionsgarden, Hussein Salami, und der oberste Führer Ajatollah Ali Chamenei hingegen als Ursache einen „biologischen Angriff“ der USA vermuten. Mal soll Bill Gates dahinter stecken, mal Donald Trump, wie im Irak der schiitische Prediger Muktada al-Sad zu wissen glaubt. Über Trump verbreitete der „Kölner Stadtanzeiger“ am 31. März 2020 immerhin die reichlich missverständliche Schlagzeile: „Trump hofft auf maximal 100.000 Tote“. Pastor Christian Stockmann von der amerikanischen „Mandelzweig“-Gemeinde ruft unterdessen dazu auf, man möge jetzt „kompromisslos durch die Endzeit“ gehen und sich behufs dessen allen behördlichen Anordnungen widersetzen. In Brasilien hält Edir Macedo, Gründer der „Universalkirche des Königreichs Gottes“ Corona für eine „Strategie Satans und der Medien“, während sein evangelikaler Glaubensbruder Pastor Paulo Junior aus Sao Paulo „Atheismus, Islamismus und Homosexualismus“ für den Ausbruch der Corona-Krise verantwortlich macht. Der Hamburger Abgeordnete der Partei „Die Linke“ Mehmet Yildiz sieht derweil „die Imperialisten“ am Werk, denen es mit der Verbreitung des Virus darum ginge, „China aufzuhalten und den Klassenkampf von oben zu verschärfen“. Auch die DKP-Deutsche Kommunistische Partei meldete sich zu Wort: ihr Vorsitzender Patrik Köbele polterte, die „herrschende Klasse“ sorge „sich nicht um die Gesundheit der Bevölkerung“ und ruft daher zur „Solidarität der Werktätigen“ auf, aber letzteres haben Angela Merkel, Jens Spahn und Markus Söder selber schon längst gemacht, so dass sich die DKP wieder einmal als die reichlich verspätet hinterdrein schlurfende Nachhut der Weltverbesserer erweist. In den Verschwörungs-Chats mancher arabischer Medien darf natürlich auch Israel als angeblicher Urheber des Virus wieder einmal nicht fehlen, während andere verblendete Maulhelden ihre paranoide Verstiegenheit eher reichlich profan ausleben: in den Discount-Supermärkten habe man das Toilettenpapier mit dem Virus verseucht, um anschließend am Impfstoff richtig gut verdienen zu können, verbreiten sie mit Eifer und Inbrunst. Der „Welttoilettentag der Vereinen Nationen“ ist allerdings erst am 19. November. Er wurde übrigens 2001 auf der UN-Vollversammlung auf Vorschlag Singapurs zu solchem erklärt.

© Raap/Bär 2020

Über den NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet ulkte noch vor kurzem der Kabarettist Jürgen Becker, bei dem Aachener Akzent von Laschet habe man den Eindruck, nach jedem Satz von ihm kämen erst einmal ein Karnevalstusch und anschließend die „Höhner“. Im politischen Fragebogen der „ZEIT“ antwortete Laschet auf die Frage „Welches grundsätzliche Problem kann Politik nie lösen?“ sehr weise: „ Alles Menschliche. Liebeskummer zum Beispiel.“ Falls der Mann bei dieser Einsicht bleibt, dann können wir darauf hoffen, falls er denn jemals Bundeskanzler werde, dann jedoch niemals als so eine Art „Über-Merkel“, es sei denn, er verlöre eines Tages diese typisch rheinische Bodenhaftung, wie sie schon der legendäre Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings (1887-1978) mit den Worten umschrieb, ihm sei „nichts Menschliches fremd“. Frings legalisierte bekanntlich in seiner berühmten Silvesterpredigt 1945 den Kohlenklau, womit er dann die rheinische Umgangssprache um die Vokabel „fringsen“ bereicherte: „Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der Einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder durch Bitten, nicht erlangen kann“. Frings sagte zwar auch, dass man das Entwendete später wieder zurück geben müsse, was die Trümmergeneration damals allerdings geflissentlich vergaß und was unter den damaligen Umständen dann auch eine lässliche Sünde war. Aber dass in unseren Tagen ein milliardenschwerer Konzern wie „Adidas“ und andere „Global Player“- Handelsketten wie „Media Markt“ und „Saturn“ in der jetzigen Corvid19-Krise ihr Image ruinieren, indem sie sich ohne noch jegliche spürbare wirtschaftliche Not wie heimtückische Mietnomaden gebärden, rechtfertigt keinerlei Absolution zeitaktueller Varianten des „Fringsens“ wie in der Nachkriegszeit. Derlei marketingstrategische Deppenhaftigkeit in Sachen negativen Image-Transfers jener Konzerne (d.h. wer kauft denn jetzt noch guten Gewissen Adidas-Turnschuhe?) toppt in diesen Tagen nur noch jene hysterische Krawalltante, die auf dem Fließband einer Supermarktkasse einen Sitzstreik zelebrierte, weil man ihr verwehrte, mehr als eine Packung Klopapier einkaufen zu dürfen, und die sich dann in Handschellen abführen ließ wie sonst nur ein störrischer Baumbesetzer aus dem Hambacher Forst. Würde von dieser Sitzstreik-Szene aus dem derzeitigen Alltag an der Klopapiermangelfront im Supermarkt nun bei youtube oder dergleichen ein Video ins Netz gestellt, empfiehlt es sich, dieses Video dann musikalisch mit dem „Kack-Lied“ von den Bläck Fööss zu illustrieren, was die versorgungstechnischen Begleiterscheinungen der Corona-Krise gewisse origineller intonieren würde als die Bereicherung kölschen Liedguts um den eher einfallslosen propagandistischen Reim „Mer jon nit erus, mer blieve ze Hus“. Als Alternative zu einem möglichen Kanzlerkandidaten Armin Laschet bringen manche Zeitgenossen wiederum den Virologen Prof. Christian Drosten ins Spiel, dessen Kritiker aus der Szene der Verschwörungstheoretiker zwar der Ansicht sind, mit seinen täglichen Statements via „tagesschau“ und „heute“ würde er uns nur „einlullen“, dessen Fans sich jedoch darüber begeistern, er sähe immerhin „so ähnlich aus“ wie Robert Habeck von den Grünen, als ob allein das schon in den heutigen Zeiten ausreichend wäre für diejenigen Wähler, die Armin Laschet zu pastoral-gemütlich finden und die Robert Habeck nicht mögen, weil er u.a. zu große „Wissenslücken“ in Sachen „Pendlerpauschale“ habe, und hier muss man dem SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil einmal recht geben, der Habeck zu Recht vorwirft, er habe „viel Meinung, aber wenig Ahnung“. Bei Prof. Christian Drosten ist hingegen es eher umgekehrt.

© Raap/Bär 2020

Mit Herrn Bär durch die Corona-Krise: dass üble Geschäftemacher an Kölner Kiosken in diesen Tagen 9 oder 10 Euro für eine Rolle Klopapier verlangen und dies dreist mit angeblich „erhöhten Großhandelspreisen“ zu begründen versuchen, erinnert manch älteren Mitbürger an die Schwarzmarktzeiten anno 1947, und wer eine vulgärpsychologische Deutung bevorzugt, der lese einen „Spiegel“-Artikel aus dem Jahre 1970 nach, in dem es um die Schule der Freudschen Psychoanalyse geht, in der „als Symptome für Analfixierung erkannt wurden: die Liebe zu Geld und Sicherheit, der Drang nach umfassender Regelung aller Lebensvorgänge, die Ambivalenz von Sparsamkeit und Verschwendungssucht, die Autorititshörigkeit und das aggressive Aufbegehren gegen Autorität.“ Wirtschaftsgeschichtlich unzutreffend ist hingegen das Geschimpfe einer vornehm wirkenden Dame vorgestern in einem Supermarkt von Köln-Lindenthal, die leer gekauften Nudel- und Klopapierregale erinnerten sie daran, „wie es früher in der DDR war“, was insofern nicht stimmt, weil man ja früher in der DDR gegen Westgeld alles bekommen konnte, auch Klopapier, und – wie Herr Bär aus eigener Anschauung weiß – ebenso in der Jaruzelski-Ära in Polen in den 1980er Jahren in den damaligen „Pewex“-Devisen-Läden gegen US-Dollar, dort allerdings damals keinen russischen Kaviar, der nämlich für die russischen Offiziere vorbehalten war, die als Repräsentanten eines „sozialistischen Bruderlandes“ galten, vom polnischen Normalbürger hingegen auch 40 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs als Besatzungsmacht empfunden wurden. Die an der Supermarktkasse herummeckernde vornehme Dame riet Herrn Bär – aus dem behördlich vorgeschrieben Abstand von 1,50 m Entfernung – er möge sich in diesem Supermarkt noch rechtzeitig mit französischer Marmelade eindecken, denn die werde jetzt desgleichen allmählich knapp, weil die Lastwagen in einem 100 km langen Stau an der französischen Grenze festhingen. Sie verwechselte aber wohl die französische mit der polnischen Grenze, denn heute Nachmittag erzählte der marrokanische Fischhändler in Köln-Ehrenfeld seinem Stammkunden Herrn Bär freimütig, er führe immer noch zweimal in der Woche zum Einkauf nach Paris zum Großmarkt Rungis und hätte keine Probleme an der Grenze – frischer Fisch aus Frankreich werde wohl aber aus anderen Gründen in Köln bald knapp, weil ja in ganz Frankreich zur Zeit alle Restaurants geschlossen seien und deswegen die Fischhändler auf dem Großmarkt Rungis ihre Fische nicht mehr los werden, und aus diesem Grund die Fischer selbst dann auch nicht mehr so oft auf den Atlantik hinausführen wollten, was eine anschauliche Beschreibung der derzeitigen volkswirtschaftlichen Kettenreaktion ist, welche die einen in die Pleite treibt, die anderen hingegen zu „Kriegsgewinnlern“ werden lässt, weil sie einen Cousin haben, der einen kennt, der wiederum einen anderen kennt, dem nachts auf der Autobahn unabsichtlich eine Ladung Klopapier vom Lastwagen gefallen ist, die dann zu Schwarzmarkt-Wucherpreisen in der Kölner Südstadt am Kiosk angeboten wird. Wen es nun angesichts des zu befürchtenden Einbruchs in der Fischereiwirtschaft ein wenig nach Matrosen-Fernweh gelüstet, der höre sich auf „youtube“ von Freddy Quinn „Die Gitarre und das Meer“ oder auch „Seemann, wo ist deine Heimat?“ an, was dort in der Kommentarleiste ein gewisser „Ralf“ mit der Bemerkung garniert hat, damals, d.h. zu Freddy Quinns Zeiten, habe es noch „echte Seemannsbräute“ und keine „grünlackierten Genderbräute“ wie heute gegeben, aber das ist in diesen Tagen nicht ein Problem, das man unbedingt jetzt näher ausdiskutieren müsste.

© Raap/Bär 2020

Essen und Trinken mit Herrn Bär

Drachenkopf à la Karl-Josef Bär, Foto: Copyright Raap/Bär 2020

Drachenkopf à la Karl-Josef Bär Der Drachenkopf (in Frankreich heißt er „Rascasse“) bevorzugt sandige Böden und algenbedeckte Felsen im Mittelmeer und im Atlantik. Er ist ein Jagdfisch, der sich von kleinen Fischen und Krebsen ernährt. Im Fischhandel hat man die Rückenstacheln mit den Giftdrüsen natürlich vor dem Verkauf entfernt. Der Drachenkopf hat ein relativ weiches Fleisch und sollte am besten im Backofen gegart werden: man salzt und pfeffert ihn, beträufelt ihn mit Zitronensaft und Olivenöl, füllt das Innere mit frischen Tomaten, passierten Tomaten oder Tomatenmark, Oliven, Lauchzwiebeln, Rosmarin, Thymian und Knoblauch und schiebt ihn dann in einer Casserole für 30-40 Min. in den auf 200 Grad vorgeheizten Backofen. Dazu passt am besten ein trockener italienischer oder sardinischer Weißwein.

Das Seezungenfilet „Colbert“ ist nach dem französischen Staatsmann Jean-Baptiste Colbert, Marquis de Seignelay (1619-1683) benannt. Die Seezunge wird filetiert, nach dem klassischen Rezept gesalzen in Wiener Panade frittiert. Man serviert sie mit Kräuterbutter oder Colbertbutter bzw. Sauce Colbert: man lässt Butter aus, vermischt sie mit Bratensaft aus Fleischextrakt oder fertiger Demi-Glace, schmeckt sie dann mit gehackter Petersilie, Zitronensaft, Cayennepfeffer und Muskatnuss ab. Man kann auch auf die Panade verzichten und die gesalzenen Seezungenfilets vorsichtig pochieren, indem sie in eine gebutterte Bratpfanne legt und in einem Weißweinsud garen lässt. Zum Anrichten garniert man die Filets mit Forellenkaviar. Dazu passen ein Püree aus Süßkartoffeln und ein Riesling aus dem Elsass.

Gyros wurde wie das türkische Döner Kebap ursprünglich wohl erst dann populär, als man im 19./20. Jh. aus Platzgründen einen vertikalen Drehspieß einführte: gewürzte Lagen vom Schweinenacken werden auf den Spieß gesteckt; die firshc gegarten Teile werden außen nach und nach abgeschnitten. Die Würzung besteht aus Salz, Pfeffer, Knoblauch, Oregano und Thymian, manchmal auch zusätzlich aus Kreuzkümmel und anstelle von Oregano aus Majoran. Die arabische Variante mit Lamm- oder Hammelfleisch heißt Schawarma. Das Züricher Geschnetzelte besteht aus Kalbfleisch mit Rahmsauce, es ist neueren Datums und wird in Kochbüchern erst seit Ende der 1940er Jahre beschrieben. Es wird mit Salz, Pfeffer und Paprika gewürzt und zusammen mit gedünsteten Champignons serviert.

Stubenküken mit Maronen „Aurillac“

Stubenküken von außen und innen salzen, pfeffern, von innen auch mit Paprikapulver bestreichen. Mit Maronen, Morcheln, Lauchzwiebeln, Knoblauch, Rosmarin und Thymian füllen, mit Knoblauchöl übergießen und in einer feuerfesten Glasschüssel im Backofen bei 200 Grad garen, je nach Größe 40 bis 60 Min. Nach der Hälfte der Garzeit wenden, Möhren, Sellerie, weitere Maronen, Morcheln, grüne Oliven und Gefügelfond hinzufügen.

Impressum: V.i.S.P. Jürgen Raap, Senefelderstr. 5, 50825 Köln